Homeoffice schafft neue Herausforderungen für Unternehmen

Von   Isabel Franzka   |  Geschäftsführerin I Steuerberaterin   |  ABG Allgemeine Beratungs- und Treuhandgesellschaft mbH Steuerberatungsgesellschaft
17. März 2021

Das Thema Homeoffice scheint durch die Corona-Krise hierzulande seinen Dornröschenschlaf beendet zu haben. In Zeiten von Lockdowns und Kontaktbeschränkungen ist es oft die einzige Möglichkeit, den Betrieb sicherzustellen. Dadurch erkennen immer mehr Unternehmen, wie viele Arbeiten auch von zu Hause oder mobil erledigt werden können. Doch diese Form der Zusammenarbeit bringt eigene Herausforderungen mit sich. Was es beim Homeoffice zu beachten gilt, wissen Steuerberaterin Isabel Franzka und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dieter Merz.
Homeoffice war vor Corona eher ein Nischenthema, das sich oftmals nur große Unternehmen, bestimmte Branchen und fortschrittliche Arbeitgeber:innen auf die Fahnen geschrieben hatten. Dann kam Corona und seither hat sich die Situation verändert. Denn in der Pandemie erlaubt das Arbeiten von zu Hause das Reduzieren von Kontakten und damit ein geringeres Ansteckungsrisiko. Zuletzt wurde vom Gesetzgeber im Rahmen der Corona-Arbeitsschutzverordnung sogar eine vorübergehende Homeoffice-Pflicht festgelegt – vorerst bis zum 15. März 2021. Diese gilt für Büroarbeiten und ähnliche Tätigkeiten. Jedoch muss der Arbeitgeber, sprechen zwingende betriebliche Gründe dagegen, kein Homeoffice ermöglichen. Die Arbeitnehmenden selbst sind zudem nicht dazu verpflichtet, das Heimarbeit-Angebot des Arbeitgebers anzunehmen. Es ist also eher eine schwache Pflicht. Dennoch erhitzt das Thema die Gemüter. Und diese Debatte zeigt, dass hier etwas grundlegend im Wandel ist, das neue Anforderungen an die Gesetzgebung, die Unternehmensorganisation und auch manche Firmenphilosophie stellt.

Wird Homeoffice zum Standard?

Ein Beleg für den momentanen Umwälzungsprozess sind Umfrageergebnisse wie die der repräsentativen Befragung[1] des Digitalverbandes Bitkom. Danach arbeitet derzeit fast jeder zweite Arbeitnehmende zumindest teilweise im Homeoffice. Dazu muss gesagt werden, dass die Studie im Dezember 2020 und damit noch vor der Homeoffice-Pflicht veröffentlicht wurde – die Zahl könnte aktuell also noch höher liegen. Bitkom-Berechnungen zufolge dürfte die Bedeutung des Homeoffice nach der Corona-Krise erhalten bleiben: 35 Prozent der Beschäftigten würden auch dann noch entweder fest oder teilweise im Homeoffice arbeiten. Vor der Pandemie sah das laut Digitalverband noch anders aus, da waren es drei Prozent mit festem und 15 Prozent mit teilweisem Homeoffice. Diese Tendenz bestätigt auch eine repräsentative Umfrage[2] des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim. Hiernach erwarten 64 Prozent der mittleren und 40 Prozent der kleineren Unternehmen der Informationswirtschaft eine dauerhafte Ausweitung der Arbeit aus dem Homeoffice. In dieser Branche wollen zwei Drittel der Unternehmen das Homeoffice auch nach der Pandemie weiter nutzen. Aber selbst im verarbeitenden Gewerbe, wo ein umfassender Einsatz der Heimarbeit oft schwierig ist, planen dies 37 Prozent der Befragten. Die Art, wie wir arbeiten, wird sich wohl unweigerlich verändern. Wie können sich Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber darauf einstellen?

