Owned vs. Shared Datacenter: Öffentliche Einrichtungen und Großunternehmen sollten auf Unternehmensrechenzentren setzen

Nicht nur die Online-Nutzung steigt, sondern auch die Zahl der Rechenzentren in Deutschland. Neben den unternehmenseigenen Datacentern gibt es auch vermehrt Colocation-Standorte. Dort teilen sich mehrere Unternehmen das Rechenzentrum und können die jeweils benötigten Racks anmieten. Doch welche Vor- und Nachteile gibt es bei diesen beiden Modellen? Welches Rechenzentrum passt zu welchem Unternehmen? Diese Fragen werden unter der Berücksichtigung von Aspekten wie Standort, Budget, Unternehmensgröße und Datensicherheit beantwortet.
Von   Peter Pohlschroeder   |  Geschäftsführer, Finanzen & Recht   |  NDC-GARBE
20. April 2022

Wesentliche Unterschiede zwischen Owned vs. Shared Datacenter

Die heutige Rechenzentrumsbranche ist divers. Es gibt viele verschiedene Arten von Einrichtungen, und die Terminologie, die sie umgibt, kann manchmal widersprüchlich oder verwirrend sein. Solange Rechenzentren jedoch für die Leistung und den Erfolg eines Unternehmens wichtig sind, sollten Unternehmen genug Zeit investieren, um eine gute Wahl für die Gestaltung ihrer Rechenzentren zu treffen. Denn diese sollten individuell ihren Anforderungen entsprechen und den Serverbedarf, die Stromverteilung, die Kühlungsinfrastruktur berücksichtigen. Laut Gartner belaufen sich die weltweiten Ausgaben für Datencenter-Systeme im Jahr 2022 auf rund 207,4 Milliarden US-Dollar.

Doch gerade Immobilieninvestoren fühlen sich noch nicht ausreichend über die Besonderheiten des Datacenter-Marktes informiert. Laut der PwC-Studie „Data Center Outlook 2021“ besitzen zwei von fünf Befragten (41 Prozent) schlechte bis sehr schlechte Kenntnisse über Rechenzentrumsimmobilien. Die Renditeerwartungen lägen derzeit jedoch über den Renditen für Wohn- und Büroimmobilien. Deswegen werden Standorte wie Frankfurt, Berlin und München immer beliebter. Laut PwC richten 82 Prozent der Investoren und 87 Prozent der Betreiber von Rechenzentren ihr Augenmerk auf Deutschland. Doch bleibt die Frage: Ein eigenes Rechenzentrum bauen oder bei einem einmieten.

Owned Datacenter oder Unternehmensrechenzentren

Ein Unternehmensrechenzentrum ist eine private Einrichtung und wird vom Unternehmen selbst gebaut und betrieben. Diese Owned Datacenters können sich entweder direkt am Unternehmenssitz oder außerhalb an einem anderen Standort befinden. Die Auswahl eines Standortes für Rechenzentren erfolgt dabei generell nach den Kriterien Konnektivität, Stromversorgung und Sicherheit.

Wie viele andere Begriffe in der Branche wird auch das Wort „Unternehmen“ sehr häufig verwendet und mit verschiedenen Konzepten in Verbindung gebracht. Obwohl der Begriff manchmal (und oft fälschlicherweise) synonym mit Hyperscale-Rechenzentren verwendet wird, definiert sich eine Unternehmensrechenzentrum durch ihren Zweck, nämlich als Rechenzentrum, das ausschließlich für das Unternehmen genutzt wird. Hyperscalers hingegen zeichnen sich durch die Eigentümerschaft aus. Tech-Giganten wie Google und Facebook machen ausgiebig Gebrauch von Unternehmensrechenzentren.

Vorteile von Unternehmensrechenzentren

Owned Datacenters haben den Vorteil, dass sie direkt auf die Unternehmensbedürfnisse und IT-Anforderungen angepasst sind. Sie sind kompatibel mit bestimmten Softwareanwendungen, die der jeweilige Konzern verwendet. Außerdem eignen sie sich gut für Firmen mit besonderen Netzwerkanforderungen oder für solche, die viel Umsatz machen, um von ihren Größenvorteilen zu profitieren. Hinzu kommt noch, dass sie speziell für eine maximale Kompatibilität mit den Unternehmensanwendungen und -prozessen einer Organisation gebaut und die Skalierbarkeit mit in den Bau des eigenen Rechenzentrums einkalkuliert werden.

