Stark nachgefragt: Talente für das F&A

Der „War of talents“ ist in vollem Gange und die Unternehmen tun sich schwer, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Das gilt auch für Finanzexperten, die dringender benötigt werden, denn je. Helfen kann der Einsatz moderner Technologien – nicht etwa beim Bewerbungsprozess, sondern vielmehr bei der Gestaltung des Aufgabengebietes. Es lohnt sich also, die Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen, um motivierte Finanzspezialisten für sich zu gewinnen.
Von   Ralph Weiss   |  Geo VP DACH   |  BlackLine
15. Mai 2023

Es ist ein bisschen wie beim Kauf einer Luxusware: Viele wollen sie, aber die Nachfrage ist höher als das Angebot. Ergo passiert, was in einer freien Marktwirtschaft üblich ist: Die Preise steigen schnell in ungeahnte Höhen und der eine versucht das wertvolle Gut dem anderen abzuluchsen. Die Rede ist aber keineswegs von internationalen Modelabels, sondern von Spezialisten im Finance und Accounting (F&A) sowie Controlling. Also jenen Experten, die das finanzielle Ökosystem eines Unternehmens im Griff haben und zunehmend gemeinsam mit dem Management auch für die strategische Ausrichtung und Agilität und damit für den Erfolg mit verantwortlich zeichnen. Doch wie findet man diese Finanzexperten und noch viel wichtiger, wie kann man sie langfristig an ein Unternehmen binden und halten?

Laut einer unabhängigen Studie, die Censuswide im Auftrag von BlackLine unter 1.150 Führungskräften und Finanzfachleuten in sechs weltweiten Kernmärkten angefertigt hat, sehen 32 Prozent der CFOs die Erstellung einer soliden Bilanz als oberste Priorität an. Folglich ist es kaum verwunderlich, dass gleichzeitig 30 Prozent, also nahezu ein Drittel der Befragten, die Gewinnung neuer Nachwuchstalente als wichtigstes Ziel benennen. Allerdings ist die Realität eine andere. Nur 20 Prozent sind der Meinung, dass der Finanzbereich tatsächlich über die richtigen Fachkräfte verfügt. Dieses eklatante Missverhältnis zwischen Nachfrage und Angebot führt automatisch zu einem heftigen Ringen um die raren Talente. Erschwerend kommt hinzu, dass zusätzlich zum allgemeinen Fachkräftemangel über 50 Prozent der Accountants erwägen, innerhalb der nächsten ein bis vier Jahre den Job zu wechseln – aus Gründen der Unzufriedenheit oder weil die Angebote auf dem Markt dazu animieren.

Finanzprofis: Was sie wollen, aber oft nicht bekommen

Unternehmen, die gute Gehälter bezahlen und darüber hinaus weitere Annehmlichkeiten bieten, sind nicht unbedingt in einer besseren Situation als ihre Konkurrenten, wenn es um die Gewinnung und das Halten von Finanztalenten geht. Denn das Monetäre, wie etwa Boni, Mobilitätsangebote oder genügend Urlaubs- und Ausgleichstage, sind bestenfalls die halbe Miete. Talente achten heute viel mehr auch auf die Arbeitsbedingungen, die Möglichkeiten sich und ihre Arbeit weiterzuentwickeln oder Arbeitsmodi, welche das Geschäftliche und Private weitaus besser integrieren, als es in der jüngeren Vergangenheit ermöglicht wurde. Unternehmen, die zwar mit guten Löhnen und Zulagen glänzen, jedoch an den traditionellen buchhalterischen Arbeitsbedingungen festhalten, sind im Nachteil.

