New Work 4.0: Agilität am Arbeitsplatz – Der Glücksfaktor!

Von   Gina Schöler   |  Glücksministerin und Kommunikationsdesignerin   |  Ministerium für Glück
  Marco Englert   |  Leiter Unternehmensentwicklung & PMO   |  Haftpflichtkasse
4. März 2019

Agilität – ein Wort, das in aller Munde ist. Ein sogenanntes Buzzword. Wenn wir Agilität hören, bringen wir damit Reaktionsfähigkeit, schnelles Handeln und Flexibilität in Verbindung. Doch was genau steckt hinter dem Konzept und wie kann ein agiles Management zu Glück am Arbeitsplatz führen?

Einblick in den (starren) Arbeitsalltag

Im Laufe unserer Arbeits(all)tage stoßen wir immer wieder auf Momente, in denen wir gehemmt werden oder uns selbst hemmen. Zum Beispiel wenn wir eine tolle, kreative Idee haben, diese aber nicht ausprobieren, aus Angst Fehler zu machen. Selbst, wenn wir den Mut aufbringen, unsere Idee voranzutreiben, kann diese leicht durch die höhere Hierarchieebene abgewiesen werden. Oder wir kommen einfach nicht in unseren Projekten voran, weil wir so sehr versuchen an den Vorgaben festzuhalten und die beste Strategie umzusetzen. Durch unsere eigenen Bedenken, Glaubenssätze, hierarchische Strukturen, Konventionen oder starren Planungsvorgaben sind wir in unserem Arbeitsalltag doch sehr eingeschränkt.

Agil wie Mäuse

Mäuse sind winzig und haben viele Feinde, die ihnen zur Gefahr werden können. Aber sie haben den Vorteil, dass sie sehr flink und beweglich sind. Sie zerdenken die Problematik nicht und überlegen, welche Taktik sie anwenden sollen, wenn sich ihnen eine Katze nähert. Nein! Sie legen einfach los – in ihrem Fall ist es die Flucht. Bei Agilität geht es genau darum! Natürlich nicht ums Fliehen, sondern um das Schnellsein! Agil bedeutet, flink und beweglich zu sein und flexibel reagieren zu können. Unsere „Feinde“ am Arbeitsplatz sind beispielsweise starre Planungsvorgaben, Leistungsdruck, selbstgesetzter oder fremdgegebener Stress, Mikropolitik, Deadlines und so weiter. Vielleicht können wir uns etwas von den Mäusen abschauen? Indem wir flexibler auf Gegebenheiten reagieren, uns selbst Druck und Stress nehmen und bei Überforderungen einfach mal unsere Kollegen oder unseren Chef mit ins Boot holen, sind wir an unserem Arbeitsplatz mit Sicherheit glücklicher, da sich eine Form von Freiheit, Kreativität, Offenheit und Selbstentfaltung verbreiten kann.

Agiles Management in der VUCA-Welt

Die heutige (Arbeits-)Welt wird zunehmend komplexer. Um auf diese Umwelt reagieren zu können, benötigen Unternehmen heutzutage ein verstärktes auf Agilität ausgerichtetes Management. Exzellentes Management in agilen Organisationen umfasst verschiedene Führungsansätze, die sich von hierarchischen Leitsätzen weitgehend verabschieden und Wege der Flexibilisierung und Partizipation einschlagen. Das agile Management erfordert dabei, dass starre Planungen durch Planungszyklen ersetzt werden, die sich flexibel anpassen lassen und mit denen Ziele schrittweise erreicht werden. Dieses Vorgehen bietet den Vorteil, dass Arbeitsabläufe ständig hinterfragt werden und mögliche Fehler schnell behoben werden können. Bei dem Wort Fehler klingeln die Agilitäts-Glocken: Ist es nicht so, dass wir immerzu – sei es im Privaten oder im Beruf – Angst haben, etwas falsch zu machen? Der Erwartungsdruck von allen Seiten, inklusive an einen selbst, scheint stetig zu wachsen. Der absolut Glückskiller. In agilen Prozessen werden Fehler aber nicht als Störungen verstanden, die Prozesse unterbrechen, sondern vielmehr als Möglichkeiten, Prozesse zu verbessern und Neues auszuprobieren. Sind das nicht tolle Neuigkeiten? Wir können uns einfach mal ausprobieren und verwirklichen und dürfen der Angst, zu scheitern und Fehler zu machen, den Rücken kehren, denn Fehler gehören zu einer agilen Denkweise dazu. Dabei ist es wichtig, dass Führungskräfte mit ihren Mitarbeiter offen kommunizieren und betonen, dass durch Ausprobieren Fehler gemacht werden, diese aber zum Arbeitsprozess dazugehören. Natürlich sollten Fehler nicht mit Absicht begangen werden und wenn jeder einzelne Arbeitsschritt mit Fehlern behaftet ist, kommt der Prozess nur langsam voran. Es geht einfach vielmehr darum, mit Augenzwinkern sagen zu können: „Mensch, das war jetzt nichts. Aber ich versuche es einfach nochmal mit einer anderen Herangehensweise!“. Ermutigung zu mehr Handeln, zum Selbst(ständig)denken und -machen, nur durch Experimente und freiem Ausprobieren entstehen Innovationen, die doch an jeder Ecke gewünscht werden, oder? Und auch mal über sich selbst zu lachen, wenn etwas schief gegangen ist, gehört auch dazu. Diese Portion Leichtigkeit und Gelassenheit sind Grundbausteine für ein glückliches (Arbeits-)Leben.