Ein weiterer Vorteil einer unternehmenseigenen Rechenzentrumsinfrastruktur besteht darin, dass Unternehmen leicht sicherstellen können, dass in ihren Rechenzentren umfassende Überwachungstools installiert sind. Dadurch erhält das Unternehmen eine gute IT-Transparenz, um Dinge wie die Bandbreiten- und Stromnutzung sowie die am meisten genutzten Anwendungen zu monitoren. So lässt sich der künftige Bedarf an Rechenzentrumskapazität leichter abschätzen. Der Konzern kann seine Kapazitäten entsprechend anpassen. Dieser Vorteil gilt jedoch nicht nur für Rechenzentren, die sich im Besitz des Unternehmens befinden. Einige ausgelagerte Rechenzentren bieten auch eine intelligente Überwachung an, um seinen Kunden eine hohe IT-Transparenz zu bieten.

Außerdem bieten eigene Rechenzentren den Vorteil, dass die Unternehmensdaten im Unternehmen selbst bleiben und nicht bei Dritten gespeichert liegen. Das erhöht den Datenschutz und macht Owned Datacenter vor allem auch für öffentliche Einrichtungen und politische Institutionen beinahe unerlässlich. Das hilft auch bei datenintensiven Prozessen wie computergestützte Design-Anwendungen, Industrie 4.0 und Machine-to-Machine-Learning-Prozessen, wenn das Unternehmensrechenzentrum direkt an den Betrieb angeschlossen ist. Denn der direkte Anschluss nah am Firmensitz sorgt für geringe Latenzen und effiziente Abläufe.

Nachteile des Owned Datacenter:

·       Betriebskosten: Der Bau und die Ausstattung von Rechenzentren erfordern erhebliche Kapitalinvestitionen und fortlaufende Ausgaben für Arbeitszeit und -kraft sowie Material. Dies kann eine große finanzielle Belastung für ein Unternehmen darstellen – vor allem, wenn es sich um eine kleinere Organisation handelt, die nicht über ein großes Budget für IT-Infrastrukturausgaben verfügt. Außerdem benötigt es fortlaufend Budget um die Technik auf dem neuesten Stand zu halten. Kleinere Unternehmen sind oft nicht dazu in der Lage, um mit neueren Einrichtungen konkurrenzfähig zu bleiben.

Shared Datacenter oder Colocation-Anbieter

Viele kleine und mittelständische Unternehmen aus der IT-Branche, ISP (Internet Service Provider) und MSP (Managed Service Provider), Carrier, Cloud-Plattformbetreiber sowie Industrie und Handelsunternehmen, Banken und Versicherungen sollten hingegen Colocationdienste oder Shared Datacenter nutzen. Der Betrieb eines eigenen Rechenzentrums wäre für sie viel zu kostenintensiv. So mieten sie sich lediglich Racks bei einem Colocation-Betreiber je nach ihrer gewünschten Kapazität. Dabei gehören Ihnen weder das Gebäude noch die Hardware in den Rechenzentren, sie mieten diese lediglich in Teilen an.

Die Geräte der Kunden werden bei geteilten Rechenzentren bei erhöhten Sicherheitsstandards in Cages oder sogar in komplett voneinander getrennten Räumen betrieben. In einigen Fällen ist es jedoch auch möglich ein Viertel oder halbes Rack zu mieten. Der Colocation Betreiber stellt dabei lediglich infrastrukturelle Dienstleistungen und Betriebsunterstützung für die Hardware des Kunden zur Verfügung. Sie umfassen Servicearbeiten an den IT-Geräten des Kunden, Patch- und Cross-Connect-Services, Begleitung von Service-Personal und Besuchern, sowie Projekt- und Logistikdienste.

Nachteile von geteilten Rechenzentren

·       Kontrolle durch den Betreiber: Den Kunden von Shared Datacentern wird zwar rund um die Uhr Zugang zu den von Ihnen gemieteten Racks gewährt, doch erfolgt dieser üblicherweise in Begleitung von Sicherheitspersonal des Rechenzentrumsbetreiber. Dieser öffnet die Racks und stellt sicher, dass nur kundeneigene Systeme gewartet werden. Durch die Auslagerung der Unternehmens-IT entsteht eine gewisse Abhängigkeit vom Betreiber. Als Kunde ist man also an die Rechtsform und die Eigentumsverhältnisse des Anbieters gebunden. Auch in puncto Nachhaltigkeit sowie vertraglichen Bedingungen und datenschutzrechtlicher Aspekte müssen sich Unternehmen mit den Vorgaben des Anbieters arrangieren.

