Warum digitale Barrierefreiheit als Teil der User-Experience behandelt werden sollte

Von   Felix van de Sand   |  Gründer und Geschäftsführer   |  COBE
  Christoph Gesting   |  Prüfer für Barrierefreie IT   |  QuinScape
13. April 2021

„Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“

Artikel 3 des Grundgesetzes

Das Internet ist für alle gedacht. Online-Shopping ist für alle gedacht. Oder?

Während Sie jetzt diesen Beitrag lesen, macht sich wohl jemand in einem Online-Shop Gedanken, welche Farbe und Position Werbe-Banner für die nächste Weihnachtsaktion eine höhere Conversion-Rate erzeugen. Doch keiner denkt wohl daran, ob das Angebot überhaupt für jeden zugänglich ist. Dies gilt insbesondere zur Corona-Zeit, in der viele Menschen auf Online-Angebote ausweichen.

„Jakob’s Law“

Im User Experience Design haben sich in den letzten Jahrzehnten wichtige Theorien und methodische Ansätze herausgebildet. „Jakob’s Law“ ist das am häufigsten verwendete Prinzip für die Gestaltung digitaler Schnittstellen. Es wurde ursprünglich von Jakob Nielsen, Direktor und Mitbegründer der Nielsen Norman Group, aufgestellt. Nach Nielsen kann das Gesetz wie folgt definiert werden:

„Benutzer verbringen die meiste Zeit auf anderen Websites. Das bedeutet, dass die Nutzer es bevorzugen, dass Ihre Site genauso funktioniert wie alle anderen Sites, die sie bereits kennen.“

Mit anderen Worten: Nutzer:innen fällt es leichter, durch ein Interface zu navigieren, wenn dessen UX-Design dem ähnelt, das sie von anderen Interfaces kennen. Denn das bekannte Muster gibt ihnen ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Vertrautheit erzeugt Vertrauen und ermutigt die Nutzer:innen, mit dem Interface zu interagieren. Nielsen hebt vor diesem Hintergrund den Aspekt der Konsistenz hervor und betont, wie wichtig es ist, die Erwartungen zu erfüllen, die Benutzer:innen an eine Schnittstelle haben, basierend auf den Schnittstellen, die sie zuvor gesehen haben:

„Konsistenz ist eines der mächtigsten Usability-Prinzipien: Wenn sich Dinge immer gleich verhalten, müssen sich die Benutzer keine Gedanken darüber machen, was passieren wird. Stattdessen wissen sie aufgrund früherer Erfahrungen, was passieren wird. […] Benutzer bilden ihre Erwartungen an Ihre Site auf der Grundlage dessen, was auf den meisten anderen Sites üblich ist. Wenn Sie davon abweichen, wird Ihre Site schwieriger zu bedienen sein und die Benutzer werden sie verlassen.“

Dieser Gedanke manifestiert sich auch in einer der bekannten Usability-Heuristiken (d.h. einem Ansatz zur Verbesserung der Usability) der Nielsen Norman Group: „Konsistenz und Standards“. Dabei räumt Nielsen dem Aspekt der Integration von „Standard“-Mustern in das UX-Design viel Raum ein, um den Nutzerkomfort zu erhöhen.

Mit seiner konsistenzbasierten Theorie befindet sich Nielsen in guter Gesellschaft. In der Psychologie und den kognitiven Neurowissenschaften unterstützen viele andere Theorien, Ansätze und Prinzipien die oben genannten Grundsätze.

Wie wirkt sich die Liebe der Nutzer zur Vertrautheit wirklich auf das User Experience Design aus?

Menschen neigen dazu, eine Vorliebe für Dinge zu entwickeln, die ihnen vertraut sind. Für das User Experience Design leitet sich daraus eine klare Vorgabe ab: Wenn man ein Interface auf Basis bestehender Muster erstellt, kann sich der Benutzer auf die Erledigung von Aufgaben konzentrieren, anstatt neue Muster zu lernen. Im Kontext der Gestaltung einer E-Commerce-Plattform bedeutet dies beispielsweise, dass Sie auch weiterhin einen Warenkorb-Button in der oberen rechten Ecke platzieren, weil fast alle anderen Plattformen dies so tun und der Benutzer somit erwarten wird, dass der Button dort oben in der Ecke ist und zunächst genau an dieser Stelle danach suchen wird.

