KI und Automatisierung – Sind Unternehmen bereit für die Hyperautomatisierung?

Von   Balakrishna DR   |  Senior Vice President   |  Infosys
14. Oktober 2021

Mit Beginn der Industrialisierung hielt auch die Automatisierung Einzug in viele Unternehmen. Routinemäßige Geschäftsprozesse wie Kreditorenbuchhaltung oder Auftragsmanagement konnten mithilfe von Automatisierungs-Tools effizienter gestaltet werden. Mittlerweile kommen selbst branchenspezifische Prozesse – etwa das Schadenmanagement bei Versicherungen oder die Kreditvergabe bei Banken – dank Robotic Process Automation (RPA) mit nur wenig menschlichen bzw. manuellen Eingriffen aus. Bisher konzentrierte sich traditionelle Automatisierungs-Software vermehrt auf die Umsetzung von Prozessen. Die moderne Automatisierung umfasst darüber hinaus aber auch die Integration von künstlicher Intelligenz (KI) in die RPA – damit entsteht eine intelligente Automatisierung, die die menschlichen Fähigkeiten erweitert. Aber ist es möglich, den Mehrwert der Automatisierung noch weiter zu steigern?

Hyperautomatisierung ist eine Weiterentwicklung der Automatisierung mithilfe komplexer KI-basierter Tools und Software sowie einem Ökosystem, bestehend aus Plattformen und Systemen. Auf diese Weise wird die Automatisierung auf jeden Geschäftsprozess einer Organisation ausgeweitet, der möglicherweise automatisiert werden kann. Die Technologie unterstützt Unternehmen zudem dabei, komplexe betriebliche Entscheidungen zu automatisieren. Um die Potenziale vollständig auszuschöpfen, müssen Firmen jedoch in hochentwickelte Technologien investieren und sich Zugang zu den erforderlichen Datenmengen verschaffen, um die Automatisierung in großem Maßstab voranzutreiben. Doch sind die Unternehmen von heute schon bereit dafür?

Hindernisse auf dem Weg zur Hyperautomatisierung

Der Weg zu einer effektiven Hyperautomatisierung ist mit Herausforderungen verbunden: Mangelnder Weitblick kann beispielsweise zu Investitionen in Lösungen führen, die entweder nicht skalierbar sind oder sich nicht problemlos mit anderen Tools integrieren lassen – dies führt dazu, dass die Automatisierung nicht übergreifend, sondern in Silos stattfindet. Die Automatisierungslandschaft bietet zahlreiche Lösungen, und Unternehmen stehen oft vor der Frage, in welche Funktionen sie investieren sollen. Ebenso wichtig ist die langfristige „Haltbarkeit“ einer Lösung sowie die Stabilität des Anbieters – denn diese Faktoren können sich sowohl auf den Support als auch auf die Erweiterungen auswirken, die erforderlich sind, um mit den sich ändernden Anforderungen Schritt zu halten.

Fehlende Beratung oder Know-how hinsichtlich der Integration von RPA mit anderen Tools ist ein häufiges Hindernis, insbesondere wenn die Mitarbeiter nicht über die erforderlichen Fähigkeiten verfügen. Oftmals wird die Automatisierung von den Mitarbeitern – aufgrund von Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes – nicht akzeptiert. Dies wirkt sich wiederum auf die Unternehmenskultur aus und kann so schnell zu einer nur schwer überwindbaren Hürde werden. Aus diesem Grund sollten alle Akteure entlang der gesamten Automatisierungskette den gleichen KI-Reifegrad besitzen, um den Nutzen zu maximieren. Ein weiteres Hindernis: Unstrukturierte Daten und Sicherheitsbedenken können Hyperautomatisierungsinitiativen zum Scheitern verurteilen.

Wie können sich Unternehmen auf die Hyperautomatisierung vorbereiten?

Unternehmen können in die komplexesten KI-basierten Automatisierungslösungen investieren – sind diese jedoch nicht auf die langfristige strategische Roadmap zur Hyperautomatisierung abgestimmt, liefern sie auch nicht den gewünschten Mehrwert. Verantwortliche für technologische Innovationen sollten daher eine End-to-End-Automatisierung planen, die auf die allgemeinen Geschäftsziele abgestimmt ist. Die Roadmap muss ergänzende Technologien enthalten, die sowohl skalierbar als auch gut integrierbar sind.

