Anfang des 21. Jahrhunderts befinden wir uns mitten im Informationszeitalter. Die Arbeitswelt wandelt sich. Unsere Gesellschaft ist geprägt von permanenten Innovationen, leistungsfähigeren Technologien, schnelleren Verbindungen, intelligenterer Software, exponentiellem Datenwachstum und maximal skalierbaren digitalen Geschäftsmodellen, die teilweise nahezu ohne eigene Assets auskommen.
Was bedeutet das für klassische Organisationen? Sie konkurrieren mit den agilen und effizienten Arbeitsmethoden der Startups. Sie stehen vor einem großen Wandel und vor der Herausforderung, sich neben ihrem Bestandsgeschäft stets neu erfinden zu müssen, um für die VUCA-Welt gerüstet zu sein. Der Arbeitsmarkt von morgen stellt völlig neue Anforderungen an die Fähigkeiten von Mitarbeitern und Führungskräften.
Bisher verfolgt das Bestandsgeschäft prozessorientiert und hierarchisch die Ziele der maximalen Produktivität und Effektivität. Mitarbeiter liefern in diesem Fall nur die für den Prozess benötigten Kompetenzen.
Unsere These für 2035:
- Das Bestandsgeschäft und die Betriebsabläufe sind weitestgehend automatisiert.
- Der Fokus liegt auf dem Neugeschäft und der Prozessanpassung in agilen Teams.
- Arbeiten ist von überall aus möglich – in selbstgemanagten branchen- und funktionsübergreifenden Teams aus eigenen Mitarbeitern, Partnern und Gig-Workern
Das Neugeschäft muss sich flexibel den Kundenerwartungen anpassen. Experimentell und unter Einbezug wechselnder methodischer, fachlicher und persönlicher Kompetenzen setzten die Mitarbeiter ihre Aufgaben agil um. Sie arbeiten kompetenzorientiert in selbstgemanagten funktionsübergreifenden Teams.
Der Schritt dorthin erfolgt nicht nur durch klassischen Organisationsumbau, sondern vielmehr sukzessive, durch den Aufbau einer Community und unter Einbezug der gesamten Organisation mit ihren Kompetenzen. Waren früher vor allem Fachkompetenzen und Prozesswissen relevant, so sind heute und werden morgen Sozial- und Methodenkompetenzen zu den Schlüsselfähigkeiten für Leben und Arbeit. Nichts wird mehr Beständigkeit haben als selbstbestimmtes lebenslanges Lernen.
Der exponentielle Anstieg von Wissen wird zunehmend durch Technologien wie IOT oder KI vorangetrieben- die Halbwertszeit unseres Fachwissens wird immer kürzer. Wie schaut Wissensvermittlung aus, wenn sich unser Wissen alle 11-12 verdoppelt?
Unsere These zum Wissenserwerb:
- Lebenslanges Lernen wird unser ständiger Begleiter
- Gamification wird der Unterstützer, so dass wir uns gerne immer auf Neues einlassen
- KI unterstützte individuelle Lernpfade angepasst an unsere Interessen und an die „Bedürftigkeit“ des aktuellen Projekts bestimmen das Lernen
- Kollaboration in Kompetenzteams sichert die Umsetzung aller Projekte
- Interessens- / Expertencommunities unterstützen informelles Lernen
Fachwissen war früher der Garant für einen sicheren Arbeitsplatz, oft war der besten Fachkraft auch die Führungsposition sicher. Stetiger Wissenserwerb ist wichtig, damit man nicht digital abgehängt ist, aber bei den 21. Century Skills stehen Kompetenzen im Vordergrund, wie beispielsweise methodische Kompetenzen, die es uns ermöglichen in der Komplexität handlungs- und umsetzungsfähig zu sein:
Der Mensch wird zum Erfolgsfaktor eines Unternehmens. Es sind die persönlichen Kompetenzen, die zum Erfolg in einem komplexen sich stetig wechselnden Umfeld führen:
Der Weg zum Facilitator 4.0 – die neue Rolle der Führungskraft
Komplexe Herausforderungen in einem sich stetig wechselnden Umfeld können nur durch den Einsatz persönlicher, methodischer und fachlicher Kompetenzen gelöst werden. Das Arbeiten in selbstgemanagten funktionsübergreifenden Teams ist für Führungskräfte ein entscheidender, aber auch sehr komplexer neuer Prozess.
