IoT – neue Handlungsfelder für die Landeshauptstadt München

Von   Kurt Kapp   |  Stellvertreter des Referenten für Arbeit und Wirtschaft und Leiter der Wirtschaftsförderung   |  Landeshauptstadt München
  Eva Puckner   |  0   |  0
20. Februar 2018

München ist ein hervorragend aufgestellter Wirtschaftsstandort, dessen High-Tech-Sektor seit Jahren durch innovative Systeme im Bereich embedded Systems, künstliche Intelligenz und IoT international sehr gut positioniert ist. Für die Landeshauptstadt München fokussieren sich die dynamischen Entwicklungen im Bereich IoT derzeit insbesondere auf zwei neue Handlungsfelder:

  • Smart City insbesondere in den Bereichen Mobilität und Energie
  • Förderung des Ausbaus einer modernen, digitalen städtischen Infrastruktur (Breitbandausbau und Mobilfunk) als Voraussetzung zur erfolgreichen IoT Entwicklung in den ansässigen Unternehmen.

Während die Stadt bei ihren Aktivitäten im Bereich Smart City selber Anwender von IoT Technologien ist, versteht sie sich im Rahmen der Maßnahmen zum Infrastrukturausbau als Förderer der innovativen Münchner Wirtschaftsunternehmen, die wiederum IoT basierte, digitale Produktionsprozesse am Wirtschaftsstandort entwickeln und durchführen und dabei auf ultraschnelle, hocheffiziente und verlässliche Datenübertragungen angewiesen sind. Implementierungen findet sich z.B. in der Automobilindustrie, Telemedizin, Gebäudeautomatisierung, Wearables und Logistik.

Smart City

Smart City beschreibt einen urbanen Raum, in dem Menschen und die sie umgebende Technologie (Sensoren, Aktoren) unmittelbar miteinander agieren.
München startete Anfang 2016 das EU-Projekt „SMARTER TOGETHER“, welches unter anderem auf der Grundlage von IoT Technologien höchste Energieeffizienz und vernetzte Mobili-tät in der Stadt erreichen will. Gemeinsam mit elf Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft arbeitet die Landeshauptstadt München hierbei an Lösungen für die lebenswerte Stadt der Zukunft. Dabei sind das Bestandsviertel Neuaubing-Westkreuz (30.000 Einwohner) und das benachbarte Neubaugebiet Freiham (geplante 20.000 Einwohner) die Modellstadtteile in München.

Ziel ist es, nachhaltige Lösungen für eine zukunftsfähige Stadtentwicklung, Mobilität und Klimaschutz zu entwickeln. Neben der Erprobung neuer technischer Lösungen ist ein wichtiges Anliegen des Projekts, die Bürgerinnen und Bürger der Stadt mit einzubeziehen bei der Gestaltung ihrer Stadt der Zukunft.

Im Rahmen des Projektes wurden 2017 in Neuaubing-Westkreuz die ersten Straßenzüge mit intelligenten Lichtmasten ausgestattet. Mit installierten Sensoren können damit beispielsweise Informationen aus Umwelt, Wetter und Verkehr erfasst werden. Die so gesammelten Daten sind Grundlage verschiedener Anwendungen und mobiler Dienste, die das Leben im Quartier und darüber hinaus erleichtern sollen. Auch können Bewohner über die Smart City München App Informationen und Angebote im Stadtteil bequem abrufen. Zudem können diese Lichtmasten mit adaptiver, bedarfsgesteuerter Beleuchtung ausgestattet werden, um den Energieverbrauch zu reduzieren, sowie für mobile Endgeräte öffentliches WLAN (M-WLAN) in dem Bereich anbieten. Im Sommer 2018 werden außerdem die ersten vier der insgesamt acht geplanten multimodalen Mobilitätsstationen an den Start gehen. An diesen Stationen verknüpft die Münchner Verkehrsgesellschaft MVG das Kernangebot des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) mit zusätzlichen Mobilitätsbausteinen, wie beispielsweise E-Carsharing, Pedelecs, lastenfähige E-Dreiräder und Ladesäulen für Elektro-Autos. Zusätzlich wird an zwei Mobilitätsstationen jeweils eine Quartiersbox integriert. Diese Boxen besitzen Raumtemperatur-, Kühl- und Tiefkühlmodule, die Unternehmen genauso wie private Nutzerinnen und Nutzer zur Verfügung stehen. Auch diese können mit der Smart City App angesteuert werden. Auch im Bereich Energie wird moderne IoT Technologie eingesetzt: Zum einen sollen „Smart-Home“-Elemente den Energieverbrauch der Haushalte bis zu 25 Prozent senken. Zum anderen wird ein innovativer Batteriespeicher Ende Februar 2018 seinen Betrieb aufnehmen. Über ihn wird überschüssige Energie in ein so genanntes Virtuelles Kraftwerk der Stadtwerke München (SWM) eingespeist. Das Virtuelle Kraftwerk ermöglicht die Vernetzung vieler Erzeugungsanlagen und trägt somit zur Stabilisierung überregionaler Netze durch intelligentes Lastenmanagement bei.

Darüber hinaus sind die beiden smart mobility-Projekte Civitas Eccentric der EU und
City2Share des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsichert (BMUB) Beispiele für weitere IoT basierte Mobilitätsmaßnahmen in der Stadt.
Beim Projekt Civitas Eccentric wird ein neues integriertes Mobilitätskonzept für den Münchner Norden entwickelt. Dazu werden Maßnahmen in den Bereichen Carsharing, Bike-Sharing, Elektromobilität, Multimodalität, Mobilitätsmanagement, City-Logistik, Verkehrssicherheit und deren Integration in die Stadt- und Verkehrsplanung erprobt und evaluiert. Hierbei wurde z.B. eine Mobilitäts-App für Seh- und Hörgeschädigte mit Indoor-Routing-Funktion entwickelt.
Das Ziel des Projekts City2Share ist die vielfältige Förderung von Elektromobilität. Dabei werden ebenfalls innovative Sensorik und Informationstechnologien entwickelt und eingesetzt und neue multimodale Informations- und Zugangssysteme vernetzt.

Aufbau einer IoT-fähigen, digitalen Infrastruktur

Eine zentrale Voraussetzung einer erfolgreichen Digitalisierung von Stadtgesellschaft und Wirt-schaft ist die Existenz einer zukunftsfähigen Infrastruktur. München ist zwar diesbezüglich in einer guten Ausgangsposition, doch die Nachfrage nach Daten und Informationen steigt ange-sichts neuer technologischer Trends wie künstliche Intelligenz und dem IoT mit enormen Wachstumsraten an und die digitale Infrastruktur muss stetig ausgebaut und erweitert werden. Die Landeshauptstadt, Referat für Arbeit und Wirtschaft, übernimmt dabei die Koordinations-funktionen zwischen der Stadt München und den Breitband – bzw. Mobilfunkanbietern. Aktuelle Anknüpfungspunkte sind:

  • Die Stadtwerke München (SWM) sind eine hundertprozentige Tochter der Stadt. Die Stadt hat über dieses Tochterunternehmen den Ausbau des Glasfasernetzes energisch voran getrieben. Schon heute ist der Ausbau des Glasfasernetz Münchens in Europa führend. Bis 2021 werden rund 70 Prozent der Münchner Haus-halte und Gewerbebetriebe schnelle Internetanschlüsse zur Verfügung stehen und langfristig soll ganz München flächendeckend erschlossen werden.
  • Die Deutsche Telekom entwickelt die Leistungsfähigkeit ihres bestehenden inner-städtischen Kupferkabelnetzes weiter, indem es die Vectoring-Technik im Nahbereich ausbaut. Die Landeshauptstadt München hat hier bereits die Gespräche zwi-schen der Deutschen Telekom und den verschiedenen betroffenen Referaten (z.B. KVR, Baureferat, Planungsreferat, Kulturreferat/Denkmalschutz) koordiniert.
  • Der Ausbau des Mobilfunknetzes wird stetig vorangetrieben. Hier hat die Stadt schon erste Pilotprojekte für strahlenminimierende Kleinzellennetze durchgeführt und bewertet.
  • Als eine zentrale Mobilfunkthematik für IoT wird aktuell der Standard 5G (Fifth Generation) entwickelt, der bis 2020 marktreif sein wird. Das Referat für Arbeit und Wirtschaft eruiert hier verschiedene Projekte im Rahmen des EU-Rahmenprogrammes Horizon 2020, die sich explizit mit dem Bereich 5G beschäftigen. Ziel ist es, kurzfristig erste Pilot- und Anwendungsfelder zu testen, um anschließend einen zügigen Rollout der entsprechenden digitalen Infrastruktur zu gewährleisten und die Realisierung dieses Standards am Innovationsstandort München zu unterstützen.
    Mittelfristig sind in München Mobilfunkpilotprojekte, die 5G Übertragungsraten erforderlich machen, in zahlreichen Bereichen, z.B. bei Großveranstaltungen wie dem Oktoberfest oder Fußballspielen in der Allianzarena, für Testfelder des autonomen Fahrens und für Telemedizin, denkbar. Diese Projekte sind mit Partnern zu entwickeln und die notwendigen Schnittstellen zu Landeshauptstadt München sicherzustellen.
  • München ist auf Bundesebene als Standort für den Digital Hub Mobility ausgewählt worden. Das hat zur Folge, dass sich hier Keyplayer des Münchner Mobilitätssektors zusammen gefunden haben, die gemeinsam Innovation und Technik wie z.B. Autonomes Fahren und Sharing-Konzepte vorantreiben. Auf der Basis dieser Vernetzungen und vor dem Hintergrund, dass das Zusammenführen und Vernetzen von verkehrsrelevanten Daten über verschiedene Verkehrsmodule enormes Potential zur Verbesserung der Mobilität in sich birgt, strebt die Landeshauptstadt München an, einen integrierten Datenpool aufzubauen. Anfang 2018 hat sich auf Initiative des 2. Bürgermeisters Herrn Josef Schmid ein Konsortium im Bereich Mobilität gebildet, das die Zusammenführung von Daten in einer gemeinsamen Datenplattform konzipiert und plant. An dem Projekt beteiligen sich sowohl die Verkehrsplanung der Stadt München, die SWM/MVG, als auch wichtige Unternehmen der Automotive- und der IT-Branche – allen voran BMW – und die Technische Universität München, im Laufe des Projektes werden weitere Teilnehmer hinzukommen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass technologische Innovationen im Bereich IoT nicht nur die großen und mittelständischen Wirtschaftsunternehmen in den kommenden Jahren vor große Chancen ebesso wie Herausforderungen stellen, sondern auch Kommunen wie die Landeshauptstadt München. München wird in vielen seiner kommunalen Aufgaben wie z.B. Mobilität und Energieversorgung zunehmend als Anwender von IoT – Lösungen auftreten. Gleichzeitig ist die Stadt auch gefordert, den in München ansässigen Unternehmen wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen bereit zu stellen. Sie sieht es deshalb als eine dringliche städtische Aufgabe, den Ausbau einer IoT-fähigen digitalen Infrastruktur weiter voranzubringen.

Kurt Kapp ist nach seinem Studium zum Dipl. Volkswirt in die Dienste der Landeshauptstadt getreten. Dort leitet er seit 2003 die Wirtschaftsförderung der Stadt München, seit 2007 ist er zudem Stellvertreter des Referenten für Arbeit und Wirtschaft. In diesen Positionen ist es Kurt Kapp ein zentrales Anliegen, München auch als führenden Innovationsstandort weiter zu entwickeln. Dafür setzt er auf eine wissensbasierte Wirtschaftsförderung, die sich neben den klassischen Aufgaben den Themenfeldern Digitalisierung, Kreativität und Nachhaltigkeit widmet.

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