Grüne Mobilitätswende in Sicht?
In rund 30 Jahren soll der gesamte Verkehrssektor klimaneutral agieren. Doch für 2020 und 2021 beschlossene kurzfristigere Klimaziele, wie etwa 40 Prozent der Treibhausgase im Vergleich zu 1990 einzusparen, wurden nicht erreicht. Das führte nun dazu, dass der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Bundesregierung verklagt. Der Weltklimarat IPCC warnt in seinem aktuellen Abschlussbericht, dass das Ziel des Pariser Klimaabkommens, eine Erderwärmung von 1,5°C bis 2030 nicht zu überschreiten, bereits jetzt gefährdet ist. Bereits heute liegt die Erderwärmung bei 1,1°C im Vergleich zu 1990, sodass sich die Emissionen bis 2030 halbieren müssten, um dem 1,5-Grad-Ziel gerecht zu werden.
Noch ehrgeiziger ist das Ziel, dass Deutschland laut Klimaschutzgesetz bis 2045 treibhausgasneutral werden muss. Aus Sicht des Umweltbundesamts bedeutet das eine Minderung der Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um mindestens 70 Prozent bis 2030 und mindestens 90 Prozent bis 2040.
Das macht deutlich: Es erfordert stärkere und vielfältige Maßnahmen, um CO2 einzusparen. Besonders der Industrie- und Verkehrssektor sind hier als die größten Treibhausgasemittenten in Deutschland gefordert. Dabei trägt nicht nur die Gesellschaft die Verantwortung, sondern auch Unternehmen.
Zwei große Stellschrauben haben Unternehmen derzeit zur Verfügung, die Mobilität nachhaltiger zu gestalten: die Umstellung auf den elektrischen Antrieb und die Nutzung von digitalen Services zur Optimierung emissionsstarker Aktivitäten.
Die Rolle der betrieblichen Mobilität
Etwa zwei Drittel der neu zugelassenen PKW sind gewerblich gehaltene Firmenwagen, zeigt eine Studie von Agora. Die betriebliche Mobilität sowie der Gebrauch von Dienstwagen zu privaten Zwecken haben also einen erheblichen Einfluss auf die CO2-Emissionen.
Das sogenannte „Dienstwagenprivileg“ ist in diesem Kontext ein vieldiskutierter Aspekt. Es beschreibt den geldwerten Vorteil, den Angestellte genießen, wenn sie ihren Dienstwagen auch für private Fahrten nutzen. Wird Arbeitnehmer:innen ein Dienstwagen gestellt, übernimmt das Unternehmen die Kosten von Wartungen, Reparaturen und die Instandhaltung. Dieser Vorteil muss als Lohneinnahme mit einem Prozent des Fahrzeug-Bruttolistenpreises versteuert werden, die sogenannte 1-Prozent-Methode.
Die genannte Studie von Agora zeigt jedoch, dass das die 1-Prozent-Methode zu einer zunehmenden Verbreitung von hochmotorisierten Fahrzeugen aus höheren Preisklassen führt. Der steuerlich berücksichtigte geldwerte Vorteil sei laut Studie mit einem Prozent deutlich zu gering bemessen. Für Arbeitgebende entstehe so der Anreiz, den Dienstwagen als Gehaltsbestandteil für den Arbeitnehmenden mit Tankkarten und weiteren Zuschüssen so attraktiv wie möglich zu gestalten. Arbeitnehmenden steht so ein Fahrzeug als Dienstwagen zur Verfügung, den sie sich ohne die Bezuschussung durch den Arbeitgebenden nicht leisten könnten. Das erzeugt einen künstlich hohen Bedarf an übermotorisierten Fahrzeugen und hat höhere CO2-Ausstöße zur Folge. Laut Agora spart das Arbeitgebenden nicht nur höhere Gehaltszahlungen, sondern schaffe einen negativen Einfluss auf die Umwelt.
Ein Kompromiss in Sicht?
