Quelle: Envato Elements

Fälschungssichere Dokumentenablage: Blockchain-Technologie bekommt praxistaugliche Einsatzmöglichkeit in Unternehmen

Von   Harald Krekeler   |  Geschäftsführer   |  Softwarebüro Krekeler
24. Februar 2022

Manipulationssichere Technologie mit reellen Chancen auch für den Mittelstand

Sie gilt den meisten deutschen Unternehmen als eine wichtige Zukunftstechnologie, aber nur 2 Prozent von ihnen nutzen sie oder haben ein Pilotprojekt gestartet: die Blockchain. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage des Digitalverbandes Bitkom. Immerhin: Die Befragten erkennen die Relevanz der Blockchain für neue Produkte und neue Geschäftsmodelle. Jedoch haben die meisten deutschen Unternehmen, laut Studie immerhin 89 Prozent, sich noch gar nicht mit generellen Einsatzmöglichkeiten der Blockchain-Technologie im eigenen Unternehmen beschäftigt.

Wirtschafts-Ingenieur Harald Krekeler, selbst Entwickler einer Blockchain für die fälschungssichere Dokumentenablage, gibt einen Überblick über bereits existierende und ganz praktische Anwendungsfelder der Blockchain für mittelständische Unternehmen und welche Potenziale sowie Möglichkeiten in dieser Technologie stecken und wie sie genutzt werden können. Denn die Blockchain-Technologie, die ursprünglich als technische Grundlage für die Verwaltung von Kryptowährung entwickelt wurde, lässt sich überall dort nutzen, wo Informationen übermittelt und dauerhaft gespeichert werden. Aber der Reihe nach.

Bei der Blockchain handelt es sich um nichts anderes als eine Datenbank, deren Datensätze kryptografisch miteinander verkettet sind. Wenn die Blockchain öffentlich verteilt ist, entsteht ein dezentral organisiertes Netzwerk, an dem jeder teilnehmen kann und in dem Daten manipulationssicher Form hinterlegt sind. Diese Eigenschaften ermöglicht es Anwendern der Technologie, die Integrität von Daten, ihre Zuverlässigkeit, Transparenz und ihre Speicherung in Echtzeit zu gewährleisten. Damit eröffnet sie gerade auch kleinen und mittelständischen Unternehmen ihre Potenziale und findet Anwendungsmöglichkeiten für Unternehmen, Freiberufler, Künstler oder Erfinder zur wirklich rechts- und manipulationssicheren Aufbewahrung von Dokumenten. Denn einmal korrekt in die Blockchain eingegeben, können Daten später nicht verändert werden. Das bietet Unternehmen viele konkrete Anwendungsmöglichkeiten, um beispielsweise Dateien revisionssicher zu speichern, Urheberschaft zu beweisen, den Datenaustausch mit Finanzbehörden zu optimieren oder Lohnsteuer automatisch zu berechnen und zu melden.

So gibt es beispielsweise in jedem Unternehmen Daten, die manipulationssicher gespeichert werden müssen: Wichtige Belege, Verträge, Urkunden und Patente müssen rechtssicher aufbewahrt und die Integrität sowie Authentizität dieser Unterlagen über die gesetzlich vorgeschriebene Aufbewahrungsfrist hin gewahrt werden. Genau diese Herausforderung kann mit Hilfe der Blockchain-Technologie, oder besser gesagt: der Distributed Ledger Technology der Blockchain, bewältigt werden. Sie ist es, die für höchst mögliche Revisionssicherheit sorgt und Manipulationen ausschließt.

