Mehrheit der Deutschen hat bereits eine eID – in der Theorie

Der Plan für das EU-ID-Wallet steht. Bis 2026 soll die digitale Brieftasche für alle Bürger der Europäischen Union eingeführt werden. Dies ist bereits ein langer Horizont und inwiefern sich die tatsächliche Nutzung anschließend entwickeln wird, steht nochmals auf einem anderen Blatt. Andererseits gibt es bereits heute einfache Möglichkeiten der elektronischen Identifizierung abseits allumfassender Staatslösungen – zum Beispiel mit Banken als Identity Provider (IDP). Nik Fuchs, CEO von Swisscom Trust Services erläutert das Konzept und Möglichkeiten.
Von   Nik Fuchs   |  CEO von Swisscom Trust Services   |  Swisscom Trust Services
25. Dezember 2023

Bereits seit über 13 Jahren existiert in Deutschland eine eID in Form des Personalausweises mit Chip und PIN. Die Nutzungsraten teilweise im einstelligen Bereich zeigen, dass die eID noch nicht überall angekommen ist. Insbesondere die notwendige PIN haben die meisten Deutschen nicht und trotz kostenfreiem PIN Brief ist die Hürde zum Einsatz immer noch hoch, solange der Staat mit digitalen Behördenprozessen nicht großflächig die Nutzung fordert und fördert.

Im Gegensatz dazu nutzen nach Erhebung des Bankenverbandes im Jahre 2022 78 Prozent das Online und Mobile Banking. Mit der Nutzung eines Bankkontos wurden Personen bereits vor Ort oder per Videoidentifikation identifiziert und können diese Identifikation auch mit ihrem Banklogin nachweisen.

Das bedeutet: Banken verfügen potenziell über Millionen digitaler Nutzeridentitäten, die über die Banking Apps auch für Digitalisierung genutzt werden können. So können Banken ihr Geschäftsfeld um die Rolle als online ID-Provider erweitern und vermehrt zum Digitalisierungs-Co-Piloten ihrer Kunden werden.

Bereits viele Banken nutzen diese Identitäten für die qualifizierte elektronische Signatur, für die diese Identitäten dank der strengen deutschen Bankengesetze und damit auch der Erfüllung wesentlicher eIDAS-Anforderungen ausgelegt sind. In Zusammenarbeit mit den Vertrauensdiensten können solche elektronischen Fernsignaturen durch einfache Freigabe in der App – ähnlich einer Freigabe für eine Überweisung – durchgeführt werden. Für den Bankkunden steht dabei die einfache Nutzererfahrung im Vordergrund: Für den nächsten Versicherungsabschluss oder Vertrag benötigt er keine Videoidentifikation oder anderweitige Identifikation, er benötigt auch keine PIN Nummer sondern kann einfach die Banking-App für die Bestätigung im Signaturprozess nutzen.

Marktpotenzial neuer ID-Lösungen

Wie alle Unternehmen müssen sich auch Banken fragen, wie sie neue Services adäquat monetarisieren können. Neben dem bereits bestehenden Bedarf – immer mehr nutzen die Möglichkeiten elektronisch zu signieren – könnte die Politik vielleicht schon bald Zusatzmöglichkeiten schaffen: Das deutsche Justizministerium plant aktuell eine Gesetzesänderung, die die Schriftform in vielen Bereichen obsolet machen könnte. Um dennoch weiterhin Rechtssicherheit garantieren zu können, wird der Bedarf an elektronischen Signaturen in vielen Bereichen noch deutlich steigen. Vor allem scheinen die Bereiche Arbeits- und Mietrecht im Fokus zu stehen. Zuletzt gab es diesbezüglich einige Verwirrung, mitunter war in deutschen Medien von Kündigung per Messenger oder E-Mail zu lesen.

Das Versenden einer E-Mail oder Textnachricht stellt allerdings keinen adäquaten Ersatz für die Schriftform dar. In § 126a BGB ist für den Ersatz der Schriftform durch die elektronische Form vorgesehen, dass eine qualifizierte elektronische Signatur angefügt werden muss. Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung wird diese immer mehr zum Standard anstelle der händischen Unterschrift auf Papier werden.

Für die Stärkung der elektronischen Form im Vertragsrecht macht sich auch der Branchenverband Bitkom stark. Wenn es ähnlich lautende Forderungen aus Politik und Wirtschaft zugleich gibt, ist absehbar, dass es demnächst weitere und wichtige Fortschritte bei digitalen Verträgen geben wird, weil das Anwendungsfeld der e-Signatur markant ausgeweitet wird.

Was hat das nun mit digitalen Identitäten und Banken zu tun? Für die qualifizierte elektronische Signatur müssen Nutzer einmal eindeutig identifiziert werden. Dazu stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung (u.a. vor Ort oder per Videoanruf). Den elegantesten und für die Nutzer komfortabelsten Weg können aber die Banken bieten – schließlich haben sie bereits jeden Kunden bei der Kontoeröffnung eindeutig identifiziert.

Für Bürger, die möglichst schnell beispielsweise einen Arbeitsvertrag signieren möchten, bisher aber bei keinem entsprechenden Dienst registriert und verifiziert sind, wäre der Gang über ihre Hausbank der ideale Weg. Der ganze Prozess könnte in wenigen Schritten und bei führenden Banken in weniger als einer Minute durchgeführt werden, ohne dass ein Nutzer Dokumente ausdrucken, unterzeichnen und versenden muss, oder sich erneut identifizieren muss – der Login im Onlinebanking reicht aus. Angesichts der Zeit- und Kostenersparnis im Vergleich zum analogen Prozess, wären größere Nutzergruppen sicherlich bereit, den neuen komfortablen Service entsprechend zu bezahlen.

Durch die Zusammenarbeit mit Trust Service Providern können Banken bereits heute sehr schnell und unkompliziert digitale Identitäten bereitstellen.

Nik Fuchs ist seit Mai 2025 CEO bei Swisscom Trust Services. Dort ist er für die Weiterentwicklung der angebotenen Services verantwortlich und hilft damit Unternehmen, öffentlichen Verwaltungen und Usern aus der Schweiz und Europa, ihr volles digitales Potenzial zu entfalten.

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