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Ein Tag ohne digitale Infrastruktur

Unser Alltag ist digital. Egal, ob wir bewusst oder unbewusst Gebrauch von digitalen Services machen: Sie sind in unserer Tagesgestaltung allgegenwärtig und seit vielen Jahren in einer vernetzten Welt nicht mehr wegzudenken. Digitale Services basieren auf einer digitalen Infrastruktur, welche in der Lage sein muss, unsere kontinuierlich steigenden Datenmengen zu speichern, zu verarbeiten und zu teilen. Selbst vermeintlich analoge Prozesse und Anwendungen sind mittlerweile auf entsprechende Vernetzung angewiesen. Doch was wäre, wenn digitale Infrastruktur für einen Tag abgeschaltet wird? Wie würde dies unsere Gesellschaft und Wirtschaft beeinflussen?   
Von   Jens-Peter Feidner   |  Managing Director bei Equinix Germany   |  Equinix
18. Januar 2024

Autor: Jens-Peter Feidner, Managing Director bei Equinix Germany

Unsere moderne Wirtschaft und Gesellschaft beruhen auf einer Variable – Daten. Alle digitalen Dienste prägen unseren individuellen Alltag mit dem Ziel, ihn einfacher, komfortabler und effizienter zu gestalten.

Dies geht morgens los, denn selbst ein Radiowecker wird über eine Funkuhr synchronisiert, die wiederum am Internet und digitalen Daten hängt. Auch, wenn die Zeitung physisch und nicht durch einen Onlinedienst konsumiert wird, gibt es eine digitale Verknüpfung: Denn die Zustellung erfolgt auf Grundlage digitaler Logistik. Die Inhalte wiederum werden digital verfasst und digital an das Presswerk verschickt. Hinzu kommen dann noch Smart-Home-Geräte, die z.B. Jalousien hochfahren oder die Kommunikation über soziale Netzwerke mit Familie und Freunden. Der Weg zur Arbeit erfolgt dann oft über öffentlichen Personennahverkehr, der über digitale Steuerung auf der Straße fährt. Tickets hierfür werden vermehrt online erworben. Auch im privaten PKW sind mittlerweile viele digitale Dienste wie Infotainmentsysteme integriert. Die hier entstehenden Daten werden in Rechenzentren verarbeitet, analysiert und ausgetauscht. 

Technologie bildet mittlerweile einen Eckpfeiler für das Bestehen unserer Gesellschaft und Wirtschaft. Unternehmen aller Branchen, öffentliche Einrichtungen sowie Gesundheitssysteme beruhen allesamt auf einer passenden digitalen Infrastruktur. Insbesondere, wenn es um die Vernetzung mit Partnern geht, sind Betriebe und Einrichtungen auf eine robuste und vor allem direkte Vernetzung angewiesen. Neutrale Rechenzentren, sogenannte Colocation-Rechenzentren, welche das Rückgrat der digitalen Welt bilden, bieten Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen die Möglichkeit, sich innerhalb von Branchenökosystemen zu vernetzen. So kann sich beispielsweise ein E-Commerce-Händler im geschützten Händlerökosystem auf sicherem und direktem Weg mit Kunden, Finanzdienstleistern, Logistikpartnern oder online Marktplatz-Anbietern vernetzen und geschäftskritische Daten austauschen. Der seit der Pandemie rasant gestiegene Onlinehandel hat unser Einkaufserlebnis weitgehend verändert und neue Standards gesetzt.  

Gesundheitssysteme sind ebenfalls maßgeblich von sicheren digitalen Diensten abhängig. Erst der Austausch von Patientendaten und die Anwendung zukunftsorientierter Technologien, wie Künstliche Intelligenz (KI) oder Augmented Reality/Virtual Reality (AR/VR), ermöglichen den Fortschritt der Forschung, die Diagnostik und nicht zuletzt die gesamte Patientenversorgung.  

Stillstand im Alltag 

Die Abschaltung unserer digitalen Infrastruktur würde die Gesellschaft und Wirtschaft grundlegend stilllegen. Es gäbe keinen Zugang zu sozialen Medien, keine Streamingdienste für Filme und Serien, keine Möglichkeit online einzukaufen oder Zahlungen durchzuführen, keine Möglichkeit sich mit online Karten zu orientieren und keinen Dienst, um Termine bei öffentlichen Ämtern oder Arztpraxen zu vereinbaren. Schon die eigene Wohnung zu verlassen wäre mit erhöhtem Risiko verbunden, da Ampeln nicht funktionieren und demnach Verkehrschaos ausbrechen würde. Unsere heutige Kommunikations- und Arbeitsfähigkeit ist zunehmend vom Internet abhängig, welches wiederum auf eine digitale Infrastruktur angewiesen ist. Ein Tag ohne digitale Infrastruktur wäre demnach einem Tag ohne Internet gleichzusetzen.

Auch Technologien wie KI würden nicht mehr funktionieren, was viele Prozesse lähmen würde, die inzwischen in bestimmte Geschäftszweige integriert wurden. Terminkoordinierungen in öffentlichen Einrichtungen wären nicht mehr möglich, und Stromerzeuger könnten nicht mehr auf Energieverbrauchsdaten zugreifen, was zu Versorgungsengpässen führen könnte. 

Sowohl die Prozesseffizienz von Unternehmen als auch der Zugang zu Daten wären branchenübergreifend beeinträchtigt, was zu längeren Reaktionszeiten und somit zu veränderten Marktbedingungen führen würde. Eine Gesellschaft und Wirtschaft, die auf Effizienz und reibungslosen digitalen Abläufen basiert, würde finanzielle Verluste in Milliardenhöhe erleiden.  

