Digitale Transformation: Die Chancen der Subscription Economy

Der Ruf nach Digitalisierung hierzulande ist laut und deutlich – aber wird er auch erhört? Fest steht: Es handelt sich um einen anhaltenden Transformationsprozess, der herkömmliche Annahmen kritisch hinterfragt, gerade im wirtschaftlichen Kontext. Unternehmen und vor allem deren Geschäfts- und Monetarisierungsmodelle stellt das einerseits vor strategische Herausforderungen. Die Zukunft der Ökonomie wird maßgeblich von der Bereitschaft der Unternehmen geprägt sein, innovative Wege zu beschreiten und die Chancen der Subscription Economy voll auszuschöpfen
Von   Henner Heistermann   |  CEO   |  Nitrobox
30. August 2024

Digitale Transformation: Die Chancen der Subscription Economy

 

Der Ruf nach Digitalisierung hierzulande ist laut und deutlich – aber wird er auch erhört? Fest steht: Es handelt sich um einen anhaltenden Transformationsprozess, der herkömmliche Annahmen kritisch hinterfragt, gerade im wirtschaftlichen Kontext. Unternehmen und vor allem deren Geschäfts- und Monetarisierungsmodelle stellt das einerseits vor strategische Herausforderungen. Gleichzeitig bietet diese Transformation aber auch zahlreiche Chancen. Die Kernfrage dabei: Wie genau lässt sich in diesem Umfeld erfolgreich wirtschaften?

 

Die Antwort auf diese Frage ist denkbar einfach: Indem Unternehmen ihr Kundenverständnis maßgeblich schärfen. Denn ganz gleich, ob Business-to-Business (B2B) oder Business-to-Consumer (B2C), Verbraucher erwarten diese Art von Neugier und Empathie heutzutage von vielen Seiten auf einmal, also von Herstellern, Händlern, Dienstleistern oder Marken, bei denen sie einkaufen. Unternehmensseitig macht das jedoch ein konsequentes Umdenken erforderlich. Ist dieses gegeben, können Unternehmen den transformativen Herausforderungen durch den Einsatz entsprechender Technologien begegnen und im Umkehrschluss die Kundenbeziehung weiter vertiefen.

 

Kunden verstehen und Probleme lösen

Voraussetzung dafür ist allerdings, genau zu wissen,

  1. mit welchem Problem die Kunden im täglichen (Berufs-)Leben konfrontiert werden und
  2. wie dieses Problem sich zeit- und kostengünstig lösen lässt.

Diese Herangehensweise ist keineswegs neu. Dennoch ist sie sehr hilfreich, weil sie wertvolle Einblicke in Innovationsprozesse und deren Verständnis darüber liefert, wann Innovation tatsächlich vorliegt. Innovation lässt sich auf verschiedenen Wegen umsetzen, beispielsweise durch vertriebliche Neuerungen. Entscheidendes Innovationskriterium ist aber: Die Innovation bietet einen Mehrwert zu einem erschwinglichen Preis, weil sie digital ist.

Ein Beispiel: Kunden erwarten heute von Unternehmen maßgeschneiderte Modelle, und zwar bei der Nutzung von Produkten und Services sowie deren Bezahlung. Das bringt Unternehmen nicht selten an die Grenzen ihrer Monetarisierung, weil viele ihr physisches Produkt ausschließlich über verkaufte Einheiten definieren.

Nicht so beim Konzept der Servitization, das sich voll auf den Servicegedanken fokussiert. Das enorme Innovations- und Wachstumspotenzial resultiert aus dem Leitgedanken, die Bedürfnisse und Anforderungen der Kunden in den Mittelpunkt unternehmerischen Handelns zu stellen und konkrete Probleme lösen zu wollen. Dadurch lassen sich Geschäftsbereiche nicht nur über die physische Einheit eines Produktes monetarisieren, sondern auch über zusätzliche Dienstleistungen. Ein Blick in viele Werkshallen zeigt: Bereiche wie zum Beispiel das lukrative After-Sales-Geschäft wurden und werden gerade in der Industrie immer noch sehr oft außer Acht gelassen.