Egal ob Führungskraft oder Mitarbeiter: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Kompetenzerwerb anders stattfindet als Erwerb von Fachwissen. Gießkannenprinzip und theoretisches Lernen agiler Arbeitsmethoden führen selten zu nachhaltigen Veränderungsprozessen.
Unsere These zum Kompetenzerwerb:
- Sinnhaftigkeit: Um sich auf den Weg zu neuen methodischen Kompetenzen und „Wiederbeleben“ von persönlichen Kompetenzen zu machen, ist es für Mitarbeiter und Führungskräfte gleichermaßen wichtig das WARUM zu verstehen – Gelebter und ehrlicher Wandelprozess der von der obersten Führungsebene vorgelebt werden muss
- Übertragbarkeit: Lernen neuer Herangehensweisen anhand von echten firmeneigenen Challenges, den Wunsch den Erfolg ein komplexes Projekt umgesetzt zu haben, macht zum „Wiederholungstäter“
- Spaß am Unbekannten: Spaß / Gamification ist häufig ein sehr viel größerer Motivator als Vernunft: die Fun Theory: um zukunftsfähig zu werden [1]
- 3L (LebensLanges Lernen): Arbeiten in agilen Projektteams muss wie Tagesgeschäft und parallel zum Tagesgeschäft für alle zur Regelmäßigkeit werden, z.B. durch Aufteilung der Arbeitszeit in 80% Tagesgeschäft und 20% Mitarbeit in Projekten; Informelles Lernen beim Arbeiten in Kompetenzteams wird systemrelevant
- Wirtschaftlichkeit: Jeder Mitarbeiter und jede Führungskraft muss perspektivisch kontinuierlich lernen, das ist für ein Unternehmen nur leistbar, wenn der Lernprozess im Arbeitsprozess integriert ist, und wenn Mitarbeiter durch maßgeschneiderte individuelle Lernpfäde laufen. KI unterstütze Echtzeitmessung von Kompetenzen muss hier unterstützen.
Doch wie funktioniert Recruiting, wenn neben fachlicher Kompetenzen nun methodische und persönliche Kompetenzen in den Vordergrund rücken?
Die meisten unserer Bildungssysteme verraten leider sehr wenig über methodische und persönliche Kompetenzen, die Zeugnisse sind Abbild von erworbenem fachlichen Wissen. Eine nennenswerte Ausnahme sind die Programme der IB (International Baccalaureate) Schulen, die mittlerweile 7.002 Programme weltweit anbieten, an 5.284 Schulen in 158 Ländern. Das in allen Jahrgangsstufen unterliegende IB Learner Profile fördert den Kompetenzerwerb aller Schlüsselkompetenzen:
Wie messe ich also die wirklich wichtigen Kompetenzen?
Ähnlich wie beim Erwerb methodischer und persönlichen Kompetenzen ist auch die „Messung“ am effektivsten in „Projektchallenge basierten Assessments“, bei dem Bewerberteams durch Interaktion die relevanten Kompetenzen aufzeigen. Projektchallenges können individuell für ein Unternehmen ausgearbeitet sein, aber auch die Beobachtung eines Bewerberteams in einem Escape Room gibt gute Aufschlüsse über die Kompetenzen, die eingesetzt werden, um gemeinsam ein komplexes Problem zu lösen.
Um einen Kommentar zu hinterlassen müssen sie Autor sein, oder mit Ihrem LinkedIn Account eingeloggt sein.