Eine Green-IT-Roadmap für Automobil-Hersteller entwickeln

Von   Ruchir Budhwar   |  Executive Vice President and Industry Head Manufacturing   |  Infosys
21. Februar 2025

Eine Green-IT-Roadmap für Automobil-Hersteller entwickeln

 

Moderne Automobile sind mit softwaregesteuerten Funktionen ausgestattet, die das Fahren bequemer und die Fahrt immer sicherer machen. Außerdem fühlen sich die Insassen während der Fahrt wohler. Vernetzte Autos sind Supercomputer, die 100 Millionen Zeilen Software-Code und etwa 150 elektronische Steuergeräte enthalten. Diese Anzahl soll bis 2030 auf 300 Millionen Code-Zeilen anwachsen. Der Wandel von Automobilen in Software auf Rädern erfordert eine zuverlässige Konnektivität, um die Software an Bord zu verwalten und zu aktualisieren.

Um selbstfahrende Fahrzeuge in einen Kontext zu stellen, ist die IT das Rückgrat – ab dem Zeitpunkt, zu dem es vom Fließband rollt bis zur Fahrt auf der Straße. Ein autonomes Auto generiert bis zu 20 Terabyte Daten an einem einzigen Tag. Die Daten aus industriellen und fahrzeuginternen Systemen werden zur Echtzeitverarbeitung an Rechenzentren übertragen. Massive High-Performance-Computing (HPC)-Workloads erhöhen den Energieverbrauch der Rechenzentren, was wiederum den ohnehin schon übergroßen CO2-Fußabdruck der Automobilhersteller weiter vergrößert.

Roboter und industrielle Steuerungssysteme übernehmen die Herstellung von Bauteilen. Darüber hinaus werden sie für die Montage von Fahrzeugen eingesetzt. Diese Systeme sind für vorprogrammierte und autonome Operationen auf das IT-Netz angewiesen. Die Hersteller stehen unter dem Druck sicherzustellen, dass der Betrieb die natürlichen Ressourcen nicht erschöpft oder dazu beiträgt, Umwelt-Ressourcen zu erschöpfen oder Emissionen zu erzeugen, die den Klimawandel verschärfen.

 

Green IT für einen nachhaltigen Betrieb

Eine nachhaltige Technologielandschaft legt Schwerpunkte auf Energieeffizienz und -einsparung sowie Abfallvermeidung. Automobilhersteller sollten daher Green IT einführen, um ihre Technologiesysteme an den Grundsätzen der Nachhaltigkeit auszurichten – und so den Kohlenstoff-Fußabdruck der digitalen Infrastruktur erheblich zu verringern. So sind Unternehmen in der Lage, sich bei der Hardwarebeschaffung auf Energieeffizienz zu konzentrieren sowie Virtualisierungs- und Cloud-Ressourcen zu nutzen. Sie sollten außerdem IT-Ressourcen weiter verwerten und aufarbeiten, Hardware recyceln sowie eine verantwortungsvolle Entsorgung von Elektronikschrott sicherstellen.

Die Umstellung auf erneuerbare Energiequellen ist ein wichtiger Katalysator, um die Umweltauswirkungen des IT-Betriebs zu reduzieren. In ähnlicher Weise verarbeitet Edge Computing die Daten an der Quelle. Die kürzere Datenübertragung sowie die zentrale Verarbeitung optimiert die Bandbreitennutzung und reduziert so auch den Energieverbrauch. Ein weiterer Vorteil von Edge Computing: Dank automatischer Steuerung und Dashboards zur Kontrolle lässt sich Energie ebenso einsparen wie die Analyse des IT-Energieverbrauchs verbessern.

Eine einheitliche Lösung, die eine hochverfügbare und zuverlässige Konnektivität sowie einen sicheren Datenzugriff gewährleistet und gleichzeitig den Energieverbrauch über alle IT-Ressourcen hinweg rationalisiert, verbessert das Nachhaltigkeitsprofil von Automobilherstellern.

Die Prinzipien der Nachhaltigkeit lassen sich auf die IT-Landschaft von Automobilunternehmen anwenden, um zentrale Herausforderungen zu bewältigen. Dazu gehören (a) die Verwaltung datengesteuerter Fließbänder, (b) die Verarbeitung kontinuierlicher Datenströme von Bordsystemen in Echtzeit und (c) die Umsatzsteigerung durch das Geschäftsmodell der On-Demand-Mobilität. Letzteres erhöht die IT-Auslastung, den Netzwerkverkehr und den Energieverbrauch.

Folgende Faktoren sind für eine wirksame Lösung notwendig.

 

Bewertung des CO2-Fußabdrucks der IT
Automobilhersteller sollten den Grundstein für ihre Green-IT-Roadmap legen, indem sie sich einen 360 Grad-Blick auf die aktuelle Betriebslandschaft unter dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit verschaffen. SO lassen sich realistische Ziele und Zeitrahmen festlegen. Die Unternehmensziele können dabei von einer einfacheren und schlankeren Landschaft bis hin zu einem gesenkten Energieverbrauch und einer verlängerten Nutzungsdauer der Geräte reichen, um Investitions- und Betriebskosten zu sparen.