Das „Geheimnis“ der Blockchain: Dezentralisation

Die Datenbank einer Blockchain besteht aus miteinander verketteten Datenblöcken. Mehrere Datensätze, beispielsweise Transaktionen, werden zu einem Block zusammengefasst. Jeder Block beinhaltet einen Zeitstempel und ist mit den anderen Datenblöcken in einer Kette („Chain“) aneinandergereiht. Dabei kennt jeder Block den Hashwert, also die Checksumme oder den digitalen Fingerabdruck, des jeweils vorherigen Blocks. Würde nachträglich ein Datensatz modifiziert werden, dann würde sich auch der Hashwert seines Datenblocks ändern. Dieser Hash müsste dann ebenfalls im nachfolgenden Block angepasst werden, was wiederum dessen Hashwert ändert und so weiter. Ein Kettenglied wird geöffnet und die gesamte Kette bricht auseinander. Um Daten zu manipulieren, sei die Änderung auch noch so klein, müssten folglich alle nachfolgenden Daten auf allen beteiligten Rechnern neu geschrieben werden.

Es ist der Clou der dezentralen Blockchain: Jeder, der einen Rechner besitzt, kann teilnehmen. Die Blockchain ist also nicht nur einfach eine Datenbank, sondern eine dezentrale Datenbank, die auf tausenden Rechnern weltweit verteilt ist. Die in dieser Datenbank hinterlegten Hashwerte sind also nicht an einer zentralen Stelle gespeichert. Jeder Teilnehmer besitzt eine vollständige Datenkopie. Hierdurch ist es nicht mehr möglich, die Blockchain für eine nachträgliche Modifikation neu zu schreiben. Die Computer der anderen Teilnehmer akzeptieren dies nicht, die Technik lässt keine nachträgliche Änderung zu und erlaubt nur Daten, die den Richtlinien der jeweiligen Blockchain entsprechen.

Wie ein verteiltes Kassenbuch

Die verteilte Blockchain ist der bekannteste Anwendungsfall der Distributed-Ledger-Technologie (DLT), dem verteilten Kassenbuch. Im Gegensatz zum klassischen Kassenbuch, bei dem nur eine zentrale Instanz das Hauptbuch verwaltet, werden bei DLT beliebig viele Kopien des Kassenbuchs von gleichgestellten Parteien unterhalten.

Blockchain für die fälschungssichere Dokumentenablage

Macht man sich die Vorteile der Technologie bewusst, offenbaren sich die Möglichkeiten für das Dokumentenmanagement: Es lassen sich nämlich nicht nur Überweisungs-Transaktionen hinterlegen, so wie es auf der Blockchain von Bitcoin und anderen Kryptowährungen der Fall ist. Es lassen sich auch beliebige andere Daten hinterlegen – beispielsweise die Hashwerte von Dokumenten.

Im Unternehmensalltag müssen eine ganze Reihe wichtiger Dokumente rechtssicher aufbewahrt und die Integrität sowie Authentizität dieser Unterlagen über die gesetzlich vorgeschriebene Aufbewahrungsfrist hin gewahrt werden. Diese Herausforderung kann mit Hilfe der Blockchain-Technologie bewältigt werden: Ein Vertrag, der heute abgeschlossen wird, verbleibt datenschutzkonform auf dem Rechner des Anwenders. Lediglich der Datei-Hash, welcher das Dokument eindeutig identifiziert, aber keinen Rückschluss auf dessen Inhalt zulässt, wird in einem Datenblock der dezentralen Blockchain gesichert. Zu jedem späteren Zeitpunkt kann zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass dieser Vertrag im Moment des Speicherns in genau dieser Fassung vorhanden war.

