Sieben Tipps für ein modernes Performance Review von Mitarbeitern

Unternehmen, die ihr Performance Management neu aufstellen und eine regelmäßige Feedback-Kultur entwickeln, werden schneller in der Lage sein, interne HR-Prozesse zu verbessern. Dies gilt vor allem für die Weiterentwicklung von Mitarbeitern, denn modernes Performance Managements beurteilt nicht nur die Leistung der Vergangenheit, sondern legt den Fokus auf das individuelle Entwicklungspotential. Der transparente Charakter solcher Leistungsbeurteilungen sorgt zudem für eine höhere Akzeptanz bei den Mitarbeitern.
Von   Dr. Arne Sjoestroem   |  Senior People Scientist EMEA   |  Culture Amp
25. Juli 2022

 

„Die jährliche Leistungsbeurteilung ist tot“. Diese Meinung machte sich Anfang der 2010er Jahre breit. Damals kündigte ein großes Unternehmen an, die jährliche Leistungsbeurteilung abzuschaffen. Weitere Organisationen folgten diesem Beispiel. In einem Artikel der Harvard Business Review heißt es jedoch: „Die Realität ist, dass selbst wenn Unternehmen die Leistungsbewertung abschaffen, diese weiterhin existieren. Die Mitarbeiter können sie nur nicht sehen. Die Bewertungen erfolgen subjektiv, hinter den Kulissen und ohne Mitwirkung der betroffenen Mitarbeiter.“

 

Modernes Performance Management setzt auf Fairness, Transparenz und Weiterentwicklung und bringt einen positiven Prozess in Gang, der eine Kultur der kontinuierlichen Entwicklung und Verbesserung im ganzen Unternehmen fördert. Untersuchungen zeigen, dass Mitarbeiter, die mit dem Performance Management ihres Arbeitgebers zufrieden sind:

●      1,3-mal wahrscheinlicher ihre finanziellen Ziele erreichen

●      dreimal eher Veränderungen effektiv bewältigen

●      3,2-mal risikobereiter sind

●      doppelt so häufig innovativ sind

Gute Gründe also, Mitarbeiterbeurteilungen nicht abzuschaffen, sondern weiterzuentwickeln. Doch inwiefern ist der konventionelle Ansatz für Leistungsbeurteilungen überholt? Diese sind per se ja nicht falsch. Doch häufig bemängeln HR-Manager deren Ineffizienz und Mitarbeiter verbinden damit ein unangenehmes Gefühl. Woran liegt das? Hauptsächlich daran, dass oft nur der Erfolg bewertet wird. Das wird von Mitarbeitern als unfair und demotivierend empfunden und für HR-Manager ist die einmalige Messung und Bewertung der Performance zeitaufwendig, aber wenig aussagekräftig.  

Fehlende Erkenntnisse über den gesamten Prozess

Unternehmen, die sich mit jährlichen Mitarbeitergesprächen zufriedengeben, fehlt etwas Entscheidendes: Sie erhalten keine Erkenntnisse über den gesamten Prozess der Leistungsentwicklung. Modernes Performance Management hingegen zielt darauf ab, die Mitarbeiter zu inspirieren und ihnen zu ermöglichen, sich kontinuierlich neues Wissen und neue Fähigkeiten anzueignen. Mitarbeiter werden nicht nach konventionellen Maßstäben dafür „bestraft“ oder „belohnt“, wie gut sie die Unternehmensziele erreicht haben. Vielmehr werden sie in Hinblick auf ihre Wünsche und ihr Potenzial zur Weiterentwicklung bewertet. Die Leistungsbeurteilung ist somit nur ein Baustein von vielen und Teil eines umfangreicheren Prozesses. 

Ein erfolgreiches Performance Management muss sowohl die Aspekte der Überprüfung und Bewertung als auch die der Weiterentwicklung berücksichtigen. Neben Leistungsbeurteilungen gehören dazu regelmäßige 1:1-Gespräche, Selbstreflexion, Zielvereinbarungen, kontinuierliches Feedback, 360°-Feedback und sogenannte Kalibrierungsgespräche zwischen mehreren Teamleitern. 

