Digitalisierung als additives Element in der HR-Welt

Von   Esther Löb   |  Director HR Marketing & Recruiting   |  Rohde & Schwarz GmbH & Co. KG
15. Januar 2019

Beim Wort Digitalisierung denkt man sofort an Cloud Services, Machine Learning, Big Data und natürlich AI. Dies wird vor allem verändern, wie wir in Zukunft leben, aber auch, auf welche Art wir zusammenarbeiten.
Technologie-Gestalter leben grundsätzlich eine innovationsfreundliche Unternehmenskultur. Unternehmen wie Rohde & Schwarz treibt seit Jahrzehnten der Wunsch an, Innovationen neu und anders zu denken. Dabei sind die Mitarbeiter wichtige Impulsgeber. Vielfältige Strukturen, wie z.B. Center of Competences und Initiativen wurden innerhalb der Firma aufgebaut, um Innovationen zu fördern, sie auszutesten, sie zu entwickeln, und sie schlussendlich marktfähig zu gestalten.

Die digitale Transformation als Gefahr zu betrachten, die den Innovationsgeist ersetzt, ist jedoch zu kurz gedacht. Sie ist kein disruptives Element, sondern vielmehr zahlt sie additiv ein auf das agile Mindset und Expertenwissen jedes Einzelnen.

Gerade das Schlagwort „Agilität“ hört man viel in der HR-Welt. Agilität ist jedoch nicht nur eine Methode. Sie ist vielmehr eine Haltung, die sich auf vielen Ebenen eines Unternehmens wiederfinden lässt. Schon oft wurde formuliert und gefordert, dass Agilität das Mitdenken vieler und nicht nur einzelner Mitarbeiter voraussetzt. Wichtig dabei sei die Identifikation mit dem jeweiligen Unternehmen und dessen Zielen. Ohne eine gute Kommunikationskultur, Transparenz und Offenheit geht es an dieser Stelle jedoch nicht weiter – und hier kommt das Unternehmen ins Spiel.

Gemeinsam mit HR gestalten, um digitale Transformation zu begrüßen

Um zukunftsfähig zu bleiben, sollten Unternehmen an zwei essentiellen Ankerpunkten Veränderungsbereitschaft zeigen und dabei HR maßgeblich einbeziehen als Berater und Gestalter. Zum einem an der Seite des Managements und der Führungspersönlichkeiten. Diese sind darin gefordert, zukünftig noch stärker Freiräume und Flexibilität im Agieren und Denken ihrer Mitarbeiter zuzulassen. Essentiell ist es auch, eine offene Feedbackkultur zu ermöglichen und die Mitarbeiter bei der Entscheidungsfindung aktiv miteinzubeziehen. Ebenso wichtig ist es, das Silodenken einzureißen und tatsächlich auch „out of the box“ zu denken. Auf der anderen Seite ist HR gefragt, um die Mitarbeiter zu finden und zu halten, die mutig und entscheidungsfreudig ihr Experten-Know-How weiter ausbauen und dabei ihren jeweiligen Kunden immer eng im Blick haben. Überhaupt geht es bei den Mitarbeitern um den Blick: Vorausschauende Sicht ermöglicht den Weitblick auf das große Ganze und nicht nur auf das Einzelprojekt. Wer nicht links und rechts blickt, ist nicht in der Lage Wagnisse einzugehen.  Die sind jedoch unverzichtbar, möchte man sich als Grenzgänger des Wissens und als Technologieführer behaupten. Auch von Mitarbeitern ist viel gefordert: Sie sollen Wegbereiter sein und mit dem Unternehmen im besten Fall digitale Berge versetzen.

Sind Management und Mitarbeiter-Basis sich in diesen Punkten einig, ergibt das zusammen eine Unternehmenskultur, die der digitalen Transformation nicht nur entspricht, sondern sie begrüßt.

In New Work hineinwachsen mit 5 Generationen unter einem Dach

Wie sieht er also aus, der moderne Arbeitsplatz, der die digitale Transformation begleitet? Heutige und vor allem zukünftige Mitarbeiter werden immer konsequenter die digitalen und technischen Rahmenbedingungen für sich nutzen wollen. Sei es, um immer und überall von den unterschiedlichsten Geräten aus auf ihre Daten zugreifen zu können, oder ihren Arbeitsplatz der Zukunft so zu gestalten, dass es ihren Bedürfnissen nach Balance von menschlichem Kontakt und digitalen Abläufen entspricht. Dies zu harmonisieren mit vorhandenen Unternehmensstrukturen, die womöglich starr sind in ihrem Setup, ist eine echte Herausforderung. Flexible Arbeitszeitmodelle, die nur auf dem Papier existieren, aber nicht gelebt werden, erschweren es künftig Unternehmen in Zeiten des Fachkräftemangels. New Work soll hier das Heilmittel sein, das aber oft als bittere Pille daherkommt. Unbequem ist es, sich mit den Forderungen der Mitarbeiter auseinander zu setzen, sich auf agiles Führen einzulassen. New Work ist eine Folge des Fachkräftemangels, agile Teams stehen hier vielmals im Zentrum. Die sind häufig interdisziplinär aufgestellt, profitieren von ihrem querschnittlichen Spezialisten-Wissen und verwalten sich selbst. Ihre Vorgesetzten werden somit oft zu Sparringspartnern, Influencern oder Mediatoren – eine ungewohnte Rolle, in die man auch erst hineinwachsen muss.

