Die Energiewirtschaft wird sich in Zukunft mit immer unterschiedlicherem Verbrauchsverhalten von Privatkunden und Unternehmen herumschlagen müssen – mehr noch als es jetzt der Fall ist. Damit wird die Planung der Energiebereitstellung komplexer. Waren früher die Verbräuche noch besser zu prognostizieren, haben immer mehr Einflussgrößen Eingang in die Berechnung der notwendigen Energieerzeugung sowie der Netzplanung genommen.
So war früher der Anteil regenerativer Energiequellen geringer als heute. Doch sie stehen nicht immer zur Verfügung. Windkraft und Fotovoltaik sind stark vom Wetter abhängig. Wenn sie die gewünschte Strommenge nicht liefern können, helfen kalorische Kraftwerke, die flexibel zuschaltbar sind, aus. Darüber hinaus wird von den einzelnen Stromanbietern Energie von der Leipziger Strombörse hinzugekauft. Zudem liefern dezentrale Strukturen, beispielsweise Fotovoltaikanlagen auf privaten Wohnhäusern oder den Dächern von Fabrikanlagen und Bürogebäuden zusätzlichen Strom, der in das öffentliche Netz eingespeist wird. Gerade die Energiegewinnung aus Photovoltaikanlagen hat die Situation nachhaltig geändert, nachdem sie jahrelang vom Gesetzgeber üppig gefördert wurde.
Stromverbrauch variabel
Zusätzlich zur Variabilität der Erzeugung kommen auch das unterschiedliche Verbrauchsverhalten im Tages-, Wochen-, und Jahresablauf. So nehmen Privathaushalte mittags und abends die meiste Energie in Anspruch. Bei betrieblichen Abnehmern im Büroumfeld oder der Fertigung kann der Stromkonsum etwas stabiler geplant werden.
Um eine möglichst genaue Reaktion auf den Stromverbrauch zu gewährleisten und verlässliche Prognosen erstellen zu können, bedienen sich Versorgungsunternehmen zunehmend der Nutzung intelligenter Stromzähler. Dieses auch Smart Metering genannte Prinzip ermöglicht es, Verbrauchsdaten ständig auszulesen. Früher wurden Stromzähler im privaten Umfeld allenfalls jedes Jahr abgelesen – nun geht dies mehrmals in der Stunde.
Um den Verbrauch so zu steuern, dass er der Erzeugung möglichst entgegenkommt, können Versorger spezielle Tarife gestalten, die gewerbliche und private Abnehmer dazu motivieren, Strom dann abzunehmen, wenn er am günstigsten erzeugt werden kann. So können beispielsweise Privathaushalte energieintensive Aufgaben wie Waschen und Trocknen in die preiswerteren Nachtstunden verlegen.
Datenmenge steigt
Allerdings ist dies ohne eine mächtige IT-Infrastruktur nicht möglich, denn es fällt eine enorme Datenmenge an. Die Verbräuche eines jeden Zählers müssen erfasst und ein genaues Abbild der Nachfragesituation muss erstellt werden, damit Erzeuger zeitnah reagieren können. Diese einzelnen Daten müssen auf einer Plattform zusammengefasst werden. Teilweise kann dies in einem zentralen Rechenzentrum erfolgen. Alternativ kann auch der Edge-Computing-Ansatz gewählt werden, bei dem Einzeldaten an dezentralen Punkten zusammengefasst werden, wo sie aufbereitet und an ein zentrales Rechenzentrum übermittelt werden. Dazu bedarf es nicht nur ausrechender Rechenkapazitäten, sondern auch eine stabile und leistungsfähige Big-Data-Plattform. Diese fasst die anfallenden Daten zusammen, da Einzelwerte bei einer Prognose nicht aussagefähig sind, und analysiert sie anschließend. Dieser Prozess kann auch kontinuierlich geschehen. Wichtig bei der Auswertung der Daten ist es, alle Informationen einzubeziehen und Datensilos zu eliminieren, um ein vollständiges Bild zu gewinnen. So erhält ein Versorger einen Eindruck über die derzeit aktuelle Situation. Aufgrund der gewonnenen Analysen lassen sich dann Vorhersagen über künftige Bewegungen auf Nachfrageseite, aber auch Trends in der Energieerzeugung und -distribution erstellen. Auf dieser Basis können Energieerzeuger den Einsatz ihrer Kraftwerke oder etwaige Stromaufkäufe beziehungsweise die Netzbetreiber ihre Infrastruktur planen.
Ohne Big Data keine stabilen Netze
Da Energienetze bei zu viel oder zu wenig enthaltenem Stromaufkommen instabil werden, müssen Versorger darauf achten, das Energieniveau konstant zu halten. Hierzu müssen sie Kapazitäten in der Erzeugung ab- oder hinzuschalten. Gegebenenfalls werden vorher in einen Gebirgsstausee hochgepumpte Wassermassen zur Stromgenerierung abgelassen. Zusätzlich zur Energieerzeugung ist daher auch die ständige Stabilisierung der Energienetze wichtig. Ein Netz so auszutarieren, dass es weder in eine Über- noch in eine Unterversorgung mit Energie fällt, setzt ein aufwändiges Verfahren voraus. Früher wurden Erfahrungswerte und Verbrauchsanmeldungen von Großkunden zur Erstellung eines Prognosemodells zugrunde gelegt. So haben etwa Betreiber großer Fertigungsanlagen bei Sonderlasten ihren Mehrverbrauch im Voraus ankündigen müssen. Früher geschah das manuell – durch eine E-Mail oder einen Telefonanruf beispielsweise. Nun können die Systeme vernetzt agieren und eine Mehrverbrauchsanforderung direkt in die IT-Systeme des Energieversorgers einspeisen. Schließlich muss die große Menge Strom auch bereitgestellt werden.
Daten werden gebündelt
Die operativen und statistischen Daten, nach denen sich Erzeuger und Netzbetreiber richten müssen, sind allerdings nur die eine Seite der Medaille. Daneben müssen Energiekonzerne auch Kundendaten verarbeiten, um die ordnungsgemäße Abrechnung zu garantieren. Diese zwei Datenkreise waren früher streng getrennt. Dies führte zu doppelten Strukturen und erschwerte die unternehmensübergreifende Informationsverarbeitung. Eine Zusammenführung beider Strukturen bietet für Energieunternehmen einige Chancen. So kann die Datenhaltung und -verarbeitung kostensparender abgebildet werden. Daneben können die Personen, die sich mit der Informationsauswertung beschäftigen, effizienter miteinander arbeiten und Synergien nutzen. Damit wird überflüssige Mehrarbeit gespart, und somit auch das Unternehmensergebnis verbessert.
Mit Big Data und Connected-Data-Plattformen können Versorger und Netzbetreiber ihre Position auf dem Markt erheblich verbessern. Da überrascht es nicht, dass IoT und Big Data besonders auf diesem Sektor Einzug halten.
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