Teamarbeit wird großgeschrieben

Neben den einzelnen Mitarbeitern liegt der Fokus bei agilem Management auf der Teamstruktur. Als Menschen sind wir soziale Wesen und arbeiten im Normalfall gerne mit anderen zusammen. Agilität in Unternehmen zielt darauf ab, dass wir unser Wissen teilen und in einen Austausch mit anderen treten, wodurch ein Wir-Gedanke im Unternehmen entsteht. Im Gegensatz zu egobezogenen Haltungen, schafft diese Gemeinschaft ein Umfeld, das glückliche Mitarbeiter hervorbringt. Vom Ich zum Wir – das soziale Netzwerk, in dem Transparenz, Ehrlichkeit und Wertschätzung authentisch (vor)gelebt wird, ist ein Grundbaustein für mehr Zufriedenheit! Auf Basis des Gemeinschaftssinns und des sozialen Umfelds, sind Anwender von agilen Konzepten deutliche zufriedener als jene, die an starren Planungen festhalten. Die Studie „Status Quo Agile“ von der Universität Koblenz belegt, dass Zufriedenheit in Unternehmen durch Agilität steigt. Agiles Management betont die Teamarbeit. Fortschritte werden somit ständig mit unseren Teammitgliedern besprochen, bei Fragen und Problemen können wir auf die Unterstützung der anderen zählen. Macht das nicht viel mehr Spaß, als alleine still vor sich herzuarbeiten?

Visualisierung der eigenen Arbeit – eine Portion Kreativität ist gefragt!

Neben der schrittweisen Planung und der Teamarbeit ist die Visualisierung ein wichtiges Element von Agilität. Spätestens seit es Emojis gibt, lieben wir es unsere Handlungen und Gefühle durch die gelben Gesichter auszudrücken. Oft ist es einfacher, ein kurzes Emoji zu verschicken, von dem der Empfänger weiß, was es bedeutet, als eine lange Nachricht. Emojis können also Komplexität reduzieren. Und diese Visualisierung, zum Beispiel durch Emojis, aber auch durch Postits, einfache Zeichnungen, Tabellen oder Markierungen, macht sich agiles Management zunutze: Arbeitsprozesse sollen dadurch veranschaulicht und von jedem Mitarbeiter eingesehen werden können. Durch Visualisierung kann somit die individuelle Arbeitsleistung gesteigert werden, da sie einen Überblick verschafft und zu weiterer Arbeit motiviert. Fangt am besten schon morgen damit an: Nehmt euch ein großes Flip-Chart Papier und malt drauf los! Ihr sollt bis nächste Woche eurem Chef den Fortschritt eines Projektes präsentieren? Wie wäre es also mit einem Zeitstrahl in Form einer Reiseroute, auf der alle „Meilensteine“ eingetragen werden, die ihr im Team bislang erreicht habt. Besondere Aha-Erlebnisse könnt ihr beispielsweise durch eine Glühbirne kennzeichnen. Und an die offenen Aufgaben könnten Fotos der jeweiligen Personen kleben, die dafür zuständig sind. Besondere Freude bereitet es dann, wenn die abgearbeitet Aufgaben mit einem Häkchen oder ähnlichem markiert werden. Und lachende Emojis könnten dort eingesetzt werden, wo etwas besonders gut lief. Visualisierungen helfen also dabei, Arbeitsprozesse im Überblick zu behalten, Aufgaben zu verteilen und offene Fragezeichen zu kennzeichnen. Dabei ist eine Portion Kreativität gefragt – aber genau das macht besonders Spaß und die Welt um uns herum ein bisschen bunter und etwas Farbe können wir im grauen Alltag doch gut gebrauchen, oder? Sich Ideen, Wünsche und Visionen zu ver(sinn)bildlichen hat jedenfalls enormen Einfluss auf unsere Motivation und die Willenskraft, diese auch zu verfolgen und in die Tat umzusetzen. Probiert es aus – die Ausrede, man sei nicht kreativ gilt übrigens nicht!