Vielmehr stehen Finanzabteilungen, die zu einem hohen Maß mit modernster IT arbeiten und dadurch hoch automatisiert, flexibel und agil sind, hoch im Kurs. Talente sehen darin ihre Chance, in ihrem beruflichen Dasein etwas zu schaffen und zu bewegen, anstatt einer stupiden täglichen Routine nachzugehen. Ergo gehören im Finance und Accounting moderne Arbeits-Tools und damit ein möglichst geringer Anteil an monotoner Arbeit zu den großen Motivatoren. Damit erreichen Unternehmen ein konkurrenzfähiges Angebot sowohl für die bestehenden Fachkräfte als auch bei der Suche nach neuen Talenten.

In den Unternehmen jedoch sieht es zumeist anders aus. Erstaunlicher Weise besteht vielerorts die Arbeit eines hochqualifizierten Finanzprofis nach wie vor aus der Bearbeitung unzähliger Excel-Tabellen oder aus dem manuellen Kontenabgleich. Traditionelle manuelle Arbeiten, wie sie seit Jahrzehnten bestehen, haben sich im Arbeitsalltag der Finanzfachleute fest verankert –zusätzlich getrieben durch extreme Arbeitsaufwandsspitzen zu den Monats-, Quartals- und Jahresabschlüssen. Vermutlich gerade deswegen ist es für Unternehmen, die Systeme und Prozesse nicht auf den Prüfstand stellen und modernisieren, schwer, qualifiziertes Finanzfachpersonal zu finden und zu halten.

Die neue Rolle der Finanzprofis

Die Rolle des Finance und Acountings hat sich während der letzten Jahre grundlegend geändert. Einerseits streben Unternehmen durch Expansion nach immer weiterem Wachstum, andererseits soll das Unternehmen durch neue Geschäftsmodelle agil auf die Marktgeschehnisse reagieren können, um konkurrenzfähig zu sein. Diese Bestrebungen laufen unweigerlich im Finance, Accounting und Controlling zusammen, wo nicht nur die Performance des Unternehmens überwachtwird, sondern auch Analysen für wichtige Zukunftsentscheidungen generiert werden. Die Folge: Die Finanzabteilung und auch das Controlling nehmen eine wichtige Rolle bei der Beratung des Managements ein. Dafür müssen jedoch die richtigen Tools und vor allem die dafür benötigte Zeit zur Verfügung stehen.

Interessanter Weise und trotz der schon lange laufenden Digitalisierung vieler Fachbereiche in Unternehmen, gibt es im Finance und Controlling noch einiges zu tun, die Mitarbeiter in dieser Rolle zu befähigen. Daher ist die Digitalisierung des Accountings keine Option, sondern ein Muss – nicht nur, weil der Wunsch nach mehr Echtzeitdaten- und Analysemöglichkeiten seit Jahren ganz oben auf der Agenda der CFOs steht, sondern auch weil sich die Mitarbeiter in den Finanzabteilungen wertigere Arbeit wünschen: weniger monotone Fleißarbeit – mehr Analyse- und Beratungstätigkeiten. Wer sich also für die heutigen und künftigen Anforderungen mit motiviertem Personal wappnen will, sollte auf einen durchgängigen, automatisierten, modernen Accounting-Prozess setzen.

Transformation der Finanzfunktion

Softwarelösungen, insbesondere im F&A, sollen dazu dienen, dass sich Mitarbeiter in ihrem Job entfalten können. Keinesfalls sollen sie durch eine schlechte Funktionalität von spannenden und wichtigen Aufgaben abhalten. Zu den wichtigsten Eigenschaften moderner Softwarelösungen gehören die Automation oder der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI), welche die Arbeit erleichtern, Prozesse optimieren und neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen.

Soweit zum Wunschdenken. Zurück zur Realität. Selbst im Zeitalter der Digitalisierung sind traditionell arbeitende Finanzabteilungen weiter verbreitet als man denkt. Dies bestätigt auch die Studie von BlackLine. Beim Recruiting von F&A-Talenten gaben 36 Prozent der international und 46 Prozent der in Deutschland Befragten an, dass es schwierig ist, Kandidaten mit sowohl technologischen als auch F&A-Fähigkeiten zu finden. Im gleichen Zug und vermutlich auch deshalb werden veraltete Technologien und Prozesse als größere Hürde bei der Personalbeschaffung angesehen – 19 Prozent international und 13 Prozent in Deutschland.

