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Quantum Machine Learning: aktuelle Entwicklungen und Möglichkeiten

Der Begriff Quantum Machine Learning beschreibt ein Gebiet, das Ansätze des maschinellen Lernens und der Quanteninformationsverarbeitung verbindet. Dabei hat der Einsatz von Quantencomputern das Potential, Methoden des maschinellen Lernens effizienter zu gestalten und bisher nicht oder nur schwer zugängliche Probleme lösen zu können. Wo stehen wir bei der Entwicklung und Anwendung von Quantum Machine Learning? Welche Hardware wird heute eingesetzt? Welche Datentypen sind nutzbar – und welche Algorithmen und Bibliotheken gibt es? Dr. Alina Nizamutdinova und Steffen Maas geben einen Überblick.
Von   Alina Nizamutdinova   |  Senior Data Scientist   |  Ginkgo Analytics GmbH
  Steffen Maas   |  Gründer und Geschäftsführer   |  Ginkgo Analytics GmbH
12. Dezember 2022
  1. Klassische- und Quanten-Algorithmen

Maschinelles Lernen ist ein bereits etablierter und weit verbreiteter Ansatz, um basierend auf erkannten Mustern die Ergebnisse strukturierter und unstrukturierter Daten vorherzusagen. Kurz gesagt: Maschinelles Lernen ist der Oberbegriff für die Generierung von Wissen aus Erfahrung: Ein künstliches System lernt aus Beispielen / Datenströmen und kann diese nach Beendigung der Lernphase verallgemeinern. Das Anwendungsfeld ist sehr breit gefächert und reicht von vorausschauender Wartung und Empfehlungssystemen bis hin zu hochmodernen Modellen der natürlichen Sprachverarbeitung und generativer KI. Je nach Ansatz lassen sich die Methoden des maschinellen Lernens in frequenzbasierte und probabilistische unterteilen, und je nach den Datenparametern können sie in überwachtes, halbüberwachtes und unüberwachtes Lernen unterteilt werden.

Quantencomputer sind die fünfte Generation von Computern und ermöglichen es, nach der Generation der Microprozessoren, die Rechenleistung signifikant zu steigern. Quantum-Algorithmen bezieht sich auf Anwenden der Methoden des maschinellen Lernens an Quantencomputern. Zum einen werden dabei bereits existierende Vorgehensweisen angewendet, teilweise werden dafür bereits neue, innovative Wege vorgeschlagen. Ein Beispiel dafür geben wir unten.

  1. Vier Kategorien des Quantum Machine Learning

Im Allgemeinen lassen sich alle Vorgehensweisen des maschinellen Lernens mit Quantentechnologien in vier Kategorien einteilen, wie in Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung 1: Kategorien des maschinellen Lernens mit Quantentechnologien Quelle: Ginkgo Analytics

CC-Algorithmen verwenden klassische Algorithmen mit klassischen Daten = normales maschinelles Lernen.

CQ-Algorithmen verwenden klassische Daten, die mit Quantencomputern verarbeitet werden können. Dies ist heute schon möglich und hierauf konzentriert sich ein Großteil der Forschung und der Industrie.

QC-Algorithmen, die Quantendaten und klassische Algorithmen verwenden, erfordern qRAM (Quantum Random Access Memory), was auf Hardware-Ebene derzeit eine große Herausforderung darstellt. Daher ist diese Vorgehensweise aktuell nicht praktikabel nutzbar.

Das Fehlen zuverlässiger Hardware stellt auch eine Herausforderung für die Entwicklung von QQ-Algorithmen (Quantenalgorithmen mit Quantendaten) dar, die eigentlich den größten Durchbruch in Quanten-Fähigkeiten ermöglichen und eine Quanten-Revolution verspricht.

  1. Klassische- und Quanten-Datentypen

Quantendaten werden für QQ-Algorithmen benötigt. Im Gegensatz zum klassischen Speicher, in dem alles als 0 und 1 dargestellt wird, werden die Daten direkt im Quantenzustand gespeichert. Außerdem können sich die Elemente von Quantendaten in Überlagerung befinden, was für die direkte Anwendung von Quanten-Algorithmen von Vorteil ist. Die vielversprechendste Technologie in diesem Bereich ist die optische Datenspeicherung, obwohl die Umsetzung noch sehr schwierig ist. Das Haupthindernis ist die Stabilität und die fehlerfreie Umsetzung. Es gibt zwei Hauptansätze für Quantenspeicher: modifizierbare Quantenspeicher QRAM (Quantum Random Access Memory) und Quantendaten, die nur zum Abruf bestimmt sind – QROM (Quantum Read-Only Memory).