„Jakob’s Law“ jedoch als Aufforderung zu verstehen, alles von irgendwelchen beliebten Websites oder Apps zu kopieren und einfach Ihrer CI hinzuzufügen, wird in den meisten Fällen nicht zu einer großartigen User Experience führen. Sollten wir als Designer nicht die Nützlichkeit von „Jakob’s Law“ deswegen von vornherein in Frage stellen?

Es gibt zwei Gründe, warum das weitgehende Befolgen von „Jakob’s Law“ nicht unbedingt zu einer langweiligen UX führt:

  1. Sie können ein sehr einzigartiges Erlebnis auf Basis eines Interface-Konzepts schaffen, das größtenteils aus etablierten Patterns (= Muster) aufgebaut ist, indem Sie z. B. unter anderem eine einzigartige Designsprache schaffen.
  2. Es gibt viele Fälle, in denen man mit bestehenden Patterns brechen kann und sollte, wenn es ein gutes Argument dafür gibt.

Zunächst einmal führt bei der Gestaltung eines Interfaces das Kombinieren von Patterns, selbst wenn diese bereits gut etabliert sind, zu etwas Neuem und Einzigartigem. Das gilt vor allem deshalb, weil beim User Experience Design der Kontext eine wichtige Rolle spielt. Unsere Aufgabe als UX-Designer ist es, die besten Patterns für unseren eigenen, sehr spezifischen Kontext zu finden. Dieser Kontext setzt sich in der Regel aus den folgenden drei Bereichen zusammen:

  1. Die Marke und das Produkt
  2. Der (potenzielle) Markt des Produkts
  3. Der/die Benutzer:innen

Derjenige, auf den wir uns als UX-Designer am stärksten konzentrieren, ist der Benutzer. Wenn wir hier über den Kontext nachdenken, müssen wir berücksichtigen, dass unterschiedliche Zielgruppen unterschiedliche Erfahrungshintergründe haben und somit unterschiedliche Nutzererfahrungen im Kopf haben, mit denen sie unser Interface vergleichen. Daher müssen wir aus Patterns auswählen, die für die jeweilige Zielgruppe am besten geeignet sind, oder wir müssen sogar verschiedene Patterns innerhalb eines einzigen Interfaces verwenden, um verschiedenen Zielgruppen unterschiedliche Interaktionsmöglichkeiten für dasselbe Produkt zu bieten. Ein Beispiel hierfür ist das Angebot eines assistierten Flows für unerfahrene Benutzer bei gleichzeitigem Angebot von Shortcuts für erfahrenere Benutzer.

Betrachtet man die beiden anderen genannten Bereiche, die Marke und den Markt des Produkts, wird deutlich, dass sich die Patterns, die wir für ein Handyspiel wählen, wahrscheinlich grundlegend von denen unterscheiden, die wir für die eingebettete Schnittstelle in einem Auto verwenden würden.

Außerdem gibt es viel Raum für Einzigartigkeit bei der Wahl von Formen, Farben, Schriften, Animationen, Tonalität, Sounds, Illustrationen und anderen Aspekten einer Designsprache. Bei COBE leiten wir das Design jedes einzelnen Atoms eines Interfaces, jede Mikrointeraktion, jede sog. Micro-Copy kompromisslos von der jeweiligen Marke und ihren Werten ab. Für diesen Prozess haben wir in den vergangenen acht Jahren eine Methode etabliert und validiert, die wir UXi (User Experience Identity) nennen. Die Gestaltung mit Hilfe des UXi-Ansatzes stellt sicher, dass jedes Detail eines Interfaces die Geschichte der dahinterstehenden Marke erzählt. Die sog. hedonische Qualität des Designs eines Produktes ergänzt die rein funktionale Qualität des Designs eines Produktes. Während letztere die Usability des Interfaces verbessert, wertet die hedonische Qualität die User Experience emotional auf und lässt das Produkt aus der Masse herausstechen, indem es eine emotionale Beziehungen zwischen dem Nutzer, dem Produkt und der dahinterstehenden Marke herstellt – und damit für Relevanz und Aufmerksamkeit sorgt. Ausführliche Informationen über die Entwicklung, die Validierung und die Anwendung der UXi-Methode finden Sie auf unserer Website oder in unseren Fachbüchern zu diesem Thema.