Ganz gleich, wie modern die ERP-Systeme auch sind, bei den Vorbereitungen für die Konsolidierung greifen die Mitarbeiter dann doch wieder auf Tabellenkalkulation zurück oder gleichen schlimmstenfalls sogar gedruckte Dokumente ab. Der Nachweis für die betriebswirtschaftliche Begründung der Finanztransaktionen findet aus Gründen lückenhafter Digitalisierung überwiegend manuell statt. Unstimmigkeiten in den Unterlagen oder Excel-Tabellen lassen sich nur sehr schwer aufspüren. Das Risiko von fehlerbehafteten Buchungen oder auch innerhalb offener Posten ist hoch. Die Studie bestätigt dies: 69 Prozent der Befragten Finanzverantwortlichen glauben, dass entweder sie selbst oder ihr CEO schon einmal wichtige Geschäftsentscheidung auf Grundlage veralteter oder falscher Finanzdaten getroffen hat.

Die Lösung: Ein hoher Grad an Automation schafft Anziehungskraft für Talente. Mehr noch, das weiterführende Prinzip des durchgängigen Accounting-Prozesses bietet zusätzliche Attraktivität sowohl für die Finanzmitarbeiter als auch für das Management. Hinter Modern Accounting verbirgt sich die Idee des Continuous Accounting, mit dem sich inzwischen immer mehr Unternehmen für die Zukunft rüsten. Damit wird die punktuelle Arbeitsbelastung beim herkömmlichen Finanzabschluss durch einen kontinuierlichen Prozess ersetzt. Buchungen, Kontenabstimmungen, Analysen und Kontrollen erfolgen nicht mehr am Ende des Monats, Quartals oder Jahres, sondern fortlaufend und hoch automatisiert während der Abrechnungsperiode – auf Basis tagesaktueller Daten und in Echtzeit. Transaktionen und Konten werden unmittelbar abgeglichen und Abweichungen rechtzeitig vor dem eigentlichen Abschluss identifiziert.

Davon profitieren natürlich die Mitarbeiter der Finanzbuchhaltung. Sie werden nicht nur vom Stress am Periodenende befreit, sondern können ihre Fähigkeiten für anspruchsvollere Tätigkeiten einsetzen. Statt Daten stur zu sammeln und abzugleichen, analysieren und bewerten sie diese. So tragen sie hoch motiviert und unmittelbar zur Wertschöpfung und Weiterentwicklung des Unternehmens bei – entsprechend wie es für ihre Rolle und ihrer hohen Qualifizierung angemessen ist.

Konsequente Digitalisierung motiviert Finanzprofis

Ein Unternehmen, das existierende Prozesse hinterfragt, sein Finanzteam aktiv einbezieht und sich die Mehrwerte digitaler Technologien zunutze macht, wird schnell die Früchte seiner Digitalisierungsinitiative ernten – sowohl aus Sicht des Managements, als auch aus der Perspektive der Finanzprofis. Ein hoch digitalisiertes Arbeitsumfeld erleichtert es Unternehmen, existierende Talente zu binden und neue Mitarbeiter für sich zu gewinnen, nicht zuletzt junge Leute, die in einem modernen Finanzwesen Karriere machen wollen. Denn hoch qualifizierte Finanzexperten wollen sich  im wesentlichen mit wertstiftenden Aufgaben beschäftigen und nicht den Löwenanteil mit Fleißarbeit verbringen.

Ralph Weiss ist Geo VP DACH bei BlackLine. Er ist seit über 30 Jahren in der Softwarebranche aktiv und verfügt über eine weitreichende Expertise in der Digitalisierung des Finanzwesens.

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