Auf der Suche nach dem Netflix-Effekt beim digitalen Lernen

Von   Steve Wainwright   |  Managing Director   |  EMEA Skillsoft Gruppe
9. August 2018

Intuitive Bedienbarkeit und individuelle Programmvorschläge sind heute wesentliche Qualitätsmerkmale für Weiterbildungsangebote und digitales Lernen. Die Realität sieht jedoch oft anders aus: wie eine internationale Studie des Marktforschungs-unternehmens Towards Maturity und Digital Learning Experte Skillsoft ergab, findet ein Großteil der 6.000 befragten Arbeitnehmer eLearning-Programme zu kompliziert und zeitintensiv. Am häufigsten wird beanstandet, Lerninhalte seien schwer zu finden, unattraktiv und würden ‚nichts bringen‘.Diese Negativ-Erfahrung fördert nicht gerade die Motivation von Mitarbeitern, sich über digitale Formate weiterzubilden. Laut der Studie sind auf diese Weise eLearning-Projekte schon bei 60 Prozent der befragten Unternehmen gescheitert und damit ein Großteil der Investitionen in digitales Lernen wirkungslos verpufft.
Was wäre aber, wenn digitales Lernen so ansprechend wäre wie Netflix?
Der Streaming-Anbieter mag zwar auf den ersten Blick wenig mit dem Thema eLearning zu tun haben. Bei genauerem Hinsehen allerdings können Unternehmen viele Funktionen, die der Plattform zu ihrer heutigen Spitzenposition verholfen haben, für den Erfolg ihres eignen Lernprogramms adaptieren.

Das Netflix-Prinzip

Das Unternehmen Netflix verdankt seinen weltweiten Erfolg der Bereitstellung von Video-on-Demand per Streaming. Serien wie House of Card, Breaking Bad oder Orange is the new Black aus eigener Produktion haben bereits Kultstatus unter den weltweit 125 Millionen Abonnenten erreicht. Doch nicht nur die Qualität der Inhalte und die von Kritikern hoch gelobten Produktionen motivieren kontinuierlich mehr Menschen, den Dienst zu abonnieren. Die einfach zu bedienende Plattform sowie eine ansprechende Programmpräsentation mit intuitiver Suchfunktion sind ebenfalls dafür mitverantwortlich, dass die Kunden immer wiederkommen und das Angebot weiterempfehlen. Seit dem Jahr 2000 hat Netflix die Programmgestaltung gezielt auf das individuelle „Fernsehverhalten“ seiner Kunden ausgerichtet. Auf dieser Grundlage empfiehlt die Plattform jedem Abonnenten ein maßgeschneidertes Angebot, das sich an den persönlichen Präferenzen orientiert.
Unternehmen können hieraus zwei wesentliche Erkenntnisse gewinnen.
Erstens: lernende Mitarbeiter sollten als Kunden betrachtet und entsprechend behandelt werden.
Zweitens: eine moderne Lernplattform muss viel mehr bieten als die Content-Datenbanken früherer Tage.

Erfolgsfaktoren für das Lernangebot

Die gute Nachricht vorweg: Arbeitnehmer wollen lernen, sich weiterentwickeln und ihre Karriere vorantreiben. Es dürfte demnach von den Mitarbeitern grundsätzlich begrüßt werden, wenn Unternehmen digitale Lernangebote zur Weiterbildung zur Verfügung stellen. Damit diese Angebote aber auch angenommen werden, sollten sich Unternehmen die Fragen stellen: Was macht eine erfolgreiche Lernplattform im digitalen Arbeitsumfeld aus? Was spricht Lernende an?
Moderne Lernplattformen präsentieren sich immer mehr im „Look & Feel“ von Benutzeroberflächen wie Netflix, YouTube oder Facebook. So kann dem Anwender schon beim ersten Start der Lernanwendung das Gefühl vermittelt werden, ähnliche Angebote bereits aus dem privaten Umfeld zu kennen. Das baut Berührungsängste ab und hilft bei der Orientierung. Übersichtlichkeit und eine einfache Bedienung sind dabei essenziell. Nichts ist für Anwender demotivierender, als sich mühsam in einer unüberschaubaren Fülle von Funktionen zurechtfinden oder langwierig nach passenden Lerninhalten suchen zu müssen.
Nach dem Netflix-Vorbild der Konsumentenanalyse sollten heutige Lernprogramme zudem in der Lage sein, die individuellen Bedürfnisse der Lern-Kunden zu erfassen, auszuwerten und entsprechend abgestimmte Kursangebote zu empfehlen. Dies erfordert einerseits eine große Vielfalt an Inhalten sowie andererseits die gezielte Zuordnung passender Inhalte zu persönlichen Anforderungsprofilen. Dies wird heute immer stärker auf der Grundlage leistungsstarker Algorithmen und künstlicher Intelligenz umgesetzt.
Auf diese Weise kuratierte Lerninhalte sparen Zeit, bieten nützlichen Kontext, erhöhen die Produktivität und machen das Training insgesamt wertvoller. Die Motivation der Mitarbeiter wird darüber hinaus maßgeblich erhöht, wenn das Lernangebot auch die individuellen Karriereperspektiven fördert.

