RasQberry – oder: Was hat ein Raspberry Pi mit einem Quantencomputer zu tun?

Von   Jan-Rainer Lahmann   |  IBM Quantum Ambassador und Qiskit Advocate   |  IBM Deutschland GmbH
  Oxana Junkereit   |  Senior Consultant SAP Technology and Mobile   |  IBM Deutschland GmbH
8. Januar 2021

1.    Quantencomputer und Spiele – wie passt das zusammen?

RasQberry Modell mit Lichteffekt

Quantencomputing – das auf der Quantenmechanik basiert – bietet das Potential für bahnbrechende Anwendungen, die mit klassischen Computern nicht realisierbar sind. Allerdings handelt es sich um eine komplexe Technologie, die für die meisten Menschen schwer zu verstehen ist. Völlig neue Algorithmen – und sogar neues Denken – sind erforderlich, um die potenzielle Leistung der kommenden Quantencomputer auszuschöpfen. Dies erfordert neue Ansätze, um das Quantencomputing auf ansprechende und verständliche Weise für IT-Experten, Entwickler und Studierende zu lehren und greifbar zu machen.

RasQberry Modell

Ein Ansatz dafür ist „RasQberry“ – ein funktionsfähiges Modell des IBM Q System One Quantencomputers, basierend auf einem Raspberry Pi Minicomputer und Qiskit, dem IBM Open Source Quantum Programmierframework. Als Gehäuse für RasQberry dient ein 3D gedrucktes Modell des IBM Q System One. Ein Spektrum von Quantum Computing Demos und Serious Games for Quantum Computing, die auf RasQberry laufen, ermöglichen einen spannenden und vor allem praktischen Einstieg in das Thema Quantum Computing.

RasQberry Modell mit 4“ Touchscreen Display

Dieser Artikel gibt eine Hilfestellung, um ein eigenes RasQberry System aufzubauen und zu installieren. Es kann als Simulator für einen Quantencomputer genutzt werden und ermöglicht es auf reale Quantencomputer in der Cloud zuzugreifen.

 

 

2.    Die Idee für RasQberry

Die Analyse und Kombination mehrerer Projekte führte letztendlich zur Idee für RasQberry. Diese Projekte sind

  1. Qrasp (https://medium.com/qiskit/qrasp-a-wee-quantum-computer-74ef7f927b1e), das von Hassi Norlen entwickelt wurde, und mehrere grundlegende Quantenzustände (u.a. den GHZ Zustand) auf einem Raspberry Pi mit aufgesetztem SenseHAT (ein 8×8 LED Display mit einigen zusätzlichen Sensoren) simulieren und darstellen kann,
  2. Raspberry-tie (https://github.com/KPRoche/quantum-raspberry-tie) von Kevin Roche, das Superpositionszustände von 5 bzw 16 Qubits ebenfalls auf einem Raspberry Pi mit SenseHAT darstellen kann,
  3. „Groking the Bloch Sphere“ (https://javafxpert.github.io/grok-bloch/) von James Weaver, einer interaktiven Visualisierung der Bloch-Sphere, einem der grundlegenden Konzepte von Quanten Computing, sowie
  4. 3D-Modell des IBM Q System One (https://github.com/andysc/IBM-Q-System-One-3D-model) von Andy Stanford-Clark.
RasQberry Modell mit interaktiver Bloch-Sphere Demo

3.    Wie kann ich einen RasQberry selber bauen?

RasQberry besteht im Wesentlichen aus

                1. einem Raspberry Pi Minicomputer,
                2. der Qiskit-Installation auf dem Raspberry, sowie
                3. dem 3D Modell.

Von den verschiedenen Raspberry Pi Modellen ist für das RasQberry Projekt das Modell 4 mit 2GB oder 4GB RAM, und ein 4“ Touchscreen Display oder ein SenseHAT zu empfehlen.

Eine sehr ausführliche Anleitung zur Installation von Qiskit auf dem Raspberry Pi findet sich in folgendem Artikel: „RasQberry: Quantum Computing is the Coolest Project for Raspberry Pi“ (https://medium.com/qiskit/rasqberry-quantum-computing-is-the-coolest-project-for-raspberry-pi-3f64bec5a133).

