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Fit for Use Business Intelligence und Analytics brauchen die richtigen Daten zur richtigen Zeit

Von   Markus Gallenberger   |  Vice President/ Vorstand Digital Analytics & Optimization   |  Uniserv/ Bitkom e. V.
5. September 2018

Daten, und besonders Kundendaten, sind im Zeitalter der Digitalisierung erfolgskritisch für Unternehmen. Das ist unbestritten. Denn bei der Digitalisierung geht es auch darum, den Betrieb zu einer datengetriebenen Organisation zu transformieren. Dies versuchen Unternehmen vor allem durch den Einsatz von Business-Intelligence (BI)- und Advanced-Analytics-Technologien umzusetzen. So können sie große Datenmengen aus internen und externen Quellen analysieren und sind in der Lage, datenbasierte Entscheidungen zu treffen – sei es zu Geschäftsmodellen, Marktveränderungen oder Kundenverhalten. Doch hier lauert oft die große Herausforderung: Denn Unternehmen haben mit der Datenaufbereitung, die die Grundlage für Advanced Analytics bildet, immer noch große Schwierigkeiten.

Daten wertschöpfend in Geschäftsprozesse einbinden

Laut einer aktuellen Umfrage von Sopra Steria Consulting und BARC [1] stufen Unternehmensentscheider der DACH-Region Business Intelligence (BI) und Analytics als geschäftskritisch ein. Und weil heute zudem deutlich intelligentere statistische Verfahren und Algorithmen zum Einsatz kommen, ist es möglich, vielfach komplexere Datenanalysen als bisher möglich vorzunehmen. Somit ist Advanced Analytics im Vergleich zu BI nicht mehr nur auf den reinen Informationsgewinn limitiert, sondern erlaubt auch die Erstellung von Vorhersagen. Advanced Analytics kann also dabei unterstützen, Unternehmensentscheidern Antworten auf künftig geschäftsrelevante Fragestellungen zu geben, und zwar nicht nur auf die Frage „Was war warum?“, sondern auch „Was wird sein?“. Und in Zeiten des digitalen Wandels ist für Unternehmen gerade die Prognose über künftiges Kundenverhalten geschäftskritisch, um sich den neuen Herausforderungen des volatilen Marktes erfolgreich zu stellen. Darüber hinaus basieren vor allem digitale Geschäftsmodelle stark auf Kundendaten sowie deren Bedürfnissen und Wünschen. Unternehmen versuchen daher zunehmend, die Fülle an bereits verfügbaren Kundendaten in entsprechende Advanced-Analysen einfließen zu lassen. Ziel ist es, daraus Erkenntnisse für die zukünftige Ausrichtung ihrer Geschäftsprozesse zu gewinnen und darauf aufbauend neue Produkt-, Marketing- und Vertriebskampagnen zu starten. So setzt zum Beispiel der Online-Händler Mytoys auf ein BI-System, das datenbasierte, individuelle und bedarfsgerechte Kundenansprache und hochpersonalisierte Produktempfehlungen erlaubt. Außerdem ist das Unternehmen in der Lage, eine mehrstufige Kundeninteraktion auf allen Kanälen – darunter E-Mail, Social-Media-Plattformen, Onsite, Display, Retargeting und andere – automatisiert umzusetzen. Laut eigenen Angaben erreicht der Online-Händler somit eine um 13 Prozent höhere Conversion-Rate und eine um 45 Prozent höhere Clickrate. Doch solch eine Wertschöpfung aus Kundendaten zu ziehen, bereitet den meisten Unternehmen immer noch Schwierigkeiten. So profitieren bisher etwa nur sechs Prozent der Unternehmen bei der Produktgestaltung von der Datenanalyse laut BI-Analystenhaus BARC. Und gemäß des „Digital Analytics & Optimization Maturity Index“ vom Branchenverband Bitkom [2] erheben und analysieren nur gut ein Drittel (35 Prozent) der Unternehmen in Deutschland mögliche Daten, die beim digitalen Kontakt mit ihren Kunden über Webseite, Online-Shop oder Newsletter entstehen. Ein wirklich datengetriebenes Kundenangebot auf Basis von Advanced Analytics zu unterbreiten, rückt damit in weite Ferne.