Fünf Schritte für das Netflix-Feeling beim digitalen Lernen

  1. Zielgruppen beachten: Stellen Sie sicher, dass Ihr Kursportfolio nach unterschiedlichen Wissenslevels – z.B. Anfänger, Fortgeschrittene, Experten – strukturiert ist und eine hohe Kontinuität bietet.
  2. Individuelle Präferenzen bei den Lernformaten: Es ist zudem sinnvoll, auch die individuellen Lernpräferenzen zu berücksichtigen. Während einige Anwender Video-Kurse bevorzugen, können sich andere neues Wissen besser über spielerische Lernangebote (Gamification) aneignen. eBooks gehören ebenfalls in ein diversifiziertes Kursportfolio und erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit.
  3. Flexibilität für die Nutzung im Arbeitsalltag: Digitales Lernen und Präsentationsformen müssen sich den Gegebenheiten des heutigen Arbeitslebens anpassen. Arbeitnehmer beklagen häufig Zeitmangel, um Lernangebote wahrzunehmen. Eine zunehmend beliebte Schulungsmethode sind daher Micro Learning-Kurse. Diese vorwiegend Video-gestützten „Lernhäppchen“ sind auch aufgrund ihrer Praxisnähe besonders beliebt. Häufig werden typische Szenen aus dem Berufsalltag nachgestellt für die die Lernenden konkret nach unterstützendem Material suchen. Dank der geringen Dauer von 5 bis 10 Minuten pro Einheit können sie ideal in den Arbeitsalltag eingebaut oder auch in der Freizeit genutzt werden. Bei Bedarf kann der Lernende jederzeit einfach die Pausentaste drücken – genau wie bei einem gestreamten Netflix-Programm – und die ‚Kurs-Serie‘ bei nächster Gelegenheit fortsetzen. Auch die mobile Verfügbarkeit über Tablet oder Smartphone ist für heutige Anwender ein besonders wichtiger Punkt. So kann beispielsweise auch der Arbeitsweg per Bahn oder eine Geschäftsreise für Lerneinheiten genutzt werden.
  4. Einfach auffindbare Inhalte: Machen Sie es den Lernenden leicht, nützliche Informationen zu finden, die ihren Interessen entsprechen. Eine sogenannte „elastische Suche“, wie auf Facebook und Netflix, unterstützt Lernende dabei, schnell diejenigen Inhalt finden, die sie benötigen.
  5. Personalisierung: In eine ähnliche Richtung, aber darüber hinaus, geht die Personalisierung der Plattformoberfläche und der Kursvorschläge. Mithilfe eines solchen Angebots wird jeder Lernende persönlich angesprochen. Personalisierte Lerninhalte, die für seinen/ihren Karriereweg oder Schulungsbedarf relevant sind, werden aktiv vorgeschlagen.

Das Beispiel Netflix zeigt: Neben attraktiven Inhalten ist die Qualität und Attraktivität einer Plattform ein neuralgischer Punkt für den Erfolg – oder Misserfolg eines Angebots. Zukunftsorientierte Weiterbildungsangebote erfordern ansprechende und intuitive Plattformen, deren Inhalte sowohl die Geschäftsziele des jeweiligen Arbeitgebers unterstützen, als auch jeden Mitarbeiter in seiner persönlichen Entwicklung fördern. Bieten Unternehmen dies an, können sie sicherstellen, dass sie von Ihrer Investition in digitales Lernen profitieren.

Steve Wainwright ist Managing Director EMEA von Skillsoft. Er ist in erster Linie für die Steuerung der Vertriebskanäle des Unternehmens in der Region verantwortlich. Dazu gehört es auch, dass er Marktveränderungen und die somit entstehenden Bedürfnisse von Unternehmen und Arbeitnehmern für die Bereiche Weiterbildung und Talent Management genau beobachtet, um die Angebote des Unternehmens entsprechend weiterzuentwickeln.

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