Der erste Schritt zur Hyperautomatisierung besteht darin, den KI-Reifegrad eines Unternehmens zu bewerten. Auf Grundlage dessen entwickelt das Unternehmen eine langfristige Strategie entwickelt, die sicherstellt, dass die Entscheidungsfindung beim Technologieeinkauf rationalisiert wird. Dabei sollte die Optimierung von Umsatz, Kosten, Risiken und Qualität im Fokus stehen. Der nächste Schritt besteht darin, verschiedene Technologiemärkt zu bewerten und einen Investitionsplan zu erstellen, um effektiv taktische und strategische Geschäftswerte zu erzielen.

Erhöht die Investition den Umsatz? Wird sie Prozesse verbessern, die Kundenbindung stärkt oder neue Dienstleistungen einführen – dies sind einige Fragen, die sich Unternehmen stellen sollten. Die Wahl der Automatisierungs-Tools muss dazu beitragen, Kosten zu optimieren – dabei werden Fehler reduziert sowie Prozesse beschleunigt und effizienter gestaltet.

Bei jeder Automatisierung muss das Risiko der Nichteinhaltung gesetzlicher Vorschriften berücksichtigt werden.  Die Aufnahme von KI in den Automatisierungsmix bringt rechtliche, ethische und Compliance-Verantwortlichkeiten mit sich, die Organisationen beachten müssen. Um Vertrauen zu schaffen und sich auf künftige Richtlinien vorzubereiten, sollten Unternehmen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die KI-Implementierung erklärbar ist. Der Erfolg der Automatisierung hängt darüber hinaus von der Auswahl der geeigneten Daten für jeden Anwendungsfall und der Sicherstellung ihrer Qualität ab. Eine starke Use Case-Strategie, die sich an den geschäftlichen Anforderungen und weniger an der Technologie orientiert, kann auf dem Weg zur Hyperautomatisierung schon früh die Weichen für den Erfolg stellen.

Die Entwicklung einer leistungsfähigen Integrationsstrategie ist von entscheidender Bedeutung, da sie die zentrale Verwaltung der Systeme und die Kommunikation im gesamten Unternehmen ermöglicht. Organisationen müssen die verschiedenen Plattformen, Tools und Software, die sie für die Hyperautomatisierung nutzen, zusammenführen und orchestrieren. Dazu benötigt es Digital Operations-Tools, die sich eng an der Automatisierungs-Roadmap orientieren. Alle KI-Anwendungen müssen in diese Tools integriert werden, um die Geschäftsprozesse zu verbessern und einen langfristigen Geschäftswert zu schaffen.

Keiner der eingeleiteten Schritte führt ohne eine passende Change Management-Strategie zum Erfolg: Daher ist es enorm wichtig, dass Unternehmen auf die Ängste ihrer Mitarbeiter vor einer Entlassung aufgrund von Hyperautomatisierung eingehen. Mitarbeiter müssen die Möglichkeit haben, sich weiterzubilden und umzuschulen. Auf diese Weise sind sie in der Lage, anspruchsvollere Aufgaben zu übernehmen und redundante Aufgaben von der Hyperautomatisierung erledigen zu lassen. Und: Unternehmen müssen die richtigen Talente rekrutieren und in deren kontinuierliche Weiterbildung investieren.

Fazit

Nach der Pandemie hat die Hyperautomatisierung in allen Branchen an Fahrt aufgenommen, um die Produktivität und Kapazität zu steigern, schwankende Anforderungen zu erfüllen, die Qualität der Dienstleistungen und Produkte für die Kunden zu verbessern und das Kundenerlebnis zu steigern. Es wird erwartet, dass die Investitionen in die Hyperautomatisierung ansteigen, um operative Exzellenz und Resilienz zu erreichen, da Unternehmen von einer verbesserten Kapitalrendite profitieren.

ist SVP und leitet er die KI- und Automationsabteilung von Infosys. Er ist dafür verantwortlich, sowohl die interne Automatisierung bei Infosys voranzutreiben als auch unabhängige unabhängige Automationsdienste anzubieten, die marktführende Produkte für Kunden anbieten.

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