Technologie trifft Mensch: Die Herausforderungen der HR-Digitalisierung

Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung stellt sich für das Personalwesen die Frage: Wie können wir HR-Tools gewinnbringend einsetzen, ohne die Menschen dabei aus den Augen zu verlieren? Über menschenzentrierte HR-Digitalisierung in einer hypervernetzten Arbeitswelt.
Von   Ulrich Naumann   |  Geschäftsführer   |  HR Consultants
28. September 2023

Die Digitalisierung verändert die Wirtschaftswelt zunehmend – und macht auch vor dem Personalwesen nicht halt. Unternehmen setzen vermehrt auf Automatisierung, Datenanalyse und Künstliche Intelligenz, um ihre HR-Prozesse zu optimieren und effizienter zu gestalten. Vor allem in den Bereichen HR-Administration, Recruiting und Weiterbildung kommen digitale HR-Tools bereits zum Einsatz, wie aus einer Studie des HR-Softwareanbieters Aconso hervorgeht. Doch während Technologie zweifellos Chancen bietet, stellt sie zugleich eine grundlegende Frage in den Raum: Wie kann die menschliche Komponente in einer hyperdigitalisierten Welt gewahrt bleiben?

Die Chancen der Digitalisierung

Ob Active Sourcing oder Jobbörsen-Suchoptimierung im Recruiting, Performance-Management-Analysen, digitalisierte Lern- und Weiterbildungsangebote in der Personalentwicklung oder KI-gestützte Vorhersagen von Kündigungen: Digitale HR-Tools und Künstliche Intelligenz steigern die Effizienz in der Personalarbeit enorm. Und spätestens aufgrund des aktuellen Personalmangels in vielen Branchen, ist auch klar: Die Personalabteilung muss aus ihrer manchmal noch reaktiven, verwaltenden Rolle herauswachsen und zum noch stärkeren Partner der Geschäftsführung avancieren, der mit digitalen Tools die HR-Prozesse an allen Stellen des Employee-Lifecycles optimiert.

Personalabteilungen, die schon heute HR-Analytics einsetzen, erhalten datengestützte Informationen zu Mitarbeiterfluktuation, Weiterbildungsbedarf oder Vorhersagen von Rekrutierungserfolgen. Das hilft HR-Verantwortlichen, strategische Personalentscheidungen zu treffen und die Effizienz und Effektivität der HR-Abteilung zu steigern. Solche Tools nehmen der HR eine Menge an Arbeit ab – und ermöglichen den Verantwortlichen, sich vermehrt auf strategische Aufgaben zu konzentrieren, wie die Gestaltung einer besseren Employee-Experience. Aufgrund der digital-basierten Effizienzsteigerungen stellt sich jedoch die Frage: Macht die zunehmende Automatisierung und Technologisierung die Menschen in der HR-Abteilung bald überflüssig?

Die Herausforderung: Der Faktor Mensch

Die klare Antwort lautet: Nein. Allerdings besteht die Herausforderung darin, die richtige Balance zwischen Effizienzsteigerung durch Digitalisierung und dem Erhalt der Menschlichkeit zu finden. Denn während Algorithmen und Automatisierung effiziente Entscheidungsprozesse ermöglichen, sind emotionale Intelligenz, zwischenmenschliche Verbindungen und Empathie wesentliche Aspekte, die nicht so leicht von Technologie repliziert werden können. Die Kunst besteht also darin, innovative HR-Technologie als Werkzeug zu betrachten, das menschliche HR-Experten unterstützt, anstatt sie zu ersetzen. Denn: Am Ende des Tages sind Unternehmen soziale Systeme, in denen Menschen miteinander interagieren. Doch wie lässt sich festlegen, welche Aufgaben digitale Tools lösen sollten – und wo der Mensch unverzichtbar ist?

Die Daumenregel lautet: KI und digitale Tools können helfen und empfehlen, nicht aber entscheiden. Entscheidungen sollten immer noch die Menschen übernehmen. Bei KI-basierten Einstellungsprozessen kann es sonst beispielsweise passieren, dass die KI diskriminierende Entscheidungen fällt – so wie es 2015 bei Amazon in den USA der Fall war: Das damals eingesetzte KI-Recruiting-Tool benachteiligte Bewerberinnen, weil das KI-System mit historische Bewerbungsdaten gefüttert wurde, die größtenteils von männlichen Bewerbern stammten. So erlernte die Amazon-KI von selbst eine Präferenz für männliche Bewerber: Es bewertete Lebensläufe negativ, wenn darin das Wort „Frau“ auftauchte, beispielsweise „Kapitänin des Frauen-Schachclubs“ (Reuters berichtete darüber). Und auch, wenn KI heute weiter ist – eine Garantie, dass solche Fehlentscheidungen nicht mehr pa ssieren, gibt es nicht. Darum sollten bestimmte Aufgaben stets in der Entscheidungsmacht der Menschen bleiben.

