Unternehmenskultur im Homeoffice: So meistern Teams jede Krisensituation

Von   Jan Marius Marquardt   |  Gründer und CEO   |  COYO
1. August 2020

Eine stabile und agile Unternehmenskultur zu etablieren ist bereits in Nicht-Krisenzeiten eine Herausforderung. Doch was tun, wenn plötzlich das ganze Team dezentral verteilt ist? Statt Teamgefühl befürchten Führungskräfte auf einmal Kontrollverlust. Wie überstehen Unternehmen also die erschütternsten Krisen? Jan Marius Marquardt, Gründer und CEO des Hamburger Digitalunternehmens COYO, erklärt, wie wichtig eine funktionierende Unternehmenskultur ist und wie diese auch digital im Homeoffice gepflegt werden kann.
Wie eine Umfrage des Hamburger Unternehmen COYO zeigt, blicken 39 Prozent der deutschen Führungskräfte nach der notwendigen Umstellung auf Homeoffice durch die Corona-Pandemie insgesamt positiver auf das Arbeiten von Zuhause. So wollen auch in Zukunft 61 Prozent ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, mindestens einmal pro Woche von Zuhause aus zu arbeiten. Jedoch stimmten über ein Viertel (28 Prozent) der Befragten zu, das Gefühl zu haben, die Kontrolle über die Mitarbeitenden durch Remote-Work zu verlieren. Diese Zahl ist keinesfalls zu verurteilen, war der schnelle Wechsel vom gewöhnlichen Arbeiten im Büro hin zum Homeoffice eine echte Belastungsprobe. Wie lebt man also eine Unternehmenskultur, wo der alltäglich Kontakt nur digital stattfindet?

In kaum einem europäischen Land ist die Präsenzkultur so ausgeprägt wie hier in Deutschland. Während laut des statistischen Bundesamts der Anteil der Erwerbstätigen im Homeoffice in den Niederlanden, Luxemburg oder auch Schweden zwischen 33 und 38 Prozent liegt, hinkt Deutschland mit 11 Prozent nicht nur leicht hinterher. Gerade deswegen attestieren Experten der Corona-Krise hier den Titel des “Game-Changers” in Sachen Remote-Work im deutschen Arbeitsmarkt. Ein “Game-Changer”, der deutsche Unternehmen förmlich dazu zwingt agiler, digitaler und moderner zu arbeiten. Doch nicht nur in ungeübten Homeoffice-Unternehmen leidet über längere Zeit das Teamgefühl. Die Unternehmenskultur während einer Krise sowie generell bei Remote-Work lebendig und stabil zu halten, ist nicht einfach. Dabei ist es umso wichtiger, dass räumliche Distanz durch Homeoffice und Co. nicht gleich soziale Distanz bedeuten muss.

Was ist eine Unternehmenskultur?

Eine stabile Unternehmenskultur ist sehr wertvoll. Vom Verstärken der Mitarbeitermotivation bis hin zu einer hohen Anziehungskraft für neue Mitarbeiter und den daraus resultierenden höheren wirtschaftlichen Erfolgen, zeigt sich eine gute Unternehmenskultur gerade in Krisenzeiten. Sie hat das Potenzial, den Mitarbeitenden Halt und Orientierung zu geben. Dabei besteht die Kultur im Grunde aus definierten Normen, Werten, aber auch Einstellungen eines Unternehmens zu gewissen Themen und prägt damit das Handeln und Verhalten aller Mitarbeiter – vom Geschäftsführer bis zum Praktikanten.

In Krisenzeiten, wie jener, die wir gerade erleben, ist eine lebendige Unternehmenskultur wichtiger denn je. Alle Mitarbeitenden im Unternehmen, egal ob im Büro oder von Zuhause aus, sollten diese gut verinnerlicht haben. Maßgeblich liegt es daher in der Pflicht der Führungskräfte die eigene Kultur in der Firma immer wieder vorzuleben, denn sie nehmen eine elementare Rolle ein. Ihr Handeln sollte sich stets an den Normen und Werten des Unternehmens orientieren. Wieso sollten die Kolleginnen und Kollegen eine Kultur ernst nehmen, die die Führungsetage nicht an den Tag legt? Kultur ist keineswegs ein reines Top-Down-Konzept, doch ohne Vorbilder von oben wird sie sich nicht entfalten können. Deswegen gehört die HR-Abteilung mittlerweile bereits zum Botschafter und Förderer der Unternehmenskultur. So finden sich gerade in jungen Start-ups oder Digitalunternehmen die Jobbezeichnungen “People & Culture” für HR-Mitarbeitenden. Recruiting ist längst nicht mehr die einzige Aufgabe der Personaler. Um allen Kollegen auch in unsicheren Zeiten Halt sowie Sicherheit bieten zu können, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen HR-Abteilung und Unternehmensführung essentiell.