Es ist okay, von Standards abzuweichen, wenn es dem Benutzer dient

Es ist richtig und wichtig, zugunsten einer hervorragenden User Experience von Standardmustern abzuweichen. Im Kontext des Designs mobiler Apps leisten Googles Material Design und Apples Human Interface Guidelines großartige Arbeit, um die Messlatte für Usability-Standards höher zu legen. Beide sind jedoch nicht der heilige Gral, d.h. die ultimative Wahrheit für großartiges UX-Design. Beide Betriebssysteme unterliegen offensichtlich einem ständigen Wandel: Sie nähern sich immer mehr an und nehmen immer wieder Muster voneinander auf, die sich als nützlich erwiesen haben. Als Beispiel führte iOS eine generische Geste ein, um einen Schritt zurück zu gehen, eine Option, die Android mit seiner klassischen permanenten Zurück-Taste schon lange bietet. In einem anderen Beispiel führte die neueste Android-Version mehr oder weniger die gleichen Interaktionen ein, um zwischen Anwendungen zu wechseln, zum Startbildschirm zu gehen und auch einen Schritt zurück über Gesten zu gehen, die iOS verwendet und die Hard/Soft-Tasten ersetzt.

In Ihrer täglichen Praxis des UX-Designs finden Sie vielleicht nicht nur ein großartig funktionierendes Pattern außerhalb dieser Frameworks. Sie könnten auch einen neuen und innovativen Ansatz entwickeln, der ein häufiges Problem besser löst als etablierte Patterns. Vielleicht ist dieser sogar bestehenden Lösungen so überlegen, dass seine Vorteile die zusätzliche kognitive Belastung überwiegen, die der Benutzer bewältigen muss, um etwas Neues zu lernen. Abgesehen davon, dass wir diese kognitive Last durch die Einführung verschiedener Onboarding-Techniken reduzieren können, ist es wichtig, dem Benutzer neue Lösungen zu zeigen – nicht nur, um ihm zu helfen, seine Probleme effizienter zu lösen, sondern auch um einen Stillstand in Bezug auf die Usability zu vermeiden.

Auch im eigenen Produktkontext kann man flexibler sein, was die Einführung neuer Muster angeht, weil es weniger negative Auswirkungen hat: Während in Gaming-Interfaces neue Interaktionsmuster von der oft technophilen Zielgruppe vermutlich gut angenommen werden, ist das Interface von medizinischen Geräten vermutlich nicht der richtige Ort, um mit neuen Mustern herumzuspielen.

In vielen Fällen und trotz all der Regeln, die mittlerweile im Bereich UX-Design aufgestellt wurden, finden bestimmte Benutzergruppen noch immer keine Berücksichtigung. Und das, obwohl diese einen größeren Anteil ausmachen, als man zuerst vermuten mag. So sind beispielsweise 10 % der Menschen Linkshänder. Der Anteil der Nutzergruppe aus farbenblinden oder sehbehinderten, klinisch Ängstlichen oder Menschen mit Krampfanfällen beträgt circa 20%.

Doch auch für diese Benutzer gibt es inzwischen sog. „Accessibility“ Regeln, die bei der Gestaltung digitaler Produkte und Services heutzutage nicht mehr missachtet werden sollten. Ein wichtiger Standard sind die WCAG (Web Content Accessibility Guidelines), die in der Europäischen Union für öffentliche Stellen (Website & Apps) bereits verbindlich sind und viele Barrierefreiheitsaspekte mitbringen. Doch man sollte diese Regeln auch für alle anderen digitalen Produkte anwenden, da sie in der Regel die Lesbarkeit und Bedienbarkeit der Produkte wesentlich verbessern. Neben den WCAG gibt es inzwischen auch in den Guidelines von Google (Material Design Guidelines) und Apple (Human Interface Guidelines) klare Regeln für Accessibility.