In der Unternehmenspraxis bietet die Documentchain [1], eine speziell für das Dokumentenmanagement entwickelte dezentrale Blockchain, die Möglichkeit, verschlüsselte Beschreibungen sowie Hashwerte einer Dokumentdatei gemeinsam mit einem Zeitstempel in der verteilten Datenbank dauerhaft zu hinterlegen und später mit dem Originaldokument abzugleichen. Auf diese Weise wird der Beweis erbracht, seit wann ein Dokument vorhanden ist. Hieraus ergeben sich vielfältige Möglichkeiten. Denn es geht nicht nur um die Erfüllung von Aufbewahrungsvorschriften, sondern insbesondere um den Schutz des Copyrights. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Ein Konstrukteur hat der eine Idee für eine neue revolutionäre Vorrichtung. Er beschreibt seine Idee, erstellt vielleicht schon eine erste Skizze, und hinterlegt alle diese Informationen in der Blockchain. Wohlgemerkt: Nicht das Dokument wird hinterlegt. Dieses ist geheim und verbleibt bei dem Konstrukteur. Nur der eindeutige Hashwert wird veröffentlicht und erhält den Zeitstempel in der Datenkette. Monate später greift er die Idee wieder auf und erstellt erste Berechnungen sowie CAD-Zeichnungen. Auch diese werden hinterlegt. Er diskutiert Detailprobleme mit anderen und gelangt schrittweise zum fertigen Entwurf. Bei der Patenteinreichung kommt es dann aber zu unerwarteten Problemen: Es wird behauptet, er hätte die Idee erst kürzlich von jemand anderem übernommen. An dieser Stelle kann er beweisen, seit wann er an dem Projekt arbeitet. Der Zeitpunkt seiner Idee und jeder Fortschritt seiner Erfindung ist zweifelsfrei dokumentiert.

Um diese Technologie nutzen zu können, wird eine Anwendungssoftware oder der Zugriff auf einen entsprechenden Web-Dienst benötigt. Im Falle der Documentchain ist es die quelloffene Wallet-Software „DMS Core“ für Windows, Linux oder macOS sowie der Web-Dienst api.documentchain.org. Die Documentchain kann als technische Basis für eine manipulationssichere Dokumentenrevision in einer bereits vorhandenen Archivierungssoftware oder für einen Rechteschutz-Service in einer vorhandenen Buchhaltungs- oder Projektverwaltungssoftware eingebunden werden. So sind professionelle Dokumentenmanagement-Lösungen und Webdienste in der Lage, mittels API mit dem Wallet zu kommunizieren und Dokumenteninformationen in der Blockchain zu hinterlegen. Entwickler können das System für ihre eigenen Lösungen nutzen. Beispiele sind auf Github [2] verfügbar.

Potenzial im Steuerwesen: Datenaustausch mit Finanzbehörden optimieren oder Lohnsteuer automatisch berechnen

Die Möglichkeiten, die die Blockchain Mittelständlern bietet, gehen aber noch weit über die Dokumentenrevision hinaus: Mithilfe von so genannten Smart Contracts können die Höhe der Steuer und der Sozialversicherung automatisch berechnet und an verschiedene Stellen wie Krankenkasse, Finanzamt und Mitarbeiter gemeldet und gezahlt werden. Smart Contracts sind selbstausführende Verträge, bei denen Leistungen von bestimmten, zuvor eindeutig festgelegten Bedingungen abhängig gemacht werden. Dass mag noch Zukunftsmusik sein, denn die Herausforderung bei der Entwicklung entsprechender Lösungen ist die, dass zum Beispiel bei der Entgeltabrechnung viele variable Faktoren, wie Überstunden oder Gehaltsänderungen, zu berücksichtigen sind, die nicht automatisch durch die Blockchain-Technologie ermittelt werden können.

Ein großes Potenzial der Blockchain liegt im Handling der Umsatzsteuer durch Unternehmen, da hier das Betrugsrisiko reduziert werden könnte: Wenn Rechnungen und Lieferscheine automatisch durch die Blockchain verarbeitet werden, ließen sich Betrugsfälle und Missbräuche verringern. Denn es wäre eine sofortige Prüfung der Umsatzsteuer-ID Nummer möglich. Die zeitintensive, manuelle Prüfung der Umsatzsteuer-ID oder des Liefernachweises würde entfallen und würde stattdessen automatisiert abgewickelt werden. Allzu große Erwartungen an entsprechenden Lösungen in der nahen Zukunft sollte jedoch niemand haben: Die Grenzen der Blockchain-Technologie liegen definitiv bei der Erfassung von Barumsätzen. Zum Beispiel könnte in betrügerischer Absicht Vorsteuer geltend gemacht werden, ohne dass Barumsätze angegeben werden. Durch die Blockchain könnte außerdem eine automatische Belegdokumentation entstehen, die nicht nur die Rechnungen speichert, sondern auch prüft. Durch den Einsatz von Blockchain wäre eine Echtzeitprüfung jeder einzelnen Rechnung möglich.