Die eigene Motivation

Unsere Arbeitsleistung umfasst unter anderem unsere eigene Motivation, die sich in intrinsische (d.h., innere) und extrinsische (d.h., äußere) unterteilen lässt. Wenn wir intrinsisch angelegt sind, motivieren wir uns selbst durch Gedanken wie „Diese Arbeit bringt mich in meiner persönlichen Entwicklung weiter“ oder „Wenn ich das Projekt erfolgreich abschließe, steigt mein Selbstwertgefühl“. Extrinsisch motivieren lassen wir uns beispielsweise durch Anerkennung, Autorität oder Gehalt. Studien belegen, dass Menschen, die aus intrinsischen Motivationen handeln, zufriedener mit ihrer Arbeit sind und sich stärker über Erfolge freuen. Daher sind Führungskräfte im agilen Sinne dazu angehalten, unsere intrinsischen Motivationen zu kennen, um diese stärken zu können. Oder sollten wir uns nicht selbst erst einmal kennenlernen? Das ist meist der erste Schritt: Wer bin ich und wenn ja, wie viele? Wann vergesse ich Zeit und Raum und bin voll im Flow? Findet es heraus und teilt eure Erkenntnisse mit Kollegen und Vorgesetzten – vielleicht ergeben sich ja so ganz neue Ideen, wie und wo man intern zum Einsatz kommen kann! Welche Motivation haben wir, jeden Tag aufzustehen und zur Arbeit zu gehen? Ist es die persönliche Weiterentwicklung? Oder, dass wir das Gefühl haben, unsere Arbeit trägt zum Großen und Ganzen bei? Vielleicht sind es aber auch kleinere Dinge wie der enge Kontakt zu unseren Kollegen oder die Möglichkeit, einen geregelten Tagesablauf zu haben. Jeder wird seine eigene Motivation haben – vielleicht hilft es auch hier, diese zu visualisieren!

Kommunikation und Reflexion

Um ein agiles Umfeld zu schaffen, sind Kommunikation und Reflexion unabdingbare Mittel. Durch eine transparente und offene Kommunikation werden Visionen und Leistungen in Teams positiv beeinflusst. Das Klima innerhalb eines Teams ist daher immer auch das Ergebnis von der internen Kommunikation, die eine Steuerung durch Führungskräfte verlangt. Um zu überprüfen, ob die Teamarbeit gut funktioniert, sollten die Arbeitsweisen ständig reflektiert werden. Durch Reflexion können sich Führungskräfte und Mitarbeiter zudem ihrer eignen Motivationen bewusst werden. Kommunikation und Reflexion in agilen Unternehmen tragen dazu bei, sich auf Augenhöhe zu begegnen und Empathie füreinander zu entwickeln. Empathie ist ein wichtiges Stichwort in agilen Unternehmen, denn empathischen Empfinden gegenüber den Teamkollegen führt zu einer besseren und damit produktiveren Teamarbeit. Nehmt euch also Zeit, regelmäßig die Perspektiven zu wechseln. Was sind die Trigger des anderen? Was motiviert ihn oder sie? Was steckt dahinter? Gerade in stressigen Zeiten und wenn es mal wieder holprig zur Sache geht, ist es ratsam, sich einige Atemzüge Zeit zu nehmen, bevor man kontert – sei es im persönlichen oder schriftlichen Austausch. Gönnt euch eine kleine Pause zwischen Aktion und Reaktion und schaut, wie euch dieser Blickwinkelwechsel behilflich sein kann, um mehr Verständnis und Empathie in das Miteinander zu bringen.

