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Verantwortungsvoll in die digitale Zukunft!

Von   Marcus Hammer   |  Head of digital media   |  tectumedia
28. Januar 2019

Der Grad zwischen sinnvoller Datennutzung und Datenmissbrauch ist oft schmal. Wir stehen am Anfang der digitalen Revolution, die auf Daten basiert. Hier kollidieren die Gefahren permanenter Überwachung und Kontrolle mit den Vorzügen brillanter technischer Lösungen, die den Alltag bereichern. Keiner kann sich der Digitalisierung langfristig entziehen und sollte die Chancen und Risiken kennen, um diese weitreichenden Entwicklungen aktiv mitzugestalten – denn ein Orwell-Szenario will keiner.
“1984” – Der Roman des englischen Schriftstellers George Orwell gilt als Warnung vor den Folgen totalitärer Regime und Ergebnissen staatlicher Überwachungs- und Manipulationsmethoden. Geschrieben hat Orwell dieses fiktionale Werk 1946 bis 1948. Die allgegenwärtige „Gedankenpolizei“ überwacht permanent die gesamte Bevölkerung und durch die nicht abschaltbaren “Telescreens” und Mikrofone werden die Menschen visuell kontrolliert, manipuliert und überwacht. Orwell wurde und wird noch oft zitiert, vor allem, wenn es um das Nazi-Deutschland geht, die ehemalige DDR, die RTL2-Show “Big Brother”, den NSA-/ Snowden-Skandal oder auch Trumps Führungsstil.

Sein Roman ist einem politischen und gesellschaftlichen Bild gewidmet, keinem technischen. Kameras, Tele-Screens und Mikrofone wurden für die Zwecke eingesetzt, aber der technische Fortschritt wird dabei nicht in Frage gestellt. Dennoch ist in seinem Buch die Gedankenkontrolle und Überwachung nur durch die technischen Hilfsmittel möglich. Die Menschen in Orwells Werk hatten keine Wahl und konnten die Screens nicht ausstellen. Zweifelsohne steht die Bedeutung und Präsenz von Bildschirmen in unserer Gegenwart denen aus Orwells Zukunftsvision um nichts nach – wir jedoch können sie noch jederzeit abschalten. Ein Leben ohne Screens – ob nun Handy oder TV – können sich die Meisten nicht mehr vorstellen. Wir wissen, dass unser Smartphone ein Mikrofon hat, Laptops eine Kamera und die großen US-amerikanischen Konzerne unsere Daten analysieren. Die Nutzung ist rein fakultativ. Und wir kaufen und nutzen immer mehr Geräte wie Sprachassistenten oder Smart Home Anwendungen.

Technischer Fortschritt – Fluch und Segen zugleich?

Der technologische Fortschritt erlaubt es, dass wir uns weltweit in Echtzeit austauschen, unsere Meinungsfreiheit nahezu jederzeit ausleben können und hilfreiche Informationen in unbegrenztem Umfang abrufbar sind. Für jede Frage gibt es eine Antwort, für jedes Problem gibt es eine Lösung oder sogar auf Knopfdruck gleich das passende Produkt. Auf der anderen Seite geben wir dafür unsere Daten preis. Wir bezahlen mit unserer Privatsphäre. Snowden kommentierte Orwells Werk: “Die Sammlungstypen im Buch – Mikrofone und Videokameras, Fernsehgeräte, die uns beobachten – sind nichts im Vergleich zu dem, was wir heute zur Verfügung haben”. Staatliche Überwachungsmaßnahmen, welche die gesamte Erdbevölkerung bespitzeln, wie durch die NSA unserer „Weltpolizei“ USA sind, neben staatlicher Vollüberwachung inklusive persönlichem Sozialkonto der Chinesen, längst ein alter Hut. Die kommerziellen „Datenkraken“ wie Facebook, Google, Amazon & Co. hingegen teilen sich den Daten-Markt für die Zukunft auf und bestimmen diesen maßgeblich.

Wenn schon Werbung, dann relevante!

Wir alle nutzen die verschiedenen Dienste freiwillig, benötigen sie zum Teil sogar für unseren Alltag, wissen aber auch, dass nicht klar ist, wo welche Daten am Ende des Tages für was genutzt werden. Nun gibt es Menschen, die sich dann Adblocker installieren, überall Fake-Infos hinterlegen und versuchen, einen Mittelweg zu gehen und somit die vollständige Preisgabe ihrer Privatsphäre zu umgehen. Werbung ist der Preis dafür, dass wir ein kostenfreies Internet haben und gerade hier finden all diese Daten ihre passende Verwendung. Die Intention der Werbebranche, Daten anonym zu analysieren, um Internetnutzern, wenn sie schon Werbung sehen müssen, zumindest auch relevante Produkte anzuzeigen, ist zumindest dem Großteil der Nutzer klar und eine lobenswerte Intention, die nebenbei auch ihre wirtschaftlichen Vorzüge birgt. Wenn es dann allerdings darum geht, dass niemand genau weiß, was Google und Facebook mit diesen Daten noch machen, wird es schnell politisch. Bis wohin geht Effizienzsteigerung und Qualitätsverbesserung von Werbung? Wenn unsere eigenen Entscheidungen unser tägliches Konsumverhalten sowie die damit verbundenen Anforderungen an die Wirtschaft bestimmen, wer sich langfristig am Markt behaupten kann, liegt es dann nicht schlussendlich in unserer eigenen Hand? Doch wie war das noch gleich mit den Daten und der Einflussnahme auf unser Verhalten?

