Rückstand bei Finanztransformation und KI
Die Finanzabteilungen großer Unternehmen stehen vor einem epochalen Wandel. Klassische Aufgaben wie Bilanzierung, Budgetplanung und Controlling sind in der Finanzabteilung längst nicht mehr alles, was erledigt werden muss. Vielmehr sind moderne CFOs gefordert, als strategische Architekten der Zukunft zu agieren – Seite an Seite mit CEOs und CIOs. Eine internationale Studie des Softwareunternehmens gibt nun tiefere Einblicke in die Herausforderungen, Prioritäten und Perspektiven, mit denen sich Finanzentscheider weltweit konfrontiert sehen.
Vertrauen in Zahlen hat Luft nach oben
Trotz modernster Technologien herrscht vielerorts noch immer Unsicherheit beim Vertrauen in die Finanzdaten. Weltweit erklärten in der Studie lediglich 55 Prozent der befragten Führungskräfte, volles Vertrauen in die Genauigkeit ihrer Finanzdaten zu haben. In Deutschland ist die Lage zwar leicht besser, aber auch hier bleibt Luft nach oben. 59 Prozent der deutschen Führungskräfte gaben an, ihren Unternehmenszahlen vollständig zu vertrauen. Der Kontrast zwischen CFOs und operativen tätigen Führungskräften ist dabei bemerkenswert: Während 87 Prozent der deutschen CFOs den Zahlen vertrauen, sind es bei den CEOs nur 73 Prozent.
Die Ursachen dafür liegen auf der Hand: Fragmentierte Datenlandschaften (32 Prozent), fehlende automatisierte Kontrollmechanismen (29 Prozent) und eine zu starke Abhängigkeit von traditionellen Tabellenkalkulationen (27 Prozent) zählen weltweit zu den Hauptursachen.
Resilienzeinschätzung: unbefriedigend
Angesichts geopolitischer Spannungen, wachsender regulatorischer Anforderungen und wirtschaftlicher Unsicherheiten rückt ein Begriff besonders in den Fokus: Resilienz. Doch wie widerstandsfähig sind moderne Finanzabteilungen wirklich? Die Antwort fällt ernüchternd aus. 37 Prozent der befragten Unternehmen nennen mangelnde Investitionen in neue Technologien als größte Bedrohung für die Resilienz ihrer Finanzfunktion. In Deutschland ist es vor allem der Fachkräftemangel, der mit 37 Prozent als größtes Risiko genannt wird – dicht gefolgt von Schwierigkeiten bei der Anpassung an neue Technologien (36 Prozent) und Risiken im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz (32 Prozent).
Bemerkenswert ist: 30 Prozent der deutschen Entscheider sehen eine falsche KI-Strategie als zentrale Gefahr für die künftige Widerstandskraft der Finanzabteilung. Dies legt nahe, dass technologische Erneuerung allein nicht genügt – es braucht eine durchdachte, langfristige Strategie und gezielte Kompetenzentwicklung, um Unternehmen auch in Krisenzeiten stabil zu halten.
KI als Hoffnungsträger – mit klaren Bedingungen
Die Erwartungen an den Einsatz Künstlicher Intelligenz im Finanzwesen sind hoch. Weltweit erhoffen sich 35 Prozent der Befragten signifikante Produktivitätssteigerungen durch KI und 31 Prozent setzen auf eine verbesserte Datenqualität. Doch auch Skepsis bleibt: Ein Viertel der Unternehmen geht davon aus, dass sich die bestehenden Strukturen in der Finanzorganisation grundlegend verändern werden.
In Deutschland zeigen sich CFOs besonders zukunftsorientiert: 40 Prozent sehen KI als treibende Kraft für eine positive Veränderung ihrer Finanzabteilungen. Allerdings sagen ebenso viele, dass sie den konkreten Einfluss von KI derzeit noch nicht abschätzen können. Damit wird deutlich: Der Weg zu einer erfolgreichen KI-Nutzung führt nicht nur über Technologie, sondern auch über Vertrauen in Algorithmen und eine strategische Zielsetzung.
