Mitarbeiterintegration: Metallverarbeiter wachsen zusammen

Unternehmenstransaktionen sind längst zum probaten Mittel geworden, um zu wachsen, in neue Märkte vorzudringen oder neue Kompetenzen sowie Fachkräfte in den Stammbetrieb zu holen. Neben vielen organisatorischen Aufgaben ist dabei auch die Einführung und nachhaltige Bindung der neuen Belegschaft in das bestehende Team essenziell. Zwei Unternehmen aus der Metallverarbeitung zeigen, wie all dies unter einen Hut gebracht werden kann.
Von   Ronny Baar   |  Geschäftsführer   |  ABG Consulting-Partner GmbH & Co. KG.
13. Dezember 2023

Unternehmenstransaktionen sind längst zum probaten Mittel geworden, um zu wachsen, in neue Märkte vorzudringen oder neue Kompetenzen sowie Fachkräfte in den Stammbetrieb zu holen. Neben vielen organisatorischen Aufgaben ist dabei auch die Einführung und nachhaltige Bindung der neuen Belegschaft in das bestehende Team essenziell. Zwei Unternehmen aus der Metallverarbeitung zeigen, wie all dies unter einen Hut gebracht werden kann.

Eine Übernahme kann ganz unterschiedliche Ziele wie etwa eine Diversifikation oder Expansion verfolgen. Übernimmt eine Firma ein anderes Unternehmen, stellt das aufgrund von Synergien meist eine aussichtsreiche Strategie dar: Die Vertriebs- und Marketingstrukturen sowie das Angebots- und Leistungsportfolio können erweitert werden. Außerdem können Angestellte ihr Fachwissen austauschen oder ergänzen und Produktions-, Logistik-, Transport- sowie Wartungsstrukturen lassen sich häufig gemeinsam nutzen.

Doch egal, ob es dabei darum geht, sich in seinem Stamm-Markt weiter zu konsolidieren oder in neue Branchen oder Regionen vorzudringen, der Zukauf ist stets eine komplexe Angelegenheit. Er ist längst nicht mit dem Unterzeichnen des Vertrags abgeschlossen. Vor allem die Integration der Belegschaft des erworbenen Betriebs in die für sie neuen Unternehmensstrukturen sollte wohlüberlegt angegangen werden. Wird dies nicht getan, kann die Abwanderung von Schlüsselpersonal die Folge sein. Deshalb sollte ein konsequenter, vorab entwickelter Plan zur Mitarbeiterintegration einen fließenden Ablauf sicherstellen. Er kann außerdem essenziell sein als Grundlage für den künftigen Zusammenhalt der Mitarbeiterschaft. Das zeigen auch die hier vorgestellten Hersteller aus dem Metallbereich.

Auf mehrere Jahre angelegter Integrationsplan

Im Falle der beiden Metallverarbeiter aus den Bereichen Kühlapparate und landwirtschaftliche Geräte erfolgte der Erwerb des letzteren aufgrund von Überschneidungen in der Produktion. Denn beide Unternehmen setzen unter anderem gleiche Maschinen für die Blechbearbeitung ein. Vom Management des übernehmenden Betriebs, dem Kühlgerätehersteller, wurde dabei vorab ein mehrjähriger Integrationsplan inklusive Wachstumsstrategie aufgesetzt.

Die strategische Herangehensweise war essenziell, denn es gab eine besondere personalseitige Herausforderung im Rahmen der Transaktion zu bewältigen. Sie bestand darin, den zugekauften inhabergeführten Betrieb mit einer handwerklichen Mentalität in die größere, konzernartige Unternehmensgruppe zu integrieren. Gleichzeitig sollte für eine erfolgreiche Integration mit Feingefühl auf die Bedürfnisse und Befindlichkeiten der Angestellten geachtet werden. Es ging dabei etwa um Fragen der Arbeitsplatzsicherheit und des Erhalts der operativen Eigenständigkeit der kleineren Produktionseinheit.

Unternehmensbereiche umfassend vereinigt

Die Eingliederung eines gekauften Betriebs in eine bestehende Struktur kann eine große Anzahl von Bereichen umfassen. Im vorliegenden Beispiel wurden der Einkauf und die Buchhaltung zentralisiert. Das bedeutete, künftig würden diese Aufgaben im Standort des übernehmenden Kühlgeräteherstellers erfolgen. Solche Umstrukturierungen sind aus HR-Sicht ein heikles Thema, denn sie können große Verunsicherung bei den Mitarbeitern verursachen. Deshalb wurde hier klar kommuniziert, dass die entsprechenden Arbeitsplätze beim Hersteller für landwirtschaftliche Geräte nicht abgebaut werden. Die freien personellen Kapazitäten sollten stattdessen anderweitig eingesetzt werden. Durch diese Transparenz wurde Spannungen in der Belegschaft vorgebeugt und das über viele Jahre gewachsene Vertrauensverhältnis zur Geschäftsleitung nicht beschädigt.

Praktische Konsequenzen der Zusammenführung: Die Kosten für Einkauf sowie Buchhaltung konnten durch die Zentralisierung minimiert und interne Ressourcen effektiver genutzt werden. Außerdem wurden die Produkte aus dem Online-Shop des kleineren Betriebs in die Vertriebsstruktur aufgenommen und ein Maßnahmenplan für neue Wege des Online-Vertriebs aufgesetzt. Dies vergrößert die Möglichkeiten zum Abverkauf. Im gleichen Zug wurden außerdem Produkte nachkalkuliert und Verbesserungspotenziale ausgelotet, um Gewinne stärker auszuschöpfen.

