CRM und Datenanalyse: Wie Retail-Tech-Tools genutzt werden können, um Kundenverhalten zu verstehen

Die Nutzung von Kundendaten und deren Analyse ist in der modernen Handelslandschaft schon zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor geworden. Während E-Commerce-Unternehmen seit langem umfassende Kundendaten sammeln und analysieren, hat der stationäre Handel erst kürzlich begonnen, diese Technologie zu adaptieren. Die Herausforderung besteht darin, aus den gesammelten Daten wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen und diese strategisch zu nutzen, um das Kundenverhalten besser zu verstehen und darauf zu reagieren.
Von   Tobias Kern   |  Gründer und Geschäftsführer   |  The Shoring Company
24. Juli 2024

Die Nutzung von Kundendaten und deren Analyse ist in der modernen Handelslandschaft schon zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor geworden. Während E-Commerce-Unternehmen seit langem umfassende Kundendaten sammeln und analysieren, hat der stationäre Handel erst kürzlich begonnen, diese Technologie zu adaptieren. Die Herausforderung besteht darin, aus den gesammelten Daten wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen und diese strategisch zu nutzen, um das Kundenverhalten besser zu verstehen und darauf zu reagieren. Doch inwiefern nutzt der Handel Daten und Retail-Tech-Tools konkret, um die Kundenbindung zu verbessern und den Geschäftserfolg zu steigern?

 

Die Bon-Analyse

Ursprünglich sammelte der stationäre Handel seine Daten auf eine sehr rudimentäre Weise. Der Marktstandard war die sogenannte „Bon-Analyse“, bei der ein Bon einen Einkauf repräsentierte. Diese Methode hatte jedoch signifikante Einschränkungen: Es war nicht möglich, mehrere Bons einem einzelnen Kunden zuzuordnen oder die Kunden selbst zu identifizieren. Dadurch blieb die Datenlage fragmentiert und unvollständig, was die Entscheidungsfindung erheblich beeinträchtigte. Im Gegensatz dazu konnte der E-Commerce detaillierte und präzise Kundendaten sammeln und analysieren, was dem stationären Handel einen signifikanten Wettbewerbsnachteil verschaffte.

 

Optimierungspotenziale durch Datenanalyse

Die Sammlung und Analyse von Daten bieten dem Handel vielfältige Optimierungsmöglichkeiten in verschiedenen Bereichen. Durch die Analyse von Verkaufsdaten können Sortimente optimiert und an die Bedürfnisse der Kunden angepasst werden. Dazu können zielgerichtete Angebote und strategische Standortentscheidungen durch Erkenntnisse aus genauen Datenanalysen getroffen werden. Personalisierte Marketingkampagnen und maßgeschneiderte Aktionen erhöhen demnach nicht nur die Kundenbindung, sondern auch den Umsatz. Datengetriebene Entscheidungen ermöglichen die Entwicklung erfolgreicher Eigenmarken und neuer Produkte. Durch die Analyse von Marktdaten, sozialen Medien und Verbraucherumfragen können Unternehmen Trends und sich ändernde Kundenpräferenzen frühzeitig erkennen. Dies ermöglicht die Entwicklung von Produkten, die den aktuellen Marktbedürfnissen entsprechen.

Auch die Analyse des Kaufverhaltens kann helfen, um zu verstehen, welche Produkte und Kategorien bei den Kunden besonders beliebt sind und welche nicht. Dies hilft, Produktangebote besser auf die Bedürfnisse der Kunden abzustimmen.

 

Einzelhändler nutzen umfangreiche Datenanalysen, um ihre Eigenmarken zu entwickeln und zu optimieren. Sie analysieren Verkaufsdaten, Kundenfeedback und Markttrends, um zu verstehen, welche Produkte bei ihren Kunden beliebt sind. Auf diesen Daten basierend entwickeln sie Eigenmarkenprodukte, die häufig preiswerter und genau auf die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe zugeschnitten sind.

 

Der Wert der Datenanalyse am Beispiel von Schnelllieferdiensten

Daten allein haben keinen Wert, solange sie nicht analysiert und in verwertbare Erkenntnisse umgewandelt werden. Viele Händler stehen derzeit an dem Punkt, an dem sie Daten sammeln, aber Schwierigkeiten haben, diese effektiv zu nutzen. Insbesondere kleinere Händler überlegen noch, wie sie Daten effizient sammeln und analysieren können. Ein zentraler Engpass besteht darin, dass viele Händler in den Bereichen Data Science und Data Analysis unterbesetzt sind. Anbieter aus dem Schnelllieferdienst zeigen jedoch, dass eine starke Fokussierung auf Datenanalyse erheblichen Mehrwert schaffen kann. Ein bekannter niederländischer Online-Supermarkt baute seine gesamte Geschäftsstrategie auf der effizienten Nutzung von Daten und Technologie auf. Das Unternehmen nutzt Algorithmen zur Optimierung der Lieferwege und profitiert so von erheblichen Kosteneinsparungen und einer Reduktion der Lieferzeiten. Dies wird durch die Analyse von Verkehrsdaten, Kundenstandorten und Bestellmengen erreicht.

