Semantik und KI:
Der Schlüssel zu besseren Entscheidungen
Unstrukturierte Daten – eine unterschätzte Ressource
Schätzungen zufolge bestehen über 80 Prozent der unternehmensinternen Informationen aus unstrukturierten Daten (Quelle). Diese enthalten häufig wertvolle Erkenntnisse über diverse Projekte, Kunden und Prozesse. Im Gegensatz zu strukturierten Daten, wie sie etwa in CRM-, ERP- oder BI-Systemen gepflegt werden, fehlt ihnen ein gemeinsames Schema. Sie sind nicht direkt abfragbar, aggregierbar oder vergleichbar. Dabei verstecken sich in diesen Datenmengen Erkenntnisse, die für das zukünftige Wachstum besonders wichtig sind.
Das Ergebnis ist oft, dass operative Systeme zwar funktionieren, strategische Fragen aber unbeantwortet bleiben. Wie verändern sich Kundenanfragen im Zeitverlauf? Welche Projekte bergen implizite Risiken? Wo entstehen inhaltliche Engpässe zwischen Teams?
Struktur durch Semantik: der Weg zur vernetzten Information
Um diese Lücke zu schließen, setzen moderne Systeme auf semantische Kontextualisierung. Ziel ist es, aus fragmentierten Einzelinformationen strukturierte und interpretierbare Einheiten zu formen, zum Beispiel durch automatische Verschlagwortung, Relationserkennung oder Zusammenführung.
Ein zentraler Baustein ist die semantische Suche. Anders als klassische Schlagwortsuchen analysiert sie die Bedeutung hinter Texten. Sie erkennt, dass „Teammeeting Dienstag 10 Uhr“ und „wöchentliche Abstimmung“ sich auf denselben Sachverhalt beziehen können, auch wenn keine Begriffe übereinstimmen. Möglich wird dies durch den Einsatz von Large Language Models (LLMs), Vektor-Retrieval und graph-basierten Repräsentationen.
Ein Beispiel aus der Praxis: Was sich aus Kalenderdaten lernen lässt
Ein konkretes Projekt verdeutlicht das Potenzial, das in der strukturierten Nutzung bislang unerschlossener Informationen steckt: Wir haben ein System entwickelt, das mit Hilfe von Natural Language Processing und Machine Learning Kalendereinträge automatisch mit Kunden- und Projekt-Tags versieht. Ausgangspunkt war eine manuelle Datenbasis, in der Nutzer bestimmte Ereignisse bereits kategorisiert hatten. Auf dieser Grundlage trainierten wir ein lernfähiges Modell, das auch uneinheitliche Formulierungen, Abkürzungen oder Schreibfehler zuverlässig interpretieren konnte. Ergänzt wurde das System durch regelbasierte Heuristiken und einen Feedback-Loop, über den Korrekturen direkt in die Trainingsdaten einflossen.
Besonders spannend wurde es, als wir diese getaggten Kalenderdaten mit weiteren Systemen verknüpften, etwa mit CRM- und Zeiterfassungsdaten. So konnten wir erstmals automatisch nachvollziehen, wie viel Zeit pro Kunde oder Projekt investiert wurde, wie sich Meetings auf die Auslastung auswirkten, und welche Accounts hohe interne Aufwände bei geringer Marge verursachten. Auch die Forecasting-Qualität ließ sich deutlich steigern: Kapazitätsplanung, Profitabilitätsanalysen und Margenprognosen gewannen an Präzision – ganz ohne manuelles Reporting.
Aus dem Projekt wird deutlich: Selbst alltägliche Informationen wie Kalendereinträge enthalten enorme strategische Hebel, wenn sie semantisch strukturiert und intelligent verknüpft werden. Das Ergebnis sind fundierte, datenbasierte Entscheidungen, die Unternehmen ermöglichen, Profitabilität zu steigern, Ressourcen effizienter zu planen, finanzielle Entwicklungen präzise vorherzusagen. Somit entsteht eine solide Grundlage für nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum zu schaffen.
Praktische Empfehlungen für Führungsteams: den Einstig in die Nutzung unstrukturierter Daten gestalten
Viele Führungsteams haben heute nicht den direkten Zugriff auf die Daten, die sie für fundierte Entscheidungen brauchen. Unstrukturierte Daten sind oft verborgen oder nur in Fragmenten vorhanden, weshalb wichtige Fragen unbeantwortet bleiben oder nur mit großem Aufwand geklärt werden können.