Die Vorteile mehrmaliger Leistungserhebungen liegen auf der Hand: Jeder Manager kann sich darüber ein Bild machen, in welchem Maße jeder Einzelne zu den Zielen des Teams, der Abteilung sowie des gesamten Unternehmens beiträgt. Die Identifizierung von Leistungsträgern erfolgt durch einen fairen und vertrauenswürdigen Prozess. Die Leistung verbessert sich somit, da Manager und Mitarbeiter systematisch Unterstützung erhalten, um Fortschritte und Wachstum zu verfolgen. Zu guter Letzt schafft diese Vorgehensweise auch Transparenz, da die Taktung der regelmäßigen Beurteilung von vornherein bekannt ist.

Um ein modernes und erfolgreiches Performance Management zu etablieren, haben sich folgende Tipps bewährt:

1. Kultur des regelmäßigen Feedbacks

Leistungsbeurteilungen sollten zu einem festen Bestandteil eines kontinuierlichen Prozesses werden. Ideal ist ein Umfeld, in dem sich Mitarbeiter und Manager regelmäßig über Leistung, Ziele und Entwicklung austauschen. Findet dies mehrmals im Jahr statt, dann empfinden Mitarbeiter dies als fairer.

 2. Richtige Formulierungen

Die passende Wortwahl spielt eine wichtige Rolle. Das Feedback sollte klar formuliert, einfühlsam und umsetzbar sein. Manager und Teamleiter müssen missverständliche Kommentare vermeiden. Negatives Feedback wie „Das gesamte Team fühlt sich durch Ihr Verhalten gestresst“ ist kaum hilfreich, denn es wirft beim Mitarbeiter viele Fragen auf: Hat sich das gesamte Team tatsächlich über mich beschwert? Welches Verhalten genau ist gemeint? 

Stattdessen sollten Manager auf positives Feedback achten, wie z.B.: „Bitte verschicken Sie spätabends keine E-Mails mehr. Das stresst andere Teammitglieder außerhalb der Arbeitszeit und ist auch für Ihre Gesundheit nicht förderlich.“ 

3. Stolperstein Voreingenommenheit

Voreingenommenheit verfälscht die Beurteilung von Leistungen – selbst dann, wenn Chefs mit den besten Absichten an die Sache herangehen. Deshalb ist es wichtig, sich klarzumachen, dass unbewusste Voreingenommenheit Einfluss auf die Leistungsbeurteilung hat. Bei der sogenannten Primacy Bias stehen z.B. der erste Eindruck oder die jüngsten Ereignisse im Fokus, anstatt die Leistung des gesamten Zeitraums zu betrachten. Laut einer Studie hat nicht einmal die Hälfte der Arbeitnehmer das Gefühl, dass sie fair oder transparent beurteilt werden.

Ähnlich verhält es sich mit der geschlechtsspezifischen Sprache. Untersuchungen zeigen, dass bei der Bewertung von Frauen fast doppelt so häufig Begriffe wie „hilfreich“ oder „engagiert“ verwendet werden. Im Gegensatz dazu sagen Manager ihren männlichen Mitarbeitern sieben Mal häufiger, ihr Kommunikationsstil sei zu soft, während Frauen zweieinhalb Mal häufiger gesagt wird, dass ihr Kommunikationsstil zu aggressiv sei. 

Daher ist es wichtig, den Prozess des Performance Management Prozesses zu überprüfen und Maßnahmen gegen mögliche Verzerrungen zu ergreifen. Dazu gehörten z.B. Workshops, um Mitarbeiter über Muster der Voreingenommenheit aufzuklären. 

 4. Managertraining

Leistungsbeurteilungen sind ein Prozess, der sowohl auf Seiten der Mitarbeiter als auch der Führungskräfte eine gewisse Verletzlichkeit mit sich bringt. Deshalb sind hier Vertrauen und Transparenz entscheidend. Manager und Teamleiter haben zwar großen Einfluss auf das Performance Management in Unternehmen. Doch oft wird versäumt, sie weiterzubilden und bei der Entwicklung der notwendigen Fähigkeiten zu unterstützen: Führungskräfte müssen ein Umfeld schaffen, in dem Mitarbeiter, die von ihnen geforderte hohe Leistung auch erbringen können und sollten zudem schwierige Gespräche führen können.

