Predictive Maintenance für maximale Fahrzeugzeit

Stillstehende Fahrzeuge und aufwendige Reparaturen kosten Mobilitätsanbieter täglich an Umsatz. Predictive Maintenance schafft Abhilfe: Durch intelligente Datenauswertung können Flottenmanager potenzielle Probleme frühzeitig erkennen, Wartungen gezielt planen und ihre Fahrzeuge zuverlässig und sicher im Einsatz halten.
Von   Christoph Ludewig   |  Vice President EMEA   |  Geotab
6. Oktober 2025

Predictive Maintenance für maximale Fahrzeugzeit

 

Ob klassisches Leasing, kurzfristige Autovermietung oder modernes Carsharing: Für Anbieter von Mobilitätsdiensten wirkt sich jedes nicht genutzte Fahrzeug unmittelbar negativ auf ihren Umsatz aus. Im Bereich Leasing, Rental und Mobility (LRM) liegt daher ein klarer Fokus darauf, die Verfügbarkeit von Fahrzeugen zu gewährleisten – idealerweise ohne ungeplante Unterbrechungen. Gleichzeitig muss jedoch auch die Sicherheit von Fahrgästen und Fahrern stets an oberster Stelle stehen. Neben dem sicheren Betrieb zählt auch der Werterhalt: Für Flottenmanager ist es ein zentrales Anliegen, unnötigen Verschleiß konsequent zu vermeiden, um Fahrzeuge möglichst lange betreiben und später gewinnbringend weitervermarkten zu können.

 

Ungeplante Ausfälle: Die unsichtbaren Kostenfallen im Flottenbetrieb

Wenn ein Mietfahrzeug plötzlich ausfällt, entstehen nicht nur die offensichtlichen Kosten für Reparatur und Ersatzteile, sondern auch eine Reihe versteckter Kosten. So kann ein Wagen, der in der Werkstatt steht oder auf einen Reparaturtermin wartet, natürlich nicht vermietet werden, wodurch Anbieter an Umsatz einbüßen. Hinzu kommt, dass Fahrzeuge, die in Unfälle verwickelt sind und daraufhin umfassend instand gesetzt werden müssen, deutlich an Marktwert verlieren.

Auch hinter den Kulissen summieren sich die Folgen: Das Schadensmanagement, die Koordination mit Versicherungen und die Kommunikation mit Kunden binden personelle Ressourcen und sorgen für zusätzlichen administrativen Aufwand. Hinzu kommt, dass die Kundenzufriedenheit leidet, wenn eine gebuchte Reservierung kurzfristig abgesagt werden muss oder ein Ersatzfahrzeug lange auf sich warten lässt. Das wirkt sich langfristig negativ auf das Vertrauen der Kunden und den allgemeinen Ruf aus.  Besonders kritisch wird es im B2B-Umfeld: Werden bestimmte Fahrzeugverfügbarkeiten vertraglich zugesichert, drohen bei Nichteinhaltung sogar Vertragsstrafen.

 

Balanceakt Wartungsplanung 

Für Flottenverantwortliche besteht eine zentrale Herausforderung darin, Wartungsmaßnahmen so zu timen, dass Ausfallzeiten möglichst gering bleiben und Verschleißteile rechtzeitig erneuert werden. Gleichzeitig ist es weder wirtschaftlich noch nachhaltig, auf Verdacht hin, intakte Bauteile auszutauschen – besonders, wenn es sich um kostenintensive Ersatzteile handelt. Dennoch war genau diese vorbeugende Wartung lange Zeit gängige Praxis: Um Risiken zu minimieren, wurden Bauteile oft vorsorglich ersetzt, obwohl sie technisch noch voll funktionsfähig waren.

Moderne Sensorik eröffnet heute jedoch neue Möglichkeiten. Sie erlaubt es, den tatsächlichen Zustand von Fahrzeugkomponenten präzise zu überwachen und deren Lebensdauer besser auszuschöpfen – ohne dabei Abstriche bei der Sicherheit hinnehmen zu müssen. Genau hier setzt das Konzept der vorausschauenden Wartung (Predictive Maintenance) an.

 

Predictive Maintenance: Aus Daten werden Wartungsstrategien

Bei der vorausschauenden Wartung werden Daten und Analysen genutzt, um potenzielle Maschinen- oder Geräteausfälle frühzeitig zu erkennen. Das Konzept ist keineswegs neu, galt allerdings lange als schwer umsetzbar und wirtschaftlich kaum tragfähig. Der Grund: Die Datenerhebung musste manuell erfolgen und in festen Intervallen durchgeführt werden, was einen erheblichen Aufwand bedeutete. Erst durch die fortschreitende Digitalisierung und die Vernetzung von Systemen hat sich das geändert. Heute lassen sich Fahrzeugdaten nahezu in Echtzeit erfassen, übertragen und auswerten.

Moderne Fahrzeuge generieren eine Vielzahl an Messwerten, die Einblicke in den Zustand verschiedenster Bauteile ermöglichen. Während zum Beispiel einfache Systeme wie Reifendrucksensoren den Fahrer auf zu niedrigen Luftdruck hinweisen, geht vorausschauende Wartung deutlich weiter: Sie wertet komplexe Sensordaten – etwa aus dem Motor oder Fahrwerk – aus, kombiniert diese mit historischen Vergleichswerten und leitet daraus präzise ab, wann ein kritisches Teil tatsächlich gewartet oder ersetzt werden sollte. So lassen sich Wartungsintervalle bedarfsgerecht planen – effizient, sicher und ohne unnötigen Verschleiß.

