Second Hand Software – Experte klärt Mythen auf

Second-Hand-Software bezieht sich auf bereits genutzte und weiterverkaufte Softwarelizenzen, die im Gegensatz zu neuen Lizenzen keine Qualitätsverluste aufweisen und kostengünstiger sind. Laut EU-Gesetzgebung dürfen solche Lizenzen weiterverkauft werden, solange sie auf den ursprünglichen Geräten gelöscht werden, um Urheberrechtsverletzungen zu vermeiden. Ein weit verbreitetes Missverständnis ist, dass Händlerinnen für die Legalität der Software verantwortlich sind, tatsächlich haften jedoch die Käuferinnen. Unternehmen sollten daher nur mit seriösen Händler*innen zusammenarbeiten, die eine transparente Rechtekette nachweisen können. In einer zunehmend Cloud-orientierten IT-Landschaft bleiben gebrauchte Softwarelizenzen eine kostengünstige Alternative für Unternehmen, die nicht vollständig auf die Cloud umsteigen möchten. Zehn Jahre nach dem EU-Urteil bleibt die Nachfrage nach gebrauchten Lizenzen stark, trotz fortbestehender Mythen und mangelnder Bekanntheit.
Interview von Katharina Loyo
24. September 2024
Interviewpartner
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Second Hand Software – Experte klärt Mythen auf

 

Was ist Second-Hand Software genau und wie unterscheidet sie sich von neuen Lizenzen?

„Second-Hand Software-Lizenzen unterscheiden sich dahingehend, dass sie bereits von einem anderen Unternehmen genutzt und nach Ende der Nutzung weiter veräußert wurden.
Es sind immaterielle Nutzungsrechte, die sich nicht abnutzen können. Daher gibt es keinen Qualitäts- oder Funktionsunterschied zwischen gebrauchten und neuen Lizenzen. Ihr Vorteil: Sie sind deutlich kostengünstiger.“

 

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen und Vorschriften gelten für den Handel mit Second-Hand-Software, insbesondere in Bezug auf die EU-Gesetzgebung?

„Softwarelizenzen unterliegen dem sogenannten Erschöpfungsgrundsatz. Das bedeutet, dass Hersteller*innen nach dem Verkauf der Lizenz an Erstnutzer*innen keinen Einfluss mehr darauf haben, wie diese die Lizenz verwenden. Das hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil aus 2012 eindeutig festgestellt.

Damit Software-Lizenzen jedoch rechtmäßig gehandelt werden können, müssen unter anderem folgende Punkte beachtet werden: Beim Kauf einer Software-Lizenz werden Käufer*innen zu Eigentümer*innen der Software. Auch wenn der Lizenzvertrag den Weiterverkauf dieser untersagt, können Hersteller*innen nichts dagegen tun. Updates, die im Rahmen eines Wartungsvertrags bereitgestellt werden, gehören zur Original Lizenz und dürfen unbegrenzt genutzt werden. Beim Weiterverkauf müssen ursprüngliche Käufer*innen die Software auf ihren Computern löschen, um Urheberrechtsverletzungen zu vermeiden. Eine Vervielfältigung der Lizenz ist selbstverständlich unzulässig.“

 

Was ist das größte Missverständnis, das Menschen über den Kauf oder Verkauf von gebrauchter Software haben?

„Es stimmt nicht, dass die Händler*innen gebrauchter Software für diese verantwortlich sind. Bei Urheberrechten – und dazu gehören auch Software-Lizenzen – gibt es keinen gutgläubigen Erwerb. Das bedeutet, dass die Verantwortung nicht auf die Händler*innen, sondern auf die Käufer*innen, sprich die Unternehmen, übergeht. Kaufen sie illegale oder nicht lizenzierte Software, haften diese auch dafür. Das ist wichtig zu wissen, wird aber von vielen nicht verstanden, weil es eben um eine besondere Art des Handels geht. Es ist deshalb von hoher Bedeutung, dass Unternehmen mit seriösen Händler*innen zusammenarbeiten, die alle Regeln einhalten und volle Transparenz bieten.“

 

Wie können Unternehmen sicherstellen, dass sie gebrauchte Software rechtmäßig erwerben und nutzen?

„Durch die Zusammenarbeit mit renommierten Händler*innen, die über geschultes Personal verfügen und auf höchste Qualität in ihren An- und Verkaufsprozessen achten. Konkret: Die Rechtekette wird vom Ankauf durch den Händler bis zurück zum Erwerb des Erstnutzers vom Hersteller*innen aufgearbeitet und dokumentiert. Im Verkaufsfall wird diese auch Zweiterwerber*innen vollständig zur Verfügung gestellt. Da es große Unterschiede in Bezug auf ihre Standards und Seriosität gibt, verdient die Auswahl des richtigen Händlers besondere Aufmerksamkeit.“

 

Wie können Unternehmen zwischen seriösen und unseriösen Händlern unterscheiden?  

