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Spatial Computing und KI: Die Revolution des Lernens

Immersive Technologien ermöglichen adaptives Lernen, bei dem MitarbeiterInnen durch direkte Interaktion mit digitalen Elementen Fähigkeiten und Wissen erwerben können.
Von   Alexander El-Meligi   |  Co-Founder und Managing Partner   |  Demodern GmbH
12. März 2024

Das Lernen und Arbeiten der Zukunft findet – auch – im dreidimensionalen Raum statt.  Der Oberbegriff hierfür ist Spatial Computing. Dabei geht es um Computer-Systeme, die vorwiegend Spatial Aware sind – also die virtuelle Umgebung oder den realen Raum wahrnehmen und einbeziehen. Zudem können sie auch die NutzerInnen-Interaktion im Kontext des Raums verstehen und dadurch Gesten bzw. das Verhalten oder Eigenschaften der NutzerInnen – wie beispielsweise die Position oder die Interaktion mit einem Gegenstand, einer Person oder einem  Element – identifizieren. Spatial Computing umfasst somit sowohl VR-, AR- als auch MR-Anwendungen. VR-Anwendungen sind voll immersive Applikationen, in denen NutzerInnen in einer künstlichen Umgebung interagieren. Bei AR-Erfahrungen hingegen werden digitale Inhalte im realen Umfeld integriert (zum Beispiel ein virtuelles Produkt,  das auf dem realen Tisch platziert wird). MR wiederum ist eine Kombination beider Ansätze und ermöglicht sowohl die Interaktion mit digitalen Inhalten im physischen realen Raum als auch voll immersive Experiences. Im Unternehmenskontext wird VR- und AR-Technologie vor allem in der Logistik, im Engineering oder auch für virtuelle Meetings oder Konferenzen genutzt. Inzwischen gibt es unzählige Spatial-Computing-Anwendungen in allen Bereichen von Kommunikation, Co-Präsenz, Fertigung, Spiele, Personalwesen, Medien, Sport bis hin zu Unterhaltung sowie Datenvisualisierung.

Corporate-Metaverse-Lösungen und Virtual Worlds sind weitestgehend Multi-UserInnen-Anwendungen, in denen NutzerInnen als Avatare in Echtzeit in 3D-Umgebungen oder Welten miteinander interagieren. Deren Zusammenkommen kann verschiedene Ziele wie Co-Creation, Kollaboration, Shopping, Engineering & Design, Konferenzen, Meetings oder auch die Teilnahme an einem Event verfolgen. Und diese Anwendungen können sowohl auf dem Smartphone, Laptop oder auch auf einem VR-Headset stattfinden. Auch hier gibt es bereits zahlreiche Anwendungen, bei denen man tatsächlich mit allen TeilnehmerInnen ein Meeting in einer virtuellen Welt durchführen kann. Mittels VR-Headset sitzt man sich dann quasi direkt in einem virtuellen Raum gegenüber. Ebenfalls möglich ist die Virtualisierung von Fabrikanlagen (Digital Twins) inkl. deren Prozesse, so dass beispielsweise die Planung, das Monitoring oder auch das Training an Maschinen ortsunabhängig durchgeführt werden können. So sind ArchitektInnen oder IngenieurInnen zukünftig in der Lage, Maschinen oder Anlagen aus der Ferne zu warten, zu begehen oder auch zu steuern.

Keine HR-Strategie ohne die Integration immersiven Technologien

In den letzten Jahren haben wir viele spannende Entwicklungen erlebt und – nicht zuletzt bedingt durch die Corona-Pandemie – eine Beschleunigung der Digitalisierung. Viele Unternehmen und Menschen mussten sich sehr schnell an die neue Situation anpassen und Tools erlernen, welche die virtuelle Zusammenarbeit und Kommunikation ermöglichen. Die Nutzung von virtuellen Lernplattformen dient aber nicht ausschließlich dem Fernunterricht, sondern bietet auch ein inklusives Lernumfeld, indem es auch Menschen mit Behinderungen berücksichtigt.

