Sich schneller dem permanenten Wandel anpassen

Von   Verena Bergfors   |  Leitung Marketing EMEA   |  Planview GmbH
11. Juni 2021

Unser Leben unterliegt mehr der Veränderung als je zuvor. Die Fähigkeit, dynamisch und anpassungsfähig zu bleiben ist eine der wichtigsten Zukunftsvoraussetzungen. Inzwischen sind jedoch viele Unternehmen und deren Mitarbeiter gefühlt am Limit ihrer Veränderungsfähigkeit und erst recht der Veränderungsbereitschaft angelangt. Mit dem Spannungsfeld zwischen Müssen, Können und Wollen beschäftigt sich eine aktuelle Benchmark-Studie. Sie hat hinterfragt, wie es müheloser gelingen kann, sich schneller anzupassen.
Um es vorwegzunehmen: Agilität und Anpassungen gelingen nur dann, wenn sich die Verantwortlichen in den Unternehmen von althergebrachten Vorgehensweisen verabschieden – zumindest vorübergehend. Um das zu schaffen, muss nichts weniger als ein Paradigmenwechsel eingeleitet werden. Es geht darum anzuerkennen, dass Veränderung und der Umgang mit plötzlich auftretenden Störungen zur Norm gehören. Sie sind der Standard und nicht mehr die Ausnahme, wie früher. Was das bedeutet, zeigt nicht zuletzt die Pandemie: Wer auf sie nicht mit der gebotenen Agilität reagiert – an alten Mustern festhält – hat keine Chance zu überleben.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund hat die von Planview beauftragte Benchmark-Studie, die im Dezember 2020 durchgeführt wurde und bei der weltweit knapp 1.000 Führungskräfte und Technologie-Experten befragt wurden, interessante Ergebnisse ans Licht gebracht.

Wichtig ist, die Geschwindigkeit zu erhöhen, um Konsequenzen zu minimieren. Unternehmen, die ihr Reaktionstempo nicht erhöhen, haben oftmals eines gemein: Sie halten an den althergebrachten Geschäftsprozessen, -methoden und -systemen fest.

Das hat zur Folge, dass …

1.… die Flexibilität gebremst wird. Organisationen, die an Jahrespläne und jährliche Budgetierungszyklen gebunden sind, können nicht schnell reagieren.

2. … Strategien aufgeweicht werden. Strategiepläne entfernen sich oft immer weiter von der Realität, sodass die Diskrepanz zwischen Strategie und Umsetzung immer größer wird. Geschäftsziele werden nicht mehr erreicht und eine Neuausrichtung ist nicht mehr möglich.

3. … die Umsetzung behindert wird. Wenn neue Arbeitsweisen und -methoden nicht ausreichend gefördert und unterstützt werden (z. B. Remote-Arbeit, hybride Arbeitsweisen, Lean- und Agile-Methoden), leidet darunter die Agilität und der Arbeitsfortschritt lässt sich nur schwer erkennen.

4. … eine effektive und schnelle Entscheidungsfindung unterbunden wird. Daten und Informationen sind isoliert und aus dem Kontext gerissen, da Unternehmen weder Geld noch Aufwand in die Analyse dieser Daten aus dem gesamten Strategieumsetzungsprozess investiert haben. Doch gerade solche Daten und Analysen sind erforderlich, um fundierte Entscheidungen treffen zu können.

Neues Qualitätsmerkmal: Geschwindigkeit

Die Studie hat offengelegt, dass sich Unternehmen hinsichtlich ihrer Wendigkeit und Agilität in drei verschiedene Kategorien unterteilen lassen: die Vorreiter, Herausforderer und Nachzügler. Diese Einordnung bezieht sich sowohl auf die Art und Weise wie die Organisationen auf Veränderungen reagieren und als auch auf die Haltung gegenüber technischen Entwicklungen, u.a. der Digitalisierung.

Wer sich fragt, ob sein Unternehmen eher zu den Vorreitern, Herausforderern oder Nachzüglern gehört sollte sich mit folgenden Fragen beschäftigen.

  1. Wie schnell wird eine Entscheidung gefällt und umgesetzt?
  2. Gibt es moderne Technologien zur zentralen Datenerfassung, sodass sich die Verantwortlichen jederzeit ein klares Bild machen können?
  3. Sind die Strategien, Finanzmittel und operativen Plänen an kürzere Planungszyklen angepasst?
  4. Werden bei Zuordnung wichtiger Aufgaben die richtigen Prioritäten gesetzt?
  5. Sind Lean- und Agile-Methoden bekannt und im Einsatz?

Der Umgang mit diesen Fragen sagt viel über den Agilitätsgrad eines Unternehmens aus. Bedenkt man, dass die Unterbrechung traditioneller Prozesse heute an der Tagesordnung sind ist es umso wichtiger, die Diskrepanz zwischen Strategien, Plänen und deren Umsetzung so klein wie möglich zu halten.