Das Verfahren für die Installation von Qiskit, Raspberry-Tie und Qrasp auf der Raspberry Pi wird dort in elf Kapiteln dargestellt:

                1. Erste Einrichtung eines „headless“ Raspberry Pi
                2. Einrichtung der Python-Umgebung
                3. Manuelle Installation einiger Abhängigkeiten
                4. Installation der Qiskit-Elemente
                5. Einrichtung von Jupyter-Notebooks für Qiskit auf einem headless Raspberry Pi
                6. Ausführen von Qiskit-Notebooks auf unserem Raspberry Pi
                7. Remote-Desktop-Zugriff mit VNC
                8. Installieren und Aktivieren von SenseHAT
                9. Quantum Circuits auf unserem Raspberry Pi: Raspberry-Tie und Qrasp
                10. Verifizierung der Qiskit-Installation
                11. Fastpass zur Einrichtung von Qiskit auf dem Raspberry Pi

In den Kapiteln 1 bis 4 wird das grundlegende Setup des Raspberry und die Installation von Qiskit beschrieben. Kapitel 5 bis 9 beschreiben die Konfiguration von Qiskit inklusive der Anbindung an die realen Quantencomputer der IBM in der Cloud, sowie die Installation und Nutzung der oben genannten Demos (Qrasp, Raspberry-tie und Bloch-Sphere).

Es ist geplant, auch das in DigitaleWelt 02/2020 vorgestellte Quantum Münzspiel(https://digitaleweltmagazin.de/2020/03/06/ein-spielerischer-einstieg-in-quantum-computing/) auf RasQberry verfügbar zu machen.

Inzwischen sind Kapitel 1 bis 4 in einem Skript automatisiert, so dass nur folgende drei Kommandos eingegeben werden müssen, um Qiskit auf einem Raspberry komplett zu installieren:

pip install getgist

.local/bin/getgist JanLahmann RasQ-init.sh

. RasQ-init.sh

Danach kann eine Menüoberfläche verwendet werden, die ähnlich zum Standard Konfigurationstool „raspi-config“ des Raspberry ist.

RasQberry Konfigurations Tool „rasqberry-config”

4.    3D-Modell

Für RasQberry kann ein Gehäuse (3D-Modell) des IBM Q System One verwendet werden. STL-Dateien, die für einen 3D Druck benötigt werden, sind unter https://github.com/JanLahmann/RasQberry_enclosure verfügbar.

3D-Model Komponenten

Sollten beim Zusammenbau des Gehäuses und der Komponenten (Raspberry Pi, 4“-Touchscreen-Display, Batteriepack im Inneren des Gehäuses, usw.) Fragen aufkommen, kann die aktive Open-Source Community von RasQberry sicher helfen.

Wir laden euch ein, Teil der Community zu werden auf http://rasqberry.org sowie in folgendem Slack Kanal: #qiskit-on-raspberry im Workspace http://ibm.co/joinqiskitslack. Hier finden sich auch eine Installationsanleitung, Konfigurationsdateien, das 3D-Modell und vieles mehr.

 

 

 

Weiterführende Literatur

  1. Andrew Thomas, Hidden In Plain Sight 10: How To Program A Quantum Computer, ASIN: B07GPRBYVC
  2. IBM Quantum Computing, https://www.ibm.com/quantum-computing/
  3. Anton Zeilinger, Einsteins Spuk: Teleportation und weitere Mysterien der Quantenphysik, ISBN-13: 978-3442154357
  4. Jan-R. Lahmann, Thomas Haag, Ein spielerischer Einstieg in Quantum Computing, Digitale Welt 2020, https://digitaleweltmagazin.de/2020/03/06/ein-spielerischer-einstieg-in-quantum-computing/
  5. GitHub repository „Fun with Quantum”, https://github.com/JanLahmann/Fun-with-Quantum
  6. Jan-R. Lahmann, Hands-On Journey to Quantum Computing with IBM, medium.com, https://medium.com/@jan.lahmann/hands-on-journey-to-quantum-computing-with-ibm-2487f0b2e10b

 

studierte Technomathematik an der TU Clausthal und promovierte am KIT Karlsruhe über Angewandte Mathematik und Strömungsmechanik. Seit 1999 ist er bei IBM in der technischen Vertriebsunterstützung und Mitglied der IBM Academy of Technology und Qiskit Contributor.

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