Dies sind nur einige Beispiele dafür, wie sich ein Tag ohne digitale Infrastruktur auf das Alltagsleben auswirken würde. Klar ist, dass die Digitalisierung längst in allen Bereichen des privaten und öffentlichen Lebens angelangt ist und sowohl individuelle als auch kollektive Interessen an dessen Verfügbarkeit gebunden sind. Klar ist zudem, dass selbst analoge Dienste und Prozesse mittlerweile oft auf einer digitalen Grundlage basieren. Und die Digitalisierung schreitet immer noch voran, weshalb eine solide digitale Infrastruktur unerlässlich bleibt. Colocation-Rechenzentren sind deshalb kein „nice to have“, sondern legen das Fundament für die digitale Gesellschaft, in der wir alle leben. 

Der Umweltfaktor Rechenzentrum

Anbieter digitaler Infrastruktur tragen ebenso einen großen Anteil zur Erreichung ambitionierter nationaler und globaler Klimaziele bei. Entgegen kritischer Stimmen bezüglich großer Stromverbrauchsmengen, unterstützt die Branche Unternehmen, ihre Klimaziele zu erreichen. Colocation-Rechenzentren ersetzen in erster Linie unternehmenseigene Firmenrechenzentren, die oftmals ineffizienter sind und nicht über die Ressourcen verfügen, modernste Technologien bereitzustellen. So verlagern Unternehmen ihre Daten in die Colocation großer Rechenzentrumsanbieter, welche unter effizienteren und modernsten Standards agieren. Gemeinsam im Bus zur Arbeit zu fahren statt individuell im eigenen PKW ist schließlich auch effizienter.   

Die kontinuierliche Steigerung der eigenen Energieeffizienz ist eine von vielen zentralen Bemühungen der Rechenzentrumsbranche in Richtung Klimaneutralität. Laut einer Studie des Borderstep Instituts ist der Energieverbrauch von Rechenzentren zwischen 2010 und 2020 um rund 50 % gestiegen. Gleichzeitig aber hat sich die Anzahl der installierten Workloads mehr als verachtfacht. Gemessen an den Workloads ist die Energieeffizienz der IT-Bereitstellung somit fast um das 5-fache gestiegen. Zudem investiert die Branche in weitere moderne Effizienzsteigerungsmaßnahmen, wie die Nutzung von Flüssigkeitskühlung, Solaranlagen sowie die Weiterentwicklung der Abwärmenutzung zur Beheizung von eigenen und umliegenden Gebäuden. 

Ein Tag ohne digitale Infrastruktur hätte demnach auch zur Folge, dass viele Nachhaltigkeitsprozesse sowohl auf Rechenzentrums- als auch auf Unternehmensseite stillstünden. 

Unsichtbar aber unerlässlich und zukunftsweisend

Die Notwendigkeit einer robusten, effizienten und sicheren digitalen Infrastruktur für unsere Gesellschaft und Wirtschaft ist allgemein anerkannt. Rechenzentren liefern die Plattform für Unternehmen, Daten zu verarbeiten, zu analysieren und sich mit entsprechenden Partnern zu vernetzen. Nur so können digitale Anwendungen funktionieren und optimiert werden. 

Die Konsequenzen einer Stilllegung digitaler Infrastrukturen für einen Tag wären weitreichend. Auch wenn digitale Infrastrukturen physisch nicht sichtbar sind, sind sie in unserem Alltag allgegenwärtig und gewinnen weiter an Bedeutung. In dem Maße, in welchem Digitalisierungsvorhaben der Bundesregierung weiter gefördert werden, wird der Bedarf an Rechenleistung weiter steigen. 

Je nach Wirtschaftszweig wird die Infrastruktur jedoch verteilter bereitgestellt werden müssen. Branchen wie die Automobilindustrie beispielsweise sind für den Fortschritt des autonomen Fahrens auf Daten angewiesen, die dort ausgewertet werden, wo sie entstehen. So können größere Flotten in der Zukunft besser abgedeckt, gleichzeitig aber auch die Sicherheit im Straßenverkehr gesteigert werden. Edge-Standorte werden somit weiter an Bedeutung gewinnen. 

Ob für Technologieinnovation, die Erreichung ambitionierter Klimaziele oder den Komfort jedes Einzelnen: Auch in Zukunft wird die Bereitstellung solider digitaler Infrastrukturen essenziell bleiben und es ist wichtig, das allgemeine Verständnis hierfür zu steigern. Denn uns allen sollte bewusst sein, was für die alltäglichen Dinge unseres digitalen Lebens nötig ist.

Jens-Peter (JP) Feidner ist seit 2019 Managing Director Deutschland von Equinix, dem führenden globalen Anbieter für digitale Infrastruktur. In dieser Rolle ist Feidner für den Ausbau des Geschäfts in Deutschland und die Festlegung der lokalen Strategie des Unternehmens verantwortlich, und treibt außerdem die lokalen Nachhaltigkeitsbemühungen von Equinix voran. Feidner verfügt über langjährige Erfahrung in der Rechenzentrumsbranche und ist bereits seit 2014 im Unternehmen tätig, zuletzt als Finance Director für den deutschen Markt. Feidner sieht Rechenzentren als Fundament für eine nachhaltige Digitalisierung, die große Chancen für Wirtschaft und Klimaschutz bietet. Um die Entwicklung in diesem Bereich voranzutreiben, ist er neben seiner Tätigkeit bei Equinix auch Beiratsmitglied in der German Datacenter Association e.V. (GDA) und engagiert sich in den Digitalverbänden Bitkom e.V. und eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. für eine nachhaltige, sichere und starke digitale Transformation in Deutschland.

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