Digitale Kommunikation der Werte

Arbeiten erst einmal alle Mitarbeiter im Homeoffice ist das simple Vorleben der Unternehmenswerte gar nicht so einfach. Der tägliche Austausch fehlt, obwohl gerade die regelmäßige Kommunikation der Werte so wichtig ist. Deshalb gilt es die interne Kommunikation auf ein Maximum hochzufahren: lieber einmal zu viel kommunizieren als zu wenig. Gerade jetzt ist es elementar, Entscheidungen des Managements direkt gemeinsam mit den Unternehmenswerten zu kommunizieren und dadurch zu begründen. Das sorgt für Transparenz und das Verständnis der Kolleginnen und Kollegen steigt.

Natürlich kann hier die altbewährte E-Mail als Kommunikationsweg gewählt werden. Tatsächlich gibt es jedoch eine Vielzahl weiterer digitaler Tools, die die Kommunikation miteinander deutlich vereinfachen. Kommunikations-Tools wie ein Social Intranet lassen einen umfangreichen Austausch auf Augenhöhe zu. Die meisten Unternehmen setzen bereits heute auf ein klassisches Intranet. Ankündigungen und Informationen an die Belegschaft werden dort veröffentlicht. Austausch untereinander ist technisch meistens nicht vorgesehen. Dabei sprechen wir von klassischer Top-Down-Kommunikation. Ein Social Intranet ergänzt jedoch Aspekte und Funktionen wie sie von Social Media Kanälen bekannt sind: Liken, Sharen und Kommentieren geben dem Intranet eine weitere Ebene und bieten Platz für den virtuellen Austausch mit Kollegen samt Interaktion und Feedback.

Agile Plattformen statt Mail-Nirvana

Besonders wenn Mitarbeitende eben nicht mal schnell am Schreibtisch des Managers vorbeischauen und eine Frage zur neuen Remote-Work-Richtlinie stellen können, ist ein zentraler Platz für Feedback, Kritik und einfachen Rückfragen enorm wichtig. Aktuelle Richtlinien, Tipps und Updates liegen an einem zentralen Ort ab und verschwinden nicht irgendwo im Mail-Nirvana. Bietet man den Mitarbeitenden eine Plattform zum Austausch, beugt man Gerüchten und Missverständnissen vor, die womöglich irgendwo via Flurfunk entstehen und erst mühsam richtig gestellt und an alle kommuniziert werden müssen.

Auch wenn die Dynamik des Teamgeistes schwieriger denn je aufrecht zu erhalten ist, gilt es umso mehr, den Zusammenhalt zwischen den Mitarbeitenden, wo auch immer sie gerade arbeiten, zu stärken. Denn gerade das ist der wichtigste Asset eines Unternehmens. Digitale Tools sind daher prädestiniert dafür, die interne Kommunikation, selbst privater Natur, im Unternehmen aufrechtzuerhalten. So helfen auch Chat-Tools, um den Austausch im Team und das Miteinander der Kollegen weiter zu stärken. Viele Social Intranets bieten solche Funktionen bereits mit an. Je weniger separate Tools notwendig sind, desto besser. Ein zu großer Strauß an vielleicht nützlichen Tools bringt im schlimmsten Fall nur mehr Verwirrung als Nutzen. Kaum einer hat Lust sich in viele neue Tools einzuarbeiten. Je näher die Tools daher den aus dem Privatleben bekannten Apps kommen, desto besser. So kann der Großteil mit Social Media wie Facebook umgehen und auch Chat-Programme sind den meisten bekannt.

Unkonventionelle Ideen gerade jetzt fördern

Eine starke Unternehmenskultur hilft, nicht nur in turbulenten Zeiten, motivierte Mitarbeiter zu entwickeln und ein gutes Arbeitsklima zu etablieren. Wenn die Unternehmenskultur bei einem Großteil der Mitarbeiter Gefühle wie Loyalität und Zusammenhalt fördert, entstehen in Krisen die kreativsten Ideen, welche wiederum die Firma mit neuen unerprobten Wegen auch durch schwere Zeiten führen können. Hier gilt ganz klar: Mut zur Veränderung. Versteift sich eine Firma zu sehr auf die bisher erprobten und auch bewährten Abläufe, werden Krisenzeiten schnell bedrohlich. Stellt sich ein Unternehmen hingegen flexibel auf sich verändernde Bedingungen ein, ist selbst die größte Krise keine Gefahr. Gleiches gilt für die Unternehmenskultur. Einmal aufgestellt und entwickelt, ist sie keinesfalls in Stein gemeißelt. Sie sollte sich ständig, wie andere Prozesse auch, dynamisch an neue Bedingungen anpassen. Nur so kommt der Mut zur kreativen und unkonventionellen Ideen aus dem Team nicht zu kurz.

 

Jan Marius Marquardt ist Gründer und CEO der Hamburger Firma COYO, einem der führenden Social Intranet-Anbieter. Mit nur 21 Jahren gründete er es und brach dafür sogar sein Studium ab. Zuvor arbeitete er parallel zum Studium als SAP Berater, wo ihn benutzerunfreundliche Unternehmenssoftware störte.

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