Von Chancen zu Erfolgen: Die Rolle von Vertrauen und Akzeptanz bei der KI-Implementierung

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Industrie eröffnet erhebliche Chancen und bringt zugleich tiefgreifende Veränderungen in der Arbeitswelt mit sich: Arbeitsplätze werden umstrukturiert, monotone Aufgaben reduziert und neue Kompetenzen erforderlich, während andere Fähigkeiten an Bedeutung verlieren. Für eine erfolgreiche KI-Integration ist es daher entscheidend, dass Beschäftigte Vertrauen in KI-Systeme entwickeln und deren Nutzung akzeptieren. Verschiedene Maßnahmen können helfen, dieses Vertrauen aufzubauen und die Akzeptanz zu fördern.
Von   Cornelia Stoll   |  Wissenschaftliche Mitarbeiterin   |  Technische Universität Berlin
23. Oktober 2024

Von Chancen zu Erfolgen: Die Rolle von Vertrauen und Akzeptanz bei der KI-Implementierung

 

Künstliche Intelligenz, kurz KI, ist eine der entscheidendsten Schlüsseltechnologien des 21. Jahrtausends und bietet auch in der Industrie wesentliche Potenziale. Studien kommen zu dem Ergebnis, dass ihr Einsatz zum Beispiel die Qualität in der Produktion verbessern, die Gesamtproduktivität steigern und bei der Bewältigung des Fachkräftemangels helfen kann. Trotzdem scheitert die Umsetzung von Forschungsergebnissen in industrielle Anwendungen häufig. So haben laut einer Umfrage von Bitkom e. V. im Jahr 2023 etwa 15 Prozent der befragten Unternehmen der deutschen Industrie KI genutzt. Angesichts der vierten industriellen Revolution (Industrie 4.0) ist allerdings zu erwarten, dass die Zukunft der Industrie auch Anwendungen von KI einschließen und der Anteil der KI-Nutzer*innen entsprechend steigen wird. Diese Entwicklung wird eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen Menschen und Maschinen hervorbringen.

 

KI und die Umgestaltung von Arbeit

 

Die Integration von KI-Systemen in Arbeitsprozesse wird auch Auswirkungen auf die Arbeitsplätze und die Gestaltung von Arbeit haben. Obwohl die Studienlage dazu derzeit noch vergleichsweise unklar ist und es dementsprechend an eindeutiger Vorhersagbarkeit fehlt, herrscht keine völlige Ungewissheit. So wird nicht erwartet, dass es zu einem breitflächigen Abbau von Stellen kommt. Stattdessen entstehen bereits jetzt neue Arbeitsplätze und Berufsbilder, wie zum Beispiel im Bereich von Data Science. Zusätzlich wird sich das Tätigkeitsspektrum schon bestehender Berufe verändern: Menschen werden durch KI-Technologien potenziell von monotonen und repetitiven Aufgaben entlastet. Aber auch einige Fähigkeiten, die bisher als hohe Qualifikation galten, werden mit dem KI-Einsatz an Bedeutung und Wert verlieren, was zu einer sogenannten Dequalifizierung führen kann. Gleichzeitig werden Aufgaben umstrukturiert, wodurch sich neue Anforderungen an Qualifikationen und Kompetenzen ergeben. Dementsprechend ist es von grundlegender Bedeutung, Beschäftigte im Transformationsprozess nicht nur zu berücksichtigen, sondern sie aktiv daran mitwirken zu lassen.

Änderungen in der Arbeitsorganisation können für Beschäftigte eine Herausforderung darstellen. Die Einführung von KI kann etwa insofern zusätzliche Belastungen bedeuten, als positive Routinen durch neue Aufgaben ersetzt werden. Generell birgt die Substitution von Tätigkeiten die Gefahr, dass ein Gefühl der Entmündigung ausgelöst wird. Das kann einerseits als Verlust an Autonomie wahrgenommen werden und andererseits negative Auswirkungen auf die Produktivität und die Arbeitszufriedenheit haben. Wenn Arbeitnehmende das Gefühl haben, dass ihre Arbeitskraft weniger geschätzt wird, besteht darüber hinaus die Gefahr, dass sie sich sowohl mit der Arbeit an sich als auch mit dem Unternehmen weniger identifizieren.

 

Vertrauen und Akzeptanz als Bausteine für die erfolgreiche Integration von KI

 

Ein wesentlicher Schlüssel zur erfolgreichen Bewältigung dieser Herausforderungen liegt im Aufbau von Vertrauen in KI-Systeme und der Förderung ihrer Akzeptanz bei den Beschäftigten. Die Forschung zur Einführung neuer Informationstechnologien (IT) zeigt, dass ein Mangel an Akzeptanz und Vertrauen zu einer Ablehnung der technischen Systeme durch die Nutzer*innen führen kann. Diese Ablehnung kann sich dabei in unterschiedlichen Ausprägungen äußern, angefangen bei der schlichten Verweigerung, die Technologie zu nutzen, bis hin zu destruktivem Verhalten. Solche Reaktionen können Vorteile neuer IT-Systeme minimieren oder sogar aufheben.

