Quantentechnologien – zwei Studien

Von   Angelika Debes   |  Research Associate   |  Ludwig-Maximilian-University Munich
5. November 2021

Wie ist das aktuelle Stimmungsbild in Unternehmen? Sind die Quantentechnologien bereits heute ein großes Thema oder liegen Sie in weiter Ferne?
Über die letzten Jahrzehnte konnte sich in der Wissenschaft das Gebiet der „Quantentechnologie“ als eine neuartige Forschungsrichtung etablieren. Es wird darin das Potenzial gesehen, eine Vielzahl an technischen Geräten und Verfahren zu revolutionieren. [1] Das Themengebiet der Quantentechnologie rückt zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit. [2] Allein die Fördersummen der Bundesrepublik zeigen, dass die Quantentechnologie als zukunftsrelevante Schlüsseltechnologie gesehen wird. Bis 2025 sollen zusätzlich zwei Milliarden Euro in den Bereich investiert werden. [3] [4] Das Bestreben liegt vor allem darin, den Transfer der Forschungsergebnisse in die Industrie zu erleichtern sowie die Quantentechnologie anwendungsorientiert und gesamtwirtschaftlich nutzbar zu machen. [5]

Es ist kaum vorhersehbar, welche Möglichkeiten die Quantentechnologie für die Menschheit in der Zukunft bereithält. Es gibt zahlreiche Anwendungsfelder, in denen sie zum Einsatz kommen könnte. Beispielsweise wird im medizinischen Bereich erwartet, dass diagnostische Verfahren mithilfe der Quantenbildgebung deutlich verbessert werden. In der Materialwissenschaft könnten völlig neue Materialien auf molekulare Ebene simuliert werden und genauere Materialprüfverfahren zum Einsatz kommen. [6] Mithilfe von Quantencomputern könnten Berechnungen erheblich schneller ablaufen. Sie sollen gegenüber klassischen Rechnern einen enormen Vorteil bieten. Ihre Funktionsweise basiert nicht auf Bits, die deterministisch den Wert 0 oder 1 haben, sondern auf Qubits. [7] Das Qubit ist eine elementare Informationseinheit, die nur durch die Quantenmechanik korrekt beschrieben wird und die gleichzeitig unterschiedliche Zustände haben kann (Superposition). Aufgrund der Superposition und der quantenmechanischen Verschränkung der Teilchen im System wird es möglich, eine exponentiell große Anzahl von Berechnungen simultan und in kürzester Zeit stattfinden zu lassen. Somit könnten mithilfe von Quantencomputern u.a. hochrelevante logistische Problemstellungen berechnet und in der Finanzbranche Finanzportfolios optimiert werden.

Für Unternehmen stellen sich viele Fragen: Wie können sie sich auf die Welt der Quantentechnologie einstellen? Wie kann die Technologie für die jeweiligen Brachen und Anwendungsgebiete zum Einsatz kommen? Was können Unternehmen bereits heute aktiv tun, um das nötige Know-how aufzubauen, das es braucht, um für das Quantentechnologie-Zeitalter gewappnet zu sein? [8] Doch ist das Thema der Quantentechnologie bereits in den Unternehmen angekommen oder liegt es in weiter Ferne?

Zum Thema „Quantentechnologie“ wurden im Zeitraum von Juni bis August 2021 von der Ludwig-Maximilians-Universität zwei parallel laufende Studien durchgeführt.

Ziel der ersten Studie war es, ein aktuelles Stimmungsbild in deutschen Unternehmen zu erhalten. Wie weit ist das Themenfeld der Quantentechnologie bereits in den Unternehmen präsent? Welchen Stellenwert hat die Technologie innerhalb der Unternehmen heute und was sind Prognosen für die Zukunft? Inwieweit ist Quantencomputing (QC) ein Thema? Wurde es bereits als relevant erkannt? Wurde bereits eine Strategie ausgearbeitet, wie in den nächsten Jahren mit dem Themenfeld umgegangen wird? Sind bereits Projekte gestartet? Mit welchen Auswirkungen und möglichen Hürden sehen sich Unternehmen konfrontiert?