Anhand dieser Erkenntnisse kann ein Automobilhersteller eine Ersatzstrategie für die schrittweise Beschaffung von stromsparenden und energieeffizienten Geräten entwickeln. Diese stellt Budgetbeschränkungen Einsparungen bei den Energiekosten gegenüber, die sich bei einem sofortigen Austausch berücksichtigen lassen.

 

Umwandlung der IT-Infrastruktur
Der zweite Schritt des Prozesses ist es, die Rechen-, Speicher- und Datenlandschaft zu optimieren. Automobilhersteller sollten ein Rahmenwerk entwickeln, der Virtualisierung, Cloud-Migration und die Konsolidierung von Rechenzentrums-Racks unterstützt. Damit schaffen sie eine skalierbare und energieeffiziente Infrastruktur für rechenintensive Unternehmens-Workloads – und erleichtern so auch die Due-Diligence-Prozesse für die Migration auf Cloud-Systeme oder grüne Rechenzentren. Durch optimale Datenformate auf Basis spezifischer Anwendungsanforderungen lassen sich redundante Datenübertragungen und Messaging-Belastungen des Netzwerks vermeiden und somit der Energieverbrauch senken.

 

Wert der IT-Ausrüstung maximieren
Darüber hinaus sollten Automobil-Hersteller ihre Beschaffungsstrategie mit den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft und den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung in Einklang bringen. Dieser Schritt reduziert Umweltrisiken, indem er die Entsorgung von IT-Assets (ITAD) rationalisiert. Eine nachhaltige Beschaffung in Kombination mit ITAD-Praktiken für Altgeräte steigert den Lebenszeitwert der Anlagen. Darüber hinaus können Automobilhersteller mit ITAD-Dienstleistern zusammenarbeiten, um ausgediente elektronische Geräte weiterzuverkaufen, wiederzuverwenden, zu recyceln, aufzuarbeiten, zu einem neuen Zweck einsetzen, zu reparieren oder zu entsorgen.

 

Lean Coding einführen
Green Coding ist eine Option für Automobilhersteller, um die Energieintensität von Software-Anwendungen zu minimieren und so Netto-Null-Ziele zu erreichen. Dieser Ansatz ermöglicht es Software-Entwicklern, beim Schreiben und Entwerfen von Code auf den Energie-Fußabdruck Rücksicht zu nehmen. Green Coding ermutigt die Ingenieure, die Programmfunktionen mit möglichst wenigen Codezeilen zu realisieren. Überflüssigen Code zu vermeiden, spart Energie, da es keine unnötige Verarbeitungs- und Speichernutzung gibt. Durch den Einsatz einer auf Microservices basierenden Anwendungsarchitektur und DevOps sind Unternehmen imstande, Arbeitslasten auf einer verteilten Cloud-Infrastruktur intelligent zu orchestrieren – und mit erneuerbarer Energie betriebene Rechenzentren zu ermöglichen.

 

Nachhaltigkeits-Champions kultivieren
Umweltbewusstsein ist eine Grundvoraussetzung, um Nachhaltigkeitsprogramme umzusetzen. Mit einem Green-IT-Rahmenwerk können Automobilhersteller eine Kultur der Energieeffizienz institutionalisieren. Sie sind außerdem imstande, die Philosophie des „Sustainable by Design“ einzubeziehen, indem sie Mitarbeiter zu Nachhaltigkeits-Champions machen. Green-IT-Seminare und Change-Management-Workshops fördern außerdem eine umweltfreundliche Einstellung im gesamten Unternehmen. Darüber hinaus helfen E-Learning-Inhalte Unternehmen beim Aufbau von Green-IT-Communities.

Durch die Einführung einer Green-IT-Roadmap erhalten Automobilhersteller eine Win-Win-Situation. Nachhaltige IT-Praktiken reduzieren nicht nur die Umweltbelastung, sondern führen auch zu Kosteneinsparungen und einer effizienteren digitalen Infrastruktur. Dies ebnet den Weg für eine Zukunft, in der Automobilhersteller Fahrzeuge mit einem minimalen ökologischen Fußabdruck entwickeln und herstellen, während sie gleichzeitig einen reibungslosen Übergang zu einer softwaregesteuerten Zukunft gewährleisten.

Ruchir Budhwar ist Executive Vice President and Industry Head Manufacturing bei Infosys. Seit fast 20 Jahren spielt er eine entscheidene Rolle für die Unternehmenspräsenz im Fertigungssektor, der die Bereiche Automobil, Luft- und Raumfahrt, diskrete/industrielle Fertigung und Chemie/Ressourcen umfasst.

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