5 Beispiele wie der Einzelhandel von Künstlicher Intelligenz profitiert

Von   Ralf Reich   |  Head of Continental Europe   |  Mindtree
20. Juni 2018

Eine der größten Herausforderung des stationären Einzelhandels ist der Schwund von Waren und Inventar. Abhilfe bieten Kamerasysteme, die die Überwachung von Räumen übernehmen und mit Künstlicher Intelligenz (KI) das Verhalten der Personen an Kassen sowie in Verkaufsräumen und Lägern analysieren.
Diebstahl durch Kunden und Mitarbeiter, Fehler des Kassenpersonals, Etikettenbetrug sowie Transport- und Lagerschäden verursachen jährlich einen Milliardenschaden. Das EHI Retail Institute beziffert die Inventurdifferenzen in Deutschland für 2016 auf rund vier Milliarden Euro. In ihrer Studie „Inventurdifferenzen 2017“ sind auf Ladendiebstahl durch Kunden rund 2,2 Milliarden Euro zurückzuführen. Die durchschnittliche Inventurdifferenz beträgt rund ein Prozent vom Umsatz. Zusammen mit Investitionen in Diebstahlschutz in Höhe von rund 1,3 Milliarden gehen dem Einzelhandel rund 5,3 Milliarden Euro Gewinn jährlich verloren.

Moderne Überwachungssysteme mit KI-Funktionen können diese Situation im Einzelhandel verbessern. Fünf Anwendungsbeispiele zeigen, wie sich die Verluste reduzieren lassen:

  1. Am POS, Scanner-Kassen und Bedienfehler
    Immer wieder kommt es vor, dass Produkte nicht eingescannt werden und der Mitarbeiter an der Kasse dies nicht bemerkt. Manchmal kann der Scanner ein Etikett nicht richtig lesen; durch die Handeingabe kommt es zu Eingabefehlern. Videoüberwachung mit KI-basierten Analysemethoden wertet das Geschehen am POS (Point of Sale) blitzschnell aus und gibt eine Warnung an das Kassen- oder Aufsichtspersonal. Elektronische Registrierkassen lassen sich auch mit dem Überwachungssystem verbinden, um Unregelmäßigkeiten am POS zu erfassen, auszuwerten und zu dokumentieren.
  2. Im Einkaufwagen verbleibende Waren
    Ein Kunde unterlässt aus Versehen oder vorsätzlich, Produkte aus dem Einkaufwagen zu nehmen und auf das Förderband zu legen. KI-basierte Videoüberwachungssysteme mit Bildverarbeitungs- und Erkennungsalgorithmen registrieren blitzschnell, wenn Waren im Wagen verbleiben und geben ein Signal an das Kassenpersonal oder die Aufsicht.
  3. Durch Weitergabe von Waren an Freunde und Familie
    Alleine 800 Millionen Euro Verlust muss der Einzelhandel laut EHI wegen Mitarbeiterdiebstahls hinnehmen; hinzukommen 300 Millionen Euro durch Servicemitarbeiter. Teilweise manipulieren Freunde oder Familienmitglieder mit Wissen des Kassenpersonals Barcodes, sie stapeln Waren auf dem Förderband so geschickt, dass sie einfach vom Scanner übersehen werden. Innovative Videokameras mit KI-basierten Algorithmen analysieren das POS-Geschehen und geben eine Warnung an das Management, Dies ist dadurch in der Lage, die Mitarbeiter des Betrugs zugunsten ihrer Angehörigen zu überführen.
  4. Durch Betrug
    Etikettenbetrug ist auch in Zeiten der Barcodes auf den Produkten eine beliebte Betrugsmasche. Vor allem bei den aufkommenden Selbstbedienungskassen fällt dies nur auf, wenn ein Mitarbeiter die Kassen ständig beobachtet. Gleiches gilt für Waren, die ohne zu scannen in der Tüte landen. Solche Verhaltensweisen sind mit typischen Handlungsabläufen verbunden. Innovative Videoüberwachung identifiziert solche Muster und löst in wenigen Sekunden eine Meldung an das Kassenpersonal aus. Eine Beobachtung durch Mitarbeiter an den Selbstbedienungskassen wird überflüssig.
  5. Durch falsche Absatzplanung
    640 Millionen Euro Inventurdifferenz gehen auf das Konto organisatorischer Mängel, berichtet das EHI. Vor allem bei Frischeprodukten können Fehlplanungen zu erheblichen Schäden führen; immerhin haben sie einen Umsatzanteil von bis zu 44 Prozent im deutschen Handel. Bei Bestellmengen über der Nachfrage landen die Produkte im besten Falle bei einer Tafel oder aber werden weggeschmissen. Bei einer Automatisierung der Bestellungen durch KI-Algorithmen lässt sich der Bestand an Frischeprodukten optimieren. Solche Algorithmen beziehen neben historischen Werten auch ihre „gelernten“ Beobachtungen ein und können so für jeden einzelnen Laden die optimalen Bestellmengen ermitteln.

Supermarkt der Zukunft braucht kein Kassenpersonal

AI-basierte Videoüberwachung kann aber noch viel mehr. Das Start-up Standard Cognition stellte 2017 eine innovative AI-Anwendung auf Basis der Mindtree-Lösungen vor, die das Kassenpersonal überflüssig machen könnte. Die Anwendung befindet sich in der Beta-Testphase. Die Kunden nutzen eine Smartphone-App, über die sie beim Betreten eines Supermarktes erfasst werden. Sie nehmen Ware aus den Regalen und dabei beobachtet sie eine Kamera. Die entnommenen Produkte werden automatisch erfasst und registriert. Der Kunde kann problemlos Ware zurückstellen, die dann storniert wird. Am Ende geht der Käufer aus dem Laden, ohne einen Zahlungsprozess zu durchlaufen. Über die App und eine elektronische Geldbörse wird der Einkauf dokumentiert und abgebucht. Sollte ein Kunde versuchen, die Kameraerfassung bei der Produktentnahme zu verhindern, erfolgt ein Hinweis an die Mitarbeiter. Sie werden dann an eine reguläre Kasse umgeleitet.

Mindtree bietet eine KI-basierte und hardwareunabhängige Videoüberwachungsplattform, die den Einzelhandel dabei unterstützt, seine Inventurdifferenzen nachhaltig zu reduzieren.

Ralf Reich ist Head of Continental Europe bei Mindtree. Der Diplom Mathematiker ist verantwortlich für den Ausbau der Präsenz von Mindtree in den Bereichen Banken, Finanzdienstleistungen, Versicherungen, Einzelhandel, Produktion, Reisen und Transport. Er verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung im IT-Service und Consulting unter anderem bei IBM, Hewlett Packard, Unisys sowie Wipro Technologies in den DACH-Regionen.

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