Visibilität und Kontrolle durch Automatisierung von Finanzabschlüssen

Von   Robert Kathmann   |  VP DACH Digital Transformation   |  BlackLine
23. Oktober 2020

Die Digitalisierung schreitet kontinuierlich voran und wird von Industriespezialisten sowie der Politik als eines der Kernthemen für eine erfolgreiche und konkurrenzfähige Wirtschaft identifiziert. Das weltweite Wettrennen von Unternehmen, um eine gute Marktpositionierung, hat längst begonnen. In diesem Zusammenhang wird sehr oft von der Digitalisierung und Prozessautomation in der produzierenden Industrie gesprochen – will heißen, dass Produktionsprozesse, samt Mensch und Maschine, zunehmend in einem vernetzten Verbund agieren, um eine höhere Qualität schneller, zuverlässiger und teilweise auch günstiger zu erreichen. Selten wird jedoch über die Digitalisierung administrativer Unternehmensbereiche diskutiert. Dabei ist gerade dort die Digitalisierung von großer Bedeutung. An erster Stelle ist die Finanzabteilung zu nennen, die heute nicht mehr nur buchhalterische Aufgaben erledigt. Im verstärkten Maß nimmt sie intern eine beratende Rolle ein, um das Unternehmen schnell, flexibel und vor allem auf Basis von gesicherten Ergebnissen in die Zukunft zu führen. Die Digitalisierung und Automatisierung der Finanzabteilung ist eine systemrelevante Komponente für alle Unternehmen – insbesondere für Konzerne, die weltweit agieren und mit einer Vielzahl an Finanzinformationen aus unterschiedlichsten Abteilungen, Regionen und Quellen arbeiten müssen. Neben der beratenden Rolle der Finanzabteilung im Sinne der Zukunftsfähigkeit und Weiterentwicklung eines Unternehmens, geht es aber auch darum, dass die Finanzdaten regelmäßigen Kontrollen und Audits standhalten. Immerhin sind die Finanzergebnisse ein wichtiger Faktor für Investoren und auch Behörden mögen es korrekt. Was eine schlechte, lückenhafte oder sogar absichtlich gefälschte Buchhaltung zur Folge haben kann, zeigen nicht zuletzt die jüngsten Vorfälle; auch dies gilt es durch eine gezielte Digitalisierung des Finanzwesens zu einzudämmen.

Digitalisierung und Automation im Finanzwesen haben Priorität

Ergo: Auch die Finanzabteilung muss mit der allgemeinen Digitalisierung der Wirtschaft Schritt halten. Mehr noch, sie sollte sogar eine Führungsrolle einnehmen. Denn schlussendlich hängen von einer schnellen und zuverlässigen Buchhaltung viele Unternehmensentscheidungen ab, u.a. auch, wie und wann Prozesse mit der entsprechenden Investition auf das nächste digitale Level gehoben werden. Doch wie genau kann man sich die Digitalisierung in Finanzabteilungen vorstellen? Moderne Unternehmen vertrauen heute bei der tagtäglichen Buchhaltung auf raffinierte Systeme. Im Idealfall arbeitet die Finanzabteilung mit Software-Lösungen, in denen alle Informationen aus den unterschiedlichsten Unternehmensbereichen zusammenlaufen und weitgehend automatisiert verbucht und kontrolliert, korreliert und abgeglichen werden. Algorithmen, Regeln und sogar Machine Learning beziehungsweise KI (Künstliche Intelligenz) helfen dabei, die Prozesse in der Buchhaltung zu automatisieren. Im Idealfall erfolgen diese Prozesse nicht nur zu den Berichtszeiten am Monats- oder Quartalsende, sondern kontinuierlich. Der Vorteil des sogenannten Continuous Accounting: CFOs können nicht nur am Ende einer Finanzperiode eine valide Aussage zu den Ergebnissen treffen. Sie können sogar jederzeit als Berater agieren und dem gesamten Management mit validen Zahlen und Fakten bei wichtigen oder auch schnellen Entscheidungen zur Seite stehen.

Continuous Accounting bettet Automatisierungs-, Kontroll- und Periodenabschlussaufgaben in die alltäglichen Aktivitäten ein, so dass der starre Buchhaltungskalender das breitere Geschäft besser widerspiegelt. Der Vorteil: Das Unternehmen fährt auf Sicht und kann sich auf die Daten und Fakten verlassen, was ohne eine entsprechende Digitalisierung der Finanzabteilung kaum möglich ist.

Soweit zum Idealbild. Die Realität ist vielerorts eine ganz andere: In vielen Unternehmen ist man bei der Buchhaltung bisher nur einen Teilschritt gegangen. Zwar helfen moderne Lösungen dabei, möglichst viele Daten zu konsolidieren. Doch nach wie vor sorgen Informationen aus unterschiedlichen ERP und CPM/EPM-Lösungen in der Buchhaltung für Dauerstress, da viele Posten manuell abgeglichen und verbucht werden müssen. Ein wesentlicher Grund für diese Situation ist beispielsweise das anorganische Wachstum von Unternehmen oder Geschäftsbereichen, die nicht synchron miteinander digitalisiert werden. Infolgedessen leiden Buchhalter und Finanzchefs unter aufwändigen manuellen Abgleichen und die Beraterrolle der Finanzabteilung reduziert sich auf ein Minimum. Noch schlimmer, das Fehlerrisiko ist enorm hoch, weil viele Kontrollen nicht oder nur unstrukturiert durchgeführt werden. Eine BlackLine-Studie aus 2019 bestätigt dies: Über die Hälfte (55 Prozent) der befragten, internationalen C-Level Führungskräfte und Finanzexperten sind nicht sicher, ob Fehler in den Finanzdaten vor der offiziellen Veröffentlichung überhaupt erkannt werden. Nur 17 Prozent vertrauen darauf, dass das CFO- und das Finanzteam alle Fehler identifiziert und ein valides Reporting gewährleistet ist. Menschliches Versagen (41 Prozent), heterogene Datenquellen (40 Prozent), ein Mangel an automatisierten Kontrollen (28 Prozent) sowie schwerfällige Technologien (28 Prozent) wurden als Gründe für mangelndes Vertrauen genannt.

