Künstliche Intelligenz in Backup & Disaster Recovery – intelligente Resilienz für das digitale Zeitalter
Backup und Disaster Recovery (BDR) galten lange als rein technische Routinen: Daten kopieren, speichern und wiederherstellen – fertig. Doch die rasante Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen verändert die Spielregeln. Angesichts zunehmender Cyberbedrohungen und stetig wachsender Datenmengen reichen klassische BDR-Strategien nicht mehr aus. Unternehmen sind gefordert, ihre Backup-Systeme nicht nur zuverlässig, sondern auch intelligent und zukunftssicher zu gestalten. KI übernimmt dabei eine Schlüsselrolle – sowohl bei der Bedrohungserkennung als auch bei der Beschleunigung der Wiederherstellung. Im Gespräch mit Tim Pfälzer, Senior Vice President & General Manager EMEA bei Veeam, haben wir über die Risiken gesprochen, die auf die Unternehmen zukommen und darüber, wie KI-basierte Funktionen zur Umsetzung einer resilienten BDR-Strategie beitragen können.
Klassische Strategien stoßen an ihre Grenzen
Die zunehmende Digitalisierung von Geschäftsprozessen macht Unternehmen aller Branchen abhängig von stabilen und kontinuierlich verfügbaren IT-Systemen. Ein Ausfall – sei es durch Cyberangriffe, technische Defekte oder menschliches Versagen – kann fatale wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen. Backup- und Disaster-Recovery-Lösungen (BDR) sind daher das Rückgrat der digitalen Unternehmensresilienz. Doch in einer Welt, in der Datenmengen explodieren und Angriffe zahlreicher und komplexer werden, reichen klassische Strategien mitunter nicht mehr aus. Hier kommt künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel für eine schnellere und intelligentere Wiederherstellung.
Bedrohliche Ausgangslage
In einer zunehmend digitalisierten Geschäftswelt ist die Verfügbarkeit von Daten und Systemen erfolgskritisch. Gleichzeitig nehmen Bedrohungen wie Ransomware, Datenkorruption und IT-Ausfälle rasant zu. Klassische Backup- und Disaster-Recovery-Strategien geraten zunehmend an ihre Grenzen. Das gilt insbesondere für komplexe, hybride IT-Umgebungen.
Der jüngst veröffentlichte Bericht EU-SOCTA 2025 (Serious and Organised Crime Threat Assessment) von Europol zeichnet ein düsteres Bild. Demnach agieren kriminelle Netzwerke verstärkt als Werkzeuge hybrider Bedrohungsakteure, etwa Staaten, die Kriminalität für ihre geopolitischen Ziele nutzen wollen. Doch finanzielle Motive sind nach wie vor der Hauptgrund für die meisten Cyberangriffe. Techniken wie KI, Blockchain, Kryptowährungen und bald auch Quantencomputing machen die Angriffe effektiver. Deepfakes, Voice Cloning und automatisierte Betrugsmaschen verbreiten sich schnell weiter. Mit der Strategie „Store now, decrypt later“ sammeln Hacker so viele Daten wie möglich, um sie später mit fortgeschrittener Technik entschlüsseln zu können.
Das Wechselspiel zwischen Angriff und Verteidigung ähnelt nach wie vor einem Katz-und-Maus-Spiel. Nutzen die Angreifer neue Techniken, müssen die Verteidiger darauf reagieren. KI ist eine Technik, die sich sowohl die Angreifer als auch die Defensive zu Nutze machen wollen. Nicht zuletzt deshalb arbeitet Veeam, ein Lösungsanbieter im Bereich Datenresilienz, verstärkt mit Microsoft zusammen, um KI-Funktionen in seine Software zu integrieren.
