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Digitale Exzellenz mit Smart Data und Open Insurance

Von   Marco Englert   |  Leiter Unternehmensentwicklung & PMO   |  Haftpflichtkasse
  Roland Roider   |  Vorstandsvorsitzender   |  Haftpflichtkasse
  Dietmar Schmidt   |  geschäftsführender Gesellschafter   |  mexxon Gruppe
3. Dezember 2021

Aufgrund der Digitalisierung, des wachsenden Konkurrenzdrucks, steigender Regulatorik-, Kunden- und Qualitätsanforderungen sowie erhöhter Transparenz sind Unternehmen zukünftig einem immer stärker werdenden permanenten Wandel ausgesetzt. Smart Data und Open Insurance spielen für eine nachhaltig erfolgreiche Transformation eine zentrale Rolle.

Der größte Druck zur digitalen Transformation in der Versicherungswirtschaft geht von den Kunden und Partnern aus. Entsprechend ist die umfassende digitale und datenbasierte Interaktion mit Kunden und Partnern von zentraler Bedeutung. Für die Erreichung heutiger und zukünftiger Wettbewerbsvorteile gilt: Der Kunde steht im Mittelpunkt. Dabei geht es nicht nur um eine Optimierung der digitalen Kanäle, sondern auch um eine übergreifende Integration von Offline- und Online-Angeboten bis hin zur Prozessverlagerung zu den Kunden (Self-Services und Mehrwertservices) und Smart Data Management.

Open Insurance: Kundenzentrierung und datengetriebene Marktbearbeitung

Die kanalübergreifende Kundenkommunikation und medienbruchfreie Customer Journey sind dabei wesentliche Mechanismen für die Einbindung von externen Vertriebs- und Ökosystempartnern in die Bearbeitung von Geschäftsvorfällen sowie die Anbindung von Assistance-Services. Hier ermöglichen API-Konzepte einen Open Insurance-Ansatz, bei dem Versicherungsdaten zwischen Versicherern, Kunden und Dritten bei jeweiligem Einverständnis gemeinsam genutzt werden. Das Akronym „API“ steht für den Begriff der Application Programming Interfaces, bezeichnet also in erster Linie technische Schnittstellen zur Softwareanbindung.

Zu den API-Konzepten, die auf Open Source basieren, gehört z. B. FRIDA, die Free Insurance Data Initiative, welche einen standardisierten Austausch von Versicherungsdaten zwischen Versicherern, Drittanbietern und Kunden ermöglichen will und dabei im Gegensatz zu bisherigen Lösungen wie BiPRO auch branchenübergreifend agieren soll. Denn das ist eine der Grundideen digitaler Ökosysteme, auf die mit Open Insurance gewissermaßen hingearbeitet wird.

Die Voraussetzungen dafür sind vielfältig. Einerseits müssen die Unternehmensarchitektur bzw. die Fach- und IT-Architektur komponentenbasiert und serviceorientiert aufgestellt sein, damit Services flexibel bereitgestellt werden können. Andererseits benötigt die Idee von Open Insurance den richtigen Umgang mit Daten.

Smart Data: Daten gewinnbringend nutzen

Daten smart sammeln, bündeln, anreichern und in Echtzeit nutzen – am besten alles in einem System. Vorbild für Big Data bzw. Data Analytics und das Erreichen von Data Excellence sind insbesondere E-Business-Unternehmen, die auf Basis gewonnener Daten kontinuierlich ihr digitales Angebot umbauen, den Erfolg der Änderungen messen und aus diesen Ergebnissen lernen. Eine methodische Herausforderung besteht dann (auch) darin, die schnellen und agilen Arbeitsweisen, die am digitalen Frontend erforderlich sind, auf die häufig längeren Entwicklungs- und Änderungszeiten für Backendsysteme abzustimmen (Two-Speed Alignment).

Online-Händler und Digitaldienstleister setzen neue Maßstäbe in der Kundenkommunikation und erhöhen damit auch die Erwartungshaltung von Versicherungskunden an die Interaktion mit ihrem Versicherer. Wer es gewohnt ist, bei Amazon und Co. übersichtlich und transparent Produkte ansehen zu können, mit wenigen Klicks bestellen zu können und dann noch innerhalb von 24 Stunden geliefert zu bekommen, der wird es auf Dauer zum Beispiel nicht mehr akzeptieren, wenn das Versicherungs-Service-Center abends nichts davon weiß, dass er am Nachmittag mit einem Vermittler über den Abschluss eines Versicherungsprodukts gesprochen hat und noch einmal alles erklären muss. Versicherer sollten daher eine kanalübergreifende Kundenkommunikation und medienbruchfreie Customer Journey sicherstellen.