Potenzielle Kunden zur richtigen Zeit am richtigen Ort ansprechen

Gut umgesetztes Advanced Analytics kann es Unternehmen hingegen ermöglichen, sofort auf verändertes Kundenverhalten und individuelle Kundenwünsche zu reagieren. So lassen sich mit Advanced Analytics etwa Prognosen zur möglichen Kundenabwanderung, auch Churn Prediction genannt, erstellen. Mithilfe von Churn Prediction können Kunden frühzeitig identifiziert werden, die kurz davor stehen, zum Wettbewerb abzuwandern, wenn etwa ihr Vertrag bei einem Dienstleister ausläuft. Churn Prediction ist vor allem für Unternehmen mit einer hohen Anzahl an Kunden relevant, weil hier die Loyalität jedes einzelnen nur schwer einschätzbar ist. Auch um das optimale Timing für die Kontaktaufnahme herauszufinden, können Churn-Systeme helfen. Churn-Analysen beruhen auf Advanced Analytics und nutzen Kundendaten unter anderem aus Chat-Verläufen, E-Mail-Verkehr, Kalenderdaten, Social-Media-Kommentaren, Bildern, Tweets und Signalen von Internet-of-Things-Geräten wie etwa Kamerabilder oder Sensordaten. Doch bisher erzielt nur jedes vierte befragte Unternehmen laut BARC und Sopra Steria Consulting Wertschöpfung aus Kundendaten. Warum ist das so?

Analytics & Optimization ist nur bei hoher Datenqualität erfolgreich

Erstens muss bedacht werden, dass Advanced-Analysen in der Regel auf gerade einmal zehn Prozent der im Unternehmen verfügbaren, historischen (Kunden-) Daten aufsetzen. Damit wird schnell klar, was dies für die Qualität dieser Daten bedeutet. Nur wenn die Daten sorgfältig gepflegt, vollständig, präzise und auf dem neuesten Stand sind, stimmen auch die Prognosen. Und nur wenn die Prognosen stimmen, funktionieren auch die daraus resultierenden Optimierungen bei Prozessen und die Planungen von Kundenkampagnen. Im Umkehrschluss ergibt sich daraus eine fatale, und für das Unternehmen sogar gefährliche Kettenreaktion: Aus ungepflegten Daten werden ungenaue Analysen, diese führen wiederum zu verfehlten Prozessänderungen oder Kundenkampagnen und letztendlich zu falschen Geschäftsentscheidungen. Laut BARC ist es für Unternehmen immer noch die größte Herausforderung, große Massen an Rohdaten qualitätsgesichert aufzubereiten. Laut einer aktuellen Uniserv-Umfrage unter mehr als 140 Entscheidern in der DACH-Region bemängelt knapp jedes zweite Unternehmen (45 Prozent) die Qualität seiner Kundendaten und stuft diese als niedrig ein. Dies ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr (34 Prozent). Unternehmen haben vor allem mit unvollständigen (85 Prozent), veralteten (78 Prozent) oder doppelt und mehrfach vorhandenen Daten zu kämpfen (68 Prozent).

Self-Service BI fördert Silohaltung von Daten

Ein weiterer Aspekt, der es für Unternehmen schwierig macht, Advanced Analytics fundiert umzusetzen und Kundendaten wertschöpfend zu verarbeiten, ist der Siegeszug des Self-Service-BI (SSBI) der vergangenen Jahre. Fachabteilungen können über entsprechende SSBI-Tools weitgehend autonom auf für sie relevante Unternehmensdaten zugreifen und diese auswerten, ohne die IT-Abteilung zu involvieren. Doch Self-Service-BI hat die Silohaltung von Daten sowie eine Systemheterogenität in Unternehmen gefördert. Laut BARC hatte 2016 weltweit bereits mehr als jedes zweite Unternehmen (55 Prozent) Self-Service BI im Einsatz. Darüber hinaus setzt laut der Uniserv-Umfrage [3] mehr als die Hälfte der Befragten (57 Prozent) mehrere Insellösungen ein, in denen sie Kundendaten sichert und verwaltet. Außerdem verhindert eine Vielzahl an Abteilungslösungen wie etwa CRM, ERP, Ticketing-Systeme und Call-Center-Lösungen oft eine einheitliche Sicht auf Kundendaten, und verhindert damit, dass diese Daten qualitätsgesichert für Advanced Analytics zugänglich sind. Auch dies verhindert, dass Daten wertschöpfend nutzbar sind.