Heute, nach der Pandemie, arbeiten wir weiterhin teilweise oder sogar komplett remote und virtuell und haben diese neue Form der Kollaboration und Kommunikation innerhalb kürzester Zeit erlernt. Neue Technologien wie KI sowie Automatisierung verändern die Arbeitsplatz-Landschaft rapide und fordern, dass MitarbeiterInnen kontinuierlich neue Fähigkeiten erlernen. Diese wechseln zudem heute öfter zwischen Projekten und Unternehmen, was bedeutet, dass es entscheidend ist, sich schnell neue Fähigkeiten und Skills anzueignen. Unternehmen und Teams, die auf Innovation und Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet sind, erkennen den Wert von MitarbeiterInnen, die ständig neue Fähigkeiten und Kenntnisse erwerben. Das lebenslange Lernen unterstützt somit die Entwicklung einer agilen und innovativen Arbeitskultur. Die Integration von immersiven Technologien, wie Spatial Computing und Virtual Worlds, in die HR-Strategie sind daher in einer sich schnell verändernden Arbeitswelt und für das lebenslange Lernen elementar.

Die Zukunft des Lernens mit Spatial Computing und KI

Die rasante Entwicklung von immersiven Technologien wie Spatial Computing und KI eröffnen neue spannende Potentiale für das Lernen. Insbesondere die Kombination dieser Technologien mit modernen Lernmethoden ist enorm vielversprechend.

Immersives Training mittels VR- oder AR-Technologie ermöglicht wie kaum ein anderes digitales Medium ein sehr praxisnahes Lernen, da hier Situationen und Prozesse sehr realitätsnah erlebt werden können. Durch Simulationen, virtuelle Experimente und praktische Übungen können die Lernenden ihr Verständnis vertiefen und praktische Fähigkeiten entwickeln. Laut einer Studie von PwC haben MitarbeiterInnen, die VR-Trainings durchlaufen, im Durchschnitt eine 4-mal höhere Lerngeschwindigkeit und eine 1,5-mal höhere Lernkonzentration im Vergleich zu traditionellen Schulungsmethoden. Es bietet sich natürlich an, diese räumlichen Simulationen mit Gamification und Storytelling zu kombinieren, um die Motivation und die Effizienz des Lernens zu steigern. Hier sollte man darauf achten, die Vorteile der räumlichen und immersiven Technologie wirklich zu nutzen –  und nicht wie auf 2D Displays Informationen und Medien nur als Text, Video und Bild darzustellen. Aufgrund der effektiven und praxisorientierten Natur von VR- und AR-Trainings können Lernende schneller lernen und Kompetenzen schneller entwickeln. Laut einer Studie von Boeing konnten Lernende mithilfe von AR-basiertem Training komplexe Aufgaben um 30% schneller erlernen als mit herkömmlichen Methoden.

Spatial Computing ermöglicht zudem soziales und kollaboratives Lernen auf einem neuen Niveau, da hier nun TeilnehmerInnen völlig ortsunabhängig in Gruppen virtuell zusammenkommen können und durch den Austausch von Wissen, Erfahrungen und Ideen mittels Kollaborationstools oder virtueller Räume und Lernumgebungen nicht nur kommunizieren, sondern auch tatsächlich zusammenarbeiten können. Soziales Lernen stärkt nicht nur die Fähigkeiten zur Teamarbeit und Kommunikation, sondern fördert den Austausch von Ideen und die Zusammenarbeit bei der Lösung von Problemen. Eine Studie der University of Michigan ergab, dass Gruppen, die gemeinsam lernen, im Durchschnitt eine um 35% höhere Problemlösungskompetenz aufweisen als Einzelpersonen.