Diese Guidelines verbessern die Accessibility nicht nur für seheingeschränkte Menschen, sondern erleichtern die Bedienbarkeit einer Seite im Allgemeinen. So kann zum Beispiel allein schon durch eine klare Struktur und Aufbau einer App/Website ein Screenreader sehr viel besser den Inhalt der Seite verständlich vorlesen. Eine wahrscheinlich nicht so triviale Guideline sind die sogenannten Alt-Texte: Diese Texte beschreiben alle Elemente, die keinen eigenen Text besitzen, wie zum Beispiel Bilder oder auch Buttons. Leider werden diese Regeln oft von Designer vergessen oder nicht berücksichtigt, weil sie noch lange nicht so präsent sind wie zum Beispiel Jakob’s Law. Das aktuelle Problem an Accessibility ist, dass sie oft erst nach Abschluss des eigentlichen Design-Prozesses überprüft wird, anstatt diese von Anfang an mit einzubeziehen.

Im Bereich UX wird sehr viel dafür getan, Software intuitiv zu gestalten. Doch was ist mit der Zugänglichkeit? Wie verhält sich Nutzungserlebnis (von wem dann genau nochmal?) vs. Zugänglichkeit? Es sitzen Designer, Entwickler und User-Experience-Engineers sowie Verantwortliche an einem Tisch und bauen den ersten Backlog für das kommende Projekt. Neuste Design und Form-Trends werden einbezogen, um ein „modernes“ Portal auf die Beine zu stellen. Die Dribbbles dieser Welt inspirieren Designer. Und an dieser Stelle passieren auch schon unbewusst die ersten vermeidbaren Fehler.

Bereits in dieser frühen Phase der Konzeption ist es schon möglich, Barrieren zu identifizieren, Leitplanken früh zu setzen oder mögliche Probleme zu erkennen, da Änderungen im Nachgang kostenintensiver werden.

Beispielsweise beginnend bei der Farbgebung des Portals (Look & Feel) bis hin zur Inhaltsanordnung selbst: Sind Inhalte beispielsweise für sehbehinderte Nutzer so angeordnet, wie für sehende Nutzer? Können assistive Systeme die Seite gut bedienbar machen und werden diese korrekt vorgelesen? Assistive Systeme funktionieren eben auch (nur) wie Browser – die leider kaum berücksichtigt werden. Dabei ist es heute eigentlich mit modernen Frontend-Technologien sehr einfach, ästhetisch ansprechende Webangebote unter Berücksichtigung der Barrierefreiheit zu erstellen.

Doch wer sind die Zielgruppen für digitale Barrierefreiheit und warum sollten Sie beachtet werden?

Eine wichtige Zielgruppe sind die 60plus, die sogenannten Silver Surfer. Aufgrund des demografischen Wandels bilden diese eine immer stärkere Nutzergruppe, die nicht außer Acht gelassen werden darf. Laut dem Statistischen Bundesamt gehörten etwa 28% aller Deutschen Ende 2019 der Altersschicht zwischen 60 und mehr Jahren an. Weiter sind ca. 8 Millionen Menschen schwerbehindert in Deutschland. In Europa machen 50 Millionen Menschen mit einer Behinderung 10% der Bevölkerung aus. Hinzukommen vier Millionen Menschen mit Migrationshintergrund ohne gute Deutschkenntnisse – auch diese profitieren von barrierefreier Informationstechnik.

Diese unterschiedlichen Zielgruppen nutzen auch sich unterscheidende Eingabemethoden. Beispielsweise nutzen blinde Nutzer verstärkt Tab- und Cursor-Tasten. Sie haben das Ziel, während des Vorlesevorgangs schnell an die für sie interessanten Inhalte zu gelangen. Eine gute Seitenaufteilung sowie eine hervorragende semantische Struktur der Seite ist also essentiell.

Sehbehinderte Nutzer haben beim Nutzen des Webangebots ganz andere Probleme als blinde Personen: Sie sind erstmal damit beschäftigt Ihren Mauscursor zu suchen und arbeiten auf einer starken Vergrößerung der Website. Sie arbeiten in einem kleinen Ausschnitt der Seite und müssen die Website beim Bedienen gleich für sich „kartographieren“, da sie sich die Position der Elemente merken müssen. Klappt sich nun eine Auto-Vervollständigung oder ein Ausklappmenü plötzlich auf, wird es problematisch. Laut dem Portal Netz-barriefrei.de sind blinde Nutzer sogar hier im Vorteil. Auch viele ältere Menschen arbeiten auf einer Vergrößerung, mit vergrößerten Texten oder mit speziellen Hintergrundfarben. Sie sind angewiesen auf gute Kontraste und ein responsives Design, welches in der Regel keine horizontale Scrollbar erzeugt