Herauszufinden, wo die Unternehmen sich selbst einordnen, kann dazu beitragen, den Austausch zwischen Forschung und Industrie zu fördern.
An der Quantentechnologiestudie nahmen 118 Personen teil, von denen die Hälfte aus der Technologie und IT-Branche stammen (vgl. Abb.1). Knapp die Hälfte sind in großen Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern tätig (vgl. Abb.2). Von den Teilnehmern haben 39,8% eine leitende Funktion inne und 37,3% sind Experten aus Fachabteilungen (vgl. Abb.3).

Abbildung 1
Abbildung 2
Abbildung 3

Die zweite Studie bezog die Sichtweise aufseiten der Studierenden mit ein. Inwieweit sind Studierende bereits mit dem Themengebiet der Quantentechnologie in Berührung gekommen? Wann rechnen sie damit, dass Quantencomputer für die Lösung unternehmensrelevanter Probleme einen Vorteil erzielen? Wie sieht das aktuelle Angebot in der Lehre aus? Werden in Studiengängen der Informatik Vorlesungen und Praktika im Bereich Quantencomputing angeboten? Welche Auswirkungen hat die Quantentechnologie auf den Kompetenzerwerb und das Angebot in den jeweiligen Bildungseinrichtungen?
An dieser Studie beteiligten sich 125 Studierende, von denen 38,4% aus dem Bereich der Informatik kommen (vgl. Abb.4) und 29,6% bereits zwischen 2 bis 5 Jahren Erfahrung aus der Praxis sammeln konnten (vgl. Abb.5).

Abbildung 4
Abbildung 5

Ergebnisse der Unternehmensstudie:

Die allgemeine Haltung gegenüber der Quantentechnologie ist insgesamt positiv, obwohl 37,3% der teilnehmenden Personen in ihrem Arbeitsumfeld bisher nur ein wenig bis gar nicht mit der Technologie in Berührung kamen. Zählt man diejenigen dazu, welche die Frage nicht beantworteten, sind es mit einem Wert von fast 60% mehr als die Hälfte. Dennoch sind über 80% der Teilnehmer davon überzeugt, dass die neue Technologie der Menschheit ganz neue Wege eröffnen werde und damit noch viel mehr bewerkstelligt werden könne, als wir uns aktuell überhaupt vorstellen können.

Die Teilnehmer schätzten in der Studie den heutigen sowie zukünftigen Stellenwert der Quantentechnologien für ihr Unternehmen. Dabei wurde auf die Quantentechnologiebereiche der 2. Generation eingegangen, die die aktive Nutzung und Kontrolle quantenmechanischer Effekte anstrebt. [9] Die Europäische Kommission teilte im Rahmen ihrer Forschungsförderung die Quantentechnologie in vier Säulen ein. Dazu zählt das Quantencomputing, die Quantensimulation, die Quantensensorik und die Quantenkommunikation. [10] Wie aus Abbildung 7 zu erkennen ist, wird der heutige Stellenwert der einzelnen Quantentechnologiebereiche in den befragten Unternehmen für gering eingestuft. Rechnet man die Werte „eher unwichtig“ bis „unwichtig“ zusammen, liegen die Ergebnisse zwischen 35,6% und 61,0%. Im Bereich der Optimierung mittels Quantencomputing zeigt sich allerdings ein etwas anderes Bild. Hier gaben 40,7% der Teilnehmer an, dass dieser Bereich bereits heute für ihr Unternehmen wichtig bis sehr wichtig ist und in Zukunft weiter an Bedeutung zunimmt (vgl. Abb. 7). Dies deckt sich mit der Einschätzung, wann die befragten Personen damit rechnen, dass Quantencomputer für die Lösung relevanter Probleme in den jeweiligen Unternehmen eingesetzte werden können und einen Mehrwert generieren. Knapp die Hälfte der Teilnehmer erwartet dies in den nächsten 5 bis 10 Jahren (vgl. Abb. 8).