Die Integration und Nutzung von KI wird zudem die Algorithmen und die Analyse des adaptiven und personalisierten Lernens stark verbessern und vorantreiben. Adaptives Lernen ist sehr effektiv, da sich das Tempo, der Inhalt und auch das Feedback des Lernens an die Leistung und Bedürfnisse der Lernenden anpassen. Eine Umfrage von eLearning Industry ergab, dass 85% der SchülerInnen der Meinung waren, dass adaptive Lerntechnologien ihnen geholfen haben, effektiver zu lernen, indem sie personalisierte Inhalte und ein individuelles Lerntempo bieten. Außerdem können Institutionen durch den Einsatz effektiverer Lernmethoden Kosten sparen. Ein Bericht von Tyton Partners deutet darauf hin, dass Institutionen, die adaptive Lerntechnologien verwenden, die Kosten pro Lernenden um bis zu 40% senken können. KI-basierte Lernmanagementsysteme können administrative Aufgaben automatisieren, wie z. B. die Verfolgung von Lernfortschritten, die Anpassung von Lernpfaden und die Bereitstellung von Feedback. Eine Studie von McKinsey ergab, dass der Einsatz von Automatisierung im Lernprozess die Produktivität um bis zu 25% steigern kann.

Bislang konnten entsprechend stark personalisierte und multimodale Lerninhalte nur sehr begrenzt und kostspielig hergestellt und angeboten werden. Durch den Einsatz von KI werden hier nun große Fortschritte ermöglicht, die adaptives Lernen mit personalisierten multimodalen Inhalten erlebbar machen. Durch KI können Daten über das Verhalten, die Leistung und sogar Emotionen des Lernenden in Echtzeit analysiert und ein von diesem präferiertes Lernszenario in jeglicher Modalität generiert werden. Das ist auch der Grund, warum dem Adaptive-Learning-Markt ein großes Wachstum zugesprochen wird. Von 2.51bn in 2021 wird eine CAGR (Compound Annual Growth Rate = durchschnittliche jährliche Wachstumsrate) von 22.6% auf 8.63bn in 2030 erwartet.

Einige Plattformen gehen erste Schritte in diese Richtung und bieten bereits immersives Lernen mittels KI in einer virtuellen Umgebung an.

Fazit

Die Aussichten und Entwicklungen durch KI, adaptives Lernen und Spatial Computing für die Arbeits- und Lernwelt von morgen sind extrem spannend und vielversprechend. Insbesondere ermöglicht Spatial-Computing-Technologie nicht nur immersive Lernerfahrungen und Simulationen, sondern durch die Kombination modernster Lernmethoden wie adaptives Lernen, soziales und kollaboratives Lernen, Gamification und Mobile Learning eine ganz neue Dimension und somit eine starke Transformation des Lernens wie wir es bisher kennen. Durch KI können nicht nur völlig natürliche Dialoge mit Spracheingabe – und -ausgabe erfolgen, sondern Lerninhalte in Echtzeit auch visualisiert oder generiert werden. Im Kern dieser Anwendungen stelle ich mir in Zukunft personalisierte KI-Coaches vor, die uns nicht nur bei den Lern- oder Trainings Anwendungen unterstützen, sondern auch bei der realen Arbeit unterstützen und in Echtzeit augmentiert helfen.

Die Vorteile und Chancen für Unternehmen und deren Mitarbeitende durch Effektivität, Kostenersparnisse, Inklusion, Reichweite, Karriereentwicklung etc. liegen auf der Hand. HR kommt bei dieser Lern-Innovation und -transformation eine besondere Verantwortung zu.

Alexander El-Meligi (43) ist Co-Founder und Managing Partner von Demodern, der deutschlandweit meistausgezeichneten Agentur für kreative Technologien und eine der führenden Innovationsagenturen Europas. El-Meligi studierte an der SAE Creative Media und arbeitete zunächst als Designer und Entwickler in verschiedenen Agenturen für Kunden wie Porsche, Mercedes, O2 und Hugo Boss. 2008 gründete der gebürtige Bochumer gemeinsam mit Kristian Kerkhoff Demodern, für die an den Standorten Köln und Hamburg rund 70 Digitalexperten auf Kunden wie Nike, Ergo, IKEA, SAP, SNIPES, PwC Deutschland oder BMW/MINI arbeiten. El-Meligi ist Mitglied des ADC Diversity Boards, welches sich für einen breiteren systemischen Wandel in der Kreativwirtschaft einsetzt.

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