 

Datensilos auflösen: Warum einheitliche Informationen entscheidend sind

In großen Autovermietungen können an einem einzigen Standort mehrere hundert Fahrzeuge im Einsatz sein – von Kleinwagen bis hin zu Transportern oder Spezialfahrzeugen. Für Flottenmanager stellt die Wartungsplanung daher eine erhebliche Herausforderung dar. Unterschiedliche Fahrzeugklassen, Antriebsarten und Hersteller bringen jeweils eigene Wartungszyklen und Anforderungen mit sich. So gelten für einen Kleinwagen andere Anforderungen als für einen Transporter. Benzin- und Dieselmotoren unterscheiden sich ebenso wie konventionelle von vollelektrischen Antrieben. Zwar gelten Elektroautos als wartungsarm, doch auch sie haben empfindliche Verschleißteile wie Bremsen – und insbesondere der Zustand der Batterie muss kontinuierlich überwacht werden.

Die gute Nachricht: All diese Fahrzeuge sammeln während ihres Betriebs wertvolle Daten – eine vielversprechende Basis für vorausschauende Wartung. Die Herausforderung liegt jedoch darin, die Datensätze unterschiedlicher Fahrzeugtypen von verschiedenen Herstellern zusammenzuführen. Ohne geeignete digitale Werkzeuge ist es nahezu unmöglich, einen ganzheitlichen Überblick über den Zustand der gesamten Flotte zu gewinnen. Wenn die Datenintegration manuell erfolgen muss, wird der Aufwand schnell so groß, dass die Vorteile einer vorausschauenden Wartung wirtschaftlich verpuffen.

 

Die Vorteile einer zentralen Plattform

Um das volle Potenzial vorausschauender Wartung zu entfalten, braucht es mehr als nur einzelne Sensoren und Datensammlungen. Erst durch eine zentrale Telematik- und Datenplattform können Informationen aus der gesamten Fahrzeugflotte systematisch erfasst, in Echtzeit übertragen, intelligent gebündelt und ausgewertet werden. Kritische Betriebsparameter wie Temperatur, Vibrationen oder Luftdruck werden direkt aus dem Fahrzeug an die Plattform übermittelt, wo die Daten automatisch analysiert und aufbereitet werden.

Ein besonderer Vorteil solcher Systeme liegt in ihrer Fähigkeit, unterschiedliche Daten zu harmonisieren. Egal ob sie aus proprietären OEM-Schnittstellen oder aus nachgerüsteter Telematik-Hardware stammen – die Plattform schafft ein einheitliches, verständliches Bild des gesamten Fuhrparks. So haben Flottenmanager nicht nur den aktuellen technischen Zustand ihrer Fahrzeuge im Blick, sondern profitieren zusätzlich von modernen Machine-Learning-Algorithmen, die Abweichungen frühzeitig erkennen und vor möglichen Ausfällen warnen. So lassen sich Wartungszeitpunkte exakt und individuell bestimmen. Das minimiert ungeplante Ausfälle, verlängert die Lebensdauer wichtiger Komponenten und sorgt für eine effizientere, planbare Instandhaltung. Das Ergebnis: geringere Kosten, mehr Zuverlässigkeit und ein deutlicher Wettbewerbsvorteil.

Ein weiterer Pluspunkt für LRM-Anbieter: Durch die transparente Übersicht über den technischen Zustand aller Fahrzeuge lassen sich Einsätze gezielter planen – zum Beispiel indem besonders zuverlässige Modelle für viel genutzte Strecken priorisiert werden. Gleichzeitig ermöglicht die Datenlage fundierte Rückschlüsse auf die Langzeitqualität einzelner Fahrzeugtypen, was bei künftigen Investitionsentscheidungen hilft. Nicht zuletzt trägt Predictive Maintenance auch zur aktiven Risikominimierung bei: Fahrzeuge mit sicherheitsrelevanten Mängeln können frühzeitig identifiziert und aus dem Verkehr genommen werden – was die Verkehrssicherheit für alle erhöht.

 

Fazit

Predictive Maintenance eröffnet Mobilitätsanbietern neue Wege, ihre Flotten wirtschaftlicher, sicherer und verlässlicher zu betreiben. Durch die intelligente Nutzung von Fahrzeugdaten lassen sich ungeplante Ausfälle minimieren, Wartungsprozesse optimieren und die Lebensdauer der Flotte nachhaltig verlängern. Besonders in heterogenen Fuhrparks schafft eine zentrale Plattform Transparenz, Verlässlichkeit und Planungssicherheit – und wird damit zum strategischen Erfolgsfaktor im täglichen Flottenbetrieb.

Christoph ist Vice President EMEA bei Geotab und verantwortet dort Business Development / Vertrieb in Europa sowie die Zusammenarbeit mit OEM. Zuvor war er 25 Jahre lang für die Mercedes-Benz AG tätig, wo er zuletzt an Telematiklösungen für PKW- und Van-Flotten arbeitete. Zuletzt war er mehr als vier Jahre lang CEO der Mercedes-Benz Connectivity Services GmbH, der Vertriebsgesellschaft von Mercedes-Benz für Fahrzeugdaten und Flottentelematik.

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