Wird die Barrierefreiheit Teil einer guten User-Experience, ergeben sich weitere Vorteile:

  • die SEO (Suchmaschienenoptimierung) wird besser, da viele Prüfschritte der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung, auch BITV-Test aus den WCAG-Standards abgeleitet sind
  • Sie erreichen mehr Nutzergruppen mit Ihrem Angebot
  • Die Wartbarkeit der Software wird günstiger, da der Code den WCAG-Standard erfüllt
  • Das Angebot wird semantisch hochwertig

Zudem basiert die BITV auf dem Prinzip der Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit, Robustheit. Wie waren nochmal die sieben Dialogprinzipien nach ISO 9241-10. Passt gut, oder?

Auch der Gesetzgeber hat erkannt, wie wichtig das Thema wird und hat die European Accessibility Act (EAA) ins Leben berufen. Die EEA soll für Barrierefreiheit im Internet sorgen, das wird u. a. den elektronischen Handel, Bankdienstleistungen, Computer- und Betriebssysteme betreffen. In den nächsten Jahren.

Anstatt mit dem Finger auf Mängel zu zeigen oder einen langen Prüfbericht mit Mängeln vorzulegen, haben wir bei QuinScape als Prüfstelle für Barrierefreiheit und IT-Dienstleister, dem agile Software-Entwicklung in den Genen liegt, viel mehr positive Erfahrungen mit dem beratenden Ansatz über die letzten Jahre gemacht.

Anerkannte Prüfstellen prüfen meist das Angebot und stellen einen Prüfbericht als Endergebnis zur Verfügung. Ein Prüfbericht ist eine Dokumentation mit Handlungsempfehlungen, um Barrieren abzubauen. Diese Art der Mängel, Erfolgskriterien und Handlungsempfehlungen sind aber nicht immer in allen Fällen hilfreich – es wird mehr als ein „Störfeuer“ wahrgenommen – Insbesondere, wenn die Software sehr komplex ist, agil oder im MVP (Minimum Viable Product) gedacht wird. Barrieren können kosteneffizient abgebaut werden. Beispielsweise unterstützen wir schon im Aufbau des Design-Systems und können mit dieser Form eines beratenden Ansatzes effektiv mit Designer, User-Experience-Experten und Entwicklern gemeinsam verbessern und Leitplanken setzen. Sensibilisierungsworkshops und Schulungen für Entwickler, politische Vertreter und Projektmanager zeigen anhand von praktischen Beispielen, worauf geachtet werden muss bzw. warum sich mehr an Standards wie der WCAG orientiert werden sollte.

Wir entscheiden zudem gemeinsam, welches Test- und Prüfverfahren für Sie das Richtige ist: Denn es gibt zwei verschiedene Prüfverfahren mit jeweils unterschiedlicher Methodik bis das „offizielle Siegel“ die Software lizenziert. Zum Bespiel kann ein Teil der Prüfung sein, die Software-Ergonomie (und damit wichtige Teile der Usability) einzubeziehen und zu prüfen. Und all diese Vorgehensweisen wirken sich monetär aus. Daher ist eine frühe und optimale Beratung wichtig und spart in der Regel bares Geld.

Fazit

Ein elementarer Aspekt für unsere Digitale Zukunft ist eben auch Vertrauen. Ulla Coester (Expertin für Digitale Ethik) / Norbert Pohlmann (Professor for Cyber Security and Director of the Institute for Ulla Coester (Expertin für Digitale Ethik) und Norbert Pohlmann (Professor for Cyber Security and Director of the Institute for Internet Security) haben es treffend in einem Artikel [6] zum Thema „Vertrauen – ein elementarer Aspekt der digitalen Zukunft“ beschrieben: In unserem Kontext ergibt sich ein Dilemma, denn konträr zu dem zunehmenden Einsatz von Technologien sinkt bedingt durch die Komplexität das Wissen über deren Hintergründe und Zusammenhänge. Es entsteht eine Intransparenz, die zu einer vollständigen Ablehnung der Technologie oder des Dienstes führt. Der Unternehmer liegt in der Verantwortung, dauerhaft vertrauenswürdig zu agieren, um eine hohe Akzeptanz in allen Zielgruppen zu erzielen.

