„Erfolgreiche Unternehmen leben eine Kultur des Vertrauens“

Ronald van Es arbeitet seit 1998 bei Macaw und ist seit 2006 als CFO im Management von Macaw. Er studierte Betriebswirtschaft an der Uni Amsterdam und begann seine Karriere als Country Team Leader bei Unisys Shared Service Centre. Davor war er Finanzanalyst bei Unisys Worldwide Telesales Services.
Interview von DIGITALE WELT – Fremd Autorschaft
7. September 2021
Interviewpartner

Ronald van Es

Ronald van Es arbeitet seit 1998 bei Macaw und ist seit 2006 als CFO im Management von Macaw. Er studierte Betriebswirtschaft an der Uni Amsterdam und begann seine Karriere als Country Team Leader bei Unisys Shared Service Centre. Davor war er Finanzanalyst bei Unisys Worldwide Telesales Services.
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Wie sieht die Arbeit der Zukunft aus? Welche Chancen bringt es mit sich? Was hat sich durch Corona verändert?

Das letzte Jahr hat die Koordinaten in der Arbeitswelt verschoben: Es stellt sich nicht mehr die Frage nach dem „Wo“ und „Wann“, vielmehr steht das „Wie“ und „Wozu“ im Mittelpunkt einer erfüllten und ergebnisorientierten Arbeit. Konkrete Vorhersagen treffen kann ich natürlich nicht – dafür fehlt mir leider die Kristallkugel. Corona hat aber einen grundlegenden Wandel angestoßen, der nicht mehr aufzuhalten ist. Denn das Arbeiten von zu Hause bietet den Mitarbeitern zahlreiche Vorteile: Der größte Pluspunkt liegt sicherlich in der Flexibilität, Zeit und Ort selbst zu bestimmen und damit Beruf und Privates besser in Einklang zu bringen. Ob das nun die Betreuung der Kinder, die Pflege von Familienangehörigen oder das Ausüben eines Ehrenamtes ist – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen nicht mehr starr acht Stunden ins Büro kommen, sie können sich ihre Zeit ganz nach Bedarf einteilen. 80 Prozent unserer Mitarbeiter, die wir in den letzten Monaten zum Arbeiten während Corona befragt haben, schätzen genau diese Flexibilität. Hinzu kommt, das zeitaufwändiges Pendeln entfällt.

Natürlich gehört das klassische Büro nicht der Vergangenheit an – es wird aber eine andere Funktion haben: Es geht um Socializing, Zusammengehörigkeitsgefühl, Face-to-Face-Brainstorming und den inoffiziellen Austausch an der Kaffeemaschine. All diese Punkte lassen sich nur schwer virtuell ersetzen. Ich denke auch, die Entscheidung pro oder contra Büro ist oftmals eine Generationenfrage: Die Jüngeren, die vielleicht gerade erst ins Berufsleben gestartet sind, werden eher ins Büro kommen, um ein Gefühl für alle organisatorischen Aspekte zu bekommen und mit einem direkten Sparringspartner an ihrer Seite besser in die Materie einzutauchen. Ältere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, mit genügend Platz daheim, werden oftmals das Homeoffice vorziehen. Fakt ist, wir haben jetzt die Möglichkeit, das Beste aus beiden Welten zu kombinieren. Und damit jeden einzelnen im Team dazu befähigen, das Beste aus sich herauszuholen – nicht nur beruflich, sondern auch persönlich.

Wenn es um Erfolgsfaktoren bezüglich Future of Work geht, kommt schnell das Thema Führung auf. Welche Werte zeichnen den neuen Führungsstil aus?