Die Lösung liegt in einer Automatisierungsschicht, die für eine höhere Visibilität und Kontrolle der Finanzdaten sowie für eine gleichbleibend hohe Qualität der Finanzabschlüsse sorgt. Die Kombination der Lösungen schafft eine durchgängige Automatisierung und damit eine höhere Visibilität und Kontrolle der Finanzdaten bei gleichzeitiger und kontinuierlicher Qualität der Ergebnisse.

Mehr Compliance und Auditierbarkeit

Die bekannten Fälle inkorrekter Finanzen häufen sich – aktuelle Skandale bestätigen dies, wobei Fachleute darüber diskutieren, ob das nicht nur die Spitze eines gewaltigen Eisbergs ist. Sicherlich macht es einen großen Unterschied, wie hoch die finanziellen Unstimmigkeiten in einem Finanzabschluss sind und ob diese aufgrund unbeabsichtigter Fehler, insbesondere bei manuellen Prozessen oder durch betrügerische Absicht, entstanden sind. Eines aber ist sicher: Wirtschaftsprüfungsunternehmen und staatliche Behörden werden zunehmend und genauer prüfen. Es liegt also im Interesse jedes Unternehmens, im Sinne der Compliance exakte und belastbare Finanzdaten zu liefern – auch für Audits.

Übrigens haben auch institutionelle Investoren ein Auge auf die Qualität von Finanzabschlüssen und machen ihre Investitionsentscheidungen zu einem großen Teil von der Validität der offiziellen Ergebnisse abhängig. Auch hier bestätigen die Ergebnisse einer BlackLine Studie die Befürchtungen: Überraschende Enthüllungen oder angepasste Finanzabschlüsse fallen institutionellen Investoren besonders negativ auf. Global gaben 98 Prozent der Investoren an, dass sie nachhaltig beeinträchtigt sind, wenn ein Unternehmen seine Finanzen falsch berichtet. Das Vertrauen sinkt weiter, wenn die Reporting-Prozesse nicht klar sind. Rund die Hälfte (58 Prozent global, knapp 46 Prozent in Deutschland) der Investoren sind über den zunehmenden Mangel an Transparenz besorgt und weisen darauf hin, dass der Status quo auf längere Sicht nicht tragbar ist. Diese Zahlen legen die Vermutung nahe, dass Wirtschaftsprüfer und Finanzkontrollbehörden den Finanzergebnissen mindestens ähnlich kritisch gegenüberstehen – insbesondere, da aktuelle und öffentlich diskutierte Fälle einen gewissen Druck aufbauen.

Fest steht: In manuellen Prozessen können Fehler passieren. Auch vorsätzliche Betrugsversuche wird es vermutlich immer wieder geben. Entscheidend ist aber, dass beides, sowohl Fehler als auch betrügerische Absichten rechtzeitig in der Finanzabteilung auffallen. Ein digital automatisierter Abschluss ist die beste Voraussetzung für eine einfache, schnelle und gründliche Überprüfung der Finanzen. Viele Unstimmigkeiten können vom System frühzeitig erkannt und gemeldet werden, so dass das Finanzteam in der Lage ist, die entsprechenden Prozesse strukturiert nachzuverfolgen und – wenn nötig – vor der Offenlegung oder Prüfung zu korrigieren und zu dokumentieren. Aber auch für Audits bietet eine durchgängig digitalisierte Buchhaltung enorme Vorteile, weil sie eine strukturierte Vorbereitung der Audits ermöglicht. Zudem erhalten die Prüfer so eine vollständige Transparenz über den Dokumenten- und Buchungsfluss. Alle nötigen Einblicke in die Bücher sind jederzeit vorhanden und transparent nachvollziehbar. Auditoren können darüber hinaus auf Remote-Audits umstellen, was u.a. die Auditkosten senkt und Unternehmen können mit automatisierten Abschlussprozessen die Prüfung schneller, effizienter und vor allem ohne Probleme abschließen – zum Wohl des Unternehmens, der Prüfer und Behörden sowie der Investoren.

Digitalisierung ist Wegbereiter

Für Unternehmen sind die fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung die besten Wegbereiter in die Zukunft, vorausgesetzt sie setzen an den richtigen Stellen an. Bei diesem Wandel nimmt die Finanzabteilung eine Schlüsselrolle ein. Erst mit validem Zahlenmaterial, das jederzeit einen verlässlichen Status widerspiegelt und die Basis für Entscheidungen darstellt, kann ein Unternehmen das Potenzial der Digitalisierung in allen Geschäftsbereichen optimal abschöpfen. Unternehmen benötigen eine Grundlage, um die bestehende und künftige Digitalisierung zu bewerten und voranzutreiben. Eine vollautomatisierte Finanzbuchhaltung nach dem Continuous-Accounting-Prinzip ist die beste Möglichkeit, diese Voraussetzung zu schaffen – sowohl für den Fortbestand und das Wachstum des Unternehmens als auch für die Sicherheit in der Zusammenarbeit mit Investoren, Auditoren und Behörden.

 

ist VP Digital Transformation DACH bei BlackLine und unterstützt Unternehmen bei der Transformation. Er hat über 20 Jahre Erfahrung als internationaler Finanzexperte.

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