Frühwarnsystem und Risikoerkennung
Einer der größten Vorteile von KI in der Backup-und-Disaster-Recovery-Strategie (BDR) ist die Fähigkeit zur Bedrohungen zu erkennen. Unter BDR versteht man das Verfahren des Kopierens und Speicherns von Dateien an einem bestimmten Ort und die anschließende Wiederherstellung dieser Dateien im Notfall. Durch den Einsatz von Machine-Learning-Algorithmen lassen sich Muster in Backup-Daten, Netzwerkverkehr oder Zugriffsprotokollen erkennen, die auf Anomalien oder sich anbahnende Störungen hinweisen. Ein plötzlich erhöhter Schreibzugriff auf sensible Dateien, ungewöhnliche Backup-Frequenzen oder untypisches Nutzerverhalten kann auf einen Ransomware-Angriff hindeuten, bevor ein sichtbarer Schaden entsteht.
Moderne KI-gestützte Backup-Lösungen analysieren kontinuierlich solche Verhaltensmuster und schlagen bei Auffälligkeiten automatisch Alarm. Im Idealfall isolieren sie gefährdete Systeme automatisch oder schalten auf redundante Umgebungen um, bevor kritische Daten kompromittiert sind.
Automatisierte Wiederherstellung
Im Ernstfall zählt jede Minute. Während manuelle Wiederherstellungsprozesse mitunter zeitintensiv und fehleranfällig sind, kann KI die Recovery beschleunigen, um die Geschäftskontinuität zu gewährleisten und Ausfallzeiten zu minimieren. Intelligente Systeme analysieren, welche Daten, Systeme und Anwendungen für den Geschäftsbetrieb am kritischsten sind und priorisieren deren Wiederherstellung.
Vordefinierte Wiederanlaufpläne kombiniert mit Echtzeitanalyse ermöglichen es KI-Services, nicht nur die Wiederherstellungsreihenfolge dynamisch anzupassen, sondern auch Ressourcen wie Netzwerkbandbreiten oder Rechenkapazitäten optimal zuzuteilen. Ausfallzeiten lassen sich so signifikant reduzieren.
Self-Healing und Simulationen
Ein weiterer Trend sind Self-Healing-Backup-Systeme. Diese selbst-heilenden Systeme erkennen beschädigte Sicherungen automatisch und leiten Korrekturmaßnahmen in die Wege, sei es durch erneutes Backup, alternative Speicherpfade oder durch die Integration redundanter Speicherquellen. Auch hier greift KI: Sie analysiert Fehler, ordnet Ursachen zu und schlägt Maßnahmen vor oder führt sie automatisiert durch.
Zudem lassen sich mit KI-unterstützten Simulationen verschiedene Szenarien durchspielen. Was-wäre-wenn-Analysen ermöglichen präzise Vorhersagen über das Systemverhalten bei bestimmten Ereignissen oder Ausfällen. Das verbessert nicht nur die Vorbereitung auf Ernstfälle, sondern unterstützt auch die Compliance-Anforderungen, etwa durch dokumentierte Recovery-Zeiten (RTO/RPO). Das Ziel für die Wiederherstellungszeit (Recovery Time Objective, RTO) ist die angestrebte Zeitspanne zwischen dem Ausfall und dem Wiederanfahren der Systeme, während das Ziel für den Wiederherstellungspunkt (Recovery Point Objective, RPO) die maximale Zeitspanne zwischen dem letzten Backup und dem Zwischenfall darstellt.
KI kann manipulierte oder verschlüsselte Backups erkennen, die etwa durch Ransomware während der Sicherung kompromittiert wurden. Klassische Backup-Systeme erkennen solche Veränderungen oftmals zu spät oder gar nicht. Intelligente Systeme hingegen prüfen die Integrität, vergleichen Versionen, analysieren Inhalte und ermöglichen eine saubere Wiederherstellung aus nicht kompromittierten Generationen.
Fazit
Künstliche Intelligenz transformiert Backup & Disaster Recovery vom reaktiven Schutzmechanismus zu einem lernfähigen Sicherheitssystem. Sie erkennt Risiken frühzeitig, beschleunigt die Wiederherstellung, reduziert die Ausfallzeiten und macht Systeme robuster gegenüber künftigen Bedrohungen. Unternehmen, die heute in KI-gestützte BDR-Lösungen investieren, stärken nicht nur ihre IT-Sicherheit. Sie gewinnen einen strategischen Wettbewerbsvorteil in einem Zeitalter, in dem Datenverfügbarkeit als erfolgskritisch gilt.
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