Step Up! Die vier Stufen Emotionaler Intelligenz

Von   Dr. Michael Bartl   |  Vorstand   |  HYVE Unternehmensgruppe für Innovation
  Regina Burgmayr   |  Projekt - und Communitymanager   |  TAWNY GmbH
9. Mai 2018

Das Thema künstliche Intelligenz begegnet uns derzeit in allen Lebens- und Arbeitsbereichen. AI ist das Buzz Wort unserer digitalen Zeit. Im Wesentlichen geht es um die Verbesserungen von Maschinen oder Prozessen durch Autonomisierung und selbstlernende Systeme.
Emotion AI und die Berücksichtigung des Faktors „Mensch“ ist in der Landschaft Künstlicher Intelligenz ein neues Gewächs. Ähnlich den Entwicklungsstufen beim autonomen Fahren, hat man es bei der emotionalen Intelligenz von Maschinen ebenfalls mit einem Level-Modell zu tun:

Abb.: Die vier Stufen der emotionalen Intelligenz von Maschinen. Quelle: Hyve Sciences Labs 2017

Wie die Grafik zeigt, wird die Zukunft, Maschinen, Produkte und Services hervorbringen, die zunehmend empathisch werden und das Leben der Menschen sicherer, effizienter und angenehmer gestalten können.

Level 0 steht für einen EQ von Null. Im Moment trifft dieses Level wohl auf 99% aller Maschinen auf diesem Planten zu. Eine Industrieanlage oder auch ein Taschenrechner haben keinerlei Zugang zu dem affektiven Zustand ihrer Nutzer. Sie dienen dem Menschen lediglich als Werkzeug und Erleichterung, um Aufgaben, wie z.B. kompliziertes Kopfrechnen, zu erledigen. Auch sogenannte „smarte Chatbots“ gehören diesem Level an. Fragen Sie Alexa gerne einmal „Alexa, wie fühle ich mich?“, die Antwort wird Sie enttäuschen.

Level 1 ist in regelbasierten Systemen und Assistenten vorzufinden, die an menschliche Emotionen appellieren oder Annahmen treffen, dass sich ein Mensch in einem bestimmten Zustand (wie z.B. Stress) befindet. Ein Beispiel hierzu ist die seit 2009 eingeführte Anzeige der kleinen Kaffeetasse im Auto Cockpit, die in Abhängigkeit der gefahrenen Kilometer signalisieren soll, ob der Fahrer nicht vielleicht etwas müde und unaufmerksam ist. Weiteres Beispiel ist die in den 90er Jahren aus Japan stammende Erfolgsgeschichte des Tamagotchi. Ein elektronisches Küken, das in Abhängigkeit der Zuwendung bzw. Nutzungsintensität zufrieden ist oder stirbt, um daraufhin wiederbelebt werden zu können.

Von einer echten emotionalen Intelligenz kann man allerdings erst in Level 2 sprechen. Das Forschungsprojekt und Startup TAWNY.ai ist ein Beispiel für diese Stufe. Mit Hilfe von Armbändern werden biometrische Daten wie Herzratenvariabilität oder elektrodermaler Widerstand der Haut gemessen, um im Anschluss die menschlichen Emotionen und Zustände der Über- und Unterforderung sowie Flow zu klassifizieren. Diese Information wird im Anschluss an vernetzte Geräte weitergegeben, um diese empathisch zu machen. Autos wissen wie aggressiv ihr Fahrer ist und können die Fahrerassistenzsysteme entsprechend autonom anpassen. Das Smartphone weiß bei welchen Einstellungen sich die Bewohner am wohlsten fühlen. Der Fernseher gibt Programmempfehlungen abhängig von der Stimmung des Zuschauers. Die Arbeitsstätte passt sich dem mentalen Zustand der Mitarbeiter an. Diese Ebene emotionaler intelligenter Produkte und Services birgt das Potential eines Game Changer für ganze Industrien zu sein, da es eine völlig neue Dimension zur Verbesserung der Arbeitszufriedenheit, der Arbeitssicherheit und der Individualisierung von Anwendungen ermöglicht.

Level 2 wird von TAWNY bereits in unterschiedlichsten Anwendungsfällen in die Realität umgesetzt. Als Beispiel hierfür ist der Leistungssport zu nennen. In der Schweizer Biathlon Arena Lenzerheide führte TAWNY gemeinsam mit dem Schweizer Profinachwuchs im Biathlon und der Innovationsabteilung von Red Bull Media House erste Tests durch, wie zukünftig die Trefferwahrscheinlichkeit der Athleten auf Basis biometrischer Muster vorhergesagt werden könnte. Klicke auf https://youtu.be/tiQwXrbwOQc, um TAWNY auf der Loipe zu sehen.

Level 3 wird noch innerhalb der nächsten 20 Jahre erreicht sein. Durch den multimodalen Input von kamerabasierter Mimik-Erkennung, Sprachanalyseverfahren, textbasierter Sentiment-Analyse und Vitaldaten wird man ein 24/7 Emotionsprofil zusammensetzten, um die Umgebung jedes Menschen an seine Emotions- und Stimmungswelten sowie mentalen Allgemeinzustand anzupassen. Vor dem Hintergrund, dass Menschen eben nicht die Rationalitätsannahme des homo oeconomicus erfüllen, wäre eine Messbarkeit und Prognose gefühlsgetriebener Handlungen ein Meilenstein in der Konsumentenforschung.

Ob es Ziel sein sollte, Level 4 der emotionalen Intelligenz zu erreichen, wird kontrovers diskutiert. Hier geht man davon aus, dass Roboter eigene Gefühle entwickeln können und nicht nur die von Menschen erkennen können, um diesen besser zu dienen. Viele Länder und Organisationen beschäftigen sich gerade damit wie man AI regulieren kann oder soll. Die Diskussion wird befeuert von prominenten Personen wie Elon Musk, Stephen Hawking oder Bill Gates. Auf der einen Seite steht das Bild einer Technologie Apokalypse verursacht durch die unethische und selbstbestimmte Verbreitung der KI, auf der anderen Seite stehen die immensen wirtschaftlichen Potenziale durch autonome Systeme und damit die Möglichkeit den Wachstumshunger einer globalisierten Welt zu stillen.

Dr. Michael Bartl ist Vorstand der HYVE Unternehmensgruppe für Innovation in München. Zuvor war er bei der Audi AG im Bereich Entwicklung Elektrik / Elektronik in Ingolstadt tätig. Seine Promotion und Studien der Wirtschaftswissenschaften schloss er in London, München und an der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung (WHU) in Vallendar ab. Dr. Michael Bartl ist Autor des E-Journals „The Making-of Innovation“ sowie Autor zahlreicher wissenschaftlicher Veröffentlichungen in international renommierten Journals. Von 2011 bis 2014 wurde er zum Bundesvorstand des Berufsverbands Deutscher Mark- und Sozialforscher gewählt. In 2012 erfolgte die Berufung zum Senator in den Senat der Wirtschaft. Die jüngsten und vielfach ausgezeichnete Neugründungen sind ICAROS und TAWNY als Technologie-Startups im Bereich Virtual Reality und Artificial Intelligence.

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