Threat Detection in SAP als Innovationstreiber

Die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung von Unternehmen hat die Bedrohungslage für IT-Systeme drastisch verschärft. Insbesondere SAP-Systeme, die als Rückgrat zahlreicher großer Unternehmen fungieren, sind ein beliebtes Ziel für Cyberangriffe. Dabei geht es längst nicht mehr nur um den Schutz vor äußeren Bedrohungen; das Erkennen und Bewältigen interner Bedrohungen wird ebenfalls immer wichtiger.
Von   Luca Cremer   |  Fachbereichsleiter RZ10 Security bei mindsquare AG   |  Mindsquare AG
15. November 2024

Threat Detection in SAP als Innovationstreiber

 

Unternehmen, die sich proaktiv mit dem Thema Threat Detection in SAP-Systemen auseinandersetzen, können nicht nur gravierende finanzielle Schäden und Reputationsverluste verhindern, sondern auch ihre langfristige Wettbewerbsfähigkeit sichern. Laut Statista wird der Umsatz im Cybersecurity-Markt im Jahr 2024 etwa 172,20 Mrd. € weltweit betragen, eine Zahl, die wohl auch in den kommenden Jahren weiter ansteigen wird. In diesem Kontext entwickelt sich Threat Detection in SAP-Systemen zu einem Schlüsselfaktor für Sicherheit und Innovation, der es Unternehmen ermöglicht, Sicherheitslücken frühzeitig zu erkennen und agil auf neue Bedrohungen zu reagieren. Wer hier investiert, schützt nicht nur seine IT-Infrastruktur, sondern legt auch den Grundstein für zukünftigen Erfolg.

 

Verwundbarkeit in SAP-Systemen

SAP-Systeme enthalten sensible Daten, von der Finanzbuchhaltung bis zur Personalverwaltung, und sind tief in alle Geschäftsabläufe integriert. Ein Ausfall der SAP Landschaft bedeutet bei vielen Unternehmen sogar einen Stillstand der Betriebsfähigkeit. Aufgrund ihrer elementaren Rolle und einer Vielzahl möglicher technischer Schwachstellen, wie unzureichendem Berechtigungsmanagement oder veralteten Softwarekomponenten, sind SAP-Systeme besonders anfällig für Cyberangriffe und bieten ein profitables Ziel für Angreifer*innen. Laut dem diesjährigen Investitionsreport der DSAG beträgt die durchschnittliche Zeit, um einen Cyberangriff zu erkennen, etwa 200 Tage. Zudem kann es bis zu 270 Tage dauern, bis ein Vorfall vollständig behoben ist. Dies bedeutet, dass Angreifer oft mehrere Monate unentdeckt im System verbleiben können. Während viele Unternehmen Cyber Security noch hauptsächlich mit Ransomware-Angriffen assoziieren, umfasst die Bedrohungserkennung mittlerweile ein viel breiteres Spektrum, das auch die Erkennung von internen Bedrohungen und betrügerischen Aktivitäten einschließt.

Doch der Schutz von SAP-Systemen geht über die bloße Sicherheit hinaus – er kann noch viel mehr bewirken.

 

Threat Detection: Mehr als nur Sicherheit

Threat Detection in SAP-Systemen umfasst mehr als die bloße Erkennung von Sicherheitsvorfällen und trägt zu einer umfassenderen Sicherheitsstrategie bei, die mehrere Vorteile bietet. Dazu zählen Proaktivität, Transparenz und Compliance sowie Effizienzsteigerung.

  • Proaktive Sicherheitsstrategie: Durch die kontinuierliche Überwachung von Systemaktivitäten können Bedrohungen frühzeitig erkannt und Schadensfälle vermieden werden. Dies fördert eine vorausschauende Planung und kontinuierliche Verbesserung der Sicherheitsarchitektur.
  • Transparenz und Compliance: Die genaue Überwachung von Benutzeraktivitäten unterstützt die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und interner Richtlinien. Dies ist besonders wichtig in stark regulierten Branchen wie dem Bankwesen und der Energieversorgung.
  • Effizienzsteigerung: Die Analyse von Sicherheitsvorfällen ermöglicht es, interne Prozesse zu optimieren. So können zum Beispiel ineffiziente oder fragliche Berechtigungsstrukturen verbessert werden.

