Die Rolle der IT Abteilung im Wandel

Von   Christian Kirsch   |  Geschäftsführer   |  PASSION4IT GmbH
22. Oktober 2021

Die Rolle der IT steht an der Schwelle zum dritten Jahrzehnt dieses Jahrtausends (erneut) am Scheideweg. Alte Handlungs- und Denkmuster helfen nur noch bedingt, da sich alle Rahmenbedingungen verändert haben. Im Zuge der Digitalisierung kann die moderne und smarte IT Abteilung zum „game changer“ werden. Sie kann das Zünglein an der Waage sein, das über Fortbestand oder Scheitern des Unternehmens im immer härter werdenden, globalen und v.a. digitalen Wettbewerb entscheidet. Aber was bedeutet das konkret für Unternehmen?

Das klar definierte Ziel der IT Abteilung ist, gemeinsam mit der Personalabteilung der Treiber der Digitalisierung und der gesuchte Ansprechpartner im Unternehmen für jegliches Digitalisierungsvorhaben zu sein. Um das zu erreichen ist vor allem eines nötig – ein Schulterschluss mit dem operativen Business. Hierbei müssen Unternehmen alle Fachbereiche ins Boot zu holen, um gemeinsam das Zielbild für die ganz persönliche digitalisierte Organisation zu erarbeiten. Alte Fehden müssen vergessen und begraben werden. Ein echter Neuanfang kann nur gelingen, wenn man die Probleme der Vergangenheit hinter sich lässt.

Unternehmen müssen in den Change Request- und Demand-Listen den Reset-Knopf drücken und sich von dieser Hypothek befreien. Der Fachbereich muss hier seinen Teil im Rahmen des Schuldenschnitts beitragen. Ebenfalls ist die Entwicklung der vorhanden, veralteten Systeme einzufrieren – natürlich alles in enger Abstimmung mit den Fachbereichverantwortlichen und auch mit der erforderlichen Transparenz, warum das jetzt zwingend nötig ist. Es geht darum, offen einen Neuanfang zu wagen und jetzt die Weichen auf „Zukunft“ zu stellen.

Ein Schulterschluss mit den Fachbereichen kann auch nur dann nachhaltig funktionieren, wenn die Ziele kongruent sind. Durch Ableiten der konkreten, strategischen IT Ziele von der Unternehmensstrategie, kann dies erreicht werden. Jedes IT Projekt sollte auf mindestens ein Unternehmensziel einzahlen.

Die neue Rolle der IT Abteilung erfordert künftig auch andere Skills. Die Zahl der Entwickler und Infrastruktur-Techniker wird zurückgehen. Stattdessen gewinnen vermehrt Projektleiter und Business Process-Spezialisten mit einem profunden Technik-Hintergrund an Relevanz. In enger Abstimmung mit dem Personalbereich muss nun eine Strategie erarbeitet werden, wie entweder die bestehenden Mitarbeiter dorthin entwickelt oder eben neue Mitarbeiter mit den geforderten Skills an Land gezogen werden können.

Die IT Abteilung als Dirigent des IT Orchesters

Jeder neue Cloud-Service ist nur einen Mausklick entfernt und erfordert maximal die Hürde einer gültigen Kreditkarte. Die größte Herausforderung der modernen IT Abteilung wird es daher sein, all diese Möglichkeiten zu orchestrieren und zielführend abzustimmen. Dabei müssen klassische IT Services aus dem Rechenzentrum (onPremises, wie zum Beispiel das ERP System) mit smarten Cloud-Services (wie zum Beispiel einem CRM System von Salesforce) abgemischt und in einem einheitlichen Benutzererlebnis bereitgestellt werden.

Denn am Ende des Tages ist es dem Fachbereich egal, ob der Service aus dem Rechenzentrum im Keller erbracht wird oder aus der Amazon Web Service Cloud kommt. Die moderne IT Landschaft stellt smart konsumierbare und flexibel buchbare Business Services zu Verfügung, welche am Monatsende transparent an die Fachbereiche verrechnet werden.

Run your IT like a business

Um dies zu erreichen, sollte der IT Bereich professionalisiert werden. Der gesamte Bereich muss so aufgestellt sein und hinsichtlich seiner DNA, ticken wie ein externer IT Service-Anbieter. Dazu gehören schlanke und pragmatische Serviceprozesse, eine professionelle Kommunikation und ein Servicekatalog, über den alle IT Services und Leistungen so einfach gebucht werden können, wie ein Buch bei Amazon zu bestellen ist.

Das Vorbild für den Betrieb und das Angebot der IT Services sind die modernen Cloud Companies dieser Welt. Hierbei lohnt es sich, einen Blick auf IT Riesen, wie Apple, Google, Salesforce oder Microsoft zu werfen. Denn was all diese Giganten exzellent beherrschen, kann man mit Stolz kopieren und für die eigene IT Abteilung adaptieren. Vor allem die Bereiche Marketing, Kundenzentrierung, Servicebereitstellung und Innovationsmanagement sind hier von Bedeutung.

