Sieben Regeln für den Einsatz von Robots

Von   Carsten Rust   |  Director Solution Consulting DACH   |  Pegasystems
14. August 2018

Mit Software-Robotern können Unternehmen die Abläufe in Applikationen automatisieren, und so vor allem Legacy-Anwendungen effizienter machen. Dabei sollten sie allerdings ein paar Regeln beachten. Sie müssen aber auch im Auge behalten, dass Robots langfristig den Aufbau einer konsistenten IT-Architektur nicht überflüssig machen.
Software-Roboter – „Robots“ – haben sich innerhalb weniger Jahre in der IT etabliert. Sie werden eingesetzt, um sich häufig wiederholende Aufgaben zu automatisieren, etwa um die Effizienz von Prozessen zu steigern oder die Kosten zu reduzieren. Es handelt sich – in bewusster Analogie zum klassischen Industrieroboter – um automatisierte Abläufe, die in der Regel ohne menschliche Interaktion ausgeführt werden. Durch die Automatisierung lassen sich die jeweiligen Prozesse, beispielsweise im Rahmen von CRM-Anwendungen, schneller und mit weniger Fehlern ausführen.

In der Praxis konnten jedoch viele der so erwartungsvoll in Angriff genommenen Robotics-Projekte die Erwartungen nicht erfüllen. Die Produktivitäts- und Kostenvorteile, die sich Unternehmen versprochen haben, fielen eher mager aus. Was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass einige Grundregeln, die Voraussetzung für einen erfolgreichen Einsatz von Robotics sind, nicht ausreichend beachtet wurden.

  1. Business-Nutzen: Der fachliche Nutzen von Robotics muss genau definiert sein. Häufig werden Robots vor allem deshalb ausprobiert oder gleich produktiv implementiert, weil es sich um eine „angesagte“ Technik handelt. Immer wieder setzen Unternehmen RoboticsProjekte für Prozesse auf, für die diese Technologie aber nicht passt und mit denen sich dann auch kein Business-Nutzen realisieren lässt. Dass solche Projekte dann regelmäßig enttäuschend enden, versteht sich; derartiger Frust kann dann dazu führen, dass Robots im Unternehmen schließlich generell abgelehnt werden. 
  1. Prozessfrequenz: Es hat wenig Sinn, Robotics-Projekte für Prozesse aufzusetzen, die nur selten ausgeführt werden. Effizient sind Robots nur bei sich massenhaft weiderholenden Fällen, beispielsweise für den Transfer von Daten bei Medienbrüchen oder die tägliche Zusammenführung von Daten aus unterschiedlichen Legacy-Systemen. Wenn jedoch Robots zum Beispiel für die Erstellung von Quartals- und Jahresabschlüssen verwendet werden, so werden diese definitionsgemäß recht selten durchgeführt. Auch wenn die nötigen Schritte zeitraubend sind, so lassen sich signifikante Einsparungen durch Automatisierung hier nicht realisieren; demgegenüber wäre der Aufwand für Programmierung und Pflege der Robots erheblich. 
  1. Wertschöpfungsrelevanz: Robots sollten nur für wertschöpfen-de, wachstumsbezogene Prozesse der jeweiligen Unternehmen verwendet werden; die Automatisierung von eher peripheren Funktionen – wie die genannte Erstellung von Quartals- und Jahresabschlüssen – wird immer nur geringe Einsparungen bringen. Besser wäre es, die Robots für massive Kostentreiber nahe an der Wertschöpfungskette zu verwenden, etwa wenn Mitarbeiter im Callcenter mehrere unterschiedliche Systeme bedienen müssen. Große Retailer oder Telekommunikationsanbieter verzeichnen ein paar Millionen Calls im Jahr und wenn durch einen Robot je-der Kontakt im Durchschnitt vielleicht um zwanzig oder dreißig Sekunden verkürzt werden kann, so sind die Gesamteinsparungen erheblich. Robots eignen sich auch für Customer Journeys oder für die Automatisierung des Fulfillments. 
  1. Technische Machbarkeit: Es gibt immer noch Systeme, die nicht durch den Einsatz von Robotics-Lösungen in Prozesse integriert werden können; daher sollte die IT-Abteilung frühzeitig in Projekte eingebunden werden.
  1. Governance: Angesichts der rasanten Ausbreitung der Robots ist in Zukunft ein erhöhter Verwaltungsaufwand für die eingesetzten Robots zu erwarten: Unternehmen sollen daher die eingesetzten Robots und ihre Abhängigkeiten von angebundenen Systemen von Anfang an gut dokumentieren.
  1. Transparenz: Mitarbeiter oder Kunden, die in den entsprechenden Prozessen von Robots „bedient“ werden, sollten darüber offen informiert werden. Andernfalls kann es schnell zu Vertrauensverlusten kommen – die Betroffenen fühlen sich wegen einer „heimlichen“ Automatisierung nicht ernst genommen und lehnen die Verfahren dann grundsätzlich ab. Vor allem Mitarbeiter sollten Robots als ihre Hilfsmittel verstehen lernen.
  1. Strategie: Robotics sollte als Teil einer umfassenden Digitalisierungsstrategie betrachtet werden, etwa im Rahmen der unternehmensweiten Digital Process Automation (DPA). Eine Enterprise Automation Roadmap hilft, den zeitlichen Verlauf transparent zu machen.

Allerdings sollten Unternehmen in Zusammenhang mit Robots einen wichtigen Aspekt immer im Auge behalten: Die Automatisierung von Software-Prozessen ist aus Architektursicht immer nur eine Behand-lung von Symptomen. Robots helfen, Systeme und Prozesse zusammenzubringen, die meist aufgrund historischer Entwicklungen nicht reibungslos passen. Häufig werden auf diese Weise heterogene Legacy-Systeme untereinander beziehungsweise mit der modernen digitalen Welt verbunden. Mit Robots können kurzfristig signifikante Effizienzgewinne erzielt werden, während der Umbau der IT-Landschaft im Rahmen des langfristigen Digitalisierungs-Konzepts im Hintergrund weiterläuft. Später können die Robots dann sukzessive durch eine Orchestrierung der neuen Services abgelöst werden.

Positiv formuliert sind Robots Integratoren, negativ ausgedrückt handelt es sich um ein Stück „Flickschusterei“. Dass man in einer nicht-idealen IT-Welt nicht ohne eine solche auskommt, liegt auf der Hand, das weiß jeder Praktiker. Langfristig sollte man aber die „saubere“ Lösung anstreben, konkret also die Anzahl der Systeme verringern und konsolidieren, die Silos auflösen und die Prozesse integrieren. Robots sollten unter diesen Aspekten immer nur eine Übergangslösung sein – aber was heißt schon „nur“?

Carsten Rust ist seit 2006 bei Pegasystems und seit 2009 als Senior Manager Solution Consulting DACH für den technischen Vertrieb verantwortlich. In seiner fast 20jährigen IT-Karriere hat er namhafte Unternehmen bei der Umsetzung ihrer prozesszentrierten Vorhaben beraten und unterstützt. Vor Pegasystems war er als Director of Financial Solutions bei der abaXX Technology AG tätig. Seine Karriere startete er als Berater für Groupware und Workflow bei der USU Software AG. Er studierte Informatik an der Universität Stuttgart.

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