Ausgaben und Anschaffungen anpassen

„Dauerhaftes Homeoffice kann Unternehmen Vorteile bieten. Werden etwa Büroräume eingespart, sinken die Betriebsausgaben. Außerdem könnten Büros anderweitig genutzt werden, zum Beispiel als Lager oder als neue Einnahmequelle zur Untervermietung – sofern möglich“, sagt Steuerberaterin Isabel Franzka. Die Arbeit von zu Hause könne auch die Digitalisierung und Modernisierung im Unternehmen voranbringen – denn Homeoffice erfordere eigene technische Lösungen. „Mit dieser Weiterentwicklung sind wiederum Investitionskosten und Betriebsausgaben verbunden, die die Steuerlast senken können. Bei größeren Anschaffungen kann zudem unter bestimmten Voraussetzungen ein Investitionsabzugsbetrag gebildet werden“, erklärt Franzka. Die Expertin warnt jedoch davor, Homeoffice als Steuer- oder Kostensparmodell zu sehen. Insgesamt können sich die betrieblichen Ausgaben durch das Homeoffice leicht verdoppeln – wenn etwa Arbeitgeber die Heimarbeit ihrer Angestellten fördern und zusätzlich noch die bisherige Anzahl an Büroarbeitsplätzen freihalten. „Ich rate Mandanten dazu, Posten wie Büroausstattung, Miete, Versicherung oder Telefonkosten gründlich zu prüfen und an die neue Situation anzupassen“, so Franzka.

Steuerliche Auswirkungen beachten

Eigene steuerliche Erleichterungen für das Homeoffice im Zuge von Corona gab es nicht. „Es gibt für Arbeitgeber im Zuge der Pandemie aber die Möglichkeit, ihren Angestellten bis zum 30.06.2021 einen Zuschuss von bis zu 1.500 Euro zu zahlen. Dieser Betrag ist steuer- und sozialversicherungsfrei und nicht zweckgebunden“, sagt die Expertin. In der Besteuerung etwa des Dienstwagens können sich durch das coronabedingte Homeoffice jedoch auch Herausforderungen ergeben. „Nehmen wir beispielsweise einen Arbeitgeber, der in der Lohnabrechnung die Dienstwagennutzung seines Arbeitnehmers für dessen Weg zur Arbeitsstätte pauschal mit 0,03 Prozent des Neuwagenpreises pro Kilometer versteuert. Durch das Corona-Homeoffice kann es nun sein, dass sein Arbeitnehmer unter 180 Fahrten in 2020 kommt. Dann fällt dieser im Prinzip unter die günstigere Besteuerung von 0,002 Prozent pro Kilometer Arbeitsweg. Allerdings kann hier der Arbeitgeber den Wechsel in der Dienstwagenbesteuerung nicht einfach im Rahmen der Lohnabrechnung vollziehen. Dies kann erst der Arbeitnehmer als Korrektur seines Arbeitslohns in der Einkommensteuererklärung vornehmen“, erklärt Franzka und nennt eine weitere Voraussetzung: „Jede einzelne Fahrt muss für die 0,002-Prozent-Regelung nachgewiesen werden – von Anfang des Jahres an.“ Da der Arbeitnehmer im Beispiel aber vor Corona kein Fahrtenbuch geführt hat, sollten hier Belege wie Arbeitszeiterfassung oder eine Anwesenheitsbestätigung des Arbeitgebers eingereicht werden. Für das dauerhafte Homeoffice nach der Krise sollten die Dienstwagenregelungen entsprechend angepasst werden. In einigen Fällen können Unternehmen mit dem neuen Arbeitsmodell den Posten des Dienstwagens möglicherweise ganz einsparen.