Abbildung 6
Abbildung 7
Abbildung 8

 

Quantencomputing:
Quantencomputer sollen gegenüber klassischen Rechnern einen enormen Vorteil bieten. Ihre Funktionsweise basiert nicht auf Bits, die deterministisch den Wert 0 oder 1 haben, sondern auf Qubits. Das Qubit ist eine elementare Informationseinheit, die nur durch die Quantenmechanik korrekt beschrieben wird und die gleichzeitig unterschiedliche Zustände haben kann (Superposition). Aufgrund der Superposition und der quantenmechanischen Verschränkung der Teilchen im System wird es möglich, eine exponentiell große Anzahl von Berechnungen simultan und in kürzester Zeit stattfinden zu lassen.

 

Quantensimulation:
Quantensimulatoren nutzen Quanteneffekte, um das Verhalten eines Quantensystems, das man vorhersagen möchte, durch ein anderes Quantensystem, das man besser kontrollieren und auslesen kann, darzustellen. Sie können daher als „analoge“ Versionen von Quantencomputern betrachtet werden, müssen allerdings spezifisch für jeden Simulationszweck eigens kalibriert werden. Ein Vorteil gegenüber universellen Quantencomputern ist, dass sie wesentlich leichter herzustellen sind, da weniger Feinkontrolle über jede einzelne Komponente erforderlich ist.

 

Quantensensorik:
Quantenphänomene wie Kohärenz, Superposition und Verschränkung können dazu genutzt werden, Größen wie Druck, Temperatur, Position, Zeit und Bewegung bzw. Beschleunigung, Lage, Gravitation oder elektrische und magnetische Felder mit bisher unerreichter Genauigkeit nachzuweisen.

 

Quantenkommunikation:
Die Quantenkommunikation beschäftigt sich mit dem Aufbau von quantenphysikalisch abgesicherten Verbindungen und der Verteilung von Quantenzuständen. Die abgesicherten Verbindungen können Punkt-zu-Punkt oder mit vertrauenswürdigen Knoten verteilt erreicht werden.

In welchem Quantencomputing-Level sich ihr Unternehmen derzeit befindet, war für die teilnehmenden Personen schwieriger zu beantworten (vgl. Abb.10). Das QAR-Lab des Instituts für Informatik der LMU München entwickelte ein Modell, das es Unternehmen erleichtert, ihren aktuellen Stand im Bereich QC einzuschätzen. [11] Ist die aktuelle Situation bekannt, ist es für Unternehmen besser möglich, Strategien festzulegen und Maßnahmen zu ergreifen, um die nächsten QC-Fortschritts-Level zu erreichen.

Abbildung 9
Abbildung 10

38,1% der teilnehmenden Personen gaben jedoch an, ihr QC-Level nicht einschätzen zu können. 9,3% stufen ihr Unternehmen auf Level 0 ein und haben das Thema bereits als spannend und relevant erkannt. 20% der Befragten befinden sich im QC-Level 1. Sie haben davon gehört, dass Berechnungen auf Quantencomputern – nach aktuellem Wissensstand – wirtschaftliche Vorteile in den Bereichen Optimierung, Simulation und KI hervorbringen werden. Dem QC-Level 4 ordnen sich 11,9% der teilnehmenden Unternehmen zu und im QC-Level 5 sind es lediglich 3,4%. Auffallend ist, dass mit einem Wert von 66,6% hauptsächlich große Unternehmen mit 250 oder mehr Beschäftigten in den QC-Level 4 und 5 vertreten sind. Dafür sind es mit 61,8% vor allem kleine bis mittlere Unternehmen, die ihr QC-Level nicht einschätzen können. Das lässt darauf schließen, dass größere Unternehmen mehr Kapazitäten zur Verfügung haben, im Bereich des Quantencomputings zu experimentieren und erste Berechnungen auf Quantencomputern durchzuführen.