Digitale Transformation: Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander
Zwar ist die digitale Transformation in aller Munde, doch viele Unternehmen tun sich weiterhin schwer mit der Umsetzung. Auf globaler Ebene sehen 30 Prozent der Befragten fehlende Qualifikationen als größtes Hindernis, dicht gefolgt von Sicherheitsbedenken (28 Prozent) und der schieren Geschwindigkeit des technologischen Wandels (27 Prozent).
In Deutschland dominiert ein anderer Faktor die Diskussion: die hohen Investitionskosten. 30 Prozent der deutschen Entscheider geben an, dass die Kosten für neue Technologien ein wesentliches Hemmnis bei der Transformation darstellen. Weitere Hürden sind Sicherheitsrisiken (29 Prozent) und die Komplexität bestehender Altsysteme (28 Prozent).
Diese Erkenntnisse lassen aufhorchen. Denn sie zeigen, dass der Umbau der Finanzarchitektur weniger eine Frage des Wollens als vielmehr des Könnens ist – sei es durch fehlende Ressourcen, unklare Zuständigkeiten oder mangelnde strategische Führung.
CFOs als Gestalter von Nachhaltigkeit und Technologie
Die Rolle des CFOs verändert sich rapide. Während früher operative Aufgaben dominierten, ist der moderne Finanzchef heute ein integraler Bestandteil für die Formulierung und Umsetzung einer Unternehmensstrategie. Laut der Studie sind 50 Prozent der CFOs heute stärker in die strategische Planung involviert als noch vor fünf Jahren. Fast die Hälfte ist aktiv in technologische Entscheidungsprozesse eingebunden.
Für die kommenden drei Jahre erwarten 36 Prozent der Befragten, dass CFOs eine Schlüsselrolle bei der technologischen Ausrichtung ihrer Unternehmen spielen werden. Auch das Thema Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung: 29 Prozent der CFOs sehen sich zunehmend in der Verantwortung, ESG-Strategien aktiv mitzugestalten. Dieser Trend ist auch in Deutschland sichtbar: 43 Prozent der befragten Führungskräfte bestätigen, dass CFOs in den letzten fünf Jahren erheblich an strategischer Bedeutung gewonnen haben. 46 Prozent glauben, dass sich diese Tendenz in naher Zukunft noch verstärken wird.
Fazit: Die Zukunft der Finanzfunktion ist Chefsache
Die internationale Studie zeigt deutlich, Vertrauen in Zahlen, technologische Resilienz und der effektive Einsatz von KI sind die entscheidenden Hebel für eine erfolgreiche Finanztransformation. Wer heute in zukunftssichere Technologien investiert, Datenqualität gezielt verbessert, Mitarbeitende weiterbildet und klare strategische Leitplanken setzt, wird seine Organisation nicht nur stabilisieren – sondern aktiv in eine neue Ära führen.
Dabei kommt dem CFO eine zentrale Rolle zu. Er ist längst nicht mehr nur Zahlenverwalter, sondern Architekt unternehmerischer Zukunft. Doch um diesem Anspruch gerecht zu werden, braucht es Rückendeckung vom gesamten Top-Management und die Bereitschaft, alte Denkmuster konsequent zu hinterfragen.
Eines steht fest: Der Wandel ist nicht aufzuhalten. Aber wer ihn aktiv gestaltet, kann ihn auch zum Vorteil nutzen.
Über die Studie
Die zugrunde liegende Umfrage wurde von einem unabhängigen Marktforschungsinstitut im Auftrag eines Softwareanbieters durchgeführt. Befragt wurden im Zeitraum vom 4. bis 14. Oktober 2024 insgesamt 1.337 Personen, darunter 653 Vorstände und Geschäftsführer sowie 684 Fach- und Führungskräfte aus den Bereichen Finanzen und Accounting. Die Studie umfasste Unternehmen aus sieben Ländern – darunter Deutschland, die USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Australien und Singapur – mit Mindestjahresumsätzen von 50 Millionen Euro (Deutschland/Frankreich) bzw. äquivalenten Beträgen in den jeweiligen Landeswährungen.
Um einen Kommentar zu hinterlassen müssen sie Autor sein, oder mit Ihrem LinkedIn Account eingeloggt sein.