Die Regierung fördert die Verbreitung von Elektrofahrzeugen und Hybriden durch geringere Steuersätze und Kaufprämien. So steigt die Anzahl an Neuzulassungen von Fahrzeugen mit alternativem Antrieb laut Kraftfahrt-Bundesamt stetig, sodass neben Städten und Gemeinden auch Supermärkte, Tankstellen und Raststätten ihre E-Ladeinfrastruktur ausbauen. Agora und einigen politischen Parteien gehen die finanzielle Förderung und die geringere Versteuerung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben aber nicht weit genug. Die Agora-Expert:innen fordern Maßnahmen, um die Pauschalversteuerung einzuschränken. Sie verlangen unter anderem, den Pauschalsteuersatz für Dienstwagen zu erhöhen, der sich vor allem an der Fahrzeuggröße und Motorisierung orientiert.
Da sich diese Forderung bisher nicht durchgesetzt hat, schlugen die Grünen Mitte Januar einen neuen Ansatz vor: Sie wollen die Dienstwagenpauschale am CO2-Ausstoß des Fahrzeugs ausrichten. Dienstwagen, die einen hohen CO2-Ausstoß verursachen, würden demnach höher versteuert. Das Bundesfinanzministerium diesen Vorschlag jedoch abgelehnt. Bei der Pauschalbesteuerung werde die Klimawirkung bereits berücksichtigt, denn Hybrid- und Elektroautos würden gefördert.
In der Zwischenzeit setzen einige Institutionen bereits eigene Maßnahmen um: Die evangelische Kirche etwa hat ihren Mitarbeitenden kürzlich ein Tempolimit für Autobahnen und Landstraßen auferlegt. Damit möchte sie Treibstoff einsparen, CO2-Emissionen senken und so den Klimaschutz unterstützen. Obgleich es eine einschränkende Maßnahme ist, Unternehmen kommen nicht umhin, ihre Fahrzeugflotten und Fuhrpark-Prozesse den klimapolitischen Anforderungen entsprechend anzupassen. Denn klimafreundliche Services und Wertschöpfungsketten werden auch auf Kundenseite immer gefragter.
Digitale Services für eine grünere betriebliche Mobilität
Doch Umstellungen der Unternehmensflotte sind vor allem für Klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) eine besondere Herausforderung. Einerseits sind hier häufig Zeit und finanzielle Mittel knapp, andererseits erfordert der Betrieb teilweise bestimmte Fahrzeugarten. Im Baugewerbe und der medizinischen Versorgung werden oft Kleintransporter benötigt und auch Mitarbeitende im vertrieblichen Außendienst müssen regelmäßig längere Strecken zurücklegen. Viele Fuhrparkverantwortliche fühlen sich laut der Studie Fleet Manager Insights – Germany 2022 im Auftrag von Panion mit der Flottentransformation hin zu alternativen Antrieben überfordert.
Ein Weg, um mehr Klarheit zu verschaffen, bietet die Auswertung von Fuhrparkdaten. Digitale Werkzeuge können Datenanalysen vorbereiten oder durchführen und lassen sich vor allem in der betrieblichen Mobilität, wie etwa dem Fuhrpark, gut in die Verwaltung integrieren. Jedoch nutzen laut Dataforce nur etwa ein Viertel aller Fuhrparks eine solche Software. Verwunderlich, denn: Neun Prozent aller Fuhrparkleiter in Deutschland betrachten den Digitalisierungsstand in ihrem Unternehmen als sehr hoch.
