Innovative Technologien und digitale Tools schaffen Wettbewerbsvorteile für Unternehmen. Daher stecken viele Unternehmen in Deutschland branchenübergreifend in einem Transformationsprozess – von analog zu digital. Die Priorität liegt dabei meist auf Produktion, Einkauf und Verwaltung. Doch auch der Vertrieb profitiert enorm von einer Digitalisierung.
Veraltetes Wissen und Bauchgefühl
Wissen über potenzielle Kunden, welches teilweise längst überholt und nicht mehr aktuell ist, ein diffuses Bauchgefühl, das besagt, dass die Zeit reif für eine Kontaktaufnahme sei – so gehen traditionelle Vertriebsmitarbeiter, sei es im B2C oder B2B Bereich, oft auf Kundenfang. Viele Stunden oft erfolgloser Akquise-Versuche lassen sich zusammenfassen mit: Vertane Zeit, verschwendetes Geld und viel Frust. Eine strategische Digitalisierung des Vertriebs kann hier gegensteuern und enorm helfen. Obwohl dies bereits einige Firmen erkannt haben, ist das Bewusstsein dafür noch nicht besonders hoch in Deutschland. Die Auswertung des digitalen Vertriebsmonitors der Unternehmensberatung Iskander Business Partner (IBP) ergab: 66% der Unternehmen haben noch keine Strategie zur Digitalisierung ihrer Vertriebsaktivitäten, weil sie die Relevanz für diesen Bereich nicht erkennen. Ein Fehler, denn schließlich ist der Vertrieb nichts weniger als die direkte Schnittstelle zum Kunden.
Der Kunde ist bereits digital
Dabei sind Firmenkunden und Endverbraucher großteils bereits voll digital: Bestellwesen, Recherchen über Produkte und Dienstleistungen oder Kundenberatung sollen digital und vor allem schnell möglich sein, wenn es nach den Kundenwünschen geht. Die Digitalisierung hat das Kaufverhalten und die Erwartungen der Kunden maßgeblich verändert. Viele innovative B2C-Firmen, wie Amazon oder Zalando, haben dies bereits erkannt und setzen auf Künstliche Intelligenz (KI) und Data Mining. Dagegen besteht im B2B Bereich noch Handlungsbedarf. Wollen Unternehmen also langfristig erfolgreich sein, sollten sie die Transformation vom erfahrungsbasierten auf einen datenbasierten Vertrieb jetzt angehen.
Dazu müssen Unternehmen auch im Vertrieb digitale Tools einsetzen und pflegen. Predictive Data Analytics, Webcrawling, Machine Learning und KI greifen ineinander und schaffen so ein klares und aktuelles Bild des nächsten potenziellen Kunden oder informieren über aktuelle Wünsche und Bedürfnisse vorhandener Partner. Mit Webcrawling und Predictive Sales Analytics lassen sich Top Leads erzielen und der Vertrieb massiv steigern.
Webcrawling für aktuelle Daten
In einem ersten Schritt können Unternehmen durch Webcrawling mehr Daten für eine bessere Data Analytics erzeugen. Unter Crawling versteht man die webbasierte Generierung von Adressen und weiteren Informationen. Dabei sind die Adressen außerdem aktueller als durch herkömmliche Adressbroker. Zahlreiche zusätzliche Informationen über den potenziellen Kunden, wie aktuelle Unternehmensentwicklungen und -profile oder Kundenbewertungen, können im Vertriebsgespräch genutzt werden und erhöhen wiederum die Abschlusswahrscheinlichkeit. Das System filtert das Netz fortlaufend nach relevanten Angaben und stellt sie dem Vertrieb gebündelt zur Verfügung. Als weiterer Vorteil sinkt die Personalbelastung im Vertrieb, weil die Informationsbeschaffung automatisiert wird.
Data Analytics für bessere Leads
Eine gute Leadqualifizierung ist entscheidend für den Erfolg des Vertriebsmitarbeiters. Für die meisten Firmen stellen sich allerdings weniger als die Hälfte der kontaktierten potenziellen Kunden als tatsächlich relevant heraus – eine Verschwendung von Arbeitszeit und Mühen. Hier hilft Predictive Sales Analytics, die große Anzahl an möglichen Interessenten im Voraus zu qualifizieren. Mithilfe von Machine Learning (maschinelles Lernen) als Teilgebiet der KI können aus Daten eigenständig Schlüsse gezogen und Probleme gelöst werden. Dabei geht die KI nach menschenähnlichen Entscheidungsstrukturen vor. Machine Learning wird heute in vielen Bereichen eingesetzt, um Muster zu erkennen und Vorhersagen zu treffen. Voraussetzung dafür sind aussagefähige und möglichst umfangreiche Daten.