Reifegrad Modell:

 

QC-Level 0: Thinking
Sie haben das Thema für Ihr Unternehmen bereits als relevant erkannt.

 

QC-Level 1: Classification
Sie wissen, dass wirtschaftliche Vorteile des QC derzeit in den Bereichen Optimierung, Simulation, KI etc. gesehen werden. QC wird unsere IT-Landschaft nicht ersetzen, sondern Co-Prozessoren bei komplexen Fällen ergänzen

 

QC-Level 2: Discovery
Sie haben komplexe Fälle mit mit QC-Potential gesammelt und eine Long List erstellt. Diese führt  – erfahrungsgemäß 25 bis 75 – potenzielle Use Cases Ihres Unternehmens auf.

 

QC-Level 3: Selection
Sie haben die potentiellen Use Cases anhand von Kriterien bewertet. Interessant sind schwere/wichtige/passende/frühe Fälle- Ihre Gewichtung ergab eine Short List samt einem Favoriten.

 

QC-Level 4: Implementation
Sie haben Ihren favorisierten Use Case auf mehreren Quantencomputern umgesetzt.

 

QC-Level 5: Prediction
Sie haben eine Auswertung von Laufzeiten und Güte der Lösung gemacht, kennen Ihren Bedarf an Qubits und haben in einer Hochrechnung ermittelt, wann die von Ihnen benötigte Hardware verfügbar sein wird. Daraus leiten Sie ab, wann Ihre Top-Anwendung einen Quantenvorteil erreicht.

 

*entwickelt vom QAR-Lab / LMU München Institut für Informatik
www.qarlab.de/wirtschaft/potenziale-von-quantencomputing/

Anhand der QC-Level Einstufungen scheinen die wichtigsten Fragen für Unternehmen zu sein, welche praxisrelevanten Problemstellungen mittels QC überhaupt gelöst werden können und wenn Berechnungen möglich sind, wann mit einem wirtschaftlichen Nutzen gerechnet werden kann.

Die Unternehmen stehen am Anfang. Das deckt sich ebenfalls mit den Hindernissen, mit denen sich die befragten Teilnehmer konfrontiert sehen. Was erschwert es Unternehmen, sich mit dem Thema „Quantentechnologie“ auseinanderzusetzen? Aktuell können 47,5% der Teilnehmer keine Anwendungsfälle in ihrem Unternehmen identifizieren (vgl. Abb.11). Kritisch wird auch der Mangel an Fachkräfte im Bereich der Quantentechnologie eingeschätzt. 48,3%

geben an, keine qualifizierten Fachkräfte mit dem speziellen Wissen im Unternehmen zu haben, und doch werden in 39% der Unternehmen bereits Mitarbeiter im Bereich der Quantentechnologie beschäftigt. 13,6% der Teilnehmer berichten, dass sie bereits aktiv Stellen ausschreiben und 30,5% planen zukünftig neue Stellen zu schaffen. Die Unternehmen bereiten sich durchaus auf die neuen Technologien vor.

Eine der wichtigsten Aufgaben ist es, Unternehmen auf die Möglichkeiten, was mit der Quantentechnologie möglich sein kann, zu sensibilisieren. Nur wenn Unternehmen das Potenzial der Quantentechnologie erkennen und sehen, dass sie langfristig einen erheblichen Mehrwert in ihren Unternehmen genieren können, wird die Bereitschaft wachsen, sich intensiv mit dem Themenfeld zu befassen.

