Desk Sharing Index 2025: Was sich in deutschen Büros tut

Die Arbeitswelt erlebt derzeit einen fundamentalen Wandel. Hybrides Arbeiten hat sich in vielen Branchen etabliert, doch parallel dazu mehren sich die Stimmen, die eine verstärkte Rückkehr ins Büro fordern. Der sogenannte „Return to Office“ ist nicht länger nur Thema medialer Debatten, sondern zeigt sich zunehmend auch in konkretem Verhalten: Büroanwesenheit, Arbeitsplatznutzung und Flächenplanung verändern sich messbar.
Von   Ivan Cossu   |  CEO und Co-Founder   |  deskbird
8. August 2025

Desk Sharing Index 2025:

Was sich in deutschen Büros tut

 

Aktuelle Auswertungen von Buchungsdaten aus deutschen Unternehmen mit hybriden Arbeitsmodellen im Rahmen des Desk Sharing Index 2025 erlauben belastbare Aussagen darüber, wie Mitarbeitende Büros und weitere Ressourcen tatsächlich nutzen – und welche Trends sich daraus für die Zukunft ableiten lassen.

 

Rückkehr ins Büro wird Realität

Ein genauer Blick auf die Verteilung der Anwesenheiten zeigt ein differenziertes Bild: Dienstag und Mittwoch sind mit jeweils 67 Prozent Präsenz die bevorzugten Bürotage. Dies entspricht einem leichten Anstieg gegenüber dem Vorjahr, insbesondere am Freitag, wo die Präsenz um acht Prozentpunkte auf 54 Prozent gestiegen ist. Trotz dieser Entwicklung bleibt der Freitag der am schwächsten frequentierte Tag. Das wirft wiederum Fragen auf, ob Büroflächen in den betroffenen Unternehmen an diesem Tag geöffnet bleiben sollten.


Quelle: deskbird

Auffällig ist zudem, dass mittlere und große Unternehmen eine deutlich höhere durchschnittliche Büropräsenz aufweisen als kleine Betriebe. Während Großunternehmen auf 61 Prozent und mittelgroße Firmen auf 62 Prozent kommen, liegt die Anwesenheit in kleineren Unternehmen (unter 250 Mitarbeitenden) lediglich bei 54 Prozent. Ein möglicher Grund: Größere Organisationen strukturieren ihre Büroprozesse stärker und treiben koordinierte Rückkehrstrategien aktiver voran. Dazu zählen unter anderem verbindliche Präsenzregelungen für bestimmte Wochentage, gezielte Kommunikationsmaßnahmen zur Präsenzkultur sowie die Einführung hybrider Führungstrainings. Auch der Einsatz digitaler Tools zur Anwesenheitsplanung trägt dazu bei, die physische Präsenz effizient zu steuern und auf die Bedürfnisse im Team abzustimmen.


Quelle: deskbird

 

Mia san Office: Den Süden zieht’s ins Büro, der Westen bleibt zurückhaltend

Ein Blick auf die acht größten deutschen Städte offenbart regionale Unterschiede: Stuttgart (66 %) und München (62 %) verzeichnen die höchsten Büroanwesenheitsraten, während Frankfurt am Main mit 49 Prozent das Schlusslicht bildet. Besonders auffällig sind die Rückgänge in Städten wie Leipzig und Köln, die im Vorjahr mit über 70 Prozent noch deutlich höhere Werte erreicht hatten. Die relative Stabilität in Städten wie Berlin, Hamburg oder Düsseldorf lässt vermuten, dass sich in diesen Regionen hybride Modelle stärker durchgesetzt haben. Das kann etwa daran liegen, dass die untersuchten Unternehmen frühzeitig klare Leitlinien für hybrides Arbeiten etabliert haben, die auf realen Datenanalysen basieren.
Im internationalen Vergleich zeigt sich ein ähnliches Muster: Zürich (68 %) und Wien (64 %) liegen über dem deutschen Durchschnitt, während Paris mit 52 Prozent auf Augenhöhe mit Hamburg rangiert. Diese Unterschiede reflektieren nicht zuletzt auch nationale kulturelle Prägungen in Bezug auf Präsenzarbeit, Arbeitsrecht und Infrastruktur.


