GreenOps wird gerne als Betriebsmodell für nachhaltige IT definiert und bezieht sich dabei in der Regel auf die Cloud. Im Grunde kann der Ansatz jedoch alle Bemühungen umfassen, die Energiebilanz von IT-Assets in Unternehmen zu verbessern. So gesehen unterscheidet sich die Sanierung und Optimierung des IT-Haushalts kaum von der Grundüberholung einer Fabrik. Veraltete, ineffiziente Systeme werden ausgetauscht, unnötige Energiefresser entfernt und die Versorgung auf erneuerbare Energiequellen umgestellt. Nur, dass statt Maschinen und Fertigungsanlagen hier IT-Assets im Mittelpunkt stehen – von der Hardware über Software und SaaS bis hin zu Cloud-Instanzen und Rechenzentren.
Unternehmens-Philosophie: Be Green, Not Mean
GreenOps konzentriert sich dabei nicht auf singuläre Maßnahmen und einzelne IT-Bereiche. Sie legt vielmehr die übergeordnete Strategie für den nachhaltigen Umgang mit IT-Assets fest – und zwar nicht nur für die IT, sondern für das ganze Unternehmen. Dedizierte Teams aus unterschiedlichen Fachbereichen definieren gemeinsam unternehmensweite Nachhaltigkeitsziele, planen konkrete Maßnahmen und stellen sowohl Ressourcen als auch Tools zur Umsetzung zur Verfügung. Das schließt das DevOps-Team ebenso ein wie die IT-Security, Projektmanager, Finance und Compliance Manager oder die IT-Beschaffung, die beispielsweise mit Hyperscalern und Cloudanbietern verhandelt.
Letztendlich ist GreenOps nicht die Aufgabe eines Einzelkämpfers, sondern wird als Teil der Unternehmens-Philosophie fest verankert. Sie wirkt eher als Direktive von oben auf die unterschiedlichsten Bereiche innerhalb eines Unternehmens.
- Softwareentwicklung
In der Entwicklung von Software finden sich unterschiedliche Wege einen aktiven Beitrag zu GreenOps zu leisten. Dazu gehört beispielsweise das Vermeiden von redundanten Code und ineffizienten Algorithmen, das Programmieren in rechnereffizienter Sprachen wie C, C++ oder Rust oder das modulare Wiederwenden von Software-Komponenten und Open Source.
- IT-Operations
Großes Nachhaltigkeits-Potential bietet sich Unternehmen zudem bei der Implementierung und Bereitstellung von IT-Services. Eine IT-Architektur, die auf Flexibilität, Skalierbarkeit und Erweiterbarkeit ausgerichtet ist, erlaubt es, ohne größere Probleme auch Änderungen hinsichtlich der Energieeffizienz vorzunehmen. IT-Governance-Praktiken können hier zusätzlich helfen, den IT-Konsum bedarfsorientiert anzupassen (Stichwort: Rightsizing). So lassen sich zum Beispiel Workloads nach Geschäftsschluss automatisch herunterfahren, nicht mehr verwendete Software-Lizenzen kündigen bzw. umverteilen und überdimensionierte Cloud-Instanzen verkleinern.
Die Cloud ist dank ihrer inhärenten Flexibilität und Skalierbarkeit überhaupt ein wichtiger Hebel, um GreenOps-Vorgaben zu erfüllen. Die Migration in die Public Cloud kann nach einer Untersuchung von Accenture zu einer erheblichen Verringerung des CO2-Ausstoßes führen. Insgesamt lassen sich die IT-Emissionen weltweit um 5,9% pro Jahr reduzieren. Das sind fast 60 Millionen Tonnen CO2 und entspricht dem CO2-Ausstoß von 22 Millionen PKWs. Die Umsetzung von GreenOps in der Cloud beginnt bereits bei der Cloud Migration: Welches IT-Asset muss tatsächlich in die Cloud? Welches kann On-Premise bleiben oder ist dort sogar besser aufgehoben?
- IT Procurement
Die kontinuierlich wachsenden IT-Ausgaben stellen Unternehmen zunehmend vor Herausforderungen. Nach einer Umfrage von Flexera steht das Management der Cloud-Ausgaben (82%) erstmals seit zehn Jahren auf der Prioritätenliste noch vor den Fragen der Cloud-Sicherheit (79%). Investitionen in neue Technologien und IT-Lösungen müssen im Rahmen der digitalen Transformation für die IT-Beschaffung also einen klaren ROI aufweisen.
Zukünftig wird die Wahl des Anbieters jedoch auch von GreenOps-Kriterien abhängen. Dazu trägt unter anderem die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) bei. Die im November 2022 von der EU verabschiedete Richtlinie fordert eine detaillierte Berichterstattung über die Nachhaltigkeitsstrategie in Unternehmen. Sie müssen klar darlegen, wie und in welchem Umfang sich ihr Geschäftsbetrieb auf Klima und Umwelt auswirkt.
