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Geschäftsmodell Software für Industrie & Maschinenbau: Vom Produkt hin zu Plattformen

Von   Ansgar Dodt   |  VP Strategic Development   |  Thales
9. September 2019

Digitale Innovation hat in der Produktion schon seit langer Zeit einen festen Platz. Daher ist es auch keine Überraschung, dass sich Software-Anbieter schon lange vor dem Cloud-Zeitalter erfolgreich im Bereich Fertigung etabliert haben. Doch genau, weil die Branche schon früh den Mehrwerttreiber IT erkannt hat, müssen Unternehmen neue Standards umsetzen und mit der Zeit gehen.
Laut einer Studie [1] halten Führungskräfte in fast allen Branchen eine drastische Anpassung ihrer Unternehmensprozesse für nötig. Mehr als ein Viertel (27 Prozent) der Geschäftsführungen geben sogar an, dass eine erfolgreiche Transformation eine Überlebensfrage ist und fast alle Befragten (84 Prozent) passen ihre Umsatzmodelle bereits auf Software an. Im Industriebereich sollten sich alle Entscheider dabei den neuen Anforderungen für die Vermarktung ihrer Produkte bewusst werden – egal, ob sie aktuell bereits Software anbieten oder diese nur als Begleitung ihrer eigentlichen Maschinen mitliefern.

Die Kunden kennen den Komfort von moderner Softwarelizenzierung aus anderen Bereichen. Dank der Standards von Disruptoren wie Apple und Amazon sind die Erwartungen der Nutzer deutlich gestiegen. Anstatt aufwendiger Aktivierung über Hardware-Tokens oder Einschränkungen durch Über- oder Unterlizenzierung erwarten Unternehmen heute einfachen Self-Service und nutzungsbasierte Preise-Modelle. Im Idealfall steht auch in der Smart Company ein App Store zur Verfügung, mit dem nötige Software per Klick bestellt und auch wieder gekündigt werden kann.

Neue Anforderung für deutsche Industrie

Die enorme Effizienzsteigerung durch digitaler Innovation lassen sich niemals allein durch performantere Hardware erreichen – vielmehr sind durch Software vernetzte Ökosysteme der Mehrwerttreiber. Über eine passende Monetarisierung von Lizenzen können auch Maschinenhersteller auf die Anforderung der Industrie 4.0 eingehen und sich erfolgreich an die neuen Anforderungen anpassen. Dazu müssen sie die Vermarktung ihres Know-hows aber von der Hardware entkoppeln. Im Idealfall bieten sie personalisierte Services, die sich genau auf den Bedarf des jeweiligen Kunden zu schneiden lassen.

Eine wichtige Grundlage findet sich in fast jedem deutschen Unternehmen: Die Entwicklung von eigener Software. Allerdings gilt es in nächsten Schritt beim Go-to-Market diesen Teil stärker in den Fokus zu rücken. Software ist nicht länger ein Betriebsmittel, dass dem Kunden zur Nutzung der verkauften Hardware mitgegeben wird, sondern muss in Zentrum der Geschäftsabwicklung stehen. Dies gibt den Kunden die Möglichkeit, die Teile eines Angebots auszuwählen und sichert ihm zu, dass er nur für die Features und die nötige Zeit der Nutzung bezahlt, die er auch wirklich braucht.

Neue Wertschöpfungsmodelle bedeuten auch Umstellung

Beim Wechsel zu einem softwarezentrierten Modell ist der erste Schritt für ein Unternehmen das Verständnis für die Änderungen, die an bestehenden Angeboten vorgenommen werden müssen. Darüber hinaus müssen sich die Strukturen vieler Organisationen ebenfalls anpassen. Wo früher eine interne Struktur bestand, die darauf ausgerichtet war, neue Produkte auf den Markt zu bringen – von der Planung und Entwicklung über die Herstellung bis hin zum Vertrieb –, existieren heute Software-Abonnements in einem kontinuierlichen Zyklus von Updates und Verbesserungen. Dies erfordert nicht nur eine Anpassung der internen Struktur einer Organisation, sondern verändert auch die Art und Weise, wie der Wert der eigenen Dienstleistungen bestimmt wird, wenn diese nicht mehr umsatzgetrieben sind, sondern auf der Kundenbindung basieren.