  1. Fähigkeiten von Quantum Machine Learning

Das maschinelle Lernen auf Quanten-Computern bietet Fähigkeiten, Probleme schneller und exakter zu lösen als klassisches maschinelles Lernen. Dabei gibt es mehrere Quantenalgorithmen, die ein bestimmtes Problem lösen. Die wichtigsten sind eine schnellere und genauere Suche und Optimierung, schnelleres Training, Bilderkennung, Verständnis der natürlichen Sprache, Stichprobenbildung und Simulationen.

Die Quantensuche wird eingesetzt, um Informationen in einem unendlichen Suchraum zu finden. Beispiel: die Suche nach einem geheimen Schlüssel (coprimer), der einen großen Einfluss auf die klassische Kryptographie und die Sicherheit hat.

Quantenoptimierung wiederum kommt zum tragen, wenn eine Reihe von Beschränkungen und Optimierungskriterien vorgegeben sind. Der Algorithmus findet dann eine optimale Kombination von Variablen aus einer praktisch unendlichen Anzahl von Kombinationen. Beispie: die Optimierung von Transportplänen und -zuweisungen.

Quantensampling wird angewandt, wenn ein Agent Werte aus einem Lösungsraum zieht. Das kann zur Verallgemeinerung der Bevölkerungsverteilung genutzt werden. Beispiel: das Bosonen-Sampling und die Überprüfung in Minuten anstatt in Stunden.

Quantensimulationen kommen zum Einsatz, um ein reales System oder einen realen Prozess über einen bestimmten Zeitraum zu imitieren. Dabei stellt das Modell das Verhalten oder die Eigenschaften des Systems dar. Diese Darstellung über einen bestimmten Zeitraum ermöglicht es, vorausschauende Prognosen und Szenarien für die Entscheidungsfindung zu erstellen. Beispiel: Simulationen in der Finanzindustrie für die Ermittlung von Preisen von Finanzinstrumenten, Höhe der Nachfrage und des Angebots oder Wirtschaftsentwicklung.

Wenn Daten immer zuverlässiger und verteilter werden und das Ergebnis in Echtzeit benötigt wird, ist dies eine perfekte Umgebung für QML. Leider gibt es noch viele Mythen und Missverständnisse über die Rechenleistung von Quantencomputern, darunter: Quantencomputer sind einfach viel schneller als klassische Computer. Das stimmt jedoch nicht. In den Bereichen, in denen die Arbeitsschritte nacheinander ablaufen (z. B. beim Lesen einer SQL-Datenbank oder beim Streaming eines Videos), bringt das Quantencomputing keinen zusätzlichen Nutzen. Die Leistung des Quantencomputings besteht darin, dass verschiedene Rechenwege in Überlagerung gebracht werden und dann das Experiment abläuft. Folglich sind Quanten-Algorithmen keine klassischen Algorithmen, die lediglich beschleunigt wurden. Stattdessen müssen die Quantenschaltungen und Quanten Gates sorgfältig ausgearbeitet werden, damit wir genau das Ergebnis messen können, an dem wir interessiert sind.

  1. Aktuelle Entwicklungen im Bereich Quantum Machine Learning

Quantum Hardware (“as a Service”)

Wir haben immer noch keine wirklich robusten Geräte, mit denen wir One-Shot-Berechnungen durchführen können. Wir befinden uns vielmehr in der Übergangsphase und beginnen gerade erst, das Potenzial der Quantenfähigkeiten zu entdecken. Die heute verfügbaren Quantencomputer sind fehleranfällig und werden als Noisy-Intermediate-Scale-Quantum (NISQ)-Rechner bezeichnet. Qubit-Konnektivität, Kohärenzzeit und Gattertreue müssen noch verbessert werden. Deshalb ist oft eine Wiederholung des Experiments (manchmal viele Male, z. B. 1000 Versuche) erforderlich. Das zweite Hindernis ist die Anzahl der auf einem Rechner verfügbaren Qubits. Für stabile Berechnungen im großen Maßstab sind Rechner mit mehr als 1 Million Qubits erforderlich. Es wird erwartet, dass diese technischen Herausforderungen in den nächsten Jahren überwunden werden und wir dann in eine neue Phase enormer Rechenkapazitäten eintreten können.

Wie bereits erwähnt, manipulieren wir in Quantencomputern die Quantenzustände selbst. Auf der physikalischen Ebene könnte dies durch verschiedene Hardware realisiert werden, beispielsweise durch eine supraleitende Spule oder eine Leerstelle in einem Kristall. Auch Licht in einem speziellen Zustand könnte als Qubit verwendet werden. Die Manipulationen könnten hier mit elektromagnetischen Impulsen durchgeführt werden. Glücklicherweise müssen wir die Pulse nicht programmieren und den supraleitenden Oszillator nicht steuern.

