Digitale Finanzabteilungen als Instrument gegen die Rezession

Die deutsche Wirtschaft steht aktuell vor einer Herkulesaufgabe: Eine Rezession zeichnet sich ab, die wirtschaftliche Lage ist instabil; der anhaltende Fachkräftemangel und instabile Lieferketten vertiefen die Sorgenfalten auf den Stirnen der Unternehmer*innen weiter. Lange Rede, kurzer Sinn: Entscheider*innen müssen derzeit ein ökonomisches Labyrinth navigieren, die Liquidität des Unternehmens gewährleisten, harte Entscheidungen treffen, die Weichen für den Fortbestand des Unternehmens treffen.
Von   Anita Szarek   |  Chief Financial Officer   |  Pleo
3. Februar 2023

Gerade kleine und mittelständische Unternehmen reagieren empfindlich auf die derzeitigen Veränderungen im wirtschaftlichen Umfeld. Gründe dafür sind weniger Puffer, sowohl in finanzieller, wie auch personeller Hinsicht. In dieser Phase sind sie, mehr als sonst, auf die Firmenfinanzen als die Grundlage einer jeden einzelnen Entscheidung angewiesen. Doch, so einfach das klingt: Hier geraten viele Kleinunternehmen an eine (ungewollte) Grenze. Denn diese Finanzdaten müssen stets up-to-date – hängen die Zahlen nur eine Woche hinterher, kann dies wichtige Budget-Entscheidungen beeinträchtigen – und auf das Komma fehlerfrei sein.

Logisch, denn nur mit fehlerfreien Finanzdaten können korrekte Entscheidungen getroffen werden. Warum verdient das Offensichtliche eine Erwähnung? Selbstverständlich sind Firmenfinanzen, beispielsweise im Rahmen des Jahresabschlusses, in der Regel korrekt und aktuell. Aber sie sind es eben nicht zu jeder Zeit im Jahr. Mal hängen die Finanzdaten hinterher, da wichtige Rechnungen noch nicht eingepflegt wurden; mal hat sich der Fehlerteufel eingeschlichen, der erst bei einer späteren Überprüfung auffliegt.

Herausforderungen der Finanzabteilungen

Um zu verdeutlichen, dass dies nicht nur ein „gefühltes Problem”, sondern eine tatsächliche Herausforderung für viele KMU ist, befragte das Fintech Pleo im Rahmen einer internationalen Umfrage über 3.000 Unternehmer*innen, Finanz-Entscheider*innen und Buchhalter*innen. 30 Prozent der befragten Finanzteams betonten im Rahmen dieser Befragung, dass sie Monat für Monat die Rechnungen zahlreicher Mitarbeiter*innen zu spät erhalten. 20 Prozent bekräftigen den daraus resultierenden negativen Einfluss auf ihre Arbeitsqualität. Die korrekte Buchführung wird hierdurch schlicht verzögert.

Doch mehr noch: Die Arbeit vieler Finanzteams ist in vielen Unternehmen noch immer eine händische. Rechnungen, Spesen, Auftragsbestätigungen werden in papierform bearbeitet, in die Buchhaltungssoftware eingetippt, in Türmen voller Aktenordnern abgelegt. Beispielsweise werden im Jahr 2022 noch rund 80 Prozent aller Unternehmensrechnungen in Papierform oder in unstrukturierten digitalen Formaten (z.B. als PDF) versendet. Und so gesellt sich zum Zeitdruck, das manuelle Bearbeiten vieler wichtiger Dokumente. Ein Umfeld in dem schnell mal ein Fehler passieren kann – welcher sich anschließend (zumindest kurzfristig) durch die gesamte Finanzplanung zieht. Das erschwert es Unternehmer*innen deutlich, den Überblick über den eigentlichen Cashflow zu erhalten und schnelle, richtungsweisende Entscheidungen zu treffen. Liquiditätstransparenz und -prognose werden zur Grundlage für das Management des Unternehmens und für proaktive Entscheidungen.

Wie gelingt es Unternehmen also, ihre Finanzabteilung neu zu organisieren, damit sie produktiver agieren und die Prozesse beschleunigt werden? Die Lösung lautet, strategisch in zukunftsfähige Unternehmensbereiche zu investieren, wie in mehr Personal – aber auch in neue Technologien.

Welcher Weg führt durch die Krise?