5. Wahl der richtigen Bewertungsskala

Bewertungsskalen sind ein notwendiger Bestandteil der Leistungsbeurteilung. Mit intelligent konzipierten Systemen lassen sich gute von schlechten Leistungen unterscheiden. Darüber hinaus können sie Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen und die Entscheidungsfindung transparent gestalten. Vierstufige Bewertungsskalen, ohne neutrale Antwortoption und mit zwei Merkmalsausprägungen zur Differenzierung überdurchschnittlicher Leistung, sind generell gut geeignet, um Verzerrungen zu überwindenUntersuchungen zeigen, dass die besten Mitarbeiter um mehr als 400 % besser abschneiden können als andere. Eine solche überdurchschnittliche Leistung würde ohne eine entsprechende Bewertungsskala nicht erkennbar werden. 

6. Verknüpfung von Leistung und Anerkennung

In vielen Unternehmen wird die Leistungsbewertung mit den Aspekten Anerkennung, Vergütung und Boni verknüpft. Da davon auch die Gehaltshöhe eines Mitarbeiters abhängt, muss der Prozess so fair wie nur möglich sein. Vor allem muss sichergestellt werden, dass die leistungsstärksten Mitarbeiter die Anerkennung erhalten, die sie verdienen. Ebenso wichtig ist es, dass leistungsschwache Mitarbeiter, klare, in den Bewertungskriterien verankerte Verbesserungsbereiche aufgezeigt bekommen. Dies ermöglicht ihnen, besser zu verstehen, was für das Erreichen einer Beförderung konkret verbessert werden muss. 

7. Skalierbares, flexibles Tool zur Leistungsbewertung 

Moderne Tools für Performance Management erleichtern die regelmäßige Leistungsüberprüfung und bieten aufschlussreiche Erkenntnisse über einen längeren Zeitraum hinweg. Gerade in Unternehmen mit einem hohen Feedback-Aufkommen lässt sich mit solchen Tools zudem viel manuelle Arbeit einsparen. Die wichtigsten Funktionen sind: 

●      Festlegung und Verwaltung von individuellen Zielen in allen Bereichen und auf allen Ebenen

●      einfache und schnelle Umsetzung, exakte Beurteilung, gutes Reporting

●      Ergebnisse und Analysen im Jahresvergleich 

●      Integration in bestehende Systeme 

Tools allein werden zwar nicht alle leistungsbezogenen Herausforderungen im Unternehmen lösen, sie können aber als Katalysator dienen, um notwendige Veränderungen anzuschieben.

Fazit: Unternehmen, die ihr Performance Management neu aufstellen und eine regelmäßige Feedback-Kultur entwickeln, werden schneller in der Lage sein, interne HR-Prozesse zu verbessern. Dies gilt vor allem für die Weiterentwicklung von Mitarbeitern, denn modernes Performance Managements beurteilt nicht nur die Leistung der Vergangenheit, sondern legt den Fokus auf das individuelle Entwicklungspotential. Der transparente Charakter solcher Leistungsbeurteilungen sorgt zudem für eine höhere Akzeptanz bei den Mitarbeitern.

Dr. Arne Sjöström ist Senior People Scientist EMEA bei Culture Amp. Seinen Arbeitsschwerpunkt hat er im Bereich der Organisationspsychologie und angewandten Forschung. Erkenntnisse aus dem Bereich der Psychologie und Verhaltensforschung werden von ihm bei der Anwendung von HR-Technologien genutzt, um Firmen bzgl. der Personalauswahl, Personalentwicklung sowie dem Mitarbeiterfeedback zu beraten. In diesem Kontext unterstützt er einige der größten Kunden von Culture Amp darin, ihre Unternehmenskultur aktiv zu gestalten und die “Employee Experience” und Leistungen ihrer Mitarbeiter zu verbessern.

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