Abbildung 11

Ergebnisse der Studierendenstudie:

Die allgemeine Haltung gegenüber der Quantentechnologie ist auf Seite der Studierenden ebenfalls positiv. Auch in dieser Studie sind 80% der Teilnehmer davon überzeugt, dass die neue Technologie der Menschheit ganz neue Wege eröffnen werde und über 70% erwarten, dass mit der Quantentechnologie noch viel mehr möglich sei, als wir uns aktuell vorstellen können. Die Mehrheit der Studierenden hatte bisher allerdings mit dem Themengebiet der Quantentechnologie wenig bis gar keine Berührungspunkte. Lediglich 23,2% haben sich bisher intensiv bis sehr intensiv mit der Quantentechnologie beschäftigt (vgl. Abb.12). Das zeigt wiederum, dass es sich um ein Spezialgebiet handelt, welches vorwiegend in technischen Studiengängen wie beispielsweise in der Informatik, der Physik und der Mathematik behandelt wird.

Bei dem Vergleich zwischen dem heutigen und zukünftigen Stellenwert der Quantentechnologie für die Gesellschaft erwarten die Studierenden einen Bedeutungszuwachs in allen Technologiebereichen von mindestens 25% (vgl. Abb.13 u. Abb.14). Aus Unternehmenssicht ist es vor allem der Bereich des Quantencomputings, der an Relevanz gewinnt. Aber auch dieser Bereich wird aus Studierendensicht mit über 70% zukünftig für wichtig bis sehr wichtig eingestuft (vgl. Abb.14). Bei der Frage, wann Quantencomputer für die Lösung relevanter Probleme in der Wirtschaft eingesetzt werden können und einen Mehrwert generieren, sehen jeweils 30% der teilnehmenden Studierenden ein Zeithorizont von 5 bis 10 sowie 10 bis 15 Jahren realistisch (vgl. Abb.15).

Abbildung 12
Abbildung 13
Abbildung 14
Abbildung 15

In einem Teilabschnitt der Studie – speziell für Informatiker – gaben 52% der befragten Personen an, in diesem Bereich zu studieren (vgl. Abb.16). Um herauszufinden, inwieweit Interesse an QC-Themen besteht und inwieweit Vorlesungen und Praktika bereits im Studium angeboten werden, wurden dieser Gruppe zusätzliche Fragen gestellt. Dabei kam heraus, dass sich die Mehrzahl der befragten Informatiker für eine Abschlussarbeit im Bereich Quantum Artificial Intelligence und Quantum Optimization sehr interessiert (vgl. Abb.17).

Im Bereich der Quantum Artificial Intelligence ermöglichen Ansätze der Künstlichen Intelligenz, eine Lösung hochkomplexer Probleme durch Simulation intelligenten Verhaltens. Die Berechnung von Optimierungsproblemen ist für die Informatik von zentraler Bedeutung und für die Anwendung besonders relevant. Die Herausforderung eines mit der Eingabegröße exponentiell wachsenden Suchbereichs, verhindert, dass auf klassischen Computern eine exakte praxisrelevante Lösung für Probleme gefunden wird. Für das Themengebiet der „Quantum Software Platform“ konnten sich 20% der Informatiker begeistern. Diese hat ebenfalls einen hohen Stellenwert. Durch sie soll ein einheitlicher und einfacher Zugriff auf die Quantenhardware ermöglicht werden.

Die Frage, wie viele Vorlesungen oder Praktika mit spezifischen Inhalten im Bereich QC bereits an den besuchten Hochschulen oder Universitäten angeboten werden zeigt, dass die Studieninhalte sich auf das Themengebiet bereits ausgerichtet haben. Lediglich 16,9% der befragten Informatiker gaben an, dass dazu bisher keine Vorlesung oder Praktika angeboten wurde. Das Interesse an QC-Themen ist durchaus sehr groß. Die Frage, mit welcher Tätigkeit die befragten Informatiker sich gerne nach ihrem Studium befassen würden, bekräftigt dies. Drei Antwortmöglichkeiten beinhalteten Aufgaben im Bereich des Quantencomputings. Dabei ist die Forschung und Entwicklung in Quantenalgorithmen und Softwareentwicklung mit 50,8% am interessantesten (vgl. Abb.19). Zusätzliche Antworten gewünschter Tätigkeitsfelder lagen im Bereich „Quantum Hardware Research“ sowie in der Simulation von aufwändigen Problemen und der verbesserten Lösung mithilfe von Quantencomputern.

