Künstliche Intelligenz: Wie Content-Ersteller die Kontrolle zurückgewinnen und ihre Monetarisierungschancen verbessern

Von   Tony van den Berge   |  Vice President EMEA   |  Cloudflare
26. Mai 2025

Künstliche Intelligenz:

Wie Content-Ersteller die Kontrolle zurückgewinnen und ihre Monetarisierungschancen verbessern

 

Der Markt für KI-generierte Musikinhalte und audiovisuelle Daten soll, Studienergebnissen der CISAC (International Confederation of Societies of Authors and Composers) zufolge, bis zum Jahr 2028 von derzeit rund 3 Milliarden Euro auf 64 Milliarden Euro anwachsen. Die großen Verlierer sind dabei allerdings die Content-Ersteller selbst, die einen kumulativen Verlust von 22 Milliarden Euro verzeichnen müssen. Ändert sich an der aktuellen Situation nichts, geraten Kreativschaffende somit künftig massiv unter Druck: Sie generieren geringere Einnahmen, weil ihre Werke unbezahlt zum Training von KI-Modellen genutzt und KI-generierte Inhalte schließlich verkauft werden.

 

Die Gefahr einer schlecht regulierten generativen KI

Bei einer unzureichend regulierten generativen KI droht Urhebern ein erheblicher Kontrollverlust über ihr geistiges Eigentum. Dies manifestiert sich in mehreren kritischen Bereichen.
Zunächst verlieren Kreativschaffende die Hoheit über die Verwendung ihrer Werke im KI-Trainingsprozess. Ohne klare Regelungen können KI-Unternehmen urheberrechtlich geschützte Inhalte ohne Einwilligung oder Vergütung für das Training ihrer Modelle nutzen. Dies untergräbt das fundamentale Recht der Urheber, über die Nutzung ihrer Werke zu bestimmen.
Darüber hinaus schwindet die Kontrolle über die Integrität der eigenen künstlerischen Ausdrucksform. KI-Systeme sind heute in der Lage, den Stil und die Charakteristika spezifischer Künstler zu imitieren und so Werke zu schaffen, die den Originalen täuschend ähnlich sind. Dies verwässert nicht nur die Einzigartigkeit des künstlerischen Ausdrucks, sondern erschwert es Urhebern auch, die Authentizität ihrer Werke zu schützen.

Ein weiterer Aspekt ist der Verlust der Marktsteuerung. Wenn KI-generierte Inhalte in großem Umfang und zu geringen Kosten produziert werden, ist es Urhebern kaum noch möglich, Einfluss auf Angebot und Nachfrage in ihrem kreativen Bereich zu nehmen. Dieser Umstand schwächt ihre Position in Verhandlungen und bei der Preisgestaltung für ihre Werke erheblich.
Auch die Kontrolle über die Verbreitung und Monetarisierung der eigenen Werke gerät in Gefahr. Mittels KI-Systemen lassen sich bestehende Inhalte „remixen“, adaptieren oder in neue Kontexte setzen, ohne dass die ursprünglichen Urheber davon profitieren oder Einspruch erheben können.

All diese Gesichtspunkte verdeutlichen, dass ohne angemessene Regulierung die Fähigkeit der Urheber, ihr geistiges Eigentum zu schützen, zu kontrollieren und davon zu profitieren, ernsthaft gefährdet ist. Es bedarf daher sowohl rechtlicher als auch technischer Lösungen, um die Kontrolle der Kreativen über ihre Werke im Zeitalter der generativen KI zu wahren.

 

Die Kontrolle zurückerobern

Doch wie greifen KI-Modelle überhaupt auf digitale Inhalte zu? Bots „durchforsten“ in der Regel das Internet auf der Suche nach Inhalten. „Vertrauenswürdige Bots“ – wie Crawler von Suchmaschinen – sind nützlich, weil sie Menschen dabei unterstützen, Websites zu entdecken und den Traffic zu steigern. „Schädliche Bots“ stellen hingegen eine Bedrohung dar.
Mit den auf KI aufbauenden Large Language Models (LLM) und anderen generativen Tools ist darüber hinaus noch eine dritte, weitaus weniger klar umrissene Kategorie entstanden. Im Gegensatz zu schädlichen Bots versuchen einige der mit Gen AI-Plattformen verbundenen Crawler lediglich Inhalte abzugreifen, um neue LLMs zu trainieren. Und genau hier liegt das Problem für Content-Ersteller. Um sowohl die Interessen der Kreativen zu schützen als auch Innovationen zu fördern, sind daher vielschichtige Ansätze erforderlich. Diese müssen regulatorische, technologische und kooperative Aspekte berücksichtigen, wenn sie eine nachhaltige Zukunft für die Branche gestalten wollen.

 