„Für Laien ist der Unterschied zwischen seriös und unseriös in der Regel nur schwer zu erkennen. Ein Unternehmen ist nicht automatisch unseriös, nur weil es die Rechtekette nicht offenlegt. Das macht es für Kunden aber auch schwerer, vertrauenswürdige Händler*innen​​ zu erkennen, selbst wenn sie TÜV-, Notar- oder Wirtschaftsprüfer-Zertifikate vorlegen können.  Oft wird die Nicht-Offenlegung damit begründet, dass der Verkäufer aus Datenschutz-Gründen die Veröffentlichung nicht wünscht. Mit meiner über 20-jährigen Erfahrung im Gebrauchtsoftware Markt kann ich festhalten: Die meisten Verkäufer*innen haben kein Problem mit der Offenlegung, insofern es um eine rechtmäßige Rechteübertragung geht. Das gilt sogar für unsere Kund*innen, die zu den 500 größten Unternehmen Europas gehören. Viele von ihnen finden Sie sogar auf unserer Website.“

 

„Ein weiterer guter Indikator: Nicht alle Lizenzen sind immer in der Menge verfügbar, in der sie benötigt werden. Angebot kann einfach nicht immer gleich Nachfrage sein, wohingegen Hersteller*innen immer unbegrenzt Lizenzen verkaufen können. Das bedeutet, dass seriöse Händler*innen von gebrauchter Software nicht zu jeder Zeit mit kompletter Verfügbarkeit werben können – das ist praktisch gar nicht möglich. Händler*innen, die solche vehementen Aussagen treffen, sprechen zumindest meistens nicht die Wahrheit. Das kann ein guter Anhaltspunkt dafür sein, dass sie selbst Lizenzen erfinden oder mit neuen Lizenzen handeln. Besonders beliebt sind hier die stark rabattierten Education-Lizenzen, die ursprünglich dazu dienen sollten, Schülern, Studierenden und Lehrkräften kostengünstig Zugang zu professioneller Software zu verschaffen. Auch diese Praxis ist nicht grundsätzlich illegal, sollte aber zumindest transparent kommuniziert werden.“

 

Zur Zeit wird viel über die Cloud diskutiert. Welche Rolle spielt gebrauchte Software in dieser Landschaft?

„Die Cloud wird von vielen als die perfekte Lösung angesehen. Doch mit zunehmenden Sicherheitsbedenken lässt der Hype auch nach. Neben diesen Bedenken haben viele Unternehmen aber auch Sorgen wegen der steigenden Kosten.  Denn obwohl aus Sicht der Softwareanbieter die Vorteile der Cloud überwiegen, sind nicht alle Unternehmen überzeugt. Einige Branchen setzen weiterhin auf On-Premise-Lösungen. Für Unternehmen, die aber nicht komplett auf die Cloud umsteigen möchten, bietet der Markt für gebrauchte Softwarelizenzen eine attraktive Alternative. Meine Erfahrung zeigt: Trotz des Hypes um Cloud- und KI-Technologien bleiben On-Premises-Lösungen relevant und modern. Der Handel mit gebrauchten Lizenzen hat sich zwar verändert, doch die anhaltende Nachfrage zeigt, dass dieser Markt weiterhin wächst und sich weiterentwickelt.“

 

Im Juli jährt sich das Urteil, das den Handel mit gebrauchter Software legalisiert, zum zehnten Mal. Was hat sich seitdem getan? Ist die Entwicklung wie erwartet verlaufen?

„Etwas komplett Unerwartetes hat sich seitdem nicht getan. Dennoch bin ich sehr erstaunt, wie wenig nach wie vor über relizenzierte Software bekannt ist. Die wenigsten Unternehmen wissen überhaupt, dass es diese Möglichkeit gibt, geschweige denn, wie viel Geld sie damit sparen können. Außerdem halten sich einige Mythen hartnäckig. Wie in jeder Branche gibt es aber leider auch hier mittlerweile “schwarze Schafe”, die die Unkenntnis der Kunden ausnutzen. Obwohl dies zu erwarten war, schockiert es mich immer wieder aufs Neue, wie hartnäckig und trügerisch hier vorgegangen wird.  Ich kann jedem Unternehmen, das seine Fixkosten auf den Prüfstand stellen und seine Softwarelandschaft selbst in die Hand nehmen will, nur empfehlen, sich mit gebrauchten Softwarelizenzen auseinanderzusetzen. Aus Erfahrung können wir sagen, dass, sofern über einen seriösen Händler gehandelt wird, bis zu mindestens 30% Einsparpotential realisiert werden kann. Falls die Überprüfung ergibt, dass nicht unbedingt die aktuellste Version benötigt wird kann die Ersparnis auch leicht 65-75% betragen.“

Interview geführt durch:

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