Datenübertragung mittels Blockchain

Von   Carsten Hochschon   |  CEO/ Geschäftsführer und Gründer   |  knooing GmbH
20. Februar 2018

Daten sind das digitale Gold. Es ist schon lange kein Geheimnis mehr, dass Google Millionen mit Benutzerdaten verdient. Facebook sammelte in zwei Wochen ein ca. 1.200 Seiten umfassendes PDF über den österreichischen Juristen und Datenschutzaktivisten Max Schrems [1] und verdient damit, wie mit jedem anderen Nutzer, fleißig Geld. Amazon kennt längst die Vorlieben seiner Nutzer und schlägt „passende“ Produkte vor. Mittlerweile sitzt Amazon/Apple/Google auch mit Hilfe von Alexa/Siri/Google AI im digitalisierten Haushalt und bekommt so unendlich viele Daten. Diese digitalen Fußabdrücke, gespeichert in sog. Daten Silos, sind zwar meist „nur“ die Metadaten, doch lassen sich daraus Rückschlüsse auf private Daten (Arbeitszeiten, Konsumverhalten, Wohnort, ja sogar sexuelle Vorlieben etc.) des Nutzers schließen. Doch was hat das alles mit IoT zu tun?
Die Datenmenge, die Unternehmen zur Verfügung steht, wächst mit jedem IoT Device exponentiell! Jedes dieser Geräte unterstützt uns im Alltag, keine Frage, aber überträgt auch Daten zwischen Geräten. Genau diese Daten sind für Unternehmen sehr wertvoll. Eine eigene Infrastruktur für Daten zu bilden, ist sehr schwer, teuer und man stößt schnell an die Grenzen der Verarbeitungsgeschwindigkeit. Also greift man auf das zentrale System der Hersteller zurück.

Doch Systeme wie Alexa sind abhängig, wenn der Amazon Server ausfällt, geht nichts mehr. Und sollte Amazon keine Lust mehr am Geschäftsmodel haben – wird Alexa gar nicht mehr funktionieren, da kein Server mehr die Daten verwalten kann. Man spricht von einer zentralisierten Lösung.

Aber es gibt eigentlich gar keinen Grund für IoT Devices überhaupt mit einem Server als Schnittstelle zu arbeiten. Die meisten Informationen können direkt ausgetauscht werden.

Hier bietet die Blockchain und ihre „Geschwister“ eine interessante Alternative. Dies haben bereits einige, unter anderem deutsche Entwickler erkannt und entwickeln verschiedene Technologien, um es zu erschweren, Daten abzugreifen und/oder die Kommunikation zwischen den Devices sicher und schnell zu gestalten. Nun hat wie immer jede Technologie Vor- und Nachteile. Ein weiterer Vorteil der Blockchain als Kommunikationsmittel zwischen den Devices ist die Möglichkeit, den Zahlungsverkehr schnell, sicher und automatisiert abzuwickeln.

Blockchain – Basics

Um wirklich das Konzept hinter den Technologien zu verstehen, muss erst einmal verstanden werden, wie eine Blockchain funktioniert. Daher hier ein kurzer Abriss:

  • Eine Blockchain besteht aus vielen Daten Blöcken, die aneinander gereiht werden:
    o Jeder Datenblock bekommt via SHA256 einen individuellen Hash, der nicht rückwärts  berechenbar ist.
    o Der Hash des Vorblocks befindet sich in der Datenmenge des aktuellen Blocks.
    o Da ein Hash derzeit nicht „fälschbar“ ist, zerfällt die Blockchain, sobald die Daten eines Blocks geändert werden
  • Die Blockchain wird auf sehr vielen Rechnern (sog. Nodes) weltweit gespeichert und es herrscht Konsensus, die Mehrheit entschiedet was richtig ist:
    o Falls ein Node gefälschte Daten einspeisen möchte, fällt allen anderen auf, dass diese Daten falsch sind und schließen ihn aus dem Netzwerk aus, bis die Daten wieder korrekt sind
  • Man kann Daten durch einen Privat Key in die Blockchain einspeisen (Identitätsnachweiß)
  • Der Privat Key ist auf der Blockchain nicht sichtbar, sondern die Adresse des sogenannten Public Keys
  • Ein Private Key kann mehrere Public Keys erzeugen, dies führt zu Anonymität
  • Pro Überweisung/Datenübermittlung (im folgenden Tx genannt) entsteht eine kleine Gebühr