Glück durch Flexibilität und Flow

Da Agilität viel mit flexiblen Arbeitsprozessen zu tun hat, ist zudem wichtig, dass wir autonom in unserem Unternehmen handeln können, denn Flexibilität setzt ein gewisses Maß an Autonomie voraus. Autonomie hat einen positiven Einfluss auf die eigene Motivation und Zufriedenheit, was für agiles Management spricht. Studien zeigen, dass Führungsstile, die Autonomie der Geführten zulassen, sich positiv auf die allgemeine Arbeitszufriedenheit auswirken. Des Weiteren richten sich agile Unternehmen an den Stärken und Begabungen ihrer Mitarbeiter aus, wodurch diese in einen Flow versetzt werden. Im Flow befinden wir uns, wenn die gegeben Anforderungen unseren eigenen Fähigkeiten entsprechen, wodurch wir produktiver sind. Verschiedene Studien belegen, dass glücklichere Mitarbeiter produktiver und leistungsfähiger sind. In einem agilen Arbeitsumfeld geht es insbesondere um Spaß an den Aufgaben, die einem gegeben werden. Und wer ist nicht glücklich, wenn Aufgaben Spaß bereiten? Insgesamt lässt sich festhalten, dass agile Konzepte die Zufriedenheit erhöhen und dass sich dieses auch auf das allgemeine Glück und Wohlbefinden auswirkt. Viele der Punkte, Schritte und Maßnahmen klingen fast selbstverständlich und vielleicht zu leicht, um wahr zu sein. Doch warum gehen diese im stressigen Alltag dann so oft unter, wenn sie doch so wirksam sind? Lasst uns gemeinsam ein Auge darauf haben und uns gegenseitig ermutigen, diesen wichtigen Themen auf der Spur zu bleiben: Flexibilität, Spontanität, Kreativität, Offenheit, Humor, Empathie – all das sind riesige Glücksfaktoren am Arbeitsplatz, die Sinn und Spaß machen!

Literatur:

Englert, M. (2019). Digitalisierung als evolutionärer Erfolgsfaktor für ein exzellentes Management in Ternès, A. (Hrsg.); Englert, M. (Hrsg.). Digitale Unternehmensführung: Kommunikationsstrategien für ein exzellentes Management. Springer Gabler Verlag

Englert, M. (2019). Exzellentes Kommunikations- und Projektmanagement in der digitalen Transformation und in exponentiellen Organisationen in Ternès, A. (Hrsg.); Englert, M. (Hrsg.). Digitale Unternehmensführung: Kommunikationsstrategien für ein exzellentes Management. Springer Gabler Verlag

Englert, M. (2019). HR goes digital & sustainable – Exzellente HR-Kommunikation und der Weg zu Human Relations in Ternès, A. (Hrsg.); Englert, M. (Hrsg.). Digitale Unternehmensführung: Kommunikationsstrategien für ein exzellentes Management. Springer Gabler Verlag

Englert, M. (2019). Potenzial des Sustainable Management im 21. Jahrhundert in Ternès, A. (Hrsg.); Englert, M. (Hrsg.). Nachhaltiges Management: Nachhaltigkeit als exzellenten Managementansatz entwickeln. Springer Gabler Verlag

Gloger, B. (2019). Agile Inception – ein Gedanke revolutioniert die Wirtschaft nachhaltig in Ternès, A. (Hrsg.); Englert, M. (Hrsg.). Nachhaltiges Management: Nachhaltigkeit als exzellenten Managementansatz entwickeln. Berlin: Springer Gabler Verlag

Schöler, G. (2019). HAPPINESS MANAGEMENT: Nachhaltig erfolgreich durch Glückskompetenz in Ternès, A. (Hrsg.); Englert, M. (Hrsg.). Nachhaltiges Management: Nachhaltigkeit als exzellenten Managementansatz entwickeln. Springer Gabler Verlag

Gina Schöler ist die Gründerin und selbsternannte Chefin des Ministeriums für Glück und Wohlbefinden. Sie ist als Speakerin und Trainerin im deutschsprachigen Raum als Glücksministerin unterwegs, um mit den Menschen gemeinsam das Glück zu erarbeiten und greifbar zu machen.

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