Anhand der Analyse von Verkaufsdaten und Kundenverhalten können präzise Prognosen über die Nachfrage erstellt werden und somit werden Lagerbestände optimiert. Dazu verwenden viele der Schnelllieferdienste zur Personalisierung des Kundenerlebnisses gezielte Tools zur Datenanalyse, um individuelle Kundenpräferenzen und Kaufverhalten zu verstehen. Dieses Vorgehen macht personalisierte Produktvorschläge und gezielte Werbeaktionen, die die Kundenzufriedenheit und -bindung erhöhen, erst möglich. Durch die Segmentierung ihrer Kundenbasis entwickeln sie gezielte Marketingstrategien, die spezifische Bedürfnisse und Vorlieben verschiedener Kundengruppen ansprechen.

 

Kundensegmentierung als erster Schritt

Ein grundlegender Schritt in der Datenanalyse ist die Kundensegmentierung. Traditionell segmentieren Händler ihre Kunden nach soziodemografischen oder Verhaltensdaten. Moderne, KI-basierte Systeme gehen jedoch einen Schritt weiter: Sie berechnen die Kundensegmente nach jedem Einkauf neu, sodass Angebote und Kommunikation stets aktuell und relevant bleiben. Diese dynamische Segmentierung führt zu einer höheren Relevanz der Marketingmaßnahmen und einer stärkeren Kundenbindung. Anhand von präzisen Datenanalysen kann das Geschäftsmodell des Händlers weiter optimiert und ausgebaut werden.

 

Datenbanktools und Business Intelligence

Die Ausspielung von speziellen Sortimenten und Angebote an relevante Kundensegmente erhöhen das Upselling-Potenzial. Preisnachlässe in personalisierten Angeboten können sich an die Preissensibilität der jeweiligen Kunden anpassen. Durch individuell abgestimmte Zusatzprodukte oder Dienstleistungen werden Kunden zum Cross-Selling motiviert. Für eine erfolgreiche Datennutzung müssen Händler in der Lage sein, ihre Daten in allen Unternehmensbereichen zu erheben und zu sammeln. Hierfür sind entsprechende Datenbanktools und Datalakes erforderlich. Zudem müssen die technologischen Lösungen vorhanden sein, um die Verkaufsdaten mit einzelnen Kunden verknüpfen zu können. Eine erste gute Grundlage bieten Loyalty- und Belohnungssysteme. Kundenbindungsprogramme und Mitgliedschaftssysteme erfassen Kundenkäufe durch Mitgliedskarten oder digitale Identifikatoren, z.B. Telefonnummern oder E-Mail-Adressen. Diese Systeme sind oft direkt mit dem POS-System und der Kundendatenbank verbunden. Dazu sollten spezielle Analytik- und Business Intelligence (BI)-und Data Analytics Tools implementiert werden. Diese stellen die Software, die Verkaufs- und Kundendaten analysiert und Berichte erstellt, um Muster und Trends zu identifizieren. Die BI-Plattformen ermöglichen tiefere Einblicke in das Kundenverhalten und die Leistung der Verkaufsstrategien.

 

Ein weiterer entscheidender Faktor ist ein kompetentes Team, das diese Systeme implementiert, Daten auswertet und die gewonnenen Erkenntnisse zur Optimierung des Unternehmens nutzen kann.

 

Customer Experience und Loyalitätsprogramme

Die Akzeptanz der Datennutzung durch die Kunden ist entscheidend. Im E-Commerce sind Konsumenten es gewohnt, ihre Daten anzugeben. Im stationären Handel muss der entsprechende Anreiz jedoch erst noch geschaffen werden. Eine digitale Customer Journey, die alle digitalen Touchpoints, Erlebnisse, Angebote, Services und Vorteile des Händlers kombiniert, kann hier entscheidend sein. Ein digitales Loyalty-Programm bildet die Grundlage für diese Customer Experience und muss sorgfältig auf den jeweiligen Händler abgestimmt sein. Es bildet den Rahmen, in dem Marketing und Vertrieb mit dem Kunden kommunizieren und interagieren. Gleichzeitig stellt es das digitale Kundenerlebnis dar und muss detailliert auf die Marke und Marktpositionierung des Händlers abgestimmt sein. Dabei ist die Ausrichtung auf die Zielgruppe und eine entsprechende Ausrichtung ausschlaggebend. Viele Händler stehen hier gleich vor einer doppelten Herausforderung. Zum einen müssen sie erprobte Prozesse und Praktiken auf eine Zielgruppe ausrichten, die gerade erst datenbasiert kennengelernt wird. Zum anderen muss die digitale Customer Journey von Anfang an so hochwertig und ansprechend gestaltet werden, dass sie ausreichend Kunden zur Nutzung motiviert.

 

Technologische Grundlage für Retail-Tech schaffen

Die Nutzung von CRM und Datenanalyse im Handel bietet enorme Potenziale, um Kundenverhalten zu verstehen und die Kundenbindung zu stärken. Händler müssen jedoch die nötigen technologischen und personellen Ressourcen bereitstellen, um die gesammelten Daten effektiv zu nutzen. Durch die Implementierung moderner Retail-Tech-Tools und die Schaffung einer überzeugenden digitalen Customer Experience können stationäre Händler den Wettbewerbsvorteil der E-Commerce-Unternehmen aufholen und ihre Geschäftsmodelle erfolgreich transformieren.

 

 

Tobias Kern ist Gründer und Geschäftsführer des IT-Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen The Shoring Company. Zuvor war Kern als Vice President Digitization und Chief Product Officer und Head of Last Mile and Innovations bei Kaufland tätig.

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