 

Trends in der Threat Detection für SAP

Während sich traditionelle Sicherheitsmaßnahmen oft auf externe Bedrohungen konzentrieren, rückt zunehmend die Erkennung interner Bedrohungen in den Fokus. Angriffsszenarien gehen vermehrt von bereits im Netzwerk befindlichen Personen aus. Diese inneren Bedrohungen erfordern spezialisierte Überwachungslösungen, um unübliche Aktivitäten zu entdecken und zu analysieren. Auch die Fähigkeit, Bedrohungen in Echtzeit zu erkennen, wird immer wichtiger. Echtzeitüberwachung ermöglicht es, sofort auf erkannte Bedrohungen zu reagieren, Schäden zu minimieren und im Bestfall zu vermeiden. Neben dem Fokus auf interne Bedrohungen und Echtzeitüberwachung gewinnen auch User Entity Behavior Analytics (UEBA) zunehmend an Bedeutung. Sie identifizieren ungewöhnliche Verhaltensweisen von Benutzer*innen innerhalb einer SAP-gestützten Organisation, wie etwa die Erstellung neuer Benutzerkonten, Anmeldungen von ungewöhnlichen IP-Adressen oder unerwartete Datenabflüsse, die auf potenzielle Sicherheitsvorfälle hinweisen können.

 

Kleiner Exkurs: Konfigurationseinstellung – Zero Trust Architektur

Neben Threat Detection für SAP-Systeme gibt es auch Zero-Trust-Architekturen, eine Sicherheitsstrategie, die darauf basiert, keinem Benutzer oder System automatisch zu vertrauen, selbst innerhalb des Unternehmensnetzwerks. In SAP-Umgebungen kann dieses Prinzip durch strenge Konfigurationseinstellungen umgesetzt werden, wie die Einschränkung des Zugriffs auf bestimmte IP-Adressen. Änderungen an diesen Einstellungen müssen genau überwacht werden, um unautorisierte Anpassungen zu verhindern – und genau hier setzt Threat Detection in SAP an, indem sie Bedrohungen erkennt und darauf reagiert, sobald sie auftreten.

 

Responsive Systeme im Threat Detection

In der Bedrohungserkennung bei SAP sind automatische Reaktionssysteme, wie sie in der Netzwerküberwachung schon länger eingesetzt werden, derzeit noch kaum implementiert; die Systeme konzentrieren sich zunächst auf die Erkennung von Anomalien. Das bedeutet, dass die Reaktionen auf erkannte Bedrohungen von Nutzer*innen selbst durchgeführt werden müssen und keine automatischen Antworten angeboten werden. Eine durchdachte Strategie könnte beispielsweise darin bestehen, kritische benutzerbasierte Aktivitäten zu überwachen, bei denen verdächtige Verhaltensweisen festgestellt werden. Ein Szenario könnte sein, dass ein Benutzerkonto ein neues Konto erstellt, sich dann von derselben IP-Adresse im neuen Konto anmeldet und ungewöhnliche Aktionen ausführt, woraufhin automatisch eine Sperre des Kontos ausgelöst wird. Ein weiteres Beispiel wäre, wenn eine IP-Adresse plötzlich eine hohe Anzahl von Anmeldeversuchen verursacht; hier sollte die IP-Adresse sofort blockiert werden. Es ist jedoch wichtig, klare Kriterien für solche Reaktionen zu definieren, um zu verhindern, dass die automatischen Reaktionen, wie z. B. eine vorübergehende Sperre aller Benutzerkonten, die Betriebsfähigkeit des Unternehmens einschränkt.

 

Abteilungsübergreifende Bedrohungen 

Besonders betroffen von internen und externen Angriffen sind die Finanz- und IT-Abteilungen. In der Finanzabteilung bestehen hohe Risiken, da hier sensible Finanzdaten verarbeitet werden. Mitarbeiter*innen mit Zugang zu Kreditkarteninformationen oder anderen finanziellen Daten könnten diese missbrauchen. In der IT-Abteilung könnten Entwickler*innen und externe Berater*innen, die tiefen Zugriff auf das System haben, Schwachstellen ausnutzen, insbesondere durch Debugging-Funktionen oder den Missbrauch von Berechtigungen. Zudem stellt das Herunterladen von Passwortinformationen oder anderen sensiblen Daten eine erhebliche potenzielle Bedrohung dar.