Um den Einstieg zu erleichtern, helfen folgende Leitfragen:
Welche strategischen Fragen sind heute schwer oder gar nicht zu beantworten?
Zum Beispiel: Wie entwickeln sich Kundenanfragen im Zeitverlauf? In welchen Projekten investieren wir viel Zeit bei geringer Marge? Wo liegen wiederkehrende Engpässe oder Blockaden? Diese Fragen zeigen auf, wo Informationsdefizite bestehen und wo eine semantische Analyse besonders wertvoll sein kann.
Wo liegen die relevanten Daten und in welchem Format?
Oft sind die nötigen Informationen schon vorhanden – in Kalendern, Ticket-Systemen, Zeiterfassungstools, CRM oder Kommunikationstools. Wichtig ist, diese Quellen zu identifizieren und sie semantisch zu verknüpfen, ohne alle Daten erst aufwändig zu migrieren.
Wie kann der Prozess iterativ gestaltet werden?
Ein Big-Bang-Projekt ist selten erfolgreich. Häufig kommt man mit einem schrittweisen Ansatz mit einem klar definierten Use Case, messbaren Zielen und regelmäßigen Feedbackschleifen viel effizienter an das gewünschte Ergebnis. So lassen sich Modelle und Prozesse kontinuierlich verbessern.
Weiterer Ausblick: von Business Intelligence bis zur Integration der LLMs
Die Entwicklung der LLMs schreitet mit rasantem Tempo voran. Es heißt oft, dass die Technologien, die wir heute nutzen, lediglich der Anfang sind und zukünftige Modelle deutlich leistungsfähiger, präziser und vielseitiger sein werden. Wenn es uns gelingt, die Brücke zur kontextuellen Einbettung von Daten zu schlagen, eröffnen sich völlig neue Dimensionen entlang der gesamten Informationswertschöpfungskette.
Business Intelligence in Echtzeit: Automatisch strukturierte und verknüpfte Daten ermöglichen es, Dashboards nicht mehr nur mit historischen Kennzahlen, sondern mit tiefgehenden, kontextualisierten Erkenntnissen zu füllen. So können Unternehmen beispielsweise Projektstatus, Kundenbedürfnisse oder Eskalationsrisiken in Echtzeit überwachen und proaktiv steuern.
Vernetzung der Tools: In den meisten Unternehmen existiert eine Vielzahl spezialisierter Tools. Semantisches Tagging und intelligente Ereignisverknüpfungen schaffen die Möglichkeit, diese Daten über verschiedene Systeme hinweg zu verbinden, ohne auf starre Schnittstellen angewiesen zu sein. Dies fördert eine ganzheitliche Sicht auf Geschäftsprozesse und erleichtert bereichsübergreifende Zusammenarbeit.
Kontext für LLMs: Der effektive Einsatz großer Sprachmodelle in Unternehmensanwendungen ist maßgeblich von präzisen und relevanten Kontextinformationen abhängig. Systeme, die strukturierte Daten dynamisch aus unstrukturierten Quellen extrahieren und aufbereiten, steigern signifikant die Qualität, Genauigkeit und Sicherheit generativer KI-Anwendungen – und öffnen den Weg für neue, innovative Geschäftsmodelle und Entscheidungsprozesse.
Diese Entwicklungen markieren den Übergang zu einer neuen Ära der datengetriebenen Unternehmensführung, in der vernetzte, intelligente Systeme Unternehmen befähigen, komplexe Herausforderungen besser zu meistern und Wettbewerbsvorteile nachhaltig auszubauen.
Fazit
Daten sind in den meisten Unternehmen in großer Menge vorhanden, doch häufig fehlt die Fähigkeit, sie sinnvoll zu strukturieren und miteinander zu verknüpfen. Gerade für Führungskräfte bedeutet dies, dass sie oft nicht auf die Informationen zugreifen können, die sie für schnelle und fundierte Entscheidungen benötigen.
Die semantische Kontextualisierung unstrukturierter Daten schafft hier Abhilfe. Sie verwandelt isolierte Datenfragmente in vernetzte, interpretierbare Informationen und ermöglicht so Echtzeiteinblicke, die weit über klassische Berichte hinausgehen.
Semantik und LLMs sind Werkzeuge, die Unternehmen bisher nicht zur Verfügung standen. Wer es schafft, diese gezielt und systematisch in die Entscheidungsfindung zu integrieren, wird schneller handeln, präziser steuern – und langfristig erfolgreicher sein.
Um einen Kommentar zu hinterlassen müssen sie Autor sein, oder mit Ihrem LinkedIn Account eingeloggt sein.