Denn dass einfach nur Budgets zu streichen keine Lösung ist, zeigt eine Studie aus dem Jahr 2010: Harvard-Wissenschaftler analysierten, wie 4.700 Unternehmen 1980, 1990 und 2000 auf Rezesionen reagierten. Nur neun Prozent der analysierten Firmen entwickelten sich in den drei Jahren nach der Rezession gemessen am Profit und Umsatz am besten: Sie schnitten bei den wichtigsten Finanzparametern besser ab als zuvor und übertrafen die Konkurrenten in ihrer Branche beim Umsatz- und Gewinnwachstum um mindestens 10 Prozent. Wie ist das diesen Unternehmen gelungen? Sie haben ihre Kosten selektiv reduziert, anstelle grundlegend und in sämtlichen Abteilungen Ausgaben zu kürzen oder einfach nur Personal zu entlassen. In Krisenzeiten analysierten sie die Performance in den verschiedenen Abteilungen, schlossen schlecht performende Bereiche, stärkten jedoch gut performende. Zugleich investierten sie während der Rezession weiterhin in Forschung und Entwicklung, neue Geschäftsfelder und Marketing.

Das zeigt; bereits in den 80ern und 90ern mussten Unternehmen ihre Effizienz steigern, um Krisen zu überstehen – heutzutage liegt das größte Effizienzsteigerungspotenzial in der Digitalisierung: Innovative Technologie macht Unternehmen agiler, effizienter und hilft, die Kosten zu senken, wie Brad Hershbein und Lisa Kahn bereits 2016 in einer Studie feststellten (NBER). Dafür müssen Unternehmen auf Transformationsprojekte setzen, welche manuelle und repetitive Aufgaben automatisieren – angefangen im Ausgabenmanagement. Denn für eine solide Finanzarbeit, sprich für Echtzeit-Daten und lückenlose Transparenz, stellt die Digitalisierung die Grundlage – und zwar in Form von ganzheitlicher Software für das Ausgabenmanagement.

Digitales Rechnungsmanagement im KMU

Holistische Tools für das Ausgabenmanagement automatisieren bisherige manuelle Prozesse, die sowohl zeitaufwendig als auch fehleranfällig waren. So können Angestellte zum Beispiel Belege von Auslagen einfach abfotografieren, wodurch diese direkt im System abrufbar sind und nicht in haptischer Form bei der Buchhaltung eingereicht werden müssen. Zudem managen, genehmigen und bezahlen Unternehmen mittels ihnen sämtliche Rechnungskäufe über eine einzige Plattform oder App – von der Spesenabrechnung bis hin zum Produkt-Einkauf. Unternehmen vermeiden es somit, mehrere Banking-Apps oder -Plattformen nutzen zu müssen. Die verschiedenen Abteilungen laden ihre Rechnungen in einer App hoch, die Rechnungsinformationen (Rechnungssumme, Kostenstelle, Abteilung, Positionen, etc.) automatisiert ausliest und diese Informationen an die Buchhaltung weiterleitet. Wenn Unternehmen jegliche Unternehmensausgaben in einer zentralisierten Plattform verwalten, reduzieren sie die Fehlerquote sowie veraltete Daten deutlich. Auch steigt die Transparenz über die gesamten Ausgaben- und Rechnungsfristen, da Finanzteams nicht mehr zwischen verschiedenen Software-Lösungen wechseln müssen. Flüchtigkeitsfehler? Sind somit passé.

Um den Prozess der Zeitersparnis weniger abstrakt darzustellen: Im Durchschnitt verwenden Buchhalter*innen fünf Minuten und 41 Sekunden für die Bearbeitung einer Rechnung. Mittels diverser Software für Ausgabenmanagement sinkt diese Bearbeitungszeit auf zehn Sekunden. Zudem wird jedes Rechnungsformat unterstützt – von PDF und Word bis hin zu HTML.

Mittels holistischer Betrachtungsweise zu mehr Transparenz der Unternehmensfinanzen 

Eine automatisierte und digitale Finanzabteilung steht für das umfassende und umgehende Aufbereiten und Analysieren wichtiger Daten. Darunter fallen Ausgaben und Einnahmen der KMU, aber auch Gewinnprognosen, Risikoanalysen, Marktentwicklungen und Wachstumsrisiken. Sprich: Daten, die in der aktuellen Wirtschaftslage höchste Relevanz einnehmen und mithilfe derer die Betriebsführung fundierte Entscheidungen frühzeitig trifft.

Mittels automatisierter Buchhaltung-Tools schaffen Unternehmen mehr Transparenz für Planungs- und Steuerungsprozesse – Transparenz, die sich in krisengeprägten Zeiten als richtungsweisend für folgenschwere Entscheidungen erweist.

Anita Szarek ist CFO beim Fintech Pleo. Pleo ist eine sofort einsatzbereite Lösung für Geschäftsausgaben mit über 25.000 Kunden, diversen Büros europaweit und einer Bewertung von 4,7 Milliarden US-Dollar. Zuvor verbrachte Anita bereits viele Jahre in Führungspositionen; unter anderem als Chief Financial Officer bei PayU.

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