KI erkennt den wahrscheinlichsten nächsten Kunden
Kombiniert mit Data Analytics lässt sich aus den automatisch zusammengetragenen Datensätzen die Abschlusswahrscheinlichkeit jedes Kunden ermitteln und ranken. Machine Learning Systeme finden aus erfolgreichen und nicht erfolgreichen Leads statistische Muster. Dabei lernt das System, welche Variablen den Erfolg besonders stark beeinflussen und welche weniger. Mögliche Variablen sind beispielsweise Unternehmenstyp, Projektgröße, Umsatz, vorherige Aktivitäten oder die Herkunftsregion des Zielkunden. Der Vertriebsmitarbeiter erhält so eine Liste mit Kontakten, bei denen die Abschlusswahrscheinlichkeit gerade besonders hoch ist sowie viele hilfreiche zusätzliche Informationen, die ihm im Verkaufsgespräch helfen, individuell auf den Kunden einzugehen. Auch der optimale Zeitpunkt der Kontaktaufnahme lässt sich aus den Daten ermitteln. Die intelligente Analyse erkennt spezifische Zeitpunkte, an denen der Kunde bereit für ein Verkaufsgespräch ist. Entdeckt das System Hinweise darauf – etwa in einer Pressemeldung über eine bevorstehende Expansion – wird der Vertrieb darüber informiert und kann ein passendes Angebot unterbreiten.
Algorithmen treffen Vorhersagen
Ein Machine Learning Algorithmus kann von allen vorhandenen Daten lernen – nutzt also häufig zigtausende bis Millionen Datenpunkte, um eine Entscheidung zu treffen. Algorithmen helfen dabei, diese Entscheidungen nachvollziehbar und quantifizierbar zu machen und sortieren die Datenmengen nach vorbestimmten Mustern. Basierend auf Bestandskundendaten oder Daten vorheriger Vertriebskampagnen erkennt ein Machine Learning Algorithmus, welche Unternehmen in der Vergangenheit zu Kunden wurden und zieht daraus Schlüsse, welche Eigenschaften in welcher Kombination bei künftigen Kunden als Indikatoren für einen Vertriebserfolg dienen. Enthält der Algorithmus auch Umsatzdaten, kann neben einer Einschätzung der Abschlusswahrscheinlichkeit auch der potenzielle Umsatz, der mit dem Kunden erzielt werden kann, vorhergesagt werden. Sogar eine Vorhersage für den gesamten Customer Lifetime Value (CLV) eines potenziellen Kunden ist möglich.
Tracking zeigt das Digitalverhalten von Zielkunden
Mit Realtime Insights kann das Verhalten des angehenden Kunden in der digitalen Welt getrackt werden. Dabei werden die Informationen kontinuierlich aktualisiert und sind so immer automatisch auf dem neuesten Stand. Trackingsysteme beobachten auch die Bestandskundenentwicklung im Unternehmen und versorgen Vertriebsmitarbeiter in Echtzeit mit wertvollen Informationen. Das gibt Aufschluss über Kundeninteressen und -bedürfnisse noch vor dem Verkaufsgespräch und gibt dem Vertriebler die Chance, eine passgenaue Lösung für das Kundenproblem zu liefern. Dadurch, dass sich potenzielle Kunden von Anfang an vom Vertriebler optimal abgeholt fühlen, erhöht sich auch wieder die Abschlusswahrscheinlichkeit.
Individuelle Lösungen für individuelle Unternehmen
Machine Learning bietet großartige Möglichkeiten, passende Leads zu qualifizieren – wenn die richtigen Algorithmen verwendet werden. Eine Standardlösung für alle gibt es daher nicht. Je nach Produkt und Industrie sind deutlich andere Faktoren ausschlaggebend für den Bedarf eines potenziellen Kunden. Wo für ein Telekommunikationsprodukt die Anzahl der Mitarbeiter und die Branche wichtig sein können, interessiert den Maschinenbauer vielleicht eher die Anzahl der produzierten Güter, wohingegen für ein Beratungsunternehmen die Phase, in der sich der Potenzialkunde gerade befindet, ausschlaggebend ist. Die passende Datenaufbereitung und Anpassung des Machine Learning Algorithmus sind daher essenziell für den Erfolg der Maßnahme.
KI plus Bauchgefühl = Erfolg
Webcrawling, Machine Learning und Realtime Insights machen die Vorarbeit, um Next Best Customer zu analysieren und Wissen über diese anzuhäufen. Außerdem bestimmen sie den perfekten Zeitpunkt zur Kontaktaufnahme. Doch sie ersetzen nicht den menschlichen Vertriebler. Jetzt kommt sein Einsatz: Per Telefon fragt er zunächst den tatsächlichen, aktuellen Bedarf ab. Schon dieser Schritt weist durch die maschinelle Vorauswahl eine deutlich höhere Erfolgsquote auf und kann zusätzlich für die Verbesserung zukünftiger Prognosen genutzt werden. Dann darf der passionierte Vertriebler endlich seine Wunschkunden gezielt ansprechen und wird dabei noch besser sein als früher. Weil er zielgerichtetere und passendere Angebote dabei hat, sich gut vorbereitet fühlt und so den Abschluss schon fast in der Tasche hat. Künstliche und menschliche Intelligenz bilden hier ein perfektes Team.
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