Marketing, Transparenz und Serviceerbringung

„Tue Gutes und sprich darüber“ ist eine uralte Weisheit, aber diese ist heute mehr denn je gültig für einen IT Bereich, der mit dem Rücken an der Wand steht und nicht gerade die beste Reputation im Unternehmen hat. Der erste Schritt ist die gnadenlose Schaffung von Transparenz. Dazu können die neuen Servicemanagement-Lösungen helfen. Unternehmen sollten hierbei offen aufzeigen, wie viele Störungen (Incidents) und Änderungswünsche (Change) von welchem Fachbereich im IT Team aktuell in Arbeit sind oder aber in den letzten dreißig Tagen bearbeitet wurden.

Mithilfe eines transparenten IT Service Katalogs können Unternehmen ihr vollumfängliches Leistungsspektrum aufzeigen. Die Kolleginnen und Kollegen aus den Fachbereichen haben die Möglichkeit, die angebotenen IT Services in einem Shopping-Erlebnis, ähnlich wie bei Amazon, zu buchen. Freigabe-Workflows sichern hier die Compliance ab, indem nötige Genehmigungen von den Vorgesetzten automatisch eingeholt werden. Die Services werden monatlich über eine IT Leistungs- und Kostenverrechnung berechnet und an die Fachbereiche weitergegeben. Das Ziel am Ende des Jahres: Eine „schwarzen Null“ und eine transparente Verrechnung.

Veränderungen, Weiterentwicklungen oder neue Projekt müssen frühzeitig über Newsletter oder das Intranet angekündigt werden. Empfehlenswert ist auch die jährliche Aufbereitung einer Roadmap, in der die Pläne für das kommende Geschäftsjahr aufgeführt sind. Hierbei müssen die Unternehmen bewusst Neugier schüren. Mittels eines IT Board mit den Prozessverantwortlichen und Key Usern, sollte zudem die Möglichkeit geboten werden, dass proaktiv Vorschläge für diese Roadmap gemacht werden können.

Bei neuen Projekten ist immer eine entsprechende Schulungsphase einzuplanen. Über die Key User wird der KnowHow-Transfer zu allen Mitarbeitern und Anwendern kanalisiert.

Bei Schulungen ist darauf zu achten, nicht nur und ausschließlich die neuesten Features und Funktionen einzubeziehen. Unternehmen sollten ihr Augenmerk immer auch auf das „why“ legen. Warum wird die neue Lösung eingeführt? Welches Unternehmensziel soll damit erreicht bzw. unterstützt werden? Warum fällt die Entscheidung für Lösung A und nicht für die Lösungen B und C? Dadurch erzeugen Unternehmen mehr Verständnis und eine höhere Adaptierung.

Kundenzentrierung

Zum anderen ist es wichtig, den Schritt aus den eigenen vier Bürowänden raus zu wagen und bewusst und offen auf die Fachbereiche zuzugehen. Jedes Projekt, jede Initiative oder jeder Verbesserungsvorschlag vom Kunden – also vom Anwender – muss ausgedacht werden. Was braucht der Anwender wirklich? Was bewegt ihn? Welche Ziele hat er?

Dazu eignet sich eine Technik aus dem Produktmanagement. Bei dieser Technik wird für jeden Fachbereich oder jeden Usertypen eine Persona erstellt. Dabei wird ein Benutzer mit verschiedenen Attributen beschrieben. Unternehmen haben so die Chance, ihr Gegenüber besser kennenzulernen und somit wesentlich bessere und passgenauere Ergebnisse zu erzielen. Zugleich können Enttäuschungen und Überraschungen vorgebeugt werden.

IT und Business – ein Team

Wenn Unternehmen diesen beschwerlichen Weg gegangen sind, den Schulterschluss zwischen IT und Business hergestellt, die Lasten der Vergangenheit abgeschüttelt, eine professionelle Serviceerbringung nach den Standards der Cloud etabliert und im IT Team mit einem „digital mindset“ eine echte Kundenzentrierung verankert haben, dann sind sie fast am Ziel.

Warum nur fast? Weil diese Reise nie zu Ende sein wird. Die ständige Weiterentwicklung und Einstellung auf die immer schneller werdenden Rahmenbedingungen sind unumgänglich. Agilität und Flexibilität sind die entscheidenden Eigenschaften, die Unternehmen kennzeichnen müssen. Denn was auch immer in den nächsten zehn Jahren kommen mag – es kann heute nicht mit absoluter Sicherheit vorhergesagt werden. Was Unternehmen aber heute schon tun können ist, sich möglichst smart auf die sich abzeichnenden Trends und Themen vorzubereiten.

Fotobeschreibung: Eine moderne und smarte IT Abteilung als „game changer“ im Zuge der Digitalisierung. Fotocredit: PASSION4IT GmbH

Christian Kirsch ist Geschäftsführer der 2019 gegründeten PASSION4IT GmbH aus Viechtach und Experte in Sachen IT und Digitalisierung. Zu seinen Kompetenzen zählen IT Strategie, Projektmanagement, Softwareauswahl und Digital Work. Dank langjähriger Erfahrung und seinem mittlerweile achtköpfigen Team.

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