Dabei ist moderne Fuhrparksoftware heute in der Lage, mit ihren gesammelten Telematikdaten, Fahrzeugdaten, Fahrerdaten und Prozessdaten Unternehmen umfassende Einblicke zu verschaffen und Routinen in der Fuhrparkverwaltung und -nutzung zu erleichtern. Diese schaffen Fakten, aus denen wiederum Optimierungspotenziale ersichtlich werden. Folgende Auswertungen können hier unterstützen:
Fahrverhaltensanalyse
Werte, wie die durchschnittlich gefahrene Strecke, der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch, sowie das Brems- und Beschleunigungsverhalten der Fahrer:innen, sagen mehr aus, als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Eine zurückgelegte Strecke bei Kunden von Vimcar entspricht 26,76 Kilometer – diese Strecke ist mit Elektrofahrzeugen problemlos zurückzulegen. Außerdem ist es möglich, eine vorausschauende Fahrweise mit ausgeglichenem Brems- und Beschleunigungsverhalten einem Fahrstil gegenüberzustellen, der sich durch hohe Geschwindigkeiten auszeichnet.
Nachhaltige Routenplanung und nachvollziehbare Arbeitszeiterfassung
Durch eine Analyse der Fahrtrouten können unnötige Wegstrecken identifiziert und so künftige Fahrten besser geplant werden. Die dadurch gewonnene Transparenz erzeugt außerdem Fairness für alle Beteiligten im Fuhrpark: Arbeitszeiten und Wegstrecken der Außendienstmitarbeitenden werden so klar ersichtlich, sodass sich die angemessene Verpflegungspauschale auf einen Blick ergibt. Der Fuhrparkleiter wiederum behält den Überblick über die Arbeit beim Kunden und kann bei kritischen Nachfragen handfeste Nachweise über geleistete Arbeitszeiten vorlegen.
Nachhaltigkeitsreports mit Fuhrparksoftware
Gesetzlich sind mit der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) und der zukünftigen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) Berichterstattungen über Nachhaltigkeitsaktivitäten vorgeschrieben. Mit ihr müssen Unternehmen Auskünfte über ihre Maßnahmen in Bezug auf die CO2-Reduktion, Kreislaufwirtschaft, ökologischem Schutz, Chancengleichheit und Achtung der Menschenrechte geben.
Fuhrparkverantwortliche können sich automatisiert Nachhaltigkeitsreports erstellen lassen. Die Software misst dazu den CO2-Ausstoß der Fahrzeuge und kann aus Vergleichen den Erfolg von Nachhaltigkeitsmaßnahmen ermitteln.
Ressourcenschonende Dokumentenverwaltung
Eine weitere Maßnahme, um die betriebliche Mobilität nachhaltiger zu gestalten, liegt in der Digitalisierung von Verwaltungsdokumenten. Mit Verwaltungssoftware können KMUs die Berge von Tankbelegen, Kilometerständen, Rechnungen, Verträgen, Unfallberichten und Werkstattunterlagen schneller verarbeiten. Sogar die Kontrolle der Führerscheine, die Fuhrparkverantwortliche regelmäßig bei Fahrer:innen der Unternehmensflotte durchführen müssen, lässt sich digital abwickeln. Die neuesten Technologien zur Führerscheinkontrolle funktionieren mittels RFID-Chips, Barcodes, sowie QR-Codes, sodass die Führerscheinkontrolle nicht mehr vor Ort stattfinden muss. Wer sich gegen die Dienstwagenpauschale und somit für das Führen von Fahrtenbüchern entscheidet, sollte auf digitale Äquivalente setzen. Diese sparen nicht nur Papier, sondern auch Zeit, weil sie die Dokumentation erleichtern und die Daten direkt finanzamtkonform aufbereiten.
Ausblick
Es wird deutlich: Im Fuhrpark bieten sich viele Optionen für eine klimafreundliche Transformation an. Dazu gehört einerseits die Digitalisierung von Prozessen, andererseits die Elektrifizierung der Flotte. Digitale Services und deren Daten schaffen zudem Transparenz – sowohl bei den Fuhrparkverantwortlichen, den Mitarbeitenden und auch bei Kunden.
Optimierungen im Fuhrpark wirken also in mehreren Dimensionen auf unsere Umwelt, weshalb Fuhrparkverantwortliche und die Unternehmensführung Maßnahmen ganzheitlich denken sollten. Dabei können sie sich auf diejenigen Daten stützen, die sie ohnehin erfassen und darlegen müssen.
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