  1. Regulatorische Maßnahmen als Fundament
    Im Zentrum der regulatorischen Bemühungen steht die Notwendigkeit, bestehende Gesetze zum Schutz geistigen Eigentums zu überprüfen und anzupassen. Dies ist unerlässlich, da die traditionellen Rechtsrahmen oft nicht auf die Besonderheiten KI-generierter Inhalte ausgelegt sind. Parallel dazu müssen neue Regularien für den Einsatz von KI in der Kreativwirtschaft entwickelt werden. Diese sollten klare Richtlinien für die Nutzung und Monetarisierung von KI-generierten Inhalten festlegen und dabei die Rechte der ursprünglichen Urheber berücksichtigen.
  2. Technologische Lösungen als Enabler
    Die Implementierung von KI-Überwachungstools zur Kontrolle der Nutzung kreativer Inhalte gewinnt zunehmend an Bedeutung. Sie können helfen, unautorisierte Verwendungen zu identifizieren und die Einhaltung von Lizenzvereinbarungen zu überwachen. Gleichzeitig müssen Systeme zur Monetarisierung von Inhalten im KI-Kontext entwickelt werden. Diese könnten beispielsweise automatisierte Lizenzierungsprozesse oder neue Vergütungsmodelle für die Nutzung kreativer Werke in KI-Trainingsdaten umfassen.Moderne KI-Überwachungstools ermöglichen es den Urhebern, die Aktivitäten von KI-Bots zu verfolgen und festzustellen, welche KI-Dienste wie oft auf ihre Inhalte zugreifen und auf welches spezifische Material sie abzielen. Sie versetzen Urheber darüber hinaus in die Lage, nicht autorisierte KI-Crawler zu blockieren und so sicherzustellen, dass nur zugelassene Stellen ihre Werke nutzen können. Diese Lösungen bieten nicht nur Schutz, sondern unterstützen auch bei der Monetarisierung von Inhalten, indem sie die Analyse und Kontrolle darüber ermöglichen, wer Online-Material auf der Grundlage der mit den Modellanbietern bestehenden Lizenzvereinbarungen scannen darf.
  3. Branchenübergreifende Zusammenarbeit als Schlüssel zum Erfolg
    Die Förderung des Dialogs zwischen Technologieunternehmen, Kreativen und politischen Entscheidungsträgern ist entscheidend. Nur durch einen offenen Austausch können die unterschiedlichen Perspektiven und Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigt werden. Ein wichtiger Aspekt dieser Zusammenarbeit ist die Erarbeitung von Standardisierungsmechanismen für KI-Crawling-Präferenzen. Diese könnten es Urhebern ermöglichen, genauer zu kommunizieren und zu kontrollieren, wie und von wem ihre Inhalte für KI-Trainings genutzt werden dürfen.

 

Zukunftsperspektiven und neue Geschäftsmodelle

Die rasante Entwicklung der KI-Technologie hat ein großes Interesse an Lösungen geweckt, die Content-Erstellern mehr Kontrolle über ihre digitalen Inhalte ermöglichen. Diese innovativen Ansätze bieten Urhebern nicht nur die Möglichkeit, zu erkennen, wer oder was ihre Inhalte scrapt, sondern können auch den Zugriff bestimmter Bots verweigern. Dies bringt einen zweifachen Vorteil: Einerseits können Kreative verhindern, dass Scraper unbefugt auf ihr geistiges Eigentum zugreifen, andererseits eröffnet es ihnen die Chance, direkt mit KI-Unternehmen über Zugangsvereinbarungen zu verhandeln und somit für ihre Arbeit entlohnt zu werden.

Die sich abzeichnende Verschiebung des Kräfteverhältnisses in Bezug auf Kontrolle und Eigentum spiegelt sich bereits in Verträgen wider, die Bestimmungen über Scanhäufigkeit und Art der zugänglichen Inhalte enthalten. Doch diese Entwicklung steht erst am Anfang. Es herrscht noch Unsicherheit über den Wert der verwendeten Inhalte, und auch Diskussionen über durchsetzbare Standardisierungsmechanismen für KI-Crawling-Präferenzen sind gerade in vollem Gange. Website-Betreiber befinden sich hier allerdings oft im Nachteil, da sie von dieser Entwicklung überrascht wurden.

Solange keine klare Lösung gefunden ist, steht zu befürchten, dass immer mehr Urheber ihre Inhalte hinter Paywalls verbergen. Denn eine verstärkte Nutzung von Paywalls könnte zwar kurzfristig den Schutz kreativer Inhalte verbessern und neue Monetarisierungsmöglichkeiten eröffnen, birgt jedoch die Gefahr, die Zugänglichkeit und Verbreitung von Inhalten zu beeinträchtigen.

Die zentrale Herausforderung besteht darin, eine ausgewogene Balance zwischen KI-Innovation und dem Schutz menschlicher Kreativität zu finden. Direkte Verhandlungen zwischen Content-Erstellern und KI-Unternehmen über Zugangsvereinbarungen könnten deshalb zu faireren Nutzungsbedingungen führen, einschließlich detaillierter Nutzungsrechte, Vergütungsmodelle und Qualitätsstandards für KI-generierte Inhalte. Zudem zeichnet sich die Entstehung neuer Geschäftsmodelle zur Monetarisierung kreativer Inhalte im KI-Zeitalter ab. Dies könnte KI-gestützte Plattformen umfassen, die Inhalte kuratieren und personalisierte Empfehlungen geben, um das Engagement und die Monetarisierungsmöglichkeiten zu steigern. Auch die Integration von KI in den kreativen Prozess selbst, etwa durch KI-unterstützte Werkzeuge für Künstler, könnte neue Einnahmequellen eröffnen.

Grundsätzlich erfordert die erfolgreiche Gestaltung der Zukunft der Kreativwirtschaft im KI-Kontext eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten – politische Entscheidungsträger, Technologieunternehmen und Kreative. Nur durch gemeinsame Anstrengungen können innovative Lösungen gefunden werden, die sowohl den technologischen Fortschritt als auch die Rechte und den Lebensunterhalt der Kreativen berücksichtigen. Diese ausgewogene Herangehensweise ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die Kreativwirtschaft auch in einer zunehmend von KI geprägten Welt floriert und weiterhin vielfältige, hochwertige Inhalte hervorbringt.

Tony van den Berge ist seit über 25 Jahren in der IT Branche tätig. Seit August 2024 ist er VP EMEA bei Cloudflare.

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