Das Konzept kann hier ausprobiert werden.
Eine klassische Blockchain ist jedoch schnell im Datendurchsatz begrenzt. Der Bitcoin schafft lediglich ca. 13 Transaktionen/s zu verarbeiten, was bei der zu erwartenden Menge an IoT Devices lächerlich wenig ist. Hier kommen die alternativen Technologien zum Tragen.

Tangle/IOTA

Der Tangle ist eine Deutsche Erfindung und wird von der IOTA Fundation aus Berlin entwickelt. IOTA ist derzeit das größte IoT – Blockchain Projekt. IOTA ist eine sogenannte Kryptowährung, wird in Millionen als Einheit gehandelt und kostet derzeit ca. 2€. Das Geniale an dieser Technologie ist, dass die Geschwindigkeit der Datenübermittlung steigt, je mehr Daten übermittelt werden. Dies entsteht durch den Tangle. Während bei einer Klassischen Blockchain alle Nodes im Netzwerk die Transaktionen in jedem Block bestätigen, geschieht dies im IOTA Netzwerk durch die Transaktionen selbst. Dadurch sind diese auch kostenlos. Jede neue Transaktion bestätigt zwei alte, nicht bestätigte Transaktionen. Es gibt in diesem Netzwerk keine Blöcke mehr, da der Konsensus durch den Tangle automatisch entsteht. In festgelegten Intervallen wird der entstandene Transaktionen-Baum gespeichert und eine neue Genesis-Transaktion erstellt, anhand derer ein neuer Tangle entsteht. Diese Technologie befindet sich derzeit noch in einer Beta Phase und hat viele Schwächen. Jedoch haben schon große Dax Unternehmen wie Bosch und VW bestätigt, an dieser Technologie zu forschen.

Die Idee von IOTA ist, dass nun jedes Device einen eigenen IOTA Privat Key hat und sich die Devices einzelne IOTA mit Befehlen zusenden können. Ein IOTA ist so günstig, dass die Kosten nicht ins Gewicht fallen und durch die kostenlose Transaktion „verliert“ man auch kein Geld. Bei jeder Transaktion kann eine neue Adresse verwendet werden, somit ist es auch nicht möglich, Metadaten einzelner Geräte zu speichern. Tatsächlich setzt VW sehr große Hoffnungen in diese Technologie in Verbindung mit automatisiertem Fahren etc.. Daher hat Volkswagen den CDO Johann Jungwirth auch als neues Aufsichtsrat Mitglied und Berater in der IOTA Fundation eingesetzt.

Nano, ehemalig RailBlocks

Diese Technologie ist im Vergleich zu IOTA noch sehr jung und setzt auf die klassische Blockchain. Jedoch bekommt jeder Privat Key seine eigene Blockchain. Dadurch entsteht eine Gitterstruktur aus Blöcken. Eine Transaktion besteht aus zwei Blöcken. Einem Block auf der Sender- und einen auf der Empfänger-Chain. Dadurch muss das Netzwerk nur minimal Daten selber verarbeiten. Transaktionen sind auch bei dieser Technologie kostenlos. Um zu vermeiden, dass das Netzwerk mit Transaktionen zugespammt wird, haben die Entwickler, wie beim Bitcoin, einen Proof of Work Algorithmus eingebaut. Der Empfänger und Sender muss einen Arbeitsnachweis erbringen, um die Transaktion zu empfangen. Dies könnte jedoch auch zu einem großen Problem im IoT Bereich werden, da viele IoT Devices aus Kostengründen zurecht keine starke Rechenpower besitzen. Da die Technologie noch sehr jung ist, hat sie noch keine Anwendungsfälle oder Firmen, die offiziell eine Unterstützung angekündigt haben. Derzeit sind ca. 7.000 Transaktionen/s möglich, was ca. das 1000 fache gegenüber den klassischen Blockchains ist.