Ein gutes Beispiel ist der Software-Pionier für Computer Aided Design (CAD) EPLAN [2], der bereits seit 1984 CAD-Software verkauft. Dort hat man die Lizenzierung von einer selbsterstellten Lösung mit Hilfe eines externen Partners auf einen Cloud-basierten Ansatz umgestellt. Dadurch wurden Kontrolle und Transparenz deutlich verbessert.

Das Unterfangen war enorm: Über 51.000 Kunden in verschiedenen Branchen und 50 Ländern weltweit sollten ebenfalls davon profitieren – und die Umstellung war erfolgreich. Jetzt hat der CAD- Experte die Möglichkeit, seinen digitalen Katalog zu verwalten, in seine ERP/CRM
Systeme zu integrieren und den wiederkehrenden manuellen Arbeitsaufwand
zu reduzieren. Die EMS (Entitlement Management System oder Berechtigungsmanagement)-Lösung ist so konfiguriert, dass ein Kunde das Produkt automatisch herunterladen und aktivieren kann, sodass der zuvor sehr zeitaufwändige Prozess beschleunigt wird.

Umstellung auf berechenbare Umsatzmodelle

EPLAN verdeutlicht, dass mit der richtigen Expertise auch umfangreiche Umstellungen zu meistern sind. Ein weiteres Anliegen, das viele Unternehmen davon abhält, ihr Umsatzmodell zu ändern, ist die Angst vor den unmittelbaren Folgen. Ein bekanntes Beispiel: Adobe erlebte direkt nach der Umstellung auf ein Subskription- bzw. Abonnement-basiertes Softwaremodell einen Kursrückgang – das war allerdings nur von kurzer Dauer.

Die Neudefinition von Werten ist eine der größten Stärken von Software. Adobe hat sich dank des Vertrauens in deren Softwareangebote nicht nur erholt, sondern erwirtschaftet auch mehr Umsatz als je zuvor. Es sind nicht nur Software-Giganten, die sich diesen Veränderungen unterziehen – Philips Medical hat sich beispielsweise von der Produktion medizinischer Geräte zu digitalen Dienstleistungen entwickelt, um mit dem Wachstum der Daten und der Nachfrage nach flexiblen Services im Gesundheitswesen Schritt zu halten. Die Schwierigkeit für Unternehmen, die ein softwarezentriertes Modell einsetzen, besteht darin, die Kundenbindung und nicht den einmaligen Verkauf zu betonen und ein stabiles, vorhersehbares Umsatzmodell zu schaffen.

Glücklicherweise bietet Software viele Möglichkeiten, dies zu erreichen. Sie kann über mehrere Plattformen bereitgestellt werden. Self-Service bedeutet beispielsweise, dass Kunden jederzeit Updates herunterladen können – was ihre Loyalität und die Kundenbindung verbessert. Cloud-Plattformen erlauben zudem, dass Updates oder neue Funktionen fast umgehend für die Nutzer verfügbar gemacht werden können. Dies verbessert das Leistungsversprechen gegenüber Hardware, da es viel schneller und einfacher als bisher aktualisiert werden kann. Softwarebasierte Angebote helfen außerdem vorhersehbarere Umsatzströme zu schaffen, da die Kunden Anreize erhalten zu bleiben und die Erträge somit stabil sind.

Fazit

Der Verkauf von Software ist heute ein wesentlicher Bestandteil der erfolgreichen Digitalisierung vieler Branchen. In einem zunehmend wettbewerbsintensiven Markt müssen Unternehmen Wege finden, ihr Produktangebot so zu differenzieren, dass es den Kunden einen Mehrwert bietet.

Quellen und Referenzen:

[1] https://www.advance2000.com/digital-transformation-statistics-for-business/

[2] https://www.gemalto.com/press/Pages/EPLAN-chooses-Thales-to-enable-cloud-based-licensing-addressing-growing-business-needs.aspx

Ansgar Dodt VP Strategic Development bei Thales und trat dem Unternehmen nach der Übernahme von Eracom durch SafeNet bei, wo er vier Jahre lang als Geschäftsführer im Vorstand tätig war. Heute leitet der die Geschäfte im Bereiche Software Lizensierung in DACH.

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