Mit schriftlichen Regelungen für Klarheit sorgen

Neben betriebswirtschaftlichen und steuerlichen Fragen betrifft das Homeoffice auch das Arbeitsrecht. Das Problem hierbei: In vielen Arbeitsverträgen gibt es bisher keine expliziten Formulierungen zum Homeoffice. Und auch vom Gesetzgeber wurden in der Vergangenheit dazu kaum verbindliche Regeln geschaffen. Deshalb müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit Verträgen selbst für Klarheit und Rechtssicherheit sorgen. Bei Neueinstellungen kann das Thema von vornherein in die Arbeitsverträge aufgenommen werden. Bei bestehenden Arbeitsverhältnissen empfiehlt Fachanwalt Dieter Merz schriftliche Homeoffice-Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Seite. „Neben der Arbeitszeit sollten vor allem die technische Einrichtung und Ausstattung des Homeoffice, eine Regelung über die Tragung der Kosten der Einrichtung sowie eventueller Aufwendungen des Mitarbeiters wie beispielsweise Mietkosten, Strom oder Internet sowie ein Zutrittsrecht für den Arbeitgeber zur Einrichtung und Beurteilung des Arbeitsplatzes vereinbart werden“, sagt der Rechtsanwalt. Der Arbeitgeber sei grundsätzlich für die Ausstattung des heimischen Arbeitsplatzes verantwortlich, wenn die regelmäßige Arbeit im Homeoffice vereinbart ist. „Aus der sogenannten Arbeitsstättenverordnung ergibt sich, dass der Arbeitgeber dem Mitarbeiter auf seine Kosten die für den Homeoffice-Arbeitsplatz erforderlichen Arbeitsmittel wie etwa Computer oder Schreibtisch zur Verfügung stellen muss. Bringt der Mitarbeiter diese selbst ein, kann er einen Aufwendungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber haben“, so Merz.

Datenschutz auch im Homeoffice sicherstellen

Das Homeoffice spart oft Zeit und schafft Flexibilität, doch es ist auch eine Herausforderung für die Arbeitsorganisation. Gerade die Trennung von privat und beruflich fällt nicht immer leicht: Schnell hat das Kind oder der Partner zu Hause einen Blick auf sensible Informationen geworfen. Das ist durchaus problematisch, denn für den Datenschutz im Homeoffice gelten dieselben Anforderungen wie am innerbetrieblichen Arbeitsplatz. Daher sollten Arbeitgeber dringend schriftlich mit ihren Mitarbeitern vereinbaren, dass Datenschutzgrundverordnung, Bundesdatenschutzgesetz und alle weiteren diesbezüglichen innerbetrieblichen Regelungen auch im Homeoffice gelten. „Der Mitarbeiter muss verpflichtet werden, die betrieblich genutzten Arbeitsmittel so aufzubewahren, dass Dritte hierauf keinen Zugriff haben. Außerdem ist es dringend zu empfehlen, ihm elektronische Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen, aber nicht zur ergänzenden privaten Nutzung freizugeben“, rät der Fachanwalt.

Dem Provisorischen Struktur geben

Wie stark sich das Arbeitsleben unter dem Einfluss des Homeoffice verändern wird, ist momentan noch nicht abzusehen. Doch dass sich der berufliche Alltag nach Corona einfach wieder in seinen vorherigen Zustand begibt, ist unwahrscheinlich. Deshalb kann es für Unternehmen durchaus sinnvoll sein, aus dem Provisorium während der Pandemie solide Abläufe, Regeln und Strukturen zu entwickeln. So wird eine verlässliche wirtschaftliche, verwalterische und rechtliche Basis für die sich wandelnde Arbeitswelt geschaffen.

Quellen und Referenzen:

[1] https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Mehr-als-10-Millionen-arbeiten-ausschliesslich-im-Homeoffice

[2] https://www.zew.de/presse/pressearchiv/unternehmen-wollen-auch-nach-der-krise-an-homeoffice-festhalten

Isabel Franzka ist seit 2014 für die ABG Steuerberatungsgesellschaft in Dresden tätig. Ihre Bestellung zur Steuerberaterin erfolgte 2013. Nach dem Abitur absolvierte Frau Franzka von 2003 bis 2006 ein duales Studium an der Berufsakademie Dresden in der Fachrichtung Steuerberatung/Prüfungswesen.

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