·       Entfernung zum Rechenzentrum: Je weiter ein Benutzer oder Internet-of-Things (IoT)-Gerät von einem Rechenzentrum entfernt ist, desto größer ist das Potenzial für Latenzzeiten oder Verzögerungen bei der Kommunikation. Darüber hinaus besteht bei einem einzigen, zentral gelegenen Rechenzentrum das Risiko, dass Spitzenlasten zu Verzögerungen für alle Benutzer führen können. Bei einer zentralisierten Rechenzentrumsstrategie besteht für Unternehmen ein erhöhtes Risiko eines Totalausfalls, wenn der Datenverkehr die Gesamtkapazität des Rechenzentrums übersteigt.

Vorteile Shared Datancenter

Für viele kleine und mittelständische Unternehmen ist Colocation das ideale Bereitstellungsmodell. Sie profitieren von der wesentlich höheren Anzahl an Netzbetreibern und daraus möglichen Datenübertragungsraten und erhalten so Zugang zu diversen Netzbetreibern, Clouddiensten, Peering Partnern und Netzknoten. Dies ermöglicht es Unternehmen, ihr Geschäft mit minimaler Komplexität und zu geringen Kosten zu skalieren und auszubauen. Vor allem für junge Unternehmen und Startups ist dies sinnvoll. Denn über die Infrastruktur hinaus liefern Colocation-Unternehmen zusätzlich technische Beratung für Unternehmen, die noch nicht wissen, was und wie viel Rechenkapazität sie benötigen.

Welches ist das richtige Rechenzentrum für Ihr Unternehmen?

Die Entscheidung, ob ein Unternehmen ein Unternehmensrechenzentrum oder ein Shared-Rechenzentrum nutzen sollte, hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Sie dienen in der Regel sehr unterschiedlichen Zwecken. Unternehmensrechenzentren sind ideal für große Unternehmen und öffentliche sowie wissenschaftliche Einrichtungen, die strenge Sicherheits- oder Compliance-Anforderungen haben und es sich aus Datenschutzgründen nicht leisten können, einen Drittanbieter damit zu betrauen. In Anbetracht der hohen Kosten, die mit dem Bau dieser Einrichtungen verbunden sind, muss ein Unternehmen sicher sein, dass ein Enterprise-Rechenzentrum eine tragfähige, langfristige Anlage für seine Geschäftsanforderungen darstellt.

Kleineren Unternehmen kann die Expertise von Colocation-Betreibern wie Amazon und Co. von Vorteil sein. Sie bieten, Beratung, Infrastruktur und Security in einem Gesamtpaket bringen Unternehmen aber in eine Abhängigkeit von der gebotenen Leistung der Betreiber. Dennoch bieten sie ein höheres Maß an Skalierbarkeit, da Kunden schnell weitere Racks anmieten können, wenn ein KMU am Markt wächst. Der Bau eines zusätzlichen eigenen Rechenzentrums, wenn es die Kapazitäten erfordern, ist hingegen zeitaufwendig und kostenintensiv.

Was ist also das Richtige für Ihr Unternehmen? Wenn das Unternehmen über ein großes IT-Budget verfügt und die notwendigen Skaleneffekte erzielen kann, um die Kosten für den Bau eines Hyperscale-Rechenzentrums zu rechtfertigen, dann kann ein Unternehmensrechenzentrum sinnvoll sein. Gleiches gilt, wenn es äußerst strenge Anforderungen an die Datensicherheit erfüllen muss, die Drittanbieter einfach nicht zu hundert Prozent erfüllen können. Das gilt vor allem für öffentliche Institutionen und Forschungseinrichtungen mit spezifischen Anforderungen für Design- oder Machine-Learning-Prozesse die sehr latenzanfällig sind.

Wenn Ihr Unternehmen hingegen über ein großes, verteiltes Netzwerk von Benutzern für Ihre Unternehmensanwendungen verfügt, mit einem knappen Budget arbeitet, dann ist ein Colocation-Rechenzentrum die bessere Option.

Peter Pohlschröder hat mehr als 15 Jahre Erfahrung im Immobilienbereich, von der Portfolio- und Vermögensverwaltung bis hin zur Projektentwicklung für unternehmenskritische Infrastrukturen. Hintergrund in Bauingenieurwesen, Hauptfach Immobilienwirtschaft und Recht.

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