Kundenkontaktpunkte ermöglichen die Erhebung zusätzlicher Kundendaten, die in Kombination mit vorhandenem Datenmaterial für individualisiertes Marketing und risikoadäquates Pricing eingesetzt werden können. Um Data Analytics erfolgreich betreiben zu können, muss allerdings die Datenqualität ausreichend gut sein, zudem müssen die datenschutzrechtlichen Regelungen berücksichtigt werden.

Daten sind dabei keineswegs als Selbstzweck, sondern vielmehr als Grundlage für die Anwendung der meisten relevanten Instrumente im Rahmen der Digitalisierung zu sehen. Vor allem bei Künstlicher Intelligenz, die ohne gute – also qualitativ und quantitativ hochwertige – Datengrundlage nicht trainiert werden kann und in solchen Fällen nur verzerrte Ergebnisse hervorbringt. Damit hohe Datenqualität und die Realisierung datenbasierter Use Cases nicht nur abstrakte Visionen bleiben, sondern konkrete Ziele werden können, benötigt es professionelles Datenmanagement im Rahmen einer Datenstrategie. Diese ermöglicht es, systematisch Daten zu sammeln, sie zu bereinigen, zu analysieren und letztlich zu nutzen. Grundsätzlich gilt: Durch die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft werden enorme Datenmengen generiert, und gleichzeitig sind Daten Kernvoraussetzung der digitalen Transformation von Unternehmen.

Veraltete IT-Architektur

Die Nachfrage nach neuen digitalen Angeboten durch Kunden und Partner sowie aus den Innovationsinitiativen stößt darüber hinaus auf eine etablierte und zum Teil über Jahrzehnte gewachsene, alte IT-Architektur. Diese muss im Rahmen einer Architektur-Transformation (Prozesse, Daten, Anwendungen, Infrastruktur) auf die Digitalisierung vorbereitet werden, damit sie die schnelle Umsetzung innovativer Angebote nicht behindert oder verhindert bzw. Zukunftsfähigkeit sichergestellt wird.

Denn moderne Versicherungsprozesse sind letztlich auch nur mit modernen IT-Systemen umsetzbar. Zahlreiche Versicherer haben aber noch alte Systeme bzw. Legacy-Anwendungen im Einsatz und stehen daher vor einer größeren IT-Transformation: Zum einen gilt es, eine zukunftsfähige Software zu entwickeln oder als Standardsoftware vom Markt einzuführen, zum anderen muss eine geeignete Cloud-Strategie gefunden werden, um ggfs. Infrastruktur-Dienstleistungen kostengünstig und flexibel beziehen zu können.

Die digitale Exzellenz ist in Gefahr, wenn das digitale Service- und Produktangebot nicht kontinuierlich auf Sicherheit und Compliance überprüft und optimiert wird. Denn mit zunehmender Digitalisierung des Geschäfts steigt auch das Risiko, als Unternehmen Opfer von Cyber-Kriminalität zu werden. Hier gilt es, die notwendigen strukturellen und technischen Vorkehrungen zu treffen.

Fazit

Drei der für Versicherer relevantesten Aspekte der Digitalisierung wurden in diesem Beitrag kurz erläutert – Open Insurance, Daten und die IT-Architekturen. Abschließend ist zu sagen, dass Versicherer und andere Finanzdienstleister Smart Data und Open Insurance als zukunftsgestaltende Exzellenzfaktoren verstehen müssen, um den Trend hin zu branchenübergreifenden Ökosystemen nicht zu verpassen. Um als Unternehmen an Open Insurance- und Embedded Insurance-Ansätzen teilnehmen zu können, werden daher Digital- und Datenstrategien sowie Modernisierungen der IT-Architekturen auf dem Weg zu Digital Excellence benötigt. Embedded Insurance ist hier sicherlich ein Wachstumsmarkt und die Zukunft, weil die Versicherung dorthin gebracht wird, wo der Kunde bereits ist.

ist Leiter Unternehmensentwicklung & PMO der Haftpflichtkasse und steuert die Zukunftsstrategie und Transformation. Er ist Experte für eine digitale und nachhaltige Unternehmensführung und steht für ein Excellence-Mindset, welches die Kernthemen Digitalisierung und Nachhaltigkeit verbindet und Unternehmen zukunftsrobust macht.

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