Einen Schritt nach dem anderen machen

Die Studie zeigt, dass die erfolgreichsten Unternehmen alle ein ähnliches Erfolgskonzept verfolgen. Die größte Gemeinsamkeit ist, dass sie ihr gesamtes Business auf Geschwindigkeit auslegen und deshalb ihre Prozesse kontinuierlich anpassen. Sie haben kürzere und flexiblere Planungszyklen, was es ihnen möglich macht, in Echtzeit auf Veränderungen zu reagieren können. Erfolgreiche Unternehmen halten sich nicht lange mit Hindernissen auf, die ihrer Anpassungsfähigkeit im Wege stehen – sie beseitigen sie. Diese Störfaktoren können vielschichtig sein.

Laut Benchmark-Studie gaben 38 Prozent der befragten Führungskräfte an, dass komplexe Governance- oder Genehmigungsprozesse einer schnellen Anpassung der Unternehmensprozesse im Wege stehen. In unklaren oder gar konkurrierenden Prioritäten sehen 33 Prozent Probleme und jeweils 31 Prozent gaben den Mangel an Ressourcen oder internen Abstimmungsprozessen als Grund für fehlende Agilität an.

Den erfolgreichen Unternehmen, denen es gelungen diese und andere Hindernisse zu überwinden, ist vor allem eines gemeinsam: Sie lassen sich nicht dazu verführen, im erreichten Status Quo zu verweilen – sei das auch noch so reizvoll. Diese Unternehmen nutzen vielmehr das Potenzial moderner Technologien und agiler Prozesse, um sich stets weiterzuentwickeln und immer einen Schritt voraus zu sein.

Und dieser Wandel lohnt sich, denn die Vorreiter im Bereich einer agilen Strategieumsetzung schneiden an vielen Stellen besser ab als ihr Wettbewerb.

  1. Sie erreichen finanzielle Ziele 3x so schnell wie der Wettbewerb
  2. Bei der Bereitstellung innovativer Produkte und Services sind sie doppelt so schnell wie die Konkurrenz
  3. Strategische Ziele erreichen sie 3x so schnell wie ihre Herausforderer.

Fünf zentrale Erkenntnisse

Doch die Studie hat nicht nur die Schwierigkeiten aufgedeckt und eine Differenzierung der Unternehmen hinsichtlich deren Anpassungsfähigkeit vorgenommen. Sie hat auch fünf Aspekte identifiziert, die Unternehmen helfen, sich so zu verändern, dass sie zukünftig schneller agieren und sich den veränderten Rahmenbedingungen anpassen können.

  1. Beyond Resilienz
    Resilienz allein, d. h. eine Störung oder Krise unbeschadet zu überstehen, reicht in der heutigen Arbeitswelt nicht mehr aus. Die Geschäftsführung muss den Betrieb auf Geschwindigkeit auslegen, um sich an die kontinuierlichen Veränderungen anpassen und wettbewerbsfähig bleiben zu können.
  2. Perspektivenwechsel
    Wenn es einen Bereich gibt, in den Vorreiter, Herausforderer und Nachzügler unbedingt investieren sollten, so sind dies Priorisierungsprozesse, um Ressourcen schneller umverteilen zu können. Das Besondere: Diese Prozesse laufen nicht isoliert voneinander ab, sodass tiefreichende Kenntnisse über die Abhängigkeiten zwischen den Strategieumsetzungskompetenzen sowie den Capabilitys für die Szenarioplanung erforderlich sind.
  3. Hindernisse überwinden
    Komplexe Governance- und Genehmigungsprozesse stellen für Vorreiter und Herausforderer das größte Hindernis dar. Organisationen müssen die rigiden, steuerungsbasierten Richtlinien aufbrechen und stattdessen flexible, optimierte Governance- und Finanzierungsmodelle implementieren, die es Teams erlauben, schnell zu reagieren.
  4. Moderne Technologien nutzen
    Technologie ist ein zentraler Schlüssel, um mehr Geschwindigkeit und Qualität bei der Strategieumsetzung zu erreichen. Das Sammelsurium an nicht miteinander vereinbaren, intern entwickelten Tools, wie es in den meisten Organisationen verwendet wird, trübt jedoch die Transparenz, verlangsamt die Arbeit und verhindert Innovation und Wachstum.
  5. Optimismus walten lassen
    Es mag bequem sein, sich auf die herkömmlichen Prozesse und Technologien zu verlassen, doch die damit einhergehenden Kosten in Form von Marktanteilsverlusten, entgangenen Geschäftschancen und Ermüdung angesichts von Veränderungen können gewaltig sein. Organisationen müssen den Überlebensmodus ausschalten, sich der Ungewissheit stellen und diese als Chance wahrnehmen, um fortbestehen und wachsen zu können.

Unternehmen, die sich zukunftsfähig aufstellen wollen oder müssen, haben keine andere Chance als ihre Prozesse so zu gestalten, dass sie ihnen maximale Agilität erlauben. Sie müssen sich aus den starren Korsetts lösen, die ihnen bisher Halt und Orientierung gegeben haben und sich der Ungewissheit stellen. Tun sie das nicht, sehen ihre Optionen für eine erfolgreiche Zukunft eher düster aus.

leitet bei Planview das Marketing in EMEA und hat in den letzten zwei Jahren die Umstellung zu einer agilen Arbeitsweise durchgeführt. Bergfors hat in Konstanz Wirtschaftssinologie studiert, danach sieben Jahre in Shanghai gearbeitet und lebt seit über zehn Jahren in Stockholm.

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