Hdac (Hyundai Digital Asset Currency)

Ist eine Technologie, die von Hyundai entwickelt und bereitgestellt wird. Hdac möchte ein ernstzunehmender Konkurrent zu IOTA sein und spezialisiert sich auf SmartHomes und SmartCars. Die Hdac Chain will es ermöglichen, einen eigenen Coin mittels Smart Contract zu kreieren (ähnlich wie bei Ethereum). Der größte Vorteil von Hdac gegenüber IOTA oder anderen Lösungen ist, dass sie eine private Blockchain ermöglichen. Somit sollten die SmartHome Devices nur in der eigenen Blockchain kommunizieren können. Dies führt zu einer sehr großen Sicherheit der Daten. Hdac ist jedoch eine der jüngsten Technologien unter den IoT Technologien und muss sich erst noch gegenüber IOTA und anderen behaupten, um sich am Markt zu platzieren. Getestet wurde die Blockchain bis jetzt mit ca. 150 Transaktionen/s auf der öffentlichen und 500 Transaktionen/s auf der privaten Blockchain. Das angestrebte Ziel von ca. 1000 Transaktionen/s ist derzeit noch nicht erreicht.

Wichtig für eine Technologie ist vor allem die Menge der Daten, die übertragen werden kann. Vermutlich werden die von Hdac angegebenen 1000 Transaktionen/s und auch die 7000 Transaktionen/s von Naon nicht ausreichen, sollte der IoT Markt sich wie erwartet entwickeln.
Alles im allen ist jedoch klar, dass noch keine der Technologien ausgereift ist. Potential ist trotzdem auf jeden Fall für alle vorhanden, eine richtige Anwendung wurde aber für noch keine dieser Technologien geschaffen. Da das Internet of Things ebenfalls noch in den Kinderschuhen steckt, bleibt zu hoffen, dass sich diese Technologien parallel entwickeln und immer ausgereiftere Lösungen anbieten. Gerade IOTA ist dank der „unendlichen“ Skalierbarkeit sehr vielversprechend als Grundlage für den Daten- und Geldtransfer zwischen Devices.

Auch könnte Deutschland die verschlafene Technologiewende aufholen und sich dank IOTA stark im Bereich IoT positionieren. Leider gibt es bis dato noch keine Aussagen der Bundesregierung über mögliche und notwendige Regulierungen des „Neulands“ Blockchain, es wird also spannend bleiben, wie sich diese Technologie in den betrieblichen und privaten Alltag eingliedern wird.

Quellen:
[1] Bähr, Julia (2015, 23. September) FAZ URL: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/max-schrems-jahrelanger-kampf-gegen-facebook-13819522.html [01.02.2018]

Carsten Hochschon ist Gründer und Geschäftsführer der knooing GmbH und schöpft aus über 20 Jahren Management Erfahrung im Vertrieb und Servicemanagement. Hochschon begann nach dem Studium der Mikroelektronik seine Karriere bei Siemens im Account Management. Er besetzte verschiedenste Führungspositionen u.a. bei T-Systems, BT und blu Gruppe. Es war aber stets sein Traum, einmal sein eigenes Unternehmen aufzubauen. Diesen Wunsch setzte er schließlich im Jahr 2013 mit der Gründung von knooing um. Er entwickelte das knooing Geschäftsmodell und die einzigartige knooing Plattform, unter anderem anhand seiner langjährigen IT Erfahrung und engagiert sich in verschiedenen Verbänden im Anwenderumfeld, ist Gründungsmitglied bei Digitale Stadt München und Mitglied im Wirtschaftsrat.

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