Langfristig – bis ins Jahr 2025 – wird Barrierefreiheit ein wichtiges Kriterium für Ihr Web- und Softwareangebot. Je früher ein Experte für Barrierefreiheit in das Projekt einbezogen wird, umso kostengünstiger wird es gegenüber einer Prüfung und nachträglichen Änderung. So wie die User-Experience lässt sich auch ein Berater für barrierefreie IT in einem agilen Projekt leicht und zielführend unterbringen. In einer Entwicklungsbegleitung kann er „auf Anfrage“ beratend zur Verfügung stehen.

Doch Obacht: Die Preise variieren stark – wie auch die Erfahrungswerte am Markt. Es ist daher zu empfehlen, auf professionelle Dienstleister (KBITs – Kompetenzzentren für barrierefreie IT) oder besser offizielle Prüfstellen für Barrierefreiheit zu kontaktieren. Beispielsweise ist QuinScape (als IT-Dienstleister) eine offizielle Prüfstelle für digitale Barrierefreiheit, testet und berät (wenn notwendig auch technisch) in diesem Kontext bereits seit dem Jahr 2012.

Wie können wir also die Frage beantworten, ob die Bevorzugung etablierter Muster die Innovation im User Experience Design reduziert? Natürlich will man als Designer keine Produkte bauen, die zu schwierig zu bedienen sind, weil sie zu stark von erwarteten Normen abweichen. Oder, wie Jakob Nielsen es beschreibt, Sie wollen keinen „von Ameisen auf LSD gebauten Ameisenhaufen“. Es ist also durchaus sinnvoll, sich an „Jakob’s Law“ zu halten, wenn die Zielgruppe (Nutzer:innen), die Marktposition und das Produkt es erfordern. Wenn man jedoch nur an der Oberfläche dieses Gesetzes kratzt, kann es passieren, dass wir Designer als Trittbrettfahrer enden, die blind wiederverwenden, was andere verwendet haben – nur um der Vertrautheit willen. Dies führt garantiert zu einem schlechten Nutzererlebnis.

Wenn Sie also mit solchen Gesetzen konfrontiert werden, graben Sie ein wenig tiefer und schauen Sie, ob und wie solche Gesetze wirklich auf Ihren eigenen Kontext zutreffen. Gleichzeitig sollten Sie immer Ihren Hunger nach etwas Neuem stillen, indem Sie bestehende Patterns in Frage stellen und sich fragen, ob wir vielleicht eine bessere Lösung finden können als das, was es bereits gibt. Eine erstaunliche und unterhaltsame Art, offensichtliche und oft verwendete Lösungen in Frage zu stellen, ist zum Beispiel die Verwendung von Kreativtechniken wie die „Five Whys“.

Denken Sie auch immer daran, Ihr Erlebnis mit einer Identität zu verfeinern, die mit der Sprache Ihrer Marke übereinstimmt. Da digitale Produkte zu einem wesentlichen Teil unseres Alltags geworden sind, erwarten wir, dass die Interfaces immer einzigartiger mit uns interagieren. Wir wollen unsere kleinen digitalen Begleiter an ihrem Aussehen und an der Art und Weise erkennen, wie sie mit uns sprechen, und genau wie die Menschen, die uns umgeben, werden uns auch die Interfaces der Produkte, die wir täglich benutzen, vertraut. Also: Wagen Sie es, Ihr eigenes Bekanntes zu schaffen!

Quellen un Referenzen:

[1] https://barrierekompass.de/barrierefreies-internet/zielgruppen.html

[2] https://www.netz-barrierefrei.de/

[3] https://digital-magazin.de/barrierefreiheit-im-e-commerce-onlinehaendler-muessen-nachruesten/

[4] http://www.bitv-lotse.de/BL/DE/1_Einfuehrung/1_4_Prinzipien/1_4_prinzipien_node.html

[5] https://norbert-pohlmann.com/artikel/vertrauen-ein-elementarer-aspekt-der-digitalen-zukunft/

[6] https://norbert-pohlmann.com/artikel/vertrauen-ein-elementarer-aspekt-der-digitalen-zukunft/

ist Gründer und Geschäftsführer der UX/UI Design Agentur COBE und Autor der Fachbücher „User Experience Identity“ und „User Experience is Brand Experience“, in denen er die von COBE entwickelte UXi Methode vorstellt.

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