 

Die Rolle des Prüfers und rechtlichen Anforderungen

Im Kontext der rechtlichen und regulatorischen Anforderungen spielen Datenschutzgesetze wie die DSGVO, IT-Sicherheitsgesetze sowie branchenspezifische Vorschriften eine entscheidende Rolle, insbesondere im Rahmen von Compliance-Standards wie ISO 27001 oder ganz aktuellen EU-Vorschriften, wie NIS2. Der oder die Prüfer*in hat die wichtige Aufgabe, sicherzustellen, dass die Systeme eines Unternehmens vertrauenswürdig sind, indem er Mechanismen zur Erkennung von Datendiebstahl, Manipulation oder Datenverlust überprüft. Zudem bewertet er die Effektivität von Überwachungs- und Protokollierungssystemen wie SIEM und beurteilt die Fähigkeit des Unternehmens, auf Sicherheitsvorfälle zu reagieren. Dabei ist es essenziell, den Schutz vor Datenverlust und Manipulation sicherzustellen, die Systemverfügbarkeit zu gewährleisten und den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Durch die Einhaltung gesetzlicher und regulatorischer Vorgaben wird nicht nur Vertrauen in die eigenen Systeme und Prozesse aufgebaut, sondern auch die grundlegende Compliance sichergestellt.

 

Cybersecurity-Gap im Branchenvergleich

In stark regulierten Branchen wie dem Bankwesen und der Energieversorgung sind umfassende Sicherheitsmaßnahmen bereits weitgehend etabliert. Diese Branchen haben oft die Ressourcen, um fortschrittliche Threat Detection Systeme zu implementieren. Andere Branchen, wie beispielsweise die Wasser- und Lebensmittelversorgung, sollten ihre Bemühungen im Bereich Threat Detection verstärken, da sie zunehmend in den Fokus von Cyberangriffen rücken. Öffentliche Unternehmen, die oft über begrenzte finanzielle Mittel verfügen, könnten von praktikableren Lösungen profitieren, die regelmäßige, aber nicht kontinuierliche Überwachung bieten.

 

Rolle von Threat Detection als Innovationstreiber

Threat Detection in SAP-Systemen geht über reine Sicherheitsmaßnahmen hinaus; es schafft Bewusstsein für Sicherheitsrisiken und motiviert Unternehmen, proaktive Schritte zu ergreifen. Die Erkennung und Bewältigung echter Bedrohungen steigert nicht nur die Systemsicherheit, sondern auch die Effizienz und Zuverlässigkeit der Geschäftsprozesse. Die Implementierung solcher Technologien ist entscheidend für den Schutz und die Integrität moderner Unternehmen. Wesentliche Aspekte dabei sind die Bereitstellung ausreichender Ressourcen, Fachwissen in SAP und IT-Forensik, klar definierte Verantwortlichkeiten sowie ein gut vorbereiteter und getesteter Reaktionsprozess. Eine durchdachte Threat Detection schützt vor Cybergefahren und fördert gleichzeitig Innovationen durch die fortlaufende Verbesserung der Sicherheitsarchitektur und der Geschäftsprozesse. Unternehmen sollten diese Technologien als strategischen Vorteil betrachten und sich aktiv auf die Erkennung und Abwehr sowohl externer als auch interner Bedrohungen vorbereiten.

Luca Cremer ist Partner und Bereichsleiter Security bei der mindsquare AG. Er fungiert als erster Ansprechpartner rund um die Themen SAP-Security und IT-Security. Seit vielen Jahren ist er in der Strategieberatung und Projektleitung unterwegs und widmet sich der Entwicklung und Umsetzung von Security-Strategien sowie konformen Berechtigungskonzepten. Als Management- und Technologieberater verbindet Luca Cremer tiefgehende fachliche Expertise mit langjähriger Erfahrung in der Projektleitung.

Um einen Kommentar zu hinterlassen müssen sie Autor sein, oder mit Ihrem LinkedIn Account eingeloggt sein.

50005

share

Artikel teilen

Top Artikel

Ähnliche Artikel