Wachstum der Datenökonomie

Nutzerdaten sind nicht nur für die Werbeindustrie zunehmend interessant, sondern die Basis für neue und zukunftsorientierte digitale Geschäftsmodelle in allen Branchen.  Die Datenökonomie wächst mit der Digitalisierung. Eine Entwicklung, die ihren Ursprung schon im letzten Jahrhundert fand und deren Fortschritt uns durch die unaufhaltsame Geschwindigkeit und ohne absehbares Ende nachdenklich stimmt. Der Datenmarkt wächst schneller als die deutsche Wirtschaft. Laut einer Studie des globalen Rechenzentrum-Partners digitalreality vom April 2018 beträgt die datengetriebene Wertschöpfung rund 196 Milliarden Euro im Jahr. Das soll der Betrag sein, den Daten zur Wirtschaft beitragen könnten. Allerdings werden nur 55 Prozent davon derzeit genutzt. Das Wirtschaftswachstum unterliegt mit etwa 2,2 Prozent dem der Daten-Ökonomie mit 10,9 Prozent. Vor allem der Mittelstand hängt jedoch in puncto Digitalstrategie noch hinterher. Doch auch hierfür gibt es von der Bundesregierung bereits etliche Förderprogramme für die smarte Datenwirtschaft, in denen die wirtschaftliche, kulturelle und strukturelle Weiterentwicklung neuer Geschäftsmodelle vorangetrieben wird, wie zum Beispiel Smart Data, Smart Living oder IKT für Elektromobilität.

Wenn von dieser Triebfeder die Wirtschaft profitiert, ist es dann nicht auch in unserer aller Interesse? Unternehmen in allen Branchen beteiligen sich an diesem Fortschritt und übertrumpfen sich gegenseitig darin, ihr Angebot für jede individuelle Wunschvorstellung zu konfektionieren. Nicht zuletzt geschieht das, weil die jüngeren Generationen dies jetzt schon einfordern. Um sich zukünftige Marktpositionen zu sichern, müssen Unternehmen ihre Produkte und Services zeitgemäß an die “modernen” Anforderungen und das “always online”-Nutzerverhalten anpassen. Egal, ob wir ein Auto kaufen, eine Versicherung abschließen, Urlaub buchen oder online shoppen – individuelle Lösungen werden sich in Zukunft besser verkaufen als Gießkannen-Produkte, die die breite Masse ansprechen. Wo es früher keine Extrawurst gab, spielt heute nun mal das Wunschkonzert.

Eine Versicherung ist dafür ein gutes Beispiel. Die meisten Versicherer kategorisieren Verbraucher in wenige Risikogruppen und passen nur die Kosten an: Ein Rentner in einer Kleinstadt zahlt dann beispielsweise für dieselbe Haftpflichtversicherung weniger als ein Student in einer Großstadt. Gleiche Produkte werden zu unterschiedlichen Tarifen angeboten. Beide haben aber vermutlich ganz andere Anforderungen und Bedürfnisse. In Zukunft werden sich aber auch die Produkte selbst ändern und individueller an die eigentlichen Bedürfnisse angepasst. Im Bereich der KfZ-Versicherungen redet die Branche bereits über individuelle Beiträge, die sich am Fahrverhalten orientieren. Auch im Auto selbst wird es zukünftig immer individueller. Alexa fürs Auto gibt es bereits. Sehr wahrscheinlich wird die Autofahrt in naher Zukunft bereits sprachgesteuert sein und der Voice-Assistent steuert selbstständig die Läden an, in denen wir noch etwas einkaufen wollten. Er weiß natürlich wann wir Zuhause sein werden und wie sehr wir uns verspäten. Praktischerweise geht dann in unserem Smart Home schon die Heizung an. Natürlich misst der Fahrersitz automatisch im Hintergrund unsere Vitalzeichen und überträgt sie an unsere Health-App, die dann sagt, heute wäre Yoga besser als Joggen.

Connected Future

Alles wird miteinander vernetzt und vieles in unserem Leben wird dadurch zukünftig noch komfortabler, vielleicht sogar besser. Die Basis hierfür sind unsere Daten – ein scheinbar kleiner Preis? Die “digital natives” Generation ist darauf schon eingestellt, aber auch die “silver surfer” sind mittlerweile größtenteils digital interessiert. Ob es uns gefällt oder nicht, verhindern kann die Digitalisierung keiner. Wichtig ist und bleibt, dass wir bewusst entscheiden, welche Dienste und Technologien wir in Anspruch nehmen, welche Daten wir preisgeben wollen und das Unternehmen transparent sowie bedacht mit unseren Informationen umgehen, um eine solche digitale Zukunft für uns alle erstrebenswert zu machen. Überwachung à la Orwell – die Zukunft wird zeigen, was die Politik in puncto Datenschutz noch unternimmt und ob und wie sich das Nutzungsverhalten der Menschen als Konsequenz auf diese Intransparenz ändern wird.

Marcus Hammer ist Head of Digital Media bei tectumedia. Die Agentur mit Sitz in Berlin richtet ihren Fokus auf die Beratung und Umsetzung von Online Marketing-Maßnahmen. Der studierte Betriebswirt ist für die strategische Führung und Koordination von Online Marketing-Kampagnen zuständig. Er verantwortet die erfolgreiche Entwicklung und Umsetzung von digitalen Marketingstrategien für internationale Kunden aus dem E-Commerce sowie aus dem Reise- und Energie-Bereich.

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