 

Industrie 4.0 und die Subscription Economy

Dabei erfüllt gerade die Industrie 4.0 in diesem Zusammenhang gute Voraussetzungen für die Servitization. Denn die weitreichende Vernetzung von Maschinen und Anlagen versetzt Hersteller nicht nur in die Lage, Daten automatisiert auszutauschen. Diese Daten enthalten unter anderem auch Informationen zur Häufigkeit und Intensität der Maschinennutzung. Auf dieser Basis überwachen etwa Automobilhersteller ihre IoT-fähige (Internet-of-Things) Produktionstechnologie, indem sie beispielsweise die Notwendigkeit händischer Wartung durch datenbasierte Predictive Maintenance automatisieren. Sie reduzieren damit einerseits den Aufwand bzw. die Notwendigkeit eines Eingriffs durch den Menschen. Andererseits bestimmen dieselben Daten in Abhängigkeit der Anlagentaktung aber auch, wie viel Anwender für die Nutzung bezahlen müssen – dies markiert den Übergang zur Subscription Economy.

Diese Weiterentwicklung des Monetarisierungsmodells erfordert aus buchhalterischer Sicht allerdings auch nutzungsbasierte Abrechnungsmodelle. Dazu sind unternehmensinterne IT-Systeme oftmals nicht in der Lage. Ihnen mangelt es an der nötigen Flexibilität, um derart individuelle Bezahlprozesse abzubilden. Diese Systeme sind oftmals zehn bis 15 Jahre alt. Nutzungsbasierte Abrechnungsmodelle wie Pay-per-Use und On-demand sehen diese konventionellen Lösungen gar nicht vor. Hinzu kommt, dass Unternehmen sich nur ungern von diesen Lösungen trennen, weil sie in der Regel mit einer erheblichen Investition sowie weitreichenden Umstrukturierungen verbunden sind, die außerdem umfangreiche Kapitalressourcen binden.

Für die Umsetzung nutzungsbasierter Abrechnungen müssen Lösungen entsprechend flexibel sein. Über Schnittstellen sind sie heutzutage in der Lage, ein konventionelles Warenwirtschafts- und Buchhaltungssystem wie zum Beispiel SAP um eine umfangreiche Subscription-Management-Lösung, die auch Pay-per-Use umfasst, zu erweitern. Solche Softwarelösungen gewährleisten einen reibungslosen Austausch buchhalterischer Informationen zwischen Haupt- und Nebenbuch. Der Vorteil davon: Sie lassen sich in der Regel ohne großen Aufwand installieren und skalieren. Darüber hinaus berücksichtigen sie unterschiedliche nationale steuerrechtliche Vorgaben. Gerade für multinationale Konzerne stellt das ein wesentliches Entscheidungskriterium dar.

 

SaaS prädestiniert für Pay-per-Use

Ohne nutzungsbasierte Preismodelle ist die digitalisierte Subscription Economy heute nicht mehr denkbar. Das belegt auch eine von Open View durchgeführte Studie.[1] Sie zeigt beispielhaft, wie beliebt nutzungsbasierte Modelle geworden sind. Prädestiniert dafür: der Software-as-a-Service-Sektor (SaaS). Dort nutzten 2018 noch 25 Prozent der befragten Unternehmen dieses Geschäftsmodell. Zwei Jahre später stieg die Zahl bereits auf 34 Prozent und im Jahr 2021 betrieb bereits fast die Hälfte (45 %) ein nutzungsbasiertes Preismodell, während heute über 60 Prozent der Unternehmen darauf setzen.[2]