Möglich, aber eine echte Herausforderung: Immobilienkauf in wenigen Minuten

Damit wird die Blockchain die Basis für alle nur denkbaren Rechtsgeschäfte. Auch die Immobilienbranche setzt zunehmend auf den Einsatz des dezentralen Netzwerkes: Mietverträge, Verträge mit Dienstleistern oder Kaufverträge von Immobilien oder Kautionszahlungen können als so genannte „Smart Contracts“ fälschungssicher in der Blockchain erfasst werden. Denkbar ist es auch, dass mit Hilfe der Blockchain Gutachten für die Gebäudebewertung, Grundbucheinsichten und Notare beim Immobilienhandel entfallen könnten, denn die Blockchain „spuckt“ alle hinterlegten Daten auf Knopfdruck aus. So ließe sich ein Immobilienkauf binnen weniger Minuten statt Wochen oder Monate abwickeln. Das ist technisch bereits möglich, die große Herausforderung ist es jedoch, die Technologie mit rechtlichen Standards und die Umstellungen auf digitale Verträge zu bewältigen beziehungsweise zu vereinbaren. Hier muss Text in Code umgewandelt werden. Auch in Sachen Datenschutz hinkt das Recht der Technik hinterher: Das Recht auf „Vergessenwerden“ kennt die Blockchain nicht. Eine einmal gespeicherte Information bleibt hier für immer gespeichert.

Dank Blockchain-Technologie mit dem Frachtcontainer einmal um die Welt

Auch der Weg eines Frachtcontainers einmal rund um die Welt lässt sich mit der Blockchain-Technologie viel einfacher nachverfolgen als mithilfe von Fracht- und Zollpapieren. Denn auch in der Logistik-Branche folgt eine Transaktion der nächsten: Die in einer chinesischen Fabrik produzierte Ware muss verpackt, auf Paletten verladen und zum Schanghaier Hafen transportiert werden, wo sie in Container verpackt und nach Rotterdam verschifft wird. Dort wird sie auf einen Güterzug nach Hannover verfrachtet, um dort wiederum auf einen LKW verladen zu werden, der die Ware bis zu seinem Bestimmungsort, einem mittelständischen Betrieb in Erfurt, bringt. Liegt das digitale Abbild der Palette nun auf der Blockchain, können alle Handelspartner den Warenweg nachvollziehen: Ein QR-Code, der auf der Palette in der chinesischen Fabrik angebracht wird, kann bei jedem Umladevorgang gescannt werden, wodurch der Standort der Palette ganz genau in der Datenbank verzeichnet wird. Da eine händische Dokumentation vom Aus- und Umladen der Palette entfällt, spart dieser Vorgang Zeit – und damit letztlich auch Geld.

Investieren in der Blockchain

Apropos Geld: Wer sich für die Blockchain-Technologie interessiert, findet darin auch günstige Investitionsmöglichkeiten. Beispielsweise beinhaltet die oben beschriebene Documentchain eine Kryptowährung. Diese dient in erster Linie der Gebührenabrechnung für hinterlegte Dokumente, wird aber auch als allgemeines Zahlungsmittel verwendet. Grundsätzlich können Interessierte durch Mining eigene Coins erzeugen, Masternodes betreiben oder Coins günstig an Handelsbörsen kaufen.

Quellen und Referenzen:

[1] https://de.documentchain.org/

[2] https://github.com/Krekeler/api-example-js

ist Geschäftsführer des Softwarebüros Krekeler. Mit Office Manager DMS hat er ein DMS-Produkt für die Digitalisierung und Verwaltung der gesamten Geschäftskommunikation entwickelt. 2018 integrierte er die Blockchainlösung Documentchain mit höchster Revisionssicherheit.

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