Angesichts der Individualität jedes Unternehmens (z. B. hinsichtlich der Qualifikationsniveaus der Mitarbeitenden oder des Führungsstils der Leitungsebene) existiert keine ‚one-size-fits-all‘-Lösung, um das Vertrauen in und die Akzeptanz von KI zu steigern und aufrechtzuerhalten. Im Allgemeinen können aber verschiedene Maßnahmen sowohl vor als auch während und nach der KI-Implementierung ergriffen werden. Dabei kann die erste Phase, also die Zeit vor der tatsächlichen Einführung eines KI-Systems, als die wichtigste betrachtet werden, weil sowohl die zweite als auch die dritte Phase stark von ihr abhängen. Die Beurteilung und Bewertung der Ausgangssituation sowie die Ergebnisse der Interventionen in dieser Zeit sind dementsprechend entscheidend für den Gesamterfolg der KI-Integration.

In der ersten Phase werden also die Grundlagen für die gesamte KI-Implementierung geschaffen. Zu den wesentlichen Maßnahmen zur Gewährleistung von Akzeptanz und Vertrauen zählt hier eine detaillierte Analyse der KI-Potenziale im Unternehmen, die mittels Workshops mit verschiedenen Stakeholdern durchgeführt werden kann und dazu beiträgt, realistische Erwartungen an KI zu entwickeln. Auf dieser Basis können außerdem die schon bestehenden Fähigkeiten und Kompetenzen im Umgang mit KI dokumentiert und fehlende Fähigkeiten und Kompetenzen durch gezielte Schulungen sichergestellt werden. Und weil vor der Implementierung erhobene Einstellungen auch als Indikator dienen können, dass möglicherweise weitere Interventionen erforderlich sind, ist es essenziell, das anfängliche Vertrauen in und die Akzeptanz von KI bei den Beschäftigten durch Befragungen zu erfassen. Bereits in dieser Phase sollte den Mitarbeitenden aber auch Sicherheit vermittelt werden, indem die bevorstehende Transformation deutlich kommuniziert wird und die Fragen der Beschäftigten geklärt werden. Zuletzt trägt auch eine umfassende Messung der bisherigen Arbeitsergebnisse ohne KI-Einsatz dazu bei, die Effektivität von KI im späteren Prozess praxisnah demonstrieren zu können.

Weil die Zuverlässigkeit einer KI-Anwendung als entscheidend für den Aufbau von Vertrauen gilt, ist es während der KI-Implementierung hilfreich, wenn Beschäftigte das KI-System selbst testen können. Ein optimales Maß an Vertrauen und Akzeptanz kann jedoch nicht allein durch positive Erfahrungen mit der Arbeit mit KI erreicht werden. Daher sollte die Möglichkeit geboten werden, während der Integrationsphase Rückmeldungen zur wahrgenommenen Leistung des Systems und zu den damit verbundenen Gefühlen zu geben. Bedenken der Mitarbeitenden hinsichtlich der Veränderungen in ihrem Arbeitsbereich kann begegnet werden, indem sie explizit als Expert*innen auf ihrem Gebiet betrachtet und anerkannt werden.

Während des aktiven Einsatzes von KI im Unternehmen sollte das Hauptziel schließlich darin bestehen, die Nutzung der Systeme zu fördern, Widerstandstendenzen zu minimieren und vor allem das Vertrauen in und die Akzeptanz von KI bei den Beschäftigten auf einem optimalen Niveau zu halten. Auch weil sich die Einstellung gegenüber KI im Laufe der Zeit ändern kann, ist es außerdem unerlässlich, regelmäßig mit den Mitarbeitenden in Austausch zu treten, sie etwa über die Vor- und Nachteile von KI weiterhin aufzuklären und bei Bedarf gezielte Schulungen oder Workshops anzubieten, um einen erfolgreichen Einsatz der Technologie zu gewährleisten.

 

Fazit

 

Zusammenfassend eröffnet die Einführung von KI in die Arbeitswelt erhebliche Chancen. Ein zentraler Faktor für den Erfolg dieser Integration ist der Aufbau von Vertrauen und Akzeptanz bei den Beschäftigten. Durch gezielte Maßnahmen in der Vorbereitung, Implementierung und Nutzung von KI – wie transparente Kommunikation und Schulungsangebote – kann das Vertrauen gestärkt und die Akzeptanz erhöht werden.

 

Cornelia Stoll ist Soziologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Mensch-Maschine-Systeme der Technischen Universität Berlin. Dort ist sie an dem Projekt ProKI beteiligt, das insgesamt darauf abzielt, Industrieunternehmen bei der Implementierung von KI zu unterstützen.

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