Abbildung 16
Abbildung 17
Abbildung 18
Abbildung 19

Fazit

Die oben beschriebenen Studien zeigen, dass eine der wichtigsten Aufgaben darin besteht, hinsichtlich der verschiedenen Bereiche der  Quantentechnologie aufzuklären und zu sensibilisieren. Auf der einen Seite gibt es Unternehmen, die sich intensiv mit dem Themengebiet auseinandersetzen und bereits eine Expertise aufgebaut haben. Auf der anderen Seite stehen viele Unternehmen am Anfang und wissen noch nicht, wie sie die Quantentechnologie für sich nutzen können. Für Unternehmen stellen sich vor allem die Fragen: Welche Problemstellungen und Prozesse lassen sich mithilfe der Quantentechnologien langfristig verbessern? Was hat es im Speziellen mit dem Gebiet des Quantencomputings auf sich und welche praxisrelevanten Anwendungsfälle lassen sich damit in den Unternehmen lösen?

Das Zeitalter der Quantentechnologie wird nicht kommen, es ist bereits da. Wichtig ist es, einen Austausch zwischen Forschung und Industrie weiter voranzutreiben, damit den Unternehmen geholfen wird, herauszufinden, wie sie die Quantentechnologien für sich nutzen können. Es geht um eine langfristige strategische Ausrichtung und nicht um eine kurzfristige Betrachtung. Die befragten Unternehmen bereiten sich durchaus darauf vor. Denn wie die Studienergebnisse zeigen, beschäftigen 39,0% der befragten Unternehmen bereits Mitarbeiter im Bereich der Quantentechnologie, 13,6% schreiben aktiv Stellen aus und 30,5% planen zukünftig Stellen auszuschreiben. So wird auf dem Markt u.a.  nach einem „Senior Quantum Computing Developer“, einem „Quanteningenieur“ oder einem „Working Student – Quantum Computing“ gesucht. Die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften ist vorhanden. Für Studierende, die sich für die verschiedenen Bereiche der Quantentechnologie begeistern können, bestehen daher gute Chancen, eine Stelle zu finden. Es lohnt sich, sich bereits jetzt intensiv Wissen im Studium anzueignen und sich dementsprechend auszurichten. Die Universitäten haben die Aufgabe, die Studieninhalte gezielt anzupassen und aufzubereiten, um ihre Studierenden bestmöglich auf das Quantenzeitalter vorzubereiten. So entstehen neue Studiengänge, wie beispielsweise der „M.Sc. Quantum Science & Technology“, der von der Ludwig-Maximilians-Universität und der Technischen Universität München gemeinsam angeboten wird oder der „M.Sc. Quantum Engineering“ der Universität des Saarlandes, der seit dem Wintersemester 2020/2021 für Studierende zugänglich ist. [12] [13] Auch einzelne Studieninhalte und Lehrveranstaltungen erfahren Anpassungen. So bietet der Lehrstuhl Mobile und Verteilte Systeme der LMU München eine Arbeitsgemeinschaft „Quantum Computing“ an, in der anspruchsvolle Themen des QC in enger Zusammenarbeit mit den Studierenden behandelt werden. In diesem Rahmen werden Projekt- und Abschlussarbeitsthemen an die Studierenden vergeben. Auch wurde an der LMU München im Rahmen des QAR-Lab Bayerns in Kooperation mit dem Projekt PlanQK ein Praktikum im Bereich „Quantum Computing Programmierung“ namens „QC Optimization Challenge“ unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Claudia Linnhoff-Popien ins Leben gerufen. Dabei erhalten Studierende die Möglichkeit, in enger Zusammenarbeit mit ausgewählten Industriepartnern reale Anwendungsfälle auf derzeit 4 verschiedenen Quantencomputern zu testen und zu berechnen.