Quelle: deskbird

 

Schreibtischauslastung: Trotz höherer Präsenz bleibt Luft nach oben

Trotz leicht steigender Büroanwesenheit bleibt die Auslastung der verfügbaren Arbeitsplätze niedrig. Am Dienstag, dem Tag mit der höchsten Büroauslastung, sind im Schnitt lediglich 37 Prozent der verfügbaren Schreibtische belegt. Am Freitag sinkt dieser Wert sogar auf 20 Prozent. Über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg schwankt die Schreibtischauslastung lediglich zwischen 29 und 33 Prozent – ein klarer Hinweis darauf, dass die Schreibtischnutzung weit hinter ihrem Potenzial zurückbleibt. Dies zeigt, dass viele Ressourcen nicht aktiv genutzt oder strategisch geplant werden. Es fehlt häufig an einem dynamischen Kapazitätsmanagement, das tagesaktuelle Anwesenheiten berücksichtigt und gleichzeitig auf spontane Veränderungen flexibel reagiert. Auch Desksharing-Modelle werden vielerorts noch nicht optimal gesteuert, was die tatsächliche Effizienz mindert.
Unternehmen mit mehr als 1.500 Mitarbeitenden erreichen bei der Schreibtischauslastung mit 34 Prozent den höchsten Wert, während der Mittelstand mit 27 Prozent deutlich zurückliegt. Kleinere Unternehmen, die im Vorjahr noch vorn lagen, fallen nun ebenfalls hinter die Großbetriebe zurück. Diese Zahlen legen nahe, dass viele Organisationen noch keine ausreichende Verbindung zwischen Anwesenheitssteuerung und Arbeitsplatzvergabe geschaffen haben. In der Praxis bedeutet dies oft: keine klaren Regeln zur Buchung und Freigabe von Arbeitsplätzen oder zu wenig Orientierung für die Mitarbeitenden.


Quelle: deskbird

 

Parkplatznutzung als Indikator für Mobilitätsverhalten

Auch die durchschnittliche Auslastung von Parkplätzen (54 Prozent) offenbart Optimierungspotenzial bei den untersuchten Unternehmen. Besonders hoch ist die Nutzung am Dienstag mit 59 %, am Freitag dagegen sinkt sie auf nur 46 Prozent. Auffällig ist die gegenteilige Entwicklung zur Unternehmensgröße: Kleine Firmen kommen auf 52 Prozent Parkplatzauslastung, während Großunternehmen nur eine Belegung von 47 Prozent verzeichnen. Das legt nahe, dass größere Organisationen möglicherweise mehr ungenutzte Flächen vorhalten – und gleichzeitig stärker auf alternative Mobilitätskonzepte setzen könnten.


Quelle: deskbird

Angesichts steigender Kosten für Infrastruktur und um die eigenen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, ist es ratsam, das Mobilitätsverhalten systematisch zu analysieren. Möglichkeiten reichen von der Förderung von Fahrgemeinschaften bis hin zur sukzessiven Reduktion ungenutzter Stellflächen – stets im Dialog mit den Mitarbeitenden. Nur so lässt sich herausfinden, was für das eigene Unternehmen und die Menschen darin wirklich funktioniert und Wirtschaftlichkeit mit persönlichen Präferenzen vereint.

 

Smarte Arbeitsmodelle erfordern datenbasierte Planung

Die Auswertung der aktuellen Daten zeigt: Die Rückkehr ins Büro ist Realität, aber sie erfolgt selektiv und bleibt von hoher individueller Flexibilität geprägt. Unternehmen, die auf feste Anwesenheitstage und pauschale Büroverpflichtungen setzen, laufen Gefahr, Ineffizienzen zu verstärken, etwa bei Arbeitsplätzen oder Flächen mit dauerhaft zu niedriger Auslastung. Gleichzeitig zeigen eigene Analysen, dass sich durch eine transparente Koordination hybrider Arbeit sowohl die Produktivität um bis zu 20 Prozent als auch die Zufriedenheit der Mitarbeitenden steigern lassen. Die Zukunft liegt daher nicht in der Rückkehr zu einst bewährten Strukturen, sondern darin, die Büroinfrastruktur intelligent an die neuen Bedürfnisse anzupassen.

 

Flexibilität trifft Planbarkeit

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Die Arbeitswelt hat sich dauerhaft verändert. Zwar nimmt die Büropräsenz in Deutschland wieder leicht zu, doch die Art der Nutzung hat sich grundlegend gewandelt. Nur wer auf intelligente Ressourcensteuerung, bedarfsorientierte Büroplanung und echte Flexibilität setzt, wird den wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen der neuen Arbeitsrealität gerecht. Dabei gilt es, nicht nur Flächen effizient zu nutzen, sondern auch neue Räume für Kollaboration und Kreativität zu schaffen – und das Büro dadurch wieder zu einem echten Ort der Begegnung und des Austauschs zu machen.

Nach seinem Abschluss an der Universität St. Gallen arbeitete Ivan für namhafte Unternehmen wie Morgan Stanley und BCG. Bereits in jungen Jahren realisierte er in seiner Freizeit kleinere Projekte, bis er gemeinsam mit Jonas Hess deskbird gründete, eine Software für Arbeitsplatz-Management.

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