Mitarbeiter fühlen sich nicht datenkompetent

Hinzu kommt der Umstand, dass Mitarbeiter in deutschen Unternehmen sich wenig datenkompetent fühlen. Laut BI-Anbieter Qlik [4] sieht sich nicht einmal jeder siebte Arbeitnehmer (14 Prozent) in der Lage, tatsächlich in den für ihn verfügbaren Daten zu lesen, mit ihnen zu arbeiten, sie zu analysieren und datenbasiert zu argumentieren. Vor diesem Hintergrund ist es also essenziell, dass Daten „fit for use“ sind. Konkret heißt das Data Preparation: Daten müssen so aufbereitet werden, dass sie genau die Beschaffenheit aufweisen, die für den jeweiligen Verarbeitungsprozess und damit auch Anwendungszweck nötig sind. Zum einen verhindert dies, dass Daten bereits im Vorfeld aufwendig aufbereitet werden, die dann für Advanced Analytics gar nicht in dieser Form benötigt werden und andererseits, dass Mitarbeiter mit womöglich unkorrekten Daten arbeiten. Dazu benötigt es wiederum eine gute Data-Governance-Strategie, die festlegt, was wann mit welchen Daten passiert. Ein Teil dieser Strategie sollte klären, wie Unternehmen die verschiedenen Daten aus den unterschiedlichsten Quellen überhaupt verfügbar machen, zusammenführen und so einen gesicherten Datenpool (Single Source of Truth) realisieren können.

Relevanz von Kundendaten für Analysen nimmt weiter zu

Aus diesem Grund brauchen Unternehmen im ersten Schritt eine Lösungs- und Prozessmethodik (Ground Truth), die Kundendaten automatisiert aus all den einzelnen Unternehmenssystemen zusammenführt, ohne Silohaltung und Redundanzen. Eine entsprechende Datenqualitätslösung sollte zudem die Kundendaten und Kundenprofile kontinuierlich aktualisieren, um die Qualität der Daten auch fortlaufend zu erhalten. Dabei werden veraltete und falsche Daten sowie Dubletten bereinigt. Und sind Daten einmal in einem qualitativ hochwertigen Zustand, können aus ihnen im Rahmen der Advanced-Analysen auch korrekte Prognosen abgeleitet werden. Vor diesem Hintergrund sieht auch die große Mehrheit der Uniserv-Befragten, dass die Bedeutung von Kundendaten künftig weiter steigen wird. Zum einen, weil sie eine wichtige Voraussetzung für die digitale Transformation sind (89 Prozent) – und zum anderen, weil Kundendaten wichtige Hinweise (Predictive Analytics) auf künftig gewünschte Produkte und Service-Angebote liefern können (für 76 Prozent).

Quellen und Referenzen:
[1] Sopra Steria Consulting/BARC, 2018, „BI- & Analytics-Studie biMA 2017/18“
[2] Bitkom, Dezember 2017, Studienbericht zum Einsatz von Digital Analytics & Optimization
[3] Uniserv, Februar 2018, „Trendstudie Kundendatenmanagement“
[4] Qlik, Juli 2018, „Data Literacy Report“

Markus Gallenberger ist Vice President Sales & Marketing bei Uniserv und im Vorstand des Arbeitskreises Digital Analytics & Optimization im Verband Bitkom e. V. Er hat 20 Jahre Erfahrung in der IT-Branche und im Vertrieb. Für Uniserv begleitet Herr Gallenberger Unternehmen auf dem Weg in die digitale Welt, mit besonderem Schwerpunkt auf dem Management von optimalen Kundendaten für nachhaltiges Wachstum.

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