Unternehmen profitieren in vielfältiger Hinsicht von nutzungsbasierten Preismodellen, denn sie verbessern einerseits das Kundenerlebnis und damit die Kundenzufriedenheit. Andererseits steigern sie auch die finanzielle Performance eines Unternehmens. Denn die nutzungsabhängige Preisgestaltung bewirkt, dass Unternehmen durch den Wegfall komplizierter Preisstrukturen den Weg zum Kauf verkürzen können. Im Umkehrschluss sinken Abwanderungsraten, während die Neukundengewinnung zunimmt, wie Studien belegen.[3]

Woran es dagegen im Industriesektor noch mangelt, sind vielmehr Strategien und die Bereitschaft, diesen Entwicklungsschritt tatsächlich zu gehen. Besonders lohnend ist es, mit Blick auf oftmals kapitalintensive Industrieprodukte über nutzungsbasierte Preismodelle nachzudenken. Denn sie erfordern keine großen Investitionsentscheidungen, die entsprechendes Kapital binden (Capex). Stattdessen erzeugen sie einen wesentlich niedrigeren, aber regelmäßigen Betriebsaufwand (Opex).

Erfahrungsgemäß lassen sich nutzungsbasierte Modelle in einer Vielzahl von Branchen wie SaaS, Telekommunikation, Automotive und E-Mobility realisieren. Bei der Einführung eines Pay-per-Use-Modells gilt es insofern zu prüfen, ob ein Produkt oder eine Dienstleistung tatsächlich eine messbare Nutzungsdimension enthält, denn nur in diesem Fall kann ein nutzungsabhängiges Geschäftsmodell funktionieren. Erfolgsentscheidend ist außerdem die Wahl der richtigen Nutzungsmetrik. Hierbei empfiehlt es sich, für Messgrößen, die Wachstum transparent machen, auch tatsächlich solche Messgrößen auszuwählen, aus denen der Mehrwert für die Kunden hervorgeht. Orientierung bei der Recherche nach den richtigen Messgrößen gibt beispielsweise die Northstar-Metrik.

 

Fazit: Kundenorientierung als Erfolgsfaktor Nummer eins

Unternehmen stehen aufgrund der Digitalisierung vor strategischen Herausforderungen, aber auch vor zahlreichen Chancen zur Neugestaltung ihrer Geschäfts- und Monetarisierungsmodelle. In diesem Kontext bildet die Erkenntnis, dass Verbraucher eine starke Kundenorientierung von Unternehmen erwarten, die Basis für erfolgreiches Wirtschaften. Dies erfordert jedoch ein Umdenken auf Unternehmensebene, das Raum für innovative Geschäftsfelder und -modelle schafft.

Eine weitere Erkenntnis: Nutzungsbasierte Preismodelle sind in der digitalisierten Subscription Economy unverzichtbar. Diese Modelle verbessern nicht nur das Kundenerlebnis und die Zufriedenheit, sondern steigern auch die finanzielle Performance der Unternehmen. Die Industrie hingegen zögert noch, diesen Schritt zu gehen, obwohl nutzungsbasierte Preismodelle auch in kapitalintensiven Branchen wie der Industrie vorteilhaft sind.

Die Zukunft der Ökonomie wird maßgeblich von der Bereitschaft der Unternehmen geprägt sein, innovative Wege zu beschreiten und die Chancen der Subscription Economy voll auszuschöpfen. In diesem Transformationsprozess liegt das Potenzial, Kundenbedürfnisse zu erfüllen, Mehrwert zu schaffen und langfristiges Wachstum zu sichern.

 

 

[1] OpenView,  Studie “Financial and Operating Benchmarks”
[2] TechCrunch Market Analysis
[3]https://www.cfodive.com/news/saas-companies-quickly-replacing-subscriptions-with-usage-based-pricing/609497/

Henner Heistermann ist Gründer und Geschäftsführer der Nitrobox GmbH, einem Softwareunternehmen mit Sitz in Hamburg. Mit der Nitrobox Monetization Platform bietet es eine Cloudlösung für die Abrechnung von Abonnements und Pay-per-Use-Modellen an.

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