Die Generation x, y oder mittlerweile z, die auf den Arbeitsmarkt strömt, hat eine klare Vorstellung davon, wie sie arbeiten möchte. Sie hat hohe Erwartungen an ihre Arbeitgeber und ist im Gegenzug auch bereit, hohe Leistung zu erbringen – sofern sie in der Arbeit die für sie richtigen Rahmenbedingungen wiederfindet. Wenn die nicht vorliegen, zieht sie weiter – im sogenannten „war for talent“ sitzt sie oft am längeren Hebel. Was sind also ihre Forderungen? Dies sind erstaunlich häufig klare Strukturen und Sicherheit, genauso oft jedoch auch Abwechslung und Geschwindigkeit. Arbeit ist für diese Generation nicht mehr der bloße Broterwerb, vielmehr steht für viele die Suche nach Sinnhaftigkeit und Selbstverwirklichung im Vordergrund. Was kann der und die Einzelne individuell beitragen, was eine sichtbare und sinnstiftende Folge hat? Diese Frage gilt es zu beantworten, am besten noch vor dem ersten Vorstellungsgespräch. Die Kombination bzw. Gewichtung dieser Werte und Ansichten ist selbstverständlich nicht zwingend für alle gleich.

Überhaupt „gleich“ – ein weiteres Schlagwort, dass die HR-Profis hellhörig werden lässt. Wenn mittlerweile fünf Arbeitsgenerationen gleichzeitig in einem Unternehmen ihr Bestes geben, ist Diversity gelebte Realität. Für das neue Arbeiten und Führen ist deshalb Umdenken und nicht Gleichschaltung gefragt. Unkonventionelle Karrierewege und Quereinstiege werden viel mehr die Norm werden als noch heute. Wer sich Ü50 verschließt und Generation z nicht ernstnimmt, hat ein größeres Problem, als dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken.

Agilität im Lern- und Recruiting-Prozess

Erkenntnisse aus der Praxis belegen, dass das lebenslange Lernen den Zusammenhalt der Arbeitsgenerationen stärkt, die Produktivität fördert und so langfristig den Unternehmenserfolg sichert. Darum ein kurzer Exkurs auf eine besondere Zielgruppe: Entwickler und IT-Experten sind momentan der heilige Gral in zahlreichen Industrien. Gerade diesen beiden Gruppen ist es mit am wichtigsten, immer wieder gezielt in Trainings ihr Expertenwissen weiter auszubauen und ihren Horizont zu erweitern.  Hier sind die Personalentwickler am Zug. Wie können sie den Wünschen ihrer Mitarbeiter entsprechen und immer wieder hochklassige Schulungen anbieten? Oft sind es komfortable digitale Lernumgebungen, Hackathons, Kollaborations-Plattformen und innovative Code-Review-Runden, die Unternehmen erfolgreich bei den Spezialisten etablieren. Viel höher ist die Akzeptanz, wenn diese gemeinsam geschaffen werden und sich beispielsweise Mentoren und Mentees selbst und ihr jeweiliges Format finden. Agilität heißt in diesem Fall auch, genau hinzuhören und es den Mitarbeitern zu ermöglichen, so zu lernen und sich fortzubilden, wie sie es tatsächlich brauchen und gegebenenfalls mitgestalten wollen.

Genaues Hinsehen lohnt sich ebenso. Talente sind nicht nur extern zu finden, sondern auch im eigenen Haus. Kader- und Talentschmieden lassen sich strategisch aufbauen, es ist sinnvoll, den Blick auf die vorhandenen Talentcluster zu richten. Möglicherweise lassen sich Lücken schließen, indem man beispielsweise seine Berufsausbildung neu ausrichtet, Berufsgruppen systematisch einstellt oder thematische Schwerpunkte in der Fortbildung setzt.

Recruiting steht auch unter dem Einfluss der digitalen Transformation: Sichtbarkeit des Unternehmens und seiner Vertreter ist jederzeit gegeben, wer träge reagiert, hat leicht das Nachsehen am Markt. Neben Schnelligkeit ist es auch wichtig, sich auf die jeweils richtigen Talente zu konzentrieren, vorausgesetzt, man weiß, wer die genau sind. Präzise Vorab-Analysen, die abbilden, wie die Digitalisierung im Unternehmen platziert wird, sind der Grundbaustein. Enthalten müssen die Werte und Ziele des Unternehmens sein, da sie das Recruiting richtungsweisend beeinflussen. Smarte und nicht nur digitale Recruiting-Formate holen die Talente dort ab, wo sie sind: persönlich und passgenau. Mit fünf Generationen unter einem Dach, die sich je nach Bedarf agil oder hierarchisch organisieren lassen, sind Unternehmen auf diese Weise optimal auf Machine Learning, Big Data und AI vorbereitet und können diese aufregenden Zukunft erfolgreich mitgestalten.

Seit April 2018 ist Esther Löb (49) bei Rohde & Schwarz Director HR Marketing & Recruiting. Sie berichtet direkt an Hans Knapek, Mitglied der Geschäftsleitung. Zuvor war Esther Löb u.a. Talent Acquisition Lead sowie Business Partner bei Microsoft. Ihre Schwerpunkte sind Change Management, Design Thinking und People development.

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