Gegenseitige Team-Besuche schweißen zusammen

Um sich untereinander besser kennenzulernen und die Produktionslinien der jeweils anderen zu verstehen, besuchten sich die Angestellten gegenseitig an ihren Standorten. Damit wurde als Nebeneffekt auch der Grundstein für Vertrauen und die langfristige Bindung an den neuen Betrieb gelegt. Es konnten persönliche Bekanntschaften und erste zwischenmenschliche Bindungen geschaffen werden. Durch eine reine Abstimmung am Telefon oder über elektronische Wege wäre das Kennen- und Vertrauenlernen sicher ungleich komplizierter geworden. Zudem wurde das Zurechtfinden in der neuen Unternehmensstruktur mit ihren unbekannten Prozessen und Gepflogenheiten durch die Bekanntschaft mit neue Kollegen in ganz ähnlichen Positionen erleichtert: Bekommt eine rein abstrakte Struktur ein Gesicht, werden Sorgen und Vorbehalte genommen, Vertrauen fällt leichter.

Auch der maschinelle Wartungstrupp des übernehmenden Betriebs wird künftig im zugekauften Unternehmen eingesetzt; die Kosten für externe Reparaturdienstleister entfallen. Als weitere Maßnahme wurden die Arbeitsverträge standardisiert und an bestehende Vertragsmodalitäten in der Unternehmensgruppe angepasst. So gelten für alle Mitarbeiter die gleichen Rahmenbedingungen innerhalb der Arbeitsverhältnisse. Gleichbehandlung ist schließlich ebenfalls ein wichtiges Instrument für die Integration und Langzeitbindung.

Integriert und dennoch eigenständig

Bevor die Betriebe zusammengeführt und die angestrebte Expansionsstrategie angegangen wurde, erfolgte eine detaillierte Planung der Mitarbeiterintegration. Zunächst musste dabei festgelegt werden, wann und wie die Belegschaft über die Übernahme und die damit verbundenen Maßnahmen informiert wird und welche Möglichkeiten für Rückfragen angeboten werden sollen.

Dabei erforderte gerade die Eingliederung der verschiedenen Geschäftsbereiche und der jeweiligen Beschäftigten eine umfassende Strategie. Diese musste neben dem großen Hauptziel der Zusammenführung auch kleinere Etappenziele umfassen, die der Reihe nach angegangen werden konnten. Es war beispielsweise bekannt, dass die Angestellten im zuzukaufenden Betrieb großen Wert auf den Erhalt der Eigenständig- und Eigenverantwortlichkeit bei ihrer operativen Arbeit legten. Der Ablauf des Arbeitsalltags sollte also nicht einfach vom Zukäufer aus der Ferne umgekrempelt und fremdbestimmt werden. Wie bereits gezeigt, wurde diese Aufgabe mit Fingerspitzengefühlt angegangen und im Tagesgeschäft eine weitgehende Autonomie des zugekauften Betriebs sichergestellt. Durch den frühen und persönlichen Erfahrungsaustausch der Teams wurde zudem eine Vertrauensbasis gelegt.

Natürlich reicht diese initiale Bonding-Maßnahme nicht für eine dauerhafte Mitarbeiterbindung aus. Zumindest für die Integration war sie dennoch ein zentraler Schritt. Das Unternehmen kann hier ansetzen und in regelmäßigen Abständen weitere Maßnahmen angehen. Dazu gehören etwa ein Austausch über die internen Kommunikationsmittel, weitere Zusammenkünfte, gemeinsame Weiterbildungen, aber auch Firmenevents oder Ausflüge. Zudem sind dauerhafte und persönliche Gesprächsangebote wichtig für die Mitarbeiter.

Wachstumsstrategie: Kapazitäten, Fachkräfte, Synergien

Der auf fünf Jahre angelegte Wachstumsplan der Unternehmensgruppe des Zukäufers hatte auch einen Ausbau der Produktionskapazitäten sowie die Suche nach strategischen Partnerschaften vorgesehen. Generell sollten das Produktportfolio ausgebaut und weitere Lösungen und Produktionskapazitäten aus dem Kühlgerätebereich akquiriert werden. Für die Übernahme des landwirtschaftlich ausgerichteten Betriebs gaben schließlich der gemeinsame Nenner in Sachen Metallbearbeitung und Überschneidungen in der Produktion den Ausschlag.

So konnte die Unternehmensgruppe entsprechend ihres Wachstumsplans Produktionskapazitäten, Fachkräftebestand und Know-how erweitern. Außerdem werden Infrastruktur und weitere Kapazitäten künftig gemeinsam genutzt. Aufträge und Geschäftskontakte können ebenfalls untereinander vermittelt werden. Das hat nicht nur für den Übernehmer Vorzüge: Der übernommene Betrieb verfügte bis dato über keine umfassend ausgebauten Vertriebsstrukturen. Durch die Integration in die Gruppe und die gemeinsam genutzten Kanäle bietet sich nun die Möglichkeit, mehr Umsatz zu erzielen und auch am internationalen Markt bekannt zu werden. Ebenso können nach der erfolgreichen Übernahme und Eingliederung gemeinsam Vorkehrungen für internationale Produktzulassungen getroffen werden.

Ronny Baar ist seit 2005 für ABG Consulting-Partner tätig. Seit 2013 ist er Geschäftsführer der ABG Consulting-Partner GmbH & Co. KG. Zuvor war Ronny Baar Firmenkundenbetreuer im Sparkassenbereich und absolvierte von 1996 bis 1999 ein Studium zum Diplom-Betriebswirt an der Staatlichen Studienakademie Dresden.

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