Arbeiten unabhängig von Ort und Zeit erfordert ein Umdenken in der Unternehmenskultur – es braucht Vertrauen, die Möglichkeit zum eigenverantwortlichen Handeln und eine offene Kultur. Das Arbeiten von zu Hause aus ist kein Selbstläufer: Nicht jeder findet in den eigenen vier Wänden den optimalen Platz zum Arbeiten. Schaffen die Mitarbeiter es nicht, eine deutliche Trennlinie zwischen Beruflichen und Privatem zu ziehen, nehmen Stress und die Gefahr eines Burnouts rapide zu. Andere vereinsamen, weil ihnen die regelmäßige, spontane Kommunikation fehlt. Führungskräfte müssen sich deshalb um jedes einzelne Mitglied ihres Teams kümmern. Das bedeutet Coachen und gleichzeitig die Grenzen der neuen Freiheit aufzuzeigen. Sie sind dafür verantwortlich, dass die Mitarbeiter wirklich den Aus-Knopf nach einem Arbeitstag drücken. Sie müssen ihnen das Gefühl geben, dass Sichtbarkeit, Wertschätzung und Vorwärtskommen nicht davon abhängen, jeden Tag im Büro und damit im direkten Sichtfeld zu sein. Sie müssen ihren Mitarbeitern die Offenheit einräumen, Dinge zu hinterfragen und Fehler zu machen – nur so entstehen innovative Lösungen. Und vor allem müssen sie eine Kultur des Vertrauens leben: Wir stellen High Professionals ein, um einen Wert zu schaffen, und nicht, um ihnen den Tagesablauf Schritt für Schritt vorzuschreiben.

Laut einer aktuellen Studie [1] wird jeder fünfte Mitarbeiter in deutschen KMUs von seinem Arbeitgeber durch Software-Tools überwacht. Ist eine Kontrolle der Mitarbeiter heute noch zeitgemäß bzw. war es das je?

Die Überwachung der eigenen Mitarbeiter war noch nie in Ordnung. Das zeigt nur, dass die Unternehmen kein Vertrauen haben. Aber nur in einer vertrauensvollen Umgebung können die Mitarbeiter über sich hinauswachsen – sie fühlen sich inspiriert und sicher. Unternehmen müssen verstehen, dass nicht die Anzahl der Stunden, die man im Büro ist, zählt, sondern die Produktivität und die Ergebnisse, die man liefert. Gerade jetzt müssen Arbeitgeber für ihre Mitarbeiter da sein, sie unterstützen, inspirieren und motivieren – und nicht aus Misstrauen überwachen. So erreichen sie viel mehr und sind unter dem Strich erfolgreicher.

Wie lassen sich Mitarbeiter motivieren, wenn sich klassische Bürostrukturen immer mehr auflösen? Wie erleichtert man seinen Mitarbeitern das Arbeiten von Zuhause aus?

Eine Grundlage für ein effizientes Arbeiten von zu Hause ist zunächst einmal die passende Ausstattung – das reicht von Rechnern und Monitoren über Schreibtisch und Bürostuhl bis hin zu den Tools für eine nahtlose Kommunikation und Zusammenarbeit. Was das reine Equipment betrifft, sind wir aktuell dabei unseren Mitarbeitern neben den vorhandenen Notebooks ein festes Budget zur Verfügung gestellt, über das sie komplett frei verfügen konnten. Wer also schon einen ergonomischen Arbeitsplatz hatte, konnte das Geld beispielsweise für ein neues Headset ausgeben. Den Möglichkeiten waren fast keine Grenzen gesetzt – nur ein extra Zimmer konnten wir natürlich nicht ermöglichen. Technologie und Büromöbel sind aber nur ein Aspekt; der wichtigere ist, als Unternehmen jedem bei Macaw unabhängig vom Arbeitsort ein Gefühl der Zusammengehörigkeit zu vermitteln. Das beutet zum Beispiel auch, dass Führungskräfte bei virtuellen Meetings sicherstellen, dass jeder gehört wird. Generell müssen Unternehmen für sich folgende Fragen beantworten: Was brauchen unsere Mitarbeiter, um sich wohlzufühlen? Wie lässt sich die Verbundenheit des Einzelnen mit seinem Team, aber auch mit der Firma stärken? Wie bereits erwähnt, ein Blick in die Kristallkugel ist nicht möglich – Arbeitgeber und Arbeitnehmer können sich jetzt aber gemeinsam auf die Reise begeben und neue Wege der Zusammenarbeit finden.

Referenzen:

[1] https://blog.wiwo.de/look-at-it/2021/06/17/21-prozent-der-mitarbeiter-am-arbeitsplatz-ueberwacht-fuer-30-prozent-kuendigungsgrund/

Interview geführt durch:

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