Menschenzentrierte HR-Digitalisierung

Halten wir fest: Technologie sollte die Arbeit im Personalwesen ergänzen, nicht ersetzen. Digitale HR-Tools sind Mittel zum Zweck – nicht aber der Zweck selbst. Bevor ein Unternehmen seine HR-Abteilung digitalisiert, sollten sich die Verantwortlichen zunächst überlegen, welche Ziele sie mit den Tools erreichen möchten und wie diese Tools die Mitarbeitenden in ihren Prozessen unterstützen: Effizienzsteigerung in der Administration? Ein verbessertes Talentmanagement? Die Förderung einer positiven Employee Experience? Das sollte zu Beginn klar sein.

Hinzu kommt: Tools sind nur so gut, wie die Menschen, die sie nutzen. Schulungen und Weiterbildungen der HR-Mitarbeitenden sind also unerlässlich. So werden auch Unsicherheiten minimiert und die Akzeptanz neuer Tools gesteigert. Zu einer menschenzentrierten Nutzung digitaler Tools gehört auch, die Fähigkeiten der HR-Mitarbeitenden, wie Empathie oder strategische Entscheidungsfindung, zu wertzuschätzen. Das ist ein klares Signal an die Menschen: „Eure Meinungen sind uns wichtig – die digitalen Tools sind nur eure Werkzeuge, nicht eure Konkurrenten.“

Externe Begleitung kann hilfreich sein

Für die strategische Auswahl und Integration von HR-Technologie in die bestehenden Abläufe, kann externe Begleitung hilfreich sein. Beispielsweise können erfahrene HR-Interim-Manager die Kriterien und Zielsetzungen für digitale HR-Tools mitentwickeln – und in enger Abstimmung mit der IT-Abteilung umsetzen. Neben ihrem enormen Erfahrungswissen in der Auswahl und Implementierung von HR-Technologien, berücksichtigen Interim Manager auch die Auswirkungen der Technologie-Einführung auf die Mitarbeitenden der Personalabteilung:

Sie unterstützen zum Beispiel bei der Schulung des HR-Teams und sorgen für ein effektives Change-Management sowie die nötige Akzeptanz der neuen Tools. Außerdem stellen sie sicher, dass die Tools die Employee Experience verbessern und die Performance steigern. Somit stärken Unternehmen mit zeitlich festgelegtem Interim-Knowhow ihre Erfolgschancen bei der Einführung von HR-Technologie – und können den Interim Manager nach Projektabschluss wieder von der Payroll nehmen.

Die Synergie zwischen Mensch und Maschine

Die HR-Digitalisierung schafft die Menschen nicht ab, sondern steigert den Wert der Personalabteilung: HR-Tools können repetitive und zeitaufwendige Aufgaben übernehmen. Beispielsweise können sie bei der Verwaltung von Bewerberdaten, der Analyse von Mitarbeiterleistungen oder der Bereitstellung von Schulungsprogrammen wertvolle Unterstützung bieten. Dies trägt nicht nur zur Effizienzsteigerung bei, sondern ermöglicht auch eine bessere Nutzung der Fähigkeiten und Ressourcen der HR-Abteilung.

HR-Teams gewinnen somit wertvolle Zeit für geschäftskritische Themen und zwischenmenschliche Aufgaben, wie den Aufbau einer positiven und modernen Unternehmenskultur oder Initiativen zur Mitarbeiterbindung. Wer die HR-Digitalisierung menschenzentriert denkt, wird in der Lage sein, leistungsstarke Tools zu nutzen, die die Mitarbeitenden nicht ersetzen, sondern ihre Arbeit ergänzen und erleichtern.

Ulrich Naumann ist Geschäftsführer der HR-Consultants, einer bundesweit erfolgreichen Personalberatung für Interim Manager und Festangestellte im HR- und Finance-Bereich. Seit über 25 Jahren aktiv, gehören die HR-Consultants zu den Pionieren in der Branche. Da die Berater selbst aus der HR und dem Finance-Sektor kommen, sind sie für Unternehmen und Interim Manager wertvolle Sparringspartner mit praxisnahem Erfahrungsschatz.

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