All diese neuen Angebote zeigen: Wir sind auf einem guten Weg. Darauf ausruhen dürfen wir uns allerdings nicht. Im Bereich der Quantentechnologien stehen wir am Anfang. Daher gilt es einen guten Austausch zwischen der Industrie und Forschung weiter zu fördern, ein Netzwerk an Experten aufzubauen und die Lehre kontinuierlich an die laufenden Fortentwicklungen anzupassen, um gut ausgebildete Fachkräfte im Bereich der Quantentechnologie zu erhalten. Im Laufe der Geschichte gab es immer schon Veränderungen und Wandel. Schon Albert Einstein soll gesagt haben: ”Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle.” Werden wir die noch verborgenen Geheimnisse der Quantentechnologien lüften können und für die Wirtschaft nutzbar machen? Die Frage ist auch, wie wir uns auf den Wandel vorbereiten? Wir haben die Möglichkeit, gemeinsam unsere Zukunft aktiv zu gestalten.

Quellen:

[1] Nationale Initiative „Qantentechnologie – Grundlagen und Anwendungen“(QUTEGA): Konzeptpapier der nationalen Initiative zur Förderung der Quantentechnologie von Grundlagen bis Anwendungen, Quantentechnologie, 2017

[2] VDI Technologiezentrum GmbH, Expertenrat des Bundes: Roadmap Quantencomputing, 01/2021, online: https://www.quantentechnologien.de/artikel/roadmap-quantencomputing-uebergeben.html; [Stand 09/2021

[3] Die Bundesregierung: Deutschlands erster Quantencomputer in Betrieb, https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/kanzlerin-quantencomputer-1927088, [Stand 09/2021]

[4] Imhoff G.: Kommission startet 1-Milliarde-Euro-Initiative zu Entwicklung der Quantentechnik in Europa, https://ec.europa.eu/germany/news/20181029-quantentechnik_de, [Stand 09/2021]

[5] Nationale Initiative „Qantentechnologie – Grundlagen und Anwendungen“(QUTEGA): Konzeptpapier der nationalen Initiative zur Förderung der Quantentechnologie von Grundlagen bis Anwendungen, Quantentechnologie, 2017

[6] Fraunhofer-Allianz Big Data und Künstliche Intelligenz – Eine Einrichtung der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V: Quantum Machine Learning – Eine Analyse zu Kompetenz, Forschung und Anwendung, 09/2020

[7] Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik: Entwicklungsstand Quantencomputer, Bonn 2018

[8] Gerke, F./Müller, R./Bitzenbauer, P./Ubben, M./Weber, K.: Quantum Awareness im Ingenieurwesen: Welche Kompetenzen werden in der Industrie gebraucht?, Bonn 2020

[9] Kagermann, H./Süssenguth, F./Körner, J./Liepold, A.: Innovationspotenziale der Quantentechnologien der zweiten Generation (acatech IMPULS), München 2020

[10] QFlag – Quantum Flagship Coordination and Support Action: Quantum Flagship , online: https://qt.eu/ und Technologiebereiche https://qt.eu/discover/technology/; [Stand: 09/2021]

[11] QAR-Lab – Quantum Applications and Research Laboratory, Ludwig-Maximilians-Universität München: Identifizierung von Anwendungsfällen der Industrie, online: https://qarlab.de/en/business/potentials-of-quantum-computing/; [Stand 09/2021]

[12] Ludwig-Maximilians-Universität: MSc Quantum Science Technology, online: https://www.physik.lmu.de/en/studies/study-programs/msc-quantum-science-technology/index.html; [Stand:09/2021]

[13] Universität des Saarlandes: Quantum Engineering, online: https://www.uni-saarland.de/fachrichtung/systems-engineering/studium/studiengaenge/quantum-engineering.html; [Stand 09/2021]

Angelika Debes completed her Master’s degree in Human Resource Management and has been working as a research assistant in the QAR Lab at the Chair of Mobile and Distributed Systems at LMU Munich since 2020.

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