Quantencomputer sind als Service bei allen großen Cloud-Anbietern verfügbar und können auf einem hohen Abstraktionsniveau manipuliert werden. Stand Dez 2022 werden z. B. von IBM bis zu 433 Qubits unterstützt. Abbildung 2 gibt eine Übersicht über verfügbare Services:

Abbildung 2: Hauptanbieter des Quantum Computing as a Service Quelle: Ginkgo Analytics
  1. Frameworks und Algorithmen

Bei der Verwendung von Quanten-Frameworks müssen wir lediglich das System und die Abfolge von Quantengattern spezifizieren und nicht die physikalischen Prozesse, die auf der Hardware-Skala ablaufen. Beliebte Quantenbibliotheken, z. B. Qiskit oder Cirq, sind für die Entwickler kostenlos erhältlich. Es gibt auch spezielle Frameworks wie Pennylane und Tensorflow Quantum, die speziell darauf abzielen, die Lücke zwischen Quantencomputing und maschinellem Lernen zu schließen.

Das US National Institue for Standards and Technology (NIST) listet aktuell über 60 verschiedene Arten von Quantum Algorithmen. Diese unterscheiden sich hauptsächlich in ihrem Vorteil gegenüber klassischen Algorithmen (der Geschwindigkeit) und der Robustheit gegenüber Fehlern im Quantencomputing.

  1. Workflows

Abbildung 3 (s. u.) zeigt ein Beispiel dafür, wie ein überwachter Workflow für maschinelles Quantenlernen aufgebaut ist. Die meisten Ansätze befassen sich mit sogenannten variationalen quanten-klassischen Algorithmen, die für Quantencomputer in naher Zukunft geeignet sind und bereits jetzt implementiert werden könnten. Die klassischen- und die Quantenkomponenten bereichern sich gegenseitig, wenn anspruchsvolle Rechenaufgaben auf der Quantenkomponente ausgeführt werden und die klassische Komponente die Optimierung des maschinellen Lernens vornimmt.

Abbildung 3: Genereller Ablauf der variationalen quanten-klassischen Algorithmen

Der erste Schritt bei den CQ-Algorithmen ist die Datenaufbereitung oder Datencodierung. Ähnlich wie beim klassischen maschinellen Lernen, bei dem die Daten (z. B. Texte, Zeitreihen oder Bilder) für die Eingabe von Algorithmen aufbereitet werden, müssen beim quantenmechanischen Lernen die numerischen Daten auf ein Quantensystem abgebildet werden. Diese Abbildung der numerischen Daten auf den Quanten-Hilbert-Raum wird als Feature Map bezeichnet. Es stehen verschiedene Kodierungstechniken zur Verfügung, z. B. Basis-, Amplituden- oder Winkelkodierung oder fortgeschrittenere Techniken wie die dichte Winkelkodierung oder die hybride Basis- und Amplituden-Qsample-Kodierung. Die Wahl hängt von der Art der Gates ab, die auf die Q-Bits angewendet werden sollen, von der Datenmenge und auch von der Stabilität der zugrunde liegenden Hardware.

Im zweiten Schritt werden sogenannte parametrisierte Quantenschaltungen verwendet. Kurz gesagt, in einer solchen Schaltung sind die Endergebnisse abhängig von (im einfachen Fall) dem Rotationsparameter teta. Nachdem alle Gates der parametrisierten Quantenschaltung eingesetzt wurden, wird das System gemessen. Der Parameter teta wird dann während der Trainingsphase optimiert, um die mit der Quantenschaltung vorhergesagten Werte mit den gewünschten Werten abzugleichen. Die Optimierung des Teta-Parameters erfolgt mit Hilfe einer klassischen Kostenfunktion auf einem klassischen Computer. teta wird zur Vorhersage einer neuen Reihe von Werten verwendet und der Kreislauf wird fortgesetzt. Dies ist der schwierigste Schritt. Es gibt verschiedene Algorithmen, darunter klassische gradientenbasierte und neuartige gradientenfreie Ansätze, um eine optimale Lösung zu finden. Dieser Ansatz wird Erwartungsmaximierung (EM) genannt.

Am Ende, wenn die Optimierung abgeschlossen ist, können die trainierten Quantenschaltkreise dann verwendet werden, um Vorhersagen für neue Daten zu erhalten.

Der Bereich des maschinellen Lernens auf Quantenbasis ist nicht nur auf überwachtes maschinelles Lernen beschränkt. Ähnlich wie Support-Vektor-Maschinen kann das maschinelle Lernen mit Quantenkern für die Klassifizierung verwendet werden. Auch auf dem Gebiet des unüberwachten maschinellen Lernens mit Quanten, der hybriden Netze des klassischen maschinellen Lernens mit Quanten und sogar noch ausgefeilteren Ansätzen wie den generativen adversarischen Netzen mit Quanten oder dem föderierten maschinellen Lernen mit Quanten gibt es zahlreiche Forschungsarbeiten. Die meisten der Ergebnisse sind als Open-Source-Pakete verfügbar.

  1. Aktuelle Quantum-Anwendungsfälle

Nach einer Studie von Gartner aus dem Jahr 2019 haben erst 1% aller Unternehmen Budget für Quanten-Projekte eingeplant. Es wird jedoch erwartet, dass im Jahr 2023 bis zu 20% der Unternehmen in Quantentechnologien investieren werden. Aktuell nutzen nur ausgewählte, innovative Großunternehmen die Möglichkeiten des Quantum Machine Learning.

Die Boston Consulting Group (BCG) hat 2021 in einer Studie die verfügbaren Fähigkeiten von Quantum Machine Learning (Simulation, Optimierung, Machine Learning und Kryptografie) genutzt, um Anwendungsfälle in unterschiedlichen Branchen zu identifizieren und zu bewerten. Im Ergebnis wurden mehr als 100 Anwendungsfälle identifiziert.

Abbildung 4: Überblick über Quantum-Anwendungsfälle
Quelle: BCG
  1. Anwendungsfälle von Quantum Machine Learning

Chemie und Materialwissenschaften

„Chemie und Pharma werden zu den ersten Branchen gehören, die von den Möglichkeiten des Quantencomputings profitieren, sobald wir in der Lage sind, komplexe Moleküle wie Polymere und Proteine zu simulieren“ sagt Dr. Renata Jovanovic, Quantum Ambassador und Mentor bei Deloitte. Die Quantensimulation reproduziert das Verhalten eines Materials auf der grundlegendsten chemischen Ebene. Ein kürzlich veröffentlichtes Papier bietet Einblicke in ihre Arbeit an der Simulation von Lithium-Ionen-Batterien und in die Möglichkeiten für die Entwicklung neuer Batterien. Quantum Machine Learning ist in der Chemie und Materialwissenschaft besonders interessant, weil viele wichtige Verbindungen durch einige hundert Quantenzustände beschrieben werden können. Neue Fortschritte werden Auswirkungen auf verschiedene Branchen haben, u.a. Landwirtschaft, Batterieherstellung, Energiesysteme, Gesundheitswesen und in anderen Bereichen.

Life Science und Pharma

Die Biowissenschaften und die Pharmazie bieten ein breites Anwendungsfeld für Quantum Machine Learning. So kann die Entdeckung und Entwicklung von Arzneimitteln durch die Verbesserung der Proteinfaltung, die Vorhersage von Proteinstrukturen sowie die Identifizierung neuer Moleküle und Arzneimittel beschleunigt werden. Die Planung der Optimierung klinischer Studien, die Auswahl der Mittelgröße und der Patienten sowie das virtuelle Screening von Kandidaten können durch Quantensampling optimiert werden. Epidemiologie, Pandemiemanagement, klinische und pflegerische Versorgung, Betriebs- und Lieferkettenmanagement, Krebsbestrahlungstherapie oder auch Genomik sind nur einige weitere möglicher Anwendungsfälle. Beispiel: Polarisqb, ein Unternehmen, das die weltweit erste Plattform für die Entdeckung von Arzneimitteln mit Hilfe von Quantencomputern anbietet und damit die präklinische Entwicklung von Arzneimitteln von Jahren auf Monate verkürzt.

Logistik und Transport

Aufgrund der aktuellen globalen Lieferkettenkrise und zunehmender Unsicherheiten werden Quantenverfahren immer häufiger auch in Logistik und Transport eingesetzt. Quantum-Simulationen und -Optimierungen verbessern die Transportplanung, die Routen- und Frachtoptimierung, den Verkehrsfluss oder die Lageroptimierung. Durch die Erhöhung der Auslastung großer Containerschiffe könnten Kunden jährlich mehrere Millionen Euro einsparen. Auch die prädiktive Flottenwartung kann durch Quantum Machine Leaning verbessert werden. Beispiel: um die Zugplanung zu verbessern, ist das Unternehmen Cambridge Quantum und die Deutsche Bahn Netz AG im Jahr 2021 eine Partnerschaft eingegangen, um das Potenzial von Quantencomputern zu untersuchen.

Finanz- und Versicherungswesen

Die Finanzbranche ist für einen Quantendurchbruch eine der vielversprechendsten. Grund: Portfolio-Optimierung und Risikomanagement sind sehr rechenintensiv und genau hier sind Quantentechnologien überlegen. Eine weitere stark vernetzte Branche, die enorm von den Vorteilen der Quanten profitieren wird, ist das Versicherungswesen. Exakte Vorhersagen von Wetterkatastrophen und des Fahrverhaltens wird es ermöglichen, Risiken viel besser und schneller abzuschätzen. Darüber hinaus lassen sich betrügerische Transaktionen und verdächtige Aktivitäten erkennen. Beispiel: 2021 arbeitete KPMG mit dem kanadischen Hersteller D-wave zusammen, um eine Portfolio-Optimierung mit einem 2000-Qubit-Quanten-Annealinggerät durchzuführen. Das Projekt konnte belegen, dass Quantentechnologien einen besseren und schnelleren Ansatz bieten können, auch wenn Skalierbarkeit und Implementierung der Lösung noch eine Herausforderung darstellen.

Energieversorgung

Die Suche nach der optimalen Position für Infrastruktur im Energiesektor (z. B. Standorte von Ladestationen und optimale Energietraßen) ist angesichts der vielfältigen Voraussetzungen und exponentiell wachsenden Möglichkeiten schwierig. Hier ermöglicht Quantum Machine Learning in kürzester Zeit optimale Lösungen für komplexe Systeme zu finden. Darüber hinaus können Quantencomputer zur Steuerung verteilter Ressourcen, zur Optimierung des Stromnetzes sowie zur Verbesserung der Batterietechnologie eingesetzt werden. All das ist wichtig, um die Umstellung auf erneuerbare Energien zu bewältigen. Beispiel: das Energieunternehmen E.ON ist 2021 eine Partnerschaft mit D-Wave Systems Inc. eingegangen, um sein Stromnetz für erneuerbare Energien mit Hilfe von Quanten-Annealing und Hybridmethoden zu optimieren.

Ausblick

Die Quantum Hardware und die Fehlerkorrektur wird sich in den nächsten Jahren rasant weiterentwickeln. Welche Technologie führend sein wird, ist schwer abzusehen. PsiQuantum und Google streben für das Jahr 2025 eine Kapazität von 1 Million physischen Qubits an.

Ebenso werden die verfügbaren Frameworks von IBM, Google & Co. kontinuierlich weiterentwickelt und neue Funktionalitäten zur Verfügung stehen. So plant IBM 2023 vorgefertigte Quantum-Laufzeitmodule als Abstraktionsebene, zur vereinfachten Nutzung der Quantum-Hardware, eingebaute Resilience Level zur Fehlerkorrektur und Dynamische Schaltungen.

Auch die Anzahl der Quanten-Algorithmen werden weiter zunehmen und für Entwickler wird es immer einfacher, Probleme mit wiederverwendbaren und geprüften Algorithmen zu lösen. AutoQML wird die Auswahl des richtigen Algorithmus vereinfachen und durch verfügbare Platformen wie PlanQK wird es einfacher werden, Quantum Services zu veröffentlichen und zu konsumieren.

Quanten-Anwendungsfälle werden mit fortschreitender Nutzung von Quantum Machine Learning in verschiedenen Branchen Anwendung finden. Insbesondere in der Logistik und im Energiesektor wird die Nutzung aufgrund von geo- und globalpolitischen Problemen weiter zunehmen. Nach einer Schätzung von McKinsey liegt das jährliche Wertschöpfungspotenzial von Quantum Machine Learning in den nächsten Jahrzehnten bei 700 Milliarden USD. Jetzt ist genau die richtige Zeit, um mit Quantum Machine Learning zu starten.

Dr. Alina Nizamutdinova ist Senior Data Scientist bei der Ginkgo Analytics GmbH, Teil der Eraneos Group, mit dem Fokus auf Big Data, Analytics und Künstlicher Intelligenz (KI). Zudem leitet sie das im August 2022 von Ginkgo Analytics gegründete Quantum Lab. Nizamutdinova verfügt über mehr als 5 Jahre Erfahrung in der Modellierung und Optimierung komplexer Systeme und Prozesse, um neue, effiziente Lösungen in Maschinenbau, Materialwissenschaft, Luft- und Raumfahrt und Telekommunikation einzusetzen.

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