Bei der Cloud-Nutzung rückt damit beispielsweise die Energieeffizienz des Data Centers in den Fokus. Hyperscaler haben ihre Rechenzentren bereits auf erneuerbare Energiequellen umgestellt und werben mit klimafreundlicher Klimatisierung, langlebigen Geräten/Servern und neuen Konzepten zur Abwärmenutzung. Darüber hinaus bieten sie Tools und Analysewerkzeuge, mit denen Unternehmen jederzeit einen Einblick in ihren Cloud-Fußabdruck (Cloud Carbon Footprint, CCF) werfen können.
- IT-Asset-Management (ITAM)
Einmal ins IT-Portfolio aufgenommen, gilt es, die IT-Assets nachhaltig zu managen – und zwar über den ganzen Produktlebenszyklus hinweg. Hier finden sich die stärksten Anknüpfungspunkte zwischen GreenOps mit anderen IT-Ansätzen, allen voran FinOps. FinOps bzw. Cloud Financial Management definiert Praktiken, Prozesse und Governance-Richtlinien zur Cloudkostenkontrolle. Ziel ist es, ein „gesundes“ Kosten-Nutzen-Verhältnis in der IT sicherzustellen. Dazu wird in einem ersten Schritt Transparenz (IT Visibility) geschaffen, um im Anschluss Optimierungspotentiale zu identifizieren und diese im laufenden IT-Betrieb umzusetzen.
FinOps reduziert die IT-Kosten. GreenOps reduziert den CO2-Fußabdruck der IT. Und obwohl die Ziele auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein könnten, greifen sie doch in vielen Fällen auf dieselben Praktiken zurück. Zwar ist nicht jede FinOps-Maßnahme automatisch nachhaltig. Doch wo nicht mehr genutzte oder überdimensionierte IT-Assets die Kosten unnötig in Höhe treiben, steigt im Umkehrschluss auch unnötigerweise der Energieverbrauch. Es macht also durchaus Sinn einmal identifizierte Kostenfresser im IT-Portfolio auch im Kontext der Nachhaltigkeit zu betrachten und so nebenbei auch echte Stromfresser aufzudecken.
Automatisierte Managementsysteme verhelfen hier zu einer zentralen Ansicht, in der sich alle IT-Assets auf verschiedene KPIs tracken und überwachen lassen. Statt einem Teilausschnitt oder dem Dashboard eines einzelnen Anbieters erhalten Unternehmen damit einen ganzheitlichen Blick auf ihre IT-Infrastruktur und können Metriken und Daten flexibel abfragen – sei es über die Nutzung, die Kosten, die Compliance, den Sicherheits-Status oder eben auch den CO2-Fußabdruck. GreenOps reiht sich damit in eine lange Liste von ITAM-Aufgaben ein.
- ITAD (IT-Asset Disposition)
Software wird zwar nicht im herkömmlichen Sinne „entsorgt“. Trotzdem ist das End-of-Life-Management fester Bestandteil von GreenOps. Erreichen Lösungen ihr EOL/EOS (End-of-Life/End-of-Service) stellt sich die Frage, ob die Anwendungen entfernt oder durch eine neue – nachhaltigere – Alternative abgelöst werden können.
Noch dringlicher verhält es sich mit der Hardware. Die immer schnellere Abnutzung von elektronischen Geräten lässt die Berge an E-Waste weltweit anwachsen. Gleichzeitig erlebt der Markt nicht erst seit COVID-19 Engpässe bei wichtigen Materialien, Bauteilen und seltenen Erden. Das IT Asset Disposition (ITAD) öffnet hier die Tür zu einer nachhaltigeren – und durchaus profitablen – Kreislaufwirtschaft. Das Geschäft rund um die sichere und umweltverträgliche Entsorgung und/oder Wiederverwertung von aussortiertem IT-Equipment soll laut Custom Market Insights (CMI) bis 2030 rund 28,56 Milliarden US-Dollar erreichen. Doch auch auf Anwenderseite rückt ITAD mehr und mehr ins (Umwelt-)Bewusstsein. So recyclen laut Flexera ITAM-Report bereits rund drei Viertel der Unternehmen ihre ausgemusterten Hardware-Assets. Weitere 62% versuchen aktiv den Lebenszyklus von IT-Geräten zu verlängern.
Im eigentlichen Sinne bedeutet Nachhaltigkeit einen Ansatz, bei dem nur das genutzt wird, was langfristig durch Ressourcen abgedeckt ist. Das Betriebsmodell GreenOps übersetzt diesen Gedanken in für Unternehmen praktisch umsetzbare Best Practices und Prozesse, die langfristig